Der Nachsommer - 43
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weiße Marmortafel, die er und sein Bruder hatten setzen lassen, ehrte
ihr Angedenken. Sonst ging der Vater auch fast in allen Zeiten des
Tages auf den Wegen der Felder und des Waldes herum.
Am fünften Tage traten wir die Rückreise zu den Unsrigen an.
Wir waren am frühen Morgen noch zu unsern Verwandten gegangen. Sie
waren, wie es bei Landleuten in solchen Fällen gebräuchlich ist,
schöner angekleidet als sonst und erwarteten uns. Wir nahmen in
herzlicher Weise Abschied. Ich versprach, da ich ohnehin das Wandern
gewohnt sei und viele Gegenden besuche, auch hieher wieder zu kommen
und noch öfter in dem kleinen Hause vorzusprechen. Der Vater sagte,
es könne sein, daß er wieder komme oder auch nicht, wie es sich eben
beim Alter füge. Man müsse erwarten, was Gott gewähre. Die Leute
begleiteten uns in das Gasthaus und blieben da, bis wir den Wagen
bestiegen hatten. Aus den Worten ihres Abschiedes und ihrer
Danksagungen erkannte ich, daß der Vater ihnen auch eine Summe Geldes
gegeben haben müsse. Sie sahen uns sehr lange nach.
Im Fortfahren war der Vater anfangs ernst und wortkarg, es mochte ihm
das Herz schwer gewesen sein. Später entwickelte sich bei uns wieder
ein Verkehr der Rede, wie er auf der Herreise gewesen war.
Am Abende des dritten Tages nach unserer Abfahrt waren wir wieder in
dem Hause in der Vaterstadt.
Die Mutter war sehr erfreut, daß der Aufenthalt von elf Tagen in der
freien Luft für den Vater von so wohltätigen Folgen gewesen sei. Seine
Wangen haben sich nicht nur schön rot gefärbt, sie seien auch voller
geworden, und das Auge sei weit klarer, als wenn es immer auf das
Papier seiner Schreibstube geblickt hätte.
»Das ist nur die Wirkung des Anfangs und eine Folge des Reizes des
Wechsels auf die körperlichen Gebilde«, sagte der Vater, »im Verlaufe
der Zeit gewöhnt sich Blut, Muskel und Nerv an die freie Luft und
Bewegung und das erste rötet sich nicht mehr so, und die letzten
schwellen. Allerdings aber wirkt viel Aufenthalt in freier Luft und
gehörige Bewegung, in welche sich keine Sorgen mischen, weit günstiger
auf die Gesundheit, als ein stetiges Sitzen in Stuben und ein Hingeben
an Gedanken für die Zukunft. Wir werden schon einmal, und wer weiß wie
nahe die Zeit ist, auch dieses Glück genießen und uns recht darüber
freuen.«
»Wir werden uns freuen, wenn du es genießest«, erwiderte die Mutter,
»du entbehrst es am meisten und dir ist es am nötigsten. Wir Andern
können in unsern Garten und in die Umgebung der Stadt gehen, du suchst
immer die düstere Stube. Weil du es aber schon so oft gesagt hast, so
wird es doch einmal wahr werden.«
»Es wird wahr werden, Mutter«, antwortete der Vater, »es wird wahr
werden.«
Sie wendete sich an uns, wir sollen bestätigen, daß der Vater nie so
gesund und so heiter ausgesehen habe als nach dieser kurzen Reise.
Wir gaben es zu.
Nun mußte aber auch noch auf eine andere Reise gedacht werden, weil
heuer einmal der Sommer der Reisen war, und wir mußten dieselbe ins
Werk setzen, meine und Klotildens Fahrt ins Gebirge. Der Herbst war
schon da, wie ich an den Buchenblättern um das Geburtshaus meines
Vaters hatte wahrnehmen können, die bereits im Begriffe waren, die
rote Farbe vor ihrem Abfallen zu gewinnen. Es war keine Zeit mehr zu
verlieren.
Für Klotilden waren die Vorbereitungen fertig, ich brauchte keine,
weil ich immer in Bereitschaft war, und so konnten wir ungesäumt
unsere verabredete Fahrt beginnen.
Die Mutter legte mir das Wohl der Schwester sehr an das Herz, der
Vater sagte, wir sollen die Muße nach unserer besten Einsicht
genießen, und so fuhren wir bei dem Aufgange einer klaren Herbstsonne
aus dem Tore unseres Hauses.
Ich wollte die Schwester, welche ihre erste größere Reise machte,
nicht der Berührung mit anderen Menschen in einem gemeinschaftlichen
Wagen aussetzen, da man deren Wesen und Benehmen nicht voraus wissen
konnte; deshalb zog ich es vor, mit Postpferden so lange zu fahren,
als es mir gut erscheinen werde, und dann die Art unsers Weiterkommens
im Gebirge je nach der Sachlage zu bestimmen. Es hatte diese Art zu
reisen noch den Vorteil, daß ich anhalten konnte, wo ich wollte, und
daß ich der Schwester Manches erklären durfte, ohne dabei auf jemand
Rücksicht nehmen zu müssen, der als Zeuge gegenwärtig wäre. Auch
konnten wir uns in unseren geschwisterlichen Gesprächen über unsere
Angehörigen, unser Haus und andere Dinge nach der freien Stimmung
unserer Seele bewegen. Auf diese Art fuhren wir zwei Tage. Ich gönnte
ihr öfter Ruhe, da sie ein fortwährendes Fahren nicht gewohnt war, und
endete immer noch lange vor Abend unsere Tagreise. Wir sahen die Berge
schon immer in der Nähe von einigen Meilen mit unserem Wege gleich
laufen; aber ihre Teile waren hier weniger wichtig. Es war mir äußerst
lieblich, die Gestalt der Schwester neben mir in dem Wagen zu wissen,
ihr schönes Angesicht zu sehen und ihren Atem zu empfinden. Ihre
schwesterliche Rede und die frische Weise, alles, was ihr neu war,
in die vollkommen klare Seele aufzunehmen, war mir unaussprechlich
wohltätig.
Am Vormittage des dritten Tages ließ ich sie ruhen. Für den Nachmittag
mietete ich einen Wagen, und wir fuhren von der Poststraße weg gerade
dem Gebirge zu. Unsere Fahrt war von angenehmer und heiterer Stimmung
begleitet, und wir ergingen uns in mannigfaltigen Gesprächen. Als die
blauen Berge in der klaren Luft, die einen milchig grünlichen Schimmer
hatte, uns entgegen traten, leuchtete ihr Auge immer freundlicher
und ihre Mienen waren teilnehmend der Gegend, in die wir fuhren,
zugekehrt. Gleich wie bei dem Vater röteten sich nach dieser
dreitägigen Reise auch ihre zarten Wangen, und ihre Augen wurden
glänzender. So kamen wir endlich an dem Orte an, den ich für unsere
Nachtruhe bestimmt hatte. An demselben rauschte die grüne Afel mit
ihren Gebirgswässern vorüber, welches Rauschen durch ein schief über
das Flußbett gezogenes Wehr noch vermehrt wurde. Waldhänge in langen
Rücken begannen schon sich zu erheben, und oberhalb des dunkeln Randes
eines bedeutend hohen Buchenwaldes blickte bereits das rote Haupt
eines im Abende glühenden Berges herein, auf welchem schon einzelne
Strecken von Schnee lagen.
Des andern Tages mietete ich ein Gebirgswägelchen, wie sie zum
Fortkommen auf Wegen, die nicht Poststraßen sind, in den Gebirgen am
besten dienen und deren Pferde an die Gegenstände des Gebirges und an
die Beschaffenheit seiner Wege gewöhnt und daher am zuverlässigsten
sind. Wir brachten unsere Sachen in demselben, so gut es ging, unter
und fuhren der glänzenden Afel entgegen, immer tiefer in die Berge
hinein. Ich nannte jeden Namen eines vorzüglichen Berges, machte auf
die Bildungen aufmerksam und suchte die Farben, die Lichter und die
Schatten zu erörtern. Überall begannen schon die Laubwälder die
rötliche und gelbliche Färbung anzunehmen, was den Hauch über all den
Gestaltungen noch lieblicher machte.
Da ich in eine gewisse Tiefe des Gebirges gekommen war, änderte ich
die Richtung und fuhr nun nach der Länge desselben hin. Als zwei Tage
vergangen waren und der dritte auch schon dem Nachmittag zuneigte,
blickte uns aus der Tiefe des Tales das Gewässer des Lautersees
entgegen. Wir kamen um den Rücken eines breiten Waldberges herum, und
die Glanzstellen entwickelten sich immer mehr. Endlich lag der größte
Teil des Spiegels unter dem Gezweige der Tannen, der Buchen und
der Ahorne zu unsern Füßen. Wir sanken mit unserem Wäglein auf dem
schmalen Wege immer tiefer und tiefer, bis wir nach etwa zwei Stunden
an dem Ufer des Sees anlangten und die Steinchen in seinen seichten
Buchten hätten zählen können. Wir fuhren an dem Ufer dahin, umfuhren
eine kleine Strecke des Sees und kamen in dem Seewirtshause an. Dort
lohnte ich unsern Fuhrmann ab und mietete uns für mehrere Tage ein.
Klotilde mußte dasselbe Zimmer bekommen, welches ich während der
Zeiten meiner Vermessungen des Lautersees innegehabt hatte. Ich
begnügte mich mit einem kleineren Stübchen in ihrer Nähe. Man staunte
das schöne, und wie man sich ausdrückte, vornehme Mädchen an, und ich
gewann sichtbar an Ansehen, da ich eine solche Schwester hatte.
Alle, die ein Ruder führen konnten oder die geübt waren, Steigeisen
anzulegen und einen Alpenstock zu gebrauchen, kamen herzu und boten
ihre Dienste an. Ich sagte, daß ich sie rufen werde, wenn wir sie
bedürfen und daß wir uns dann ihrer Gesellschaft sehr erfreuen würden.
Zuerst machte ich Klotilden ein wenig in ihrem Zimmerchen wohnhaft.
Ich zeigte ihr bedeutsam Stellen, die sie aus ihren Fenstern sehen
konnte, und nannte ihr dieselben. Ich zeigte ihr, wie ich in
verschiedenen Richtungen auf dem See gefahren war, um seine Tiefe
zu messen, und wie wir uns bald auf dieser, bald auf jener Stelle
des Wassers festsetzen mußten. Sie richtete sich Farben und
Zeichnungsgeräte zurechte, um zu versuchen, ob sie nicht auch nach der
unmittelbaren Anschauung von den Räumen ihres Zimmerchens aus etwas
von den Gestaltungen, die sie hier sehen konnte, auf das Papier zu
übertragen vermöchte.
Die folgenden Tage brachten wir damit zu, in den Umgebungen des
Seehauses Spaziergänge zu machen, damit Klotilde sich ein wenig
in diese Bildungen einlebe. Das vorausgesagte schöne Wetter war
eingetroffen, es dauerte fort, und so konnten wir uns der Freude und
dem Vergnügen, welche diese Gänge uns gewährten, um so ungestörter
hingeben, als auch der Stand unserer Gesundheit ein vortrefflicher war
und die Befürchtungen, welche die Mutter und zum Teile auch ich in
Hinsicht Klotildens gehegt hatten, nicht in Erfüllung gingen. Wir
schickten von hier aus Briefe nach Hause.
In der Folge der Tage führte ich sie auf den See hinaus. Ich führte
sie auf die verschiedenen Teile, die entweder an sich schön und
bedeutend waren oder von denen man schöne und merkwürdige Anblicke
gewinnen konnte. Ich unterstützte sie mit allen meinen Erfahrungen,
die ich mir durch meine mehrfältigen Aufenthalte in dem Gebirge
gesammelt hatte. Sie nahm alles mit einer tiefen Seele auf, und durch
meine Hilfe waren ihr manche Umwege erspart, welche diejenigen, die
zum ersten Male die Berge besuchen, machen müssen, ehe es ihnen
gelingt, sich die Größe und Erhabenheit der Gebirge aufschließen zu
können. Auf den Seefahrten unterstützten uns zwei junge Schiffer, die
meine steten Begleiter bei meinen Messungen gewesen waren. Wir gingen
auch bergan. Ich hatte Klotilden Fußbekleidungen machen lassen,
welche nach Innen weich, nach Außen aber hart und dem rauhen Gerölle
Widerstand leistend waren. Auf dem Haupte trug sie einen bequemen
Schirmhut und in der Hand einen eigens für sie gemachten Alpenstock.
Wenn wir auf die Höhen kamen, wurde mit Freude die Aussicht genossen.
Klotilde versuchte auch nach der Anschauung etwas zu zeichnen und zu
malen; aber die Ergebnisse waren noch weit mangelhafter als bei mir,
da sie einen geringeren Vorrat von Erfahrung zu dem Versuche brachte.
Nachdem über eine Woche vergangen war, führte ich Klotilden mittelst
eines gleichen Fuhrwerkes, wie wir sie bisher im Gebirge gehabt
hatten, in das Lauterthal und in das Ahornhaus. Dort fanden wir ein
besseres Unterkommen als in dem Seehause, und wir erhielten zwei
nebeneinander befindliche geräumige und freundliche Zimmer, deren
Fenster auf die Ahorne vor dem Hause hinausgingen und durch die gelben
Blätter derselben auf die blauduftigen Höhen sahen, die vom Hause
gegen den Süden standen. Ich zeigte meine Schwester der Wirtin, ich
zeigte sie dem alten Kaspar, der auf die Kunde meiner Ankunft sogleich
herbei gekommen war, und ich zeigte sie den andern, welche sich
gleichfalls reichlich eingefunden hatten. Es war hier ein noch
größerer Jubel als in dem Seehause, es freute sie, daß eine solche
Jungfrau in die Berge gekommen und daß sie meine Schwester sei. Sie
boten ihre Dienste an und näherten sich mit einiger Scheu.
Klotilde betrachtete alle diese Menschen, die ich ihr als meine
Begleiter und Gehilfen bei meinen Arbeiten vorstellte, mit Vergnügen,
sie sprach mit ihnen und ließ sich wieder erzählen. Sie lernte
sich immer mehr in die Art dieser Leute ein. Ich fragte um meinen
Zitherspiellehrer, weil ich Klotilden diesen Mann zeigen wollte und
weil ich auch wünschte, daß sie sein außerordentliches Spiel mit
eigenen Ohren hören möchte. Wir hatten zu diesem Zwecke unsere beiden
Zithern in unserm Gepäcke mitgenommen. Man sagte mir aber, daß seit
der Zeit, als ich ihnen erzählt habe, daß er von meinen Arbeiten
fortgegangen sei, kein Mensch, weder in den nähern noch in den
ferneren Tälern, etwas von ihm gehört habe. Ich sagte also Klotilden,
daß sie keinen andern als die gewöhnlichen einheimischen Zitherspieler
werde hören können, wie sie dieselben auch bereits gehört habe und
wie sie ihr anziehender erschienen seien als die Kunstspieler in der
Stadt und als ich, der ich wahrscheinlich ein Zwitter zwischen einem
Kunstspieler und einem Spieler des Gebirges sei. Wir richteten uns in
unserem Zimmer ein und begannen ungefähr so zu leben, wie wir in der
Umgebung des Seehauses gelebt hatten. Ich führte Klotilden in das
Echertal zu dem Meister, welcher unsere Zithern verfertiget hatte. Er
besaß noch immer die dritte Zither, welche mit meiner und Klotildens
ganz gleich war. Er sagte, es seien zwar Käufer von Zithern gekommen,
die diese gepriesen hätten; aber das seien Gebirgsleute gewesen, die
nicht so viel Geld haben, sich eine solche Zither kaufen zu können.
Die Andern, welche die Mittel besäßen, vorzüglich Reisende, ziehen
Zithern vor, welche eine schöne Ausschmückung haben, wenn sie auch
teurer sind, und lassen die stehen, deren Tugenden sie nicht zu
schätzen wissen. Er spielte ein wenig auf ihr, er spielte mit einer
großen Fertigkeit; aber in jener wilden und weichen Weise, mit
welcher mein schweifender Jägersmann spielte und welche gerade diesem
Musikgeräte so zusagte, vermochte weder er zu spielen noch hatte ich
jemanden so spielen gehört. Ich sagte dem alten Manne, daß das Mädchen
meine Schwester sei und daß sie auch eine von den drei Zithern
besitze, von denen er sage, daß sie die besten seien, die er in seinem
Leben gemacht habe. Er hatte seine Freude darüber, gab Klotilden ein
Bündel Saiten und sagte: »Es sind meine besten Zithern und werden wohl
auch meine besten bleiben.«
Wir besuchten die Täler und einige Berge um das Ahornhaus, und Kaspar
oder ein Anderer waren zuweilen unsere Begleiter und Träger.
Ich führte Klotilden auch in das Häuschen, in welchem ich die
Pfeilerverkleidungen für den Vater gekauft hatte, ich führte sie
in das steinerne Schloß, in welchen sie ursprünglich gewesen sein
mochten, und ich führte sie auch in das Rothmoor, wo sie das Arbeiten
in Marmor betrachten konnte.
Wir blieben länger in dem Ahornhause, als wir im Seehause
gewesen waren, und alle Menschen waren hier noch freundlicher,
zutraulicher und hilfreicher als dort. Die Wirtin war unermüdet
in Dienstanerbietungen gegen meine Schwester. Zu Ende unseres
Aufenthaltes traten hier kühle und regnerische Tage ein. Wir
verbrachten sie still in der heitern Wohnlichkeit des Hauses. Aber
aus der Beschaffenheit des Laubes an den Bäumen und dem Aussehen der
Herbstpflanzen auf den Matten, aus dem Verhalten der Tiere und aus der
Beschaffenheit des Pelzes derselben erkannte ich, daß die dauernde
kalte und unfreundliche Zeit noch nicht gekommen sei und daß noch
warme und klare Tage eintreten müssen. Als daher das Wetter sich
wieder aufheiterte, verließ ich mit Klotilden das Ahornhaus und schlug
den Weg in das Kargrat ein.
Ich hatte mich in meinen Voraussetzungen nicht getäuscht. Nachdem
zwei halb heitere und kühle Tage gewesen waren, die wir mit Fahren
zugebracht hatten, zog wieder ein ganz heiterer, zwar am Morgen
kalter, in seinem Verlaufe aber sich schnell erwärmender Tag über die
beschneiten Gipfel herauf, dem eine Reihe schöner und warmer Tage
folgte, die den Schnee auf den Höhen und den, welcher das Eis der
Gletscher bedeckt hatte, wieder weg nahmen und das letztere so weit
sichtbar machten, als es in diesem Sommer überhaupt sichtbar gewesen
war. Wir hatten am zweiten dieser schönen Tage das Kargrat erreicht.
Die Reise war darum von so langer Dauer gewesen, weil wir kleine
Tagefahrten gemacht hatten und weil wir die Berge hinan und hinab
recht langsam gefahren waren. Wir zogen in die Ärmlichkeit unserer
Wohnung, die durch die Größe und Öde der Gegend, von welcher sie
umgeben war, noch mehr herabgedrückt wurde, ein. Am zweiten Tage nach
unserer Ankunft, da alles vorbereitet worden war, folgte mir Klotilde
auf das Simmieis. Es waren Führer, Träger von Lebensmitteln und von
Allem, was auf einer solchen Wanderung notwendig oder nützlich sein
konnte, und endlich auch solche, die eine Sänfte hatten, mitgegangen.
Wir waren am ersten Tage bis zur Karzuflucht gekommen. Dort waren wir
in dem aus Holzblöcken für die Besteiger der Karspitze gezimmerten
Häuschen über Nacht geblieben, hatten aus mitgebrachtem Holze Feuer
gemacht und uns unser Abendessen bereitet.
Mit Anbruch des nächsten Tages gingen wir weiter und kamen im Glanze
des Vormittages auf die Wölbung des Gletschers. Daß an eine Besteigung
der Karspitze nicht gedacht werden konnte, war natürlich.
Wir betrachteten hier nun, was zu betrachten war, und als sich Kälte
in den Gliedern einstellen wollte, traten wir den Rückweg an. In der
Zuflucht wurden wieder Speisen bereitet, und dann gingen wir vollends
hinab. Als wir zurückgekehrt waren, sank mir Klotilde fast erschöpft
an das Herz.
Ich legte am andern Tage Klotilden mehrere Zeichnungen, die
ich von Gletschern, ihren Einfassungen, Wölbungen, Spaltungen,
Zusammenschiebungen und dergleichen gemacht hatte, vor, damit sie in
der frischen Erinnerung das Gesehene mit dem Abgebildeten vergleichen
konnte. Ich machte auf Vieles aufmerksam, führte Manches in ihr
Gedächtnis zurück und erwähnte hier auch als an der geeignetsten
Stelle, wie sehr die Abbildung hinter der Wirklichkeit zurück bleibe.
In den nächsten zwei Tagen besuchten wir noch verschiedene Stellen,
von denen wir das Eis und die Schneegestaltungen dieser Berge
betrachten konnten. Auch einen Wassersturz von einer steilrechten Wand
zeigte ich Klotilden. Hierauf aber begann ich auf unsere Rückreise zu
den Eltern zu denken. Die Zeit war nach und nach so vorgerückt, daß
ein Aufenthalt in diesen hochgelegenen Räumen, besonders für ein der
Stadt gewohntes Mädchen, nicht mehr ersprießlich war. Ich schlug daher
Klotilden vor, nun auf dem nächsten Wege durch das ebenere Land unsere
Heimat zu gewinnen zu suchen. Sie war damit einverstanden. Von dem
nächsten größeren Orte her wurde ein Fuhrwerk bestellt, welches uns
auf die erste Post bringen sollte. Wir nahmen von unserer Wirtin
und ihrem Manne so wie von unsern Trägern und Führern, die noch zum
Empfange eines kleinen Geschenkes herbei gekommen waren, Abschied; wir
verabschiedeten uns von dem Pfarrer, der uns zuweilen besucht und uns
auf Schönheiten, von seinem kleinen Gesichtskreise aus, aufmerksam
gemacht hatte, und fuhren auf unserem Karren, der nur mit einem Pferde
bespannt war, auf dem schmalen Wege von dem Kargrat hinab. Das Letzte,
was wir von dem kleinen Örtchen sahen, war die mit Schindeln bedeckte
Wand des Pfarrhofes und die gleichfalls mit Schindeln bedeckte
Wand der schmalen Seite der Kirche. Ich sagte Klotilden, daß diese
Bedeckungen notwendig seien, um die in diesen Höhen stark wirkende
Gewalt des Regens und des Schnees von dem Mauerwerke abzuhalten. Wir
konnten nur noch einen Blick auf die zwei Gebäude tun, dann trat eine
Höhe zwischen unsere Augen und sie. Wir glitten mit unserem Fuhrwerke
sehr schnell abwärts, wilde Gründe umgaben uns, und endlich empfing
uns der Wald, der die Niederungen suchte, in ihnen dahin zog und schon
wohnlicher und wärmer war. Wir kamen unter Wiegen und Ächzen unseres
Wägleins immer tiefer und tiefer, Fahrgeleise von Holzwegen, die den
Wald durchstrichen, mündeten in unsere Straße, diese wurde fester und
breiter, und wir fuhren zuweilen schon eben und behaglich dahin.
Als wir den Ort erreicht hatten, an welchem sich die nächste Post
befand, lohnte ich den Führer meines Wägleins ab, sendete ihn zurück
und nahm Postpferde. Wir fuhren in gerader Richtung auf dem kürzesten
Wege aus dem Gebirge gegen das flachere Land, um die Heerstraße zu
gewinnen, die nach unserer Heimat führte. Immer mehr und mehr sanken
die Berge hinter uns zurück, die milde Herbstsonne, die sie beschien,
färbte sie immer blauer und blauer, die Höhen, die uns jetzt
begegneten, wurden stets kleiner und kleiner, bis wir in das Land
hinaus kamen, dessen Gefilde mit lauter dem Menschen nutzbarem Grunde
bedeckt waren. Dort trafen wir auf die große Straße. Bisher waren wir
gegen Norden gefahren, jetzt änderten wir die Richtung und fuhren dem
Osten zu. Wir hatten auch bessere Wägen.
Da wir einen Tag auf dieser Straße gefahren waren, ließ ich an einem
Orte halten und beschloß, einen Tag an demselben zu bleiben; den Abend
und die Nacht brachten wir in Ruhe zu. Am andern Tage gegen Mittag
führte ich die Schwester auf einen mäßig hoben Hügel. Der Tag war ein
sehr schöner Herbsttag, der Schleier, welcher im Vormittage so Hügel
als Gründe zart umwebt hatte, war einer völligen Klarheit gewichen.
Ich befestigte mittelst Schrauben mein Fernrohr an dem Stamme einer
Eiche und richtete es. Dann hieß ich Klotilden durchsehen und fragte
sie, was sie sähe.
»Ein hohes, dunkles Dach«, sagte sie, »aus welchem mehrere breite
und mächtige Rauchfänge empor ragen. Unter dem Dache ist ein Gemäuer
von ebenfalls dunkler Farbe, in welchem große Fenster in gemäßen
Entfernungen stehen. Das Gebäude scheint ein Viereck zu sein.«
»Und was siehst du weiter, Klotilde, wenn du das Rohr in die
Umgebungen des Gebäudes richtest?« fragte ich.
»Bäume, die hinter dem Hause stehen, gleichsam wie ein Garten«,
antwortete sie. »Die Mauern des Gebäudes sind dort licht wie die
unserer Häuser. Dann sehe ich Felder, in ihnen wieder Bäume, hie und
da ein Haus und endlich wolkenartige Spitzen, die wie das Hochgebirge
sind, das wir verlassen haben.«
»Es ist das Hochgebirge«, antwortete ich.
»Ist das etwa - -?« fragte sie, den Kopf von dem Fernrohre wegwendend
und mich ansehend.
»Ja, Klotilde, das Gebäude ist der Sternenhof«, antwortete ich.
»Wo Natalie wohnt?« fragte sie.
»Wo Natalie wohnt, wo die edle Mathilde verweilt, wo so treffliche
Menschen ein und aus gehen, wohin meine Gedanken sich mit Empfindung
wenden, wo sanfte Gegenstände der Kunst thronen und wo ein liebes Land
um all die Mauern herum liegt«, antwortete ich.
»Das ist der Sternenhof!« sagte Klotilde, blickte wieder in das
Fernrohr und sah lange durch dasselbe.
»Ich habe dich mit Freude auf diesen Hügel geführt, Klotilde«, sagte
ich, »um dir diesen Ort zu zeigen, in dem mein warmes Herz schlägt und
ein tiefer Teil von meinem Wesen wohnt.«
»Ach lieber, teurer Bruder«, antwortete sie, »wie oft gehen meine
Gedanken an den Ort und wie oft weilt mein Gemüt in seinen mir noch
unbekannten Mauern!«
»Du begreifst aber«, sagte ich, »daß wir jetzt nicht hingehen können
und daß die Angelegenheit ihre naturgemäße Entwickelung haben muß.«
»Ich begreife es«, antwortete sie.
»Du wirst sie sehen, an deinem Herzen halten und sie lieben«, sagte
ich.
Klotilde sah wieder in das Rohr, sie sah sehr lange in dasselbe und
betrachtete alles genau. Ich lenkte ihren Blick auf die Teile, die mir
wichtig schienen, erklärte ihr alles und erzählte von dem Schlosse und
von denen, die in demselben sind.
Es war indessen der Mittag gekommen, wir lösten das Fernrohr ab und
gingen langsam unserer Wohnung zu.
»Kann man hier nicht auch das Rosenhaus deines Freundes sehen?« fragte
sie im Heimgehen.
»Hier nicht«, erwiderte ich, »hier ist nicht einmal der höchste Teil
der Rosenhausgegend zu erblicken, weil der Kronwald, den du gegen
Norden siehst, sie deckt. Im Weiterfahren werden wir auf einen Hügel
kommen, von dem aus ich dir die Anhöhe zeigen kann, auf welcher
das Haus liegt und von dem aus du mit dem Fernrohre das Haus sehen
kannst.«
Wir gingen in unsere Wohnung, und am nächsten Tage fuhren wir weiter.
Als wir an die Stelle gekommen waren, von welcher man die Höhe des
Asperhofes sehen konnte, ließ ich halten, wir stiegen aus, ich zeigte
Klotilden den Hügel, auf welchem das Haus meines Gastfreundes liegt,
richtete das Fernrohr und ließ sie durch dasselbe das Haus erblicken.
Wir waren aber hier so weit von dem Asperhofe entfernt, daß man selbst
durch das Fernrohr das Haus nur als ein weißes Sternchen sehen konnte.
Nach dessen Betrachtung fuhren wir wieder weiter.
Als nach diesem Tage der dritte vergangen war, fuhren wir gegen Abend
durch den Torweg des Vorstadthauses unserer Eltern ein.
»Mutter«, rief ich, da uns diese und der Vater, der unsere Ankunft
gewußt hatte und daher zu Hause geblieben war, entgegen kamen, »ich
bringe sie dir gesund und blühend zurück.«
Wirklich war Klotilde, wie es dem Vater auf seiner kleinen Reise
ergangen war, durch die Luft und die Bewegung kräftiger, heiterer und
in ihrem Angesichte reicher an Farbe geworden, als sie es je in der
Stadt gewesen war.
Sie sprang von dem Wagen in die Arme der Mutter und begrüßte diese und
dann auch den Vater freudenvoll; denn es war das erste Mal gewesen,
daß sie die Eltern verlassen hatte und auf längere Zeit in ziemlicher
Entfernung von ihnen gewesen war. Man führte sie die Treppe hinan
und dann in ihr Zimmer. Dort mußte sie erzählen, erzählte gerne und
unterbrach sich öfter, indem sie das inzwischen heraufgebrachte Gepäck
aufschloß und die mannigfaltigen Dinge heraus nahm, die sie in den
verschiedenen Ortschaften zu Geschenken und Erinnerungen gekauft oder
an mancherlei Wanderstellen gesammelt hatte. Ich war ebenfalls mit in
ihr Zimmer gegangen, und als wir geraume Weile bei ihr gewesen waren,
entfernten wir uns und überließen sie einer notwendigen Ruhe.
Nun folgte für Klotilden fast eine Zeit der Betäubung, sie beschrieb,
sie erzählte wieder, sie setzte sich vor Zeichnungen hin, blätterte
in ihnen oder zeichnete selber und suchte in der Erinnerung Gesehenes
nachzubilden.
Aber auch für mich war diese Reise nicht ohne Erfolg gewesen. Was ich
halb im Scherze, halb im Ernste gesagt hatte, daß ich durch diese
Reise zu einer größeren Ruhe kommen werde, ist in Wirklichkeit
eingetroffen. Klotilde, welche alle die Gegenstände, die mir längst
bekannt waren, mit neuen Augen angeschaut, welche alles so frisch, so
klar und so tief in ihr Gemüt aufgenommen hatte, hatte meine Gedanken
auf sich gelenkt, hatte mir selber etwas Frisches und Ursprüngliches
gegeben und mir Freude über ihre Freude mitgeteilt, so daß ich
gleichsam gestärkter und befestigter über meine Beziehungen nachdenken
und sie mir gewissermaßen vor mir selber zurecht legen konnte.
Ich hatte mit Natalien keinen Briefwechsel verabredet, ich hatte
nicht daran gedacht, sie wahrscheinlich auch nicht. Unser Verhältnis
erschien mir so hoch, daß es mir kleiner vorgekommen wäre, wenn wir
uns gegenseitig Briefe geschickt hätten. Wir mußten in der Festigkeit
der Überzeugung der Liebe des Andern ruhen, durften uns nicht durch
Ungeduld vermindern und mußten warten, wie sich alles entwickeln
werde. So konnte ich mit dem Gefühle von Seligkeit von Natalien fern
sein, konnte mich freuen, daß alles so ist, wie es ist, und konnte
dessen harren, was meine Eltern und Nataliens Angehörige beginnen
werden.
Klotilden, welche ihren Bergen, Lüften, Seen und Wäldern die Farbe
geben wollte, die sie gesehen hatte, suchte ich beizustehen und zeigte
ihr, worin sie fehle und wie sie es immer besser machen könne. Wir
wußten es jetzt, daß man die zarte Kraft, wie sie uns in der Wesenheit
der Hochgebirge entgegen tritt, nicht darstellen könne und die Kunst
des großen Meisters nur in der besten Annäherung bestehe. Auch in
ihrem Bestreben, die Art, wie sie im Gebirge die Zither spielen gehört
hatte und die eigentümlichen Töne, die ihr dort vorgekommen waren,
nachzuahmen, suchte ich ihr zu helfen. Wir konnten wohl beide unsere
Vorbilder nicht völlig erreichen, freuten uns aber doch unserer
Versuche.
Bei einigen Freunden machte ich gelegentlich zwei oder drei Besuche.
ihr Angedenken. Sonst ging der Vater auch fast in allen Zeiten des
Tages auf den Wegen der Felder und des Waldes herum.
Am fünften Tage traten wir die Rückreise zu den Unsrigen an.
Wir waren am frühen Morgen noch zu unsern Verwandten gegangen. Sie
waren, wie es bei Landleuten in solchen Fällen gebräuchlich ist,
schöner angekleidet als sonst und erwarteten uns. Wir nahmen in
herzlicher Weise Abschied. Ich versprach, da ich ohnehin das Wandern
gewohnt sei und viele Gegenden besuche, auch hieher wieder zu kommen
und noch öfter in dem kleinen Hause vorzusprechen. Der Vater sagte,
es könne sein, daß er wieder komme oder auch nicht, wie es sich eben
beim Alter füge. Man müsse erwarten, was Gott gewähre. Die Leute
begleiteten uns in das Gasthaus und blieben da, bis wir den Wagen
bestiegen hatten. Aus den Worten ihres Abschiedes und ihrer
Danksagungen erkannte ich, daß der Vater ihnen auch eine Summe Geldes
gegeben haben müsse. Sie sahen uns sehr lange nach.
Im Fortfahren war der Vater anfangs ernst und wortkarg, es mochte ihm
das Herz schwer gewesen sein. Später entwickelte sich bei uns wieder
ein Verkehr der Rede, wie er auf der Herreise gewesen war.
Am Abende des dritten Tages nach unserer Abfahrt waren wir wieder in
dem Hause in der Vaterstadt.
Die Mutter war sehr erfreut, daß der Aufenthalt von elf Tagen in der
freien Luft für den Vater von so wohltätigen Folgen gewesen sei. Seine
Wangen haben sich nicht nur schön rot gefärbt, sie seien auch voller
geworden, und das Auge sei weit klarer, als wenn es immer auf das
Papier seiner Schreibstube geblickt hätte.
»Das ist nur die Wirkung des Anfangs und eine Folge des Reizes des
Wechsels auf die körperlichen Gebilde«, sagte der Vater, »im Verlaufe
der Zeit gewöhnt sich Blut, Muskel und Nerv an die freie Luft und
Bewegung und das erste rötet sich nicht mehr so, und die letzten
schwellen. Allerdings aber wirkt viel Aufenthalt in freier Luft und
gehörige Bewegung, in welche sich keine Sorgen mischen, weit günstiger
auf die Gesundheit, als ein stetiges Sitzen in Stuben und ein Hingeben
an Gedanken für die Zukunft. Wir werden schon einmal, und wer weiß wie
nahe die Zeit ist, auch dieses Glück genießen und uns recht darüber
freuen.«
»Wir werden uns freuen, wenn du es genießest«, erwiderte die Mutter,
»du entbehrst es am meisten und dir ist es am nötigsten. Wir Andern
können in unsern Garten und in die Umgebung der Stadt gehen, du suchst
immer die düstere Stube. Weil du es aber schon so oft gesagt hast, so
wird es doch einmal wahr werden.«
»Es wird wahr werden, Mutter«, antwortete der Vater, »es wird wahr
werden.«
Sie wendete sich an uns, wir sollen bestätigen, daß der Vater nie so
gesund und so heiter ausgesehen habe als nach dieser kurzen Reise.
Wir gaben es zu.
Nun mußte aber auch noch auf eine andere Reise gedacht werden, weil
heuer einmal der Sommer der Reisen war, und wir mußten dieselbe ins
Werk setzen, meine und Klotildens Fahrt ins Gebirge. Der Herbst war
schon da, wie ich an den Buchenblättern um das Geburtshaus meines
Vaters hatte wahrnehmen können, die bereits im Begriffe waren, die
rote Farbe vor ihrem Abfallen zu gewinnen. Es war keine Zeit mehr zu
verlieren.
Für Klotilden waren die Vorbereitungen fertig, ich brauchte keine,
weil ich immer in Bereitschaft war, und so konnten wir ungesäumt
unsere verabredete Fahrt beginnen.
Die Mutter legte mir das Wohl der Schwester sehr an das Herz, der
Vater sagte, wir sollen die Muße nach unserer besten Einsicht
genießen, und so fuhren wir bei dem Aufgange einer klaren Herbstsonne
aus dem Tore unseres Hauses.
Ich wollte die Schwester, welche ihre erste größere Reise machte,
nicht der Berührung mit anderen Menschen in einem gemeinschaftlichen
Wagen aussetzen, da man deren Wesen und Benehmen nicht voraus wissen
konnte; deshalb zog ich es vor, mit Postpferden so lange zu fahren,
als es mir gut erscheinen werde, und dann die Art unsers Weiterkommens
im Gebirge je nach der Sachlage zu bestimmen. Es hatte diese Art zu
reisen noch den Vorteil, daß ich anhalten konnte, wo ich wollte, und
daß ich der Schwester Manches erklären durfte, ohne dabei auf jemand
Rücksicht nehmen zu müssen, der als Zeuge gegenwärtig wäre. Auch
konnten wir uns in unseren geschwisterlichen Gesprächen über unsere
Angehörigen, unser Haus und andere Dinge nach der freien Stimmung
unserer Seele bewegen. Auf diese Art fuhren wir zwei Tage. Ich gönnte
ihr öfter Ruhe, da sie ein fortwährendes Fahren nicht gewohnt war, und
endete immer noch lange vor Abend unsere Tagreise. Wir sahen die Berge
schon immer in der Nähe von einigen Meilen mit unserem Wege gleich
laufen; aber ihre Teile waren hier weniger wichtig. Es war mir äußerst
lieblich, die Gestalt der Schwester neben mir in dem Wagen zu wissen,
ihr schönes Angesicht zu sehen und ihren Atem zu empfinden. Ihre
schwesterliche Rede und die frische Weise, alles, was ihr neu war,
in die vollkommen klare Seele aufzunehmen, war mir unaussprechlich
wohltätig.
Am Vormittage des dritten Tages ließ ich sie ruhen. Für den Nachmittag
mietete ich einen Wagen, und wir fuhren von der Poststraße weg gerade
dem Gebirge zu. Unsere Fahrt war von angenehmer und heiterer Stimmung
begleitet, und wir ergingen uns in mannigfaltigen Gesprächen. Als die
blauen Berge in der klaren Luft, die einen milchig grünlichen Schimmer
hatte, uns entgegen traten, leuchtete ihr Auge immer freundlicher
und ihre Mienen waren teilnehmend der Gegend, in die wir fuhren,
zugekehrt. Gleich wie bei dem Vater röteten sich nach dieser
dreitägigen Reise auch ihre zarten Wangen, und ihre Augen wurden
glänzender. So kamen wir endlich an dem Orte an, den ich für unsere
Nachtruhe bestimmt hatte. An demselben rauschte die grüne Afel mit
ihren Gebirgswässern vorüber, welches Rauschen durch ein schief über
das Flußbett gezogenes Wehr noch vermehrt wurde. Waldhänge in langen
Rücken begannen schon sich zu erheben, und oberhalb des dunkeln Randes
eines bedeutend hohen Buchenwaldes blickte bereits das rote Haupt
eines im Abende glühenden Berges herein, auf welchem schon einzelne
Strecken von Schnee lagen.
Des andern Tages mietete ich ein Gebirgswägelchen, wie sie zum
Fortkommen auf Wegen, die nicht Poststraßen sind, in den Gebirgen am
besten dienen und deren Pferde an die Gegenstände des Gebirges und an
die Beschaffenheit seiner Wege gewöhnt und daher am zuverlässigsten
sind. Wir brachten unsere Sachen in demselben, so gut es ging, unter
und fuhren der glänzenden Afel entgegen, immer tiefer in die Berge
hinein. Ich nannte jeden Namen eines vorzüglichen Berges, machte auf
die Bildungen aufmerksam und suchte die Farben, die Lichter und die
Schatten zu erörtern. Überall begannen schon die Laubwälder die
rötliche und gelbliche Färbung anzunehmen, was den Hauch über all den
Gestaltungen noch lieblicher machte.
Da ich in eine gewisse Tiefe des Gebirges gekommen war, änderte ich
die Richtung und fuhr nun nach der Länge desselben hin. Als zwei Tage
vergangen waren und der dritte auch schon dem Nachmittag zuneigte,
blickte uns aus der Tiefe des Tales das Gewässer des Lautersees
entgegen. Wir kamen um den Rücken eines breiten Waldberges herum, und
die Glanzstellen entwickelten sich immer mehr. Endlich lag der größte
Teil des Spiegels unter dem Gezweige der Tannen, der Buchen und
der Ahorne zu unsern Füßen. Wir sanken mit unserem Wäglein auf dem
schmalen Wege immer tiefer und tiefer, bis wir nach etwa zwei Stunden
an dem Ufer des Sees anlangten und die Steinchen in seinen seichten
Buchten hätten zählen können. Wir fuhren an dem Ufer dahin, umfuhren
eine kleine Strecke des Sees und kamen in dem Seewirtshause an. Dort
lohnte ich unsern Fuhrmann ab und mietete uns für mehrere Tage ein.
Klotilde mußte dasselbe Zimmer bekommen, welches ich während der
Zeiten meiner Vermessungen des Lautersees innegehabt hatte. Ich
begnügte mich mit einem kleineren Stübchen in ihrer Nähe. Man staunte
das schöne, und wie man sich ausdrückte, vornehme Mädchen an, und ich
gewann sichtbar an Ansehen, da ich eine solche Schwester hatte.
Alle, die ein Ruder führen konnten oder die geübt waren, Steigeisen
anzulegen und einen Alpenstock zu gebrauchen, kamen herzu und boten
ihre Dienste an. Ich sagte, daß ich sie rufen werde, wenn wir sie
bedürfen und daß wir uns dann ihrer Gesellschaft sehr erfreuen würden.
Zuerst machte ich Klotilden ein wenig in ihrem Zimmerchen wohnhaft.
Ich zeigte ihr bedeutsam Stellen, die sie aus ihren Fenstern sehen
konnte, und nannte ihr dieselben. Ich zeigte ihr, wie ich in
verschiedenen Richtungen auf dem See gefahren war, um seine Tiefe
zu messen, und wie wir uns bald auf dieser, bald auf jener Stelle
des Wassers festsetzen mußten. Sie richtete sich Farben und
Zeichnungsgeräte zurechte, um zu versuchen, ob sie nicht auch nach der
unmittelbaren Anschauung von den Räumen ihres Zimmerchens aus etwas
von den Gestaltungen, die sie hier sehen konnte, auf das Papier zu
übertragen vermöchte.
Die folgenden Tage brachten wir damit zu, in den Umgebungen des
Seehauses Spaziergänge zu machen, damit Klotilde sich ein wenig
in diese Bildungen einlebe. Das vorausgesagte schöne Wetter war
eingetroffen, es dauerte fort, und so konnten wir uns der Freude und
dem Vergnügen, welche diese Gänge uns gewährten, um so ungestörter
hingeben, als auch der Stand unserer Gesundheit ein vortrefflicher war
und die Befürchtungen, welche die Mutter und zum Teile auch ich in
Hinsicht Klotildens gehegt hatten, nicht in Erfüllung gingen. Wir
schickten von hier aus Briefe nach Hause.
In der Folge der Tage führte ich sie auf den See hinaus. Ich führte
sie auf die verschiedenen Teile, die entweder an sich schön und
bedeutend waren oder von denen man schöne und merkwürdige Anblicke
gewinnen konnte. Ich unterstützte sie mit allen meinen Erfahrungen,
die ich mir durch meine mehrfältigen Aufenthalte in dem Gebirge
gesammelt hatte. Sie nahm alles mit einer tiefen Seele auf, und durch
meine Hilfe waren ihr manche Umwege erspart, welche diejenigen, die
zum ersten Male die Berge besuchen, machen müssen, ehe es ihnen
gelingt, sich die Größe und Erhabenheit der Gebirge aufschließen zu
können. Auf den Seefahrten unterstützten uns zwei junge Schiffer, die
meine steten Begleiter bei meinen Messungen gewesen waren. Wir gingen
auch bergan. Ich hatte Klotilden Fußbekleidungen machen lassen,
welche nach Innen weich, nach Außen aber hart und dem rauhen Gerölle
Widerstand leistend waren. Auf dem Haupte trug sie einen bequemen
Schirmhut und in der Hand einen eigens für sie gemachten Alpenstock.
Wenn wir auf die Höhen kamen, wurde mit Freude die Aussicht genossen.
Klotilde versuchte auch nach der Anschauung etwas zu zeichnen und zu
malen; aber die Ergebnisse waren noch weit mangelhafter als bei mir,
da sie einen geringeren Vorrat von Erfahrung zu dem Versuche brachte.
Nachdem über eine Woche vergangen war, führte ich Klotilden mittelst
eines gleichen Fuhrwerkes, wie wir sie bisher im Gebirge gehabt
hatten, in das Lauterthal und in das Ahornhaus. Dort fanden wir ein
besseres Unterkommen als in dem Seehause, und wir erhielten zwei
nebeneinander befindliche geräumige und freundliche Zimmer, deren
Fenster auf die Ahorne vor dem Hause hinausgingen und durch die gelben
Blätter derselben auf die blauduftigen Höhen sahen, die vom Hause
gegen den Süden standen. Ich zeigte meine Schwester der Wirtin, ich
zeigte sie dem alten Kaspar, der auf die Kunde meiner Ankunft sogleich
herbei gekommen war, und ich zeigte sie den andern, welche sich
gleichfalls reichlich eingefunden hatten. Es war hier ein noch
größerer Jubel als in dem Seehause, es freute sie, daß eine solche
Jungfrau in die Berge gekommen und daß sie meine Schwester sei. Sie
boten ihre Dienste an und näherten sich mit einiger Scheu.
Klotilde betrachtete alle diese Menschen, die ich ihr als meine
Begleiter und Gehilfen bei meinen Arbeiten vorstellte, mit Vergnügen,
sie sprach mit ihnen und ließ sich wieder erzählen. Sie lernte
sich immer mehr in die Art dieser Leute ein. Ich fragte um meinen
Zitherspiellehrer, weil ich Klotilden diesen Mann zeigen wollte und
weil ich auch wünschte, daß sie sein außerordentliches Spiel mit
eigenen Ohren hören möchte. Wir hatten zu diesem Zwecke unsere beiden
Zithern in unserm Gepäcke mitgenommen. Man sagte mir aber, daß seit
der Zeit, als ich ihnen erzählt habe, daß er von meinen Arbeiten
fortgegangen sei, kein Mensch, weder in den nähern noch in den
ferneren Tälern, etwas von ihm gehört habe. Ich sagte also Klotilden,
daß sie keinen andern als die gewöhnlichen einheimischen Zitherspieler
werde hören können, wie sie dieselben auch bereits gehört habe und
wie sie ihr anziehender erschienen seien als die Kunstspieler in der
Stadt und als ich, der ich wahrscheinlich ein Zwitter zwischen einem
Kunstspieler und einem Spieler des Gebirges sei. Wir richteten uns in
unserem Zimmer ein und begannen ungefähr so zu leben, wie wir in der
Umgebung des Seehauses gelebt hatten. Ich führte Klotilden in das
Echertal zu dem Meister, welcher unsere Zithern verfertiget hatte. Er
besaß noch immer die dritte Zither, welche mit meiner und Klotildens
ganz gleich war. Er sagte, es seien zwar Käufer von Zithern gekommen,
die diese gepriesen hätten; aber das seien Gebirgsleute gewesen, die
nicht so viel Geld haben, sich eine solche Zither kaufen zu können.
Die Andern, welche die Mittel besäßen, vorzüglich Reisende, ziehen
Zithern vor, welche eine schöne Ausschmückung haben, wenn sie auch
teurer sind, und lassen die stehen, deren Tugenden sie nicht zu
schätzen wissen. Er spielte ein wenig auf ihr, er spielte mit einer
großen Fertigkeit; aber in jener wilden und weichen Weise, mit
welcher mein schweifender Jägersmann spielte und welche gerade diesem
Musikgeräte so zusagte, vermochte weder er zu spielen noch hatte ich
jemanden so spielen gehört. Ich sagte dem alten Manne, daß das Mädchen
meine Schwester sei und daß sie auch eine von den drei Zithern
besitze, von denen er sage, daß sie die besten seien, die er in seinem
Leben gemacht habe. Er hatte seine Freude darüber, gab Klotilden ein
Bündel Saiten und sagte: »Es sind meine besten Zithern und werden wohl
auch meine besten bleiben.«
Wir besuchten die Täler und einige Berge um das Ahornhaus, und Kaspar
oder ein Anderer waren zuweilen unsere Begleiter und Träger.
Ich führte Klotilden auch in das Häuschen, in welchem ich die
Pfeilerverkleidungen für den Vater gekauft hatte, ich führte sie
in das steinerne Schloß, in welchen sie ursprünglich gewesen sein
mochten, und ich führte sie auch in das Rothmoor, wo sie das Arbeiten
in Marmor betrachten konnte.
Wir blieben länger in dem Ahornhause, als wir im Seehause
gewesen waren, und alle Menschen waren hier noch freundlicher,
zutraulicher und hilfreicher als dort. Die Wirtin war unermüdet
in Dienstanerbietungen gegen meine Schwester. Zu Ende unseres
Aufenthaltes traten hier kühle und regnerische Tage ein. Wir
verbrachten sie still in der heitern Wohnlichkeit des Hauses. Aber
aus der Beschaffenheit des Laubes an den Bäumen und dem Aussehen der
Herbstpflanzen auf den Matten, aus dem Verhalten der Tiere und aus der
Beschaffenheit des Pelzes derselben erkannte ich, daß die dauernde
kalte und unfreundliche Zeit noch nicht gekommen sei und daß noch
warme und klare Tage eintreten müssen. Als daher das Wetter sich
wieder aufheiterte, verließ ich mit Klotilden das Ahornhaus und schlug
den Weg in das Kargrat ein.
Ich hatte mich in meinen Voraussetzungen nicht getäuscht. Nachdem
zwei halb heitere und kühle Tage gewesen waren, die wir mit Fahren
zugebracht hatten, zog wieder ein ganz heiterer, zwar am Morgen
kalter, in seinem Verlaufe aber sich schnell erwärmender Tag über die
beschneiten Gipfel herauf, dem eine Reihe schöner und warmer Tage
folgte, die den Schnee auf den Höhen und den, welcher das Eis der
Gletscher bedeckt hatte, wieder weg nahmen und das letztere so weit
sichtbar machten, als es in diesem Sommer überhaupt sichtbar gewesen
war. Wir hatten am zweiten dieser schönen Tage das Kargrat erreicht.
Die Reise war darum von so langer Dauer gewesen, weil wir kleine
Tagefahrten gemacht hatten und weil wir die Berge hinan und hinab
recht langsam gefahren waren. Wir zogen in die Ärmlichkeit unserer
Wohnung, die durch die Größe und Öde der Gegend, von welcher sie
umgeben war, noch mehr herabgedrückt wurde, ein. Am zweiten Tage nach
unserer Ankunft, da alles vorbereitet worden war, folgte mir Klotilde
auf das Simmieis. Es waren Führer, Träger von Lebensmitteln und von
Allem, was auf einer solchen Wanderung notwendig oder nützlich sein
konnte, und endlich auch solche, die eine Sänfte hatten, mitgegangen.
Wir waren am ersten Tage bis zur Karzuflucht gekommen. Dort waren wir
in dem aus Holzblöcken für die Besteiger der Karspitze gezimmerten
Häuschen über Nacht geblieben, hatten aus mitgebrachtem Holze Feuer
gemacht und uns unser Abendessen bereitet.
Mit Anbruch des nächsten Tages gingen wir weiter und kamen im Glanze
des Vormittages auf die Wölbung des Gletschers. Daß an eine Besteigung
der Karspitze nicht gedacht werden konnte, war natürlich.
Wir betrachteten hier nun, was zu betrachten war, und als sich Kälte
in den Gliedern einstellen wollte, traten wir den Rückweg an. In der
Zuflucht wurden wieder Speisen bereitet, und dann gingen wir vollends
hinab. Als wir zurückgekehrt waren, sank mir Klotilde fast erschöpft
an das Herz.
Ich legte am andern Tage Klotilden mehrere Zeichnungen, die
ich von Gletschern, ihren Einfassungen, Wölbungen, Spaltungen,
Zusammenschiebungen und dergleichen gemacht hatte, vor, damit sie in
der frischen Erinnerung das Gesehene mit dem Abgebildeten vergleichen
konnte. Ich machte auf Vieles aufmerksam, führte Manches in ihr
Gedächtnis zurück und erwähnte hier auch als an der geeignetsten
Stelle, wie sehr die Abbildung hinter der Wirklichkeit zurück bleibe.
In den nächsten zwei Tagen besuchten wir noch verschiedene Stellen,
von denen wir das Eis und die Schneegestaltungen dieser Berge
betrachten konnten. Auch einen Wassersturz von einer steilrechten Wand
zeigte ich Klotilden. Hierauf aber begann ich auf unsere Rückreise zu
den Eltern zu denken. Die Zeit war nach und nach so vorgerückt, daß
ein Aufenthalt in diesen hochgelegenen Räumen, besonders für ein der
Stadt gewohntes Mädchen, nicht mehr ersprießlich war. Ich schlug daher
Klotilden vor, nun auf dem nächsten Wege durch das ebenere Land unsere
Heimat zu gewinnen zu suchen. Sie war damit einverstanden. Von dem
nächsten größeren Orte her wurde ein Fuhrwerk bestellt, welches uns
auf die erste Post bringen sollte. Wir nahmen von unserer Wirtin
und ihrem Manne so wie von unsern Trägern und Führern, die noch zum
Empfange eines kleinen Geschenkes herbei gekommen waren, Abschied; wir
verabschiedeten uns von dem Pfarrer, der uns zuweilen besucht und uns
auf Schönheiten, von seinem kleinen Gesichtskreise aus, aufmerksam
gemacht hatte, und fuhren auf unserem Karren, der nur mit einem Pferde
bespannt war, auf dem schmalen Wege von dem Kargrat hinab. Das Letzte,
was wir von dem kleinen Örtchen sahen, war die mit Schindeln bedeckte
Wand des Pfarrhofes und die gleichfalls mit Schindeln bedeckte
Wand der schmalen Seite der Kirche. Ich sagte Klotilden, daß diese
Bedeckungen notwendig seien, um die in diesen Höhen stark wirkende
Gewalt des Regens und des Schnees von dem Mauerwerke abzuhalten. Wir
konnten nur noch einen Blick auf die zwei Gebäude tun, dann trat eine
Höhe zwischen unsere Augen und sie. Wir glitten mit unserem Fuhrwerke
sehr schnell abwärts, wilde Gründe umgaben uns, und endlich empfing
uns der Wald, der die Niederungen suchte, in ihnen dahin zog und schon
wohnlicher und wärmer war. Wir kamen unter Wiegen und Ächzen unseres
Wägleins immer tiefer und tiefer, Fahrgeleise von Holzwegen, die den
Wald durchstrichen, mündeten in unsere Straße, diese wurde fester und
breiter, und wir fuhren zuweilen schon eben und behaglich dahin.
Als wir den Ort erreicht hatten, an welchem sich die nächste Post
befand, lohnte ich den Führer meines Wägleins ab, sendete ihn zurück
und nahm Postpferde. Wir fuhren in gerader Richtung auf dem kürzesten
Wege aus dem Gebirge gegen das flachere Land, um die Heerstraße zu
gewinnen, die nach unserer Heimat führte. Immer mehr und mehr sanken
die Berge hinter uns zurück, die milde Herbstsonne, die sie beschien,
färbte sie immer blauer und blauer, die Höhen, die uns jetzt
begegneten, wurden stets kleiner und kleiner, bis wir in das Land
hinaus kamen, dessen Gefilde mit lauter dem Menschen nutzbarem Grunde
bedeckt waren. Dort trafen wir auf die große Straße. Bisher waren wir
gegen Norden gefahren, jetzt änderten wir die Richtung und fuhren dem
Osten zu. Wir hatten auch bessere Wägen.
Da wir einen Tag auf dieser Straße gefahren waren, ließ ich an einem
Orte halten und beschloß, einen Tag an demselben zu bleiben; den Abend
und die Nacht brachten wir in Ruhe zu. Am andern Tage gegen Mittag
führte ich die Schwester auf einen mäßig hoben Hügel. Der Tag war ein
sehr schöner Herbsttag, der Schleier, welcher im Vormittage so Hügel
als Gründe zart umwebt hatte, war einer völligen Klarheit gewichen.
Ich befestigte mittelst Schrauben mein Fernrohr an dem Stamme einer
Eiche und richtete es. Dann hieß ich Klotilden durchsehen und fragte
sie, was sie sähe.
»Ein hohes, dunkles Dach«, sagte sie, »aus welchem mehrere breite
und mächtige Rauchfänge empor ragen. Unter dem Dache ist ein Gemäuer
von ebenfalls dunkler Farbe, in welchem große Fenster in gemäßen
Entfernungen stehen. Das Gebäude scheint ein Viereck zu sein.«
»Und was siehst du weiter, Klotilde, wenn du das Rohr in die
Umgebungen des Gebäudes richtest?« fragte ich.
»Bäume, die hinter dem Hause stehen, gleichsam wie ein Garten«,
antwortete sie. »Die Mauern des Gebäudes sind dort licht wie die
unserer Häuser. Dann sehe ich Felder, in ihnen wieder Bäume, hie und
da ein Haus und endlich wolkenartige Spitzen, die wie das Hochgebirge
sind, das wir verlassen haben.«
»Es ist das Hochgebirge«, antwortete ich.
»Ist das etwa - -?« fragte sie, den Kopf von dem Fernrohre wegwendend
und mich ansehend.
»Ja, Klotilde, das Gebäude ist der Sternenhof«, antwortete ich.
»Wo Natalie wohnt?« fragte sie.
»Wo Natalie wohnt, wo die edle Mathilde verweilt, wo so treffliche
Menschen ein und aus gehen, wohin meine Gedanken sich mit Empfindung
wenden, wo sanfte Gegenstände der Kunst thronen und wo ein liebes Land
um all die Mauern herum liegt«, antwortete ich.
»Das ist der Sternenhof!« sagte Klotilde, blickte wieder in das
Fernrohr und sah lange durch dasselbe.
»Ich habe dich mit Freude auf diesen Hügel geführt, Klotilde«, sagte
ich, »um dir diesen Ort zu zeigen, in dem mein warmes Herz schlägt und
ein tiefer Teil von meinem Wesen wohnt.«
»Ach lieber, teurer Bruder«, antwortete sie, »wie oft gehen meine
Gedanken an den Ort und wie oft weilt mein Gemüt in seinen mir noch
unbekannten Mauern!«
»Du begreifst aber«, sagte ich, »daß wir jetzt nicht hingehen können
und daß die Angelegenheit ihre naturgemäße Entwickelung haben muß.«
»Ich begreife es«, antwortete sie.
»Du wirst sie sehen, an deinem Herzen halten und sie lieben«, sagte
ich.
Klotilde sah wieder in das Rohr, sie sah sehr lange in dasselbe und
betrachtete alles genau. Ich lenkte ihren Blick auf die Teile, die mir
wichtig schienen, erklärte ihr alles und erzählte von dem Schlosse und
von denen, die in demselben sind.
Es war indessen der Mittag gekommen, wir lösten das Fernrohr ab und
gingen langsam unserer Wohnung zu.
»Kann man hier nicht auch das Rosenhaus deines Freundes sehen?« fragte
sie im Heimgehen.
»Hier nicht«, erwiderte ich, »hier ist nicht einmal der höchste Teil
der Rosenhausgegend zu erblicken, weil der Kronwald, den du gegen
Norden siehst, sie deckt. Im Weiterfahren werden wir auf einen Hügel
kommen, von dem aus ich dir die Anhöhe zeigen kann, auf welcher
das Haus liegt und von dem aus du mit dem Fernrohre das Haus sehen
kannst.«
Wir gingen in unsere Wohnung, und am nächsten Tage fuhren wir weiter.
Als wir an die Stelle gekommen waren, von welcher man die Höhe des
Asperhofes sehen konnte, ließ ich halten, wir stiegen aus, ich zeigte
Klotilden den Hügel, auf welchem das Haus meines Gastfreundes liegt,
richtete das Fernrohr und ließ sie durch dasselbe das Haus erblicken.
Wir waren aber hier so weit von dem Asperhofe entfernt, daß man selbst
durch das Fernrohr das Haus nur als ein weißes Sternchen sehen konnte.
Nach dessen Betrachtung fuhren wir wieder weiter.
Als nach diesem Tage der dritte vergangen war, fuhren wir gegen Abend
durch den Torweg des Vorstadthauses unserer Eltern ein.
»Mutter«, rief ich, da uns diese und der Vater, der unsere Ankunft
gewußt hatte und daher zu Hause geblieben war, entgegen kamen, »ich
bringe sie dir gesund und blühend zurück.«
Wirklich war Klotilde, wie es dem Vater auf seiner kleinen Reise
ergangen war, durch die Luft und die Bewegung kräftiger, heiterer und
in ihrem Angesichte reicher an Farbe geworden, als sie es je in der
Stadt gewesen war.
Sie sprang von dem Wagen in die Arme der Mutter und begrüßte diese und
dann auch den Vater freudenvoll; denn es war das erste Mal gewesen,
daß sie die Eltern verlassen hatte und auf längere Zeit in ziemlicher
Entfernung von ihnen gewesen war. Man führte sie die Treppe hinan
und dann in ihr Zimmer. Dort mußte sie erzählen, erzählte gerne und
unterbrach sich öfter, indem sie das inzwischen heraufgebrachte Gepäck
aufschloß und die mannigfaltigen Dinge heraus nahm, die sie in den
verschiedenen Ortschaften zu Geschenken und Erinnerungen gekauft oder
an mancherlei Wanderstellen gesammelt hatte. Ich war ebenfalls mit in
ihr Zimmer gegangen, und als wir geraume Weile bei ihr gewesen waren,
entfernten wir uns und überließen sie einer notwendigen Ruhe.
Nun folgte für Klotilden fast eine Zeit der Betäubung, sie beschrieb,
sie erzählte wieder, sie setzte sich vor Zeichnungen hin, blätterte
in ihnen oder zeichnete selber und suchte in der Erinnerung Gesehenes
nachzubilden.
Aber auch für mich war diese Reise nicht ohne Erfolg gewesen. Was ich
halb im Scherze, halb im Ernste gesagt hatte, daß ich durch diese
Reise zu einer größeren Ruhe kommen werde, ist in Wirklichkeit
eingetroffen. Klotilde, welche alle die Gegenstände, die mir längst
bekannt waren, mit neuen Augen angeschaut, welche alles so frisch, so
klar und so tief in ihr Gemüt aufgenommen hatte, hatte meine Gedanken
auf sich gelenkt, hatte mir selber etwas Frisches und Ursprüngliches
gegeben und mir Freude über ihre Freude mitgeteilt, so daß ich
gleichsam gestärkter und befestigter über meine Beziehungen nachdenken
und sie mir gewissermaßen vor mir selber zurecht legen konnte.
Ich hatte mit Natalien keinen Briefwechsel verabredet, ich hatte
nicht daran gedacht, sie wahrscheinlich auch nicht. Unser Verhältnis
erschien mir so hoch, daß es mir kleiner vorgekommen wäre, wenn wir
uns gegenseitig Briefe geschickt hätten. Wir mußten in der Festigkeit
der Überzeugung der Liebe des Andern ruhen, durften uns nicht durch
Ungeduld vermindern und mußten warten, wie sich alles entwickeln
werde. So konnte ich mit dem Gefühle von Seligkeit von Natalien fern
sein, konnte mich freuen, daß alles so ist, wie es ist, und konnte
dessen harren, was meine Eltern und Nataliens Angehörige beginnen
werden.
Klotilden, welche ihren Bergen, Lüften, Seen und Wäldern die Farbe
geben wollte, die sie gesehen hatte, suchte ich beizustehen und zeigte
ihr, worin sie fehle und wie sie es immer besser machen könne. Wir
wußten es jetzt, daß man die zarte Kraft, wie sie uns in der Wesenheit
der Hochgebirge entgegen tritt, nicht darstellen könne und die Kunst
des großen Meisters nur in der besten Annäherung bestehe. Auch in
ihrem Bestreben, die Art, wie sie im Gebirge die Zither spielen gehört
hatte und die eigentümlichen Töne, die ihr dort vorgekommen waren,
nachzuahmen, suchte ich ihr zu helfen. Wir konnten wohl beide unsere
Vorbilder nicht völlig erreichen, freuten uns aber doch unserer
Versuche.
Bei einigen Freunden machte ich gelegentlich zwei oder drei Besuche.
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