Der Nachsommer - 22
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verbindlich für alle seine Aufmerksamkeit, gab den Mädchen, die für
mich zu tun gehabt hatten, Geschenke, welche ich mir zu diesem Zwecke
schon früher angeschafft hatte, und bestieg den Wagen, den mir der
Verwalter zu meiner Zurückfahrt in das Rosenhaus zur Verfügung
gestellt hatte.
Als ich in dem Rosenhause ankam, traf ich meinen Gastfreund und seine
Gesellschaft von der Reise schon zurückgekehrt an. Ich blieb noch
mehrere Tage bei ihnen, nahm dann Abschied und begab mich in das
Ahornhaus zu meinen Arbeiten zurück.
Ich suchte diese Arbeiten rasch zu betreiben; aber alles war jetzt
anders und nahm eine andere Färbung in meinem Herzen an.
Als ich in dem Frühling die Hauptstadt verlassen hatte und dem langsam
über einen Berg empor fahrenden Wagen folgte, war ich einmal bei einem
Haufen von Geschiebe stehen geblieben, das man aus einem Flußbette
genommen und an der Straße aufgeschüttet hatte, und hatte das Ding
gleichsam mit Ehrfurcht betrachtet. Ich erkannte in den roten, weißen,
grauen, schwarzgelben und gesprenkelten Steinen, welche lauter
plattgerundete Gestalten hatten, die Boten von unserem Gebirge, ich
erkannte jeden aus seiner Felsenstadt, von der er sich losgetrennt
hatte und von der er ausgesendet worden war. Hier lag er unter
Kameraden, deren Geburtsstätte oft viele Meilen von der seinigen
entfernt ist, alle waren sie an Gestalt gleich geworden, und alle
harrten, daß sie zerschlagen und zu der Straße verwendet würden.
Besonders kamen mir die Gedanken, wozu dann alles da sei, wie es
entstanden sei, wie es zusammenhänge, und wie es zu unserem Herzen
spreche.
Einmal gelangte ich zu dem See hinunter und betrachtete an dem
sonnigen Nachmittage die Tatsache, daß die Schönheit der absteigenden
Berge meistens gegen einen Seespiegel am größten ist. Kömmt das aus
Zufall, haben die abstürzenden, dem See zueilenden Wässer die Berge
so schön gefurcht, gehöhlt, geschnitten, geklüftet, oder entspringt
unsere Empfindung von dem Gegensatze des Wassers und der Berge, wie
nehmlich das erste eine weiche, glatte, feine Fläche bildet, die durch
die rauhen absteigenden Riffe, Rinnen und Streifen geschnitten wird,
während unterhalb nichts zu sehen ist und so das Rätsel vermehrt wird?
Ich dachte bei dieser Gelegenheit: wenn das Wasser durchsichtiger
wäre, zwar nicht so durchsichtig wie die Luft, doch beinahe so, dann
müßte man das ganze innere Becken sehen, nicht so klar wie in der
Luft, sondern in einem grünlichen, feuchten Schleier. Das müßte sehr
schön sein. Ich blieb in Folge dieses Gedankens länger an dem See,
mietete mich in einem Gasthofe ein und machte mehrere Messungen der
Tiefe des Wassers an verschiedenen Stellen, deren Entfernung vom Ufer
ich mittelst einer Meßschnur bezeichnete. Ich dachte, auf diese Weise
könnte man annähernd die Gestalt des Seebeckens ergründen, könnte
es zeichnen und könnte das innere Becken von dem äußeren durch eine
sanftere, grünlichere Farbe unterscheiden. Ich beschloß, bei einer
ferneren Gelegenheit die Messungen fortzusetzen.
Diese Bestrebungen brachten mich auf die Betrachtung der Seltsamkeiten
unserer Erdgestaltungen. In dem Seegrunde sah ich ein Tal, in
dessen Sohle, die sich bei andern Tälern mit dem vieltausendfachen
Pflanzenreichtume und den niedergestürzten Gebirgsteilen füllt und
so einen schönen Wechsel von Pflanzen und Gestein darstellt, kein
Pflanzengrund sich entwickelt, sondern das Gerölle sich sachte mehrt,
der Boden sich hebt und die ursprünglichen Klüftungen ausfüllt.
Dazu kommen die Stücke, die unmittelbar von den Wänden in den See
stürzen, dazu kommen die Hügel, die außer der gewöhnlichen Ordnung
von bedeutenden Hochwassern in den See geschoben und von dem
nachträglichen Wellenschlage wieder abgeflacht werden. In
Jahrtausenden und Jahrtausenden füllt sich das Becken immer mehr, bis
einmal, mögen hundert oder noch mehr Jahrtausende vergangen sein,
kein See mehr ist, auf der ungeheuren Dicke der Geröllschichten der
menschliche Fuß wandelt, Pflanzen grünen und selbst Bäume stehen. So
kannte ich manche Stellen, die einst Seegrund gewesen waren.
Der Fluß, der Vater des Sees, hatte sich in seinem Weiterlaufe tiefer
gewühlt, er hatte den Seespiegel niederer gelegt, der Seegrund hatte
sich gehoben, bis nichts mehr war als ein Tal, an dem jetzt die Ufer
als grüne Wälle in langen Strecken stehen, mit kräftigen Kräutern,
blühenden Büschen und mancher lachenden Wohnung von Menschen prangen,
während das, was einmal ein mächtiges Wasser gebildet hatte, jetzt
als ein schmales Bändlein in glänzenden Schlangenlinien durch die
Landschaft geht.
Ich betrachtete vom See aus die Schichtungen der Felsen. Was bei
Kristallen der Blätterdurchgang ist, das zeigt sich hier in großen
Zügen. An manchen Stellen ist die Neigung diese, an manchen ist sie
eine andere. Sind diese ungeheuren Blätter einst gestürzt worden,
sind sie erhoben worden, werden sie noch immer erhoben? Ich zeichnete
manche Lagerungen in ihren schönen Verhältnissen und in ihren
Neigungen gegen die wagrechte Fläche. Wenn ich so die Blätter
durchging und die Gestaltungen ansah, war es mir wie eine unbekannte
Geschichte, die ich nicht enträtseln konnte und zu der es doch
Anhaltspunkte geben mußte, um die Ahnungen in Nahrung zu setzen.
Wenn ich die Stücke unbelebter Körper, die ich für meine Schreine
sammelte, ansah, so fiel mir auf, daß hier diese Körper liegen, dort
andere, daß ungeheure Mengen desselben Stoffes zu großen Gebirgen
aufgetürmt sind und daß wieder in kleinen Abständen kleine Lagerungen
mit einander wechseln. Woher sind sie gekommen, wie haben sie sich
gehäuft? Liegen sie nach einem Gesetze, und wie ist dieses geworden?
Oft sind Teile eines größeren Körpers in Menge oder einzeln an
Stellen, wo der Körper selber nicht ist, wo sie nicht sein sollen,
wo sie Fremdlinge sind. Wie sind sie an den Platz gekommen? Wie ist
überhaupt an einer Stelle gerade dieser Stoff entstanden und nicht ein
anderer? Woher ist die Berggestalt im Großen gekommen? Ist sie noch in
ihrer Reinheit da oder hat sie Veränderungen erlitten, und erleidet
sie dieselben noch immer? Wie ist die Gestalt der Erde selber
geworden, wie hat sich ihr Antlitz gefurcht, sind die Lücken groß,
sind sie klein?
Wenn ich auf meinen Marmor kam - wie bewunderungswürdig ist der
Marmor! Wo sind denn die Tiere hin, deren Spuren wir ahnungsvoll in
diesen Gebilden sehen? Seit welcher Zeit sind die Riesenschnecken
verschwunden, deren Andenken uns hier überliefert wird? Ein Andenken,
das in ferne Zeiten zurück geht, die niemand gemessen hat, die
vielleicht niemand gesehen hat und die länger gedauert haben als der
Ruhm irgend eines Sterblichen.
Eine Tatsache fiel mir auf. Ich fand tote Wälder, gleichsam
Gebeinhäuser von Wäldern, nur daß die Gebeine hier nicht in eine Halle
gesammelt waren, sondern noch aufrecht auf ihrem Boden standen. Weiße,
abgeschälte, tote Bäume in großer Zahl, so daß vermutet werden mußte,
daß an dieser Stelle ein Wald gestanden sei. Die Bäume waren Fichten
oder Lärchen oder Tannen. Jetzt konnte an der Stelle ein Baum gar
nicht mehr wachsen, es sind nur Kriechhölzer um die abgestorbenen
Stämme, und auch diese selten. Meistens bedeckt Gerölle den Boden oder
größere, mit gelbem Moose überdeckte Steine. Ist diese Tatsache eine
vereinzelte, nur durch vereinzelte Ortsursachen hervorgebracht? Hängt
sie mit der großen Weltbildung zusammen? Sind die Berge gestiegen, und
haben sie ihren Wälderschmuck in höhere, todbringende Lüfte gehoben?
Oder hat sich der Boden geändert, oder waren die Gletscherverhältnisse
andere? Das Eis aber reichte einst tiefer: wie ist das alles geworden?
Wird sich vieles, wird sich alles noch einmal ganz ändern? In welch
schneller Folge geht es? Wenn durch das Wirken des Himmels und seiner
Gewässer das Gebirge beständig zerbröckelt wird, wenn die Trümmer
herabfallen, wenn sie weiter zerklüftet werden und der Strom sie
endlich als Sand und Geschiebe in die Niederungen hinausführt, wie
weit wird das kommen? Hat es schon lange gedauert? Unermeßliche
Schichten von Geschieben in ebenen Ländern bejahen es. Wird es noch
lange dauern? So lange Luft, Licht, Wärme und Wasser dieselben
bleiben, so lange es Höhen gibt, so lange wird es dauern. Werden
die Gebirge also einstens verschwunden sein? Werden nur flache,
unbedeutende Höhen und Hügel die Ebenen unterbrechen, und werden
spelbst diese auseinander gewaschen werden? Wird dann die Wärme in den
feuchten Niederungen oder in tiefen, heißen Schluchten verschwinden,
so wie die kalte Luft in Höhen auf die Erde ohne Einfluß sein wird,
so daß alle Glieder in unsern Ländern von demselben lauen Stoffe
umflossen sind und sich die Verhältnisse aller Gewächse ändern? Oder
dauert die Tätigkeit, durch welche die Berge gehoben wurden, noch
heute fort, daß sie durch innere Kraft an Höhe ersetzen oder
übertreffen, was sie von Außen her verlieren? Hört die Hebungskraft
einmal auf? Ist nach Jahrmillionen die Erde weiter abgekühlt, ist ihre
Rinde dicker, so daß der heiße Fluß in ihrem Innern seine Kristalle
nicht mehr durch sie empor zu treiben vermag? Oder legt er langsam und
unmerklich stets die Ränder dieser Rinde auseinander, wenn er durch
sie seine Geschiebe hinan hebt? Wenn die Erde Wärme ausstrahlt
und immer mehr erkaltet, wird sie nicht kleiner? Sind dann die
Umdrehungsgeschwindigkeiten ihrer Kreise nicht geringer? Ändert das
nicht die Passate? Werden Winde, Wolken, Regen nicht anders? Wie viele
Millionen Jahre müssen verfließen, bis ein menschliches Werkzeug die
Änderung messen kann?
Solche Fragen stimmten mich ernst und feierlich, und es war, als wäre
in mein Wesen ein inhaltreicheres Leben gekommen. Wenn ich gleich
weniger sammelte und zusammentrug als früher, so war es doch,
als würde ich in meinem Innern bei weitem mehr gefördert als in
vergangenen Zeiten.
Wenn eine Geschichte des Nachdenkens und Forschens wert ist, so ist
es die Geschichte der Erde, die ahnungsreichste, die reizendste,
die es gibt, eine Geschichte, in welcher die der Menschen nur ein
Einschiebsel ist und wer weiß es, welch ein kleines, da sie von
anderen Geschichten vielleicht höherer Wesen abgelöset werden kann.
Die Quellen zu der Geschichte der Erde bewahrt sie selber wie in einem
Schriftengewölbe in ihrem Inneren auf, Quellen, die vielleicht in
Millionen Urkunden niedergelegt sind und bei denen es nur darauf
ankömmt, daß wir sie lesen lernen und sie durch Eifer und Rechthaberei
nicht verfälschen. Wer wird diese Geschichte einmal klar vor Augen
haben? Wird eine solche Zeit kommen oder wird sie nur der immer ganz
wissen, der sie von Ewigkeit her gewußt hat?
Von solchen Fragen flüchtete ich zu den Dichtern. Wenn ich von langen
Wanderungen in das Ahornhaus zurück kam oder wenn ich ferne von dem
Ahornhause in irgend einem Stübchen eines Alpengebäudes wohnte, so
las ich in den Werken eines Mannes, der nicht Fragen löste, sondern
Gedanken und Gefühle gab, die wie eine Lösung in holder Umhüllung
waren und wie ein Glück aussahen. Ich hatte mannigfaltige solcher
Männer. Unter den Büchern waren auch solche, in denen Schwulst
enthalten war. Sie gaben die Natur in und außer dem Menschen nicht so
wie sie ist, sondern sie suchten sie schöner zu machen und suchten
besondere Wirkungen hervorzubringen. Ich wendete mich von ihnen ab.
Wem das nicht heilig ist was ist, wie wird der Besseres erschaffen
können als was Gott erschaffen hat? In der Naturwissenschaft war ich
gewohnt geworden, auf die Merkmale der Dinge zu achten, diese Merkmale
zu lieben und die Wesenheit der Dinge zu verehren. Bei den Dichtern
des Schwulstes fand ich gar keine Merkmale, und es erschien mir
endlich lächerlich, wenn einer schaffen wollte, der nichts gelernt
hat.
Die Männer gefielen mir, welche die Dinge und die Begebenheiten mit
klaren Augen angeschaut hatten und sie in einem sicheren Maße in dem
Rahmen ihrer eigenen inneren Größe vorführten. Andere gaben Gefühle in
schöner Sittenkraft, die tief auf mich wirkten. Es ist unglaublich,
welche Gewalt Worte üben können; ich liebte die Worte und liebte
die Männer und sehnte mich oft nach einer unbestimmten, unbekannten
glücklichen Zukunft hinaus.
Die Alten, die ich einst zu verstehen geglaubt hatte, kamen mir doch
jetzt anders vor als früher. Es schien mir, als wären sie natürlicher,
wahrer, einfacher und größer als die Männer der neuen Zeit und als
lasse sie der Ernst ihres Wesens und die Achtung vor sich selbst nicht
zu den Überschreitungen gelangen, welche spätere Zeiten für schön
hielten. Ich trug Homeros, Äschylos, Sophokles, Thukydides fast
auf allen Wanderungen mit mir. Um sie zu verstehen, nahm ich alle
griechischen Sprachwerke, die mir empfohlen waren, vor und lernte
in ihnen. Am förderlichsten im Verstehen war aber das Lesen selber.
Bei den Alten nahm ich Geschichtschreiber gerne unter Dichter, sie
schienen mir dort einander näher zu stehen als bei den Neuen.
Da geriet auch ich auf das Malen. Die Gebirge standen im Reize und im
Ganzen vor mir, wie ich sie früher nie gesehen hatte. Sie waren meinen
Forschungen stets Teile gewesen. Sie waren jetzt Bilder, so wie früher
bloß Gegenstände. In die Bilder konnte man sich versenken, weil sie
eine Tiefe hatten, die Gegenstände lagen stets ausgebreitet zur
Betrachtung da. So wie ich früher Gegenstände der Natur für
wissenschaftliche Zwecke gezeichnet hatte, wie ich bei diesen
Zeichnungen zur Anwendung von Farben gekommen war, wie ich ja vor
Kurzem erst Geräte gezeichnet und gemalt hatte: so versuchte ich jetzt
auch, den ganzen Blick, in dem ein Hintereinanderstehendes, im Dufte
Schwebendes, vom Himmel sich Abhebendes enthalten war, auf Papier oder
Leinwand zu zeichnen und mit Ölfarben zu malen. Das sah ich sogleich,
daß es weit schwerer war als meine früheren Bestrebungen, weil es
sich hier darum handelte, ein Räumliches, das sich nicht in gegebenen
Abmessungen und mit seinen Naturfarben, sondern gleichsam als die
Seele eines Ganzen darstellte, zu erfassen, während ich früher nur
einen Gegenstand mit bekannten Linienverhältnissen und seiner ihm
eigentümlichen Farbe in die Mappe zu übertragen hatte. Die ersten
Versuche mißlangen gänzlich. Dieses schreckte mich aber nicht ab,
sondern eiferte mich vielmehr noch immer stärker an. Ich versuchte
wieder und immer wieder. Endlich vertilgte ich die Versuche
nicht mehr, wie ich früher getan hatte, sondern bewahrte sie zur
Vergleichung auf. Diese Vergleichung zeigte mir nach und nach, daß
sich die Versuche besserten und die Zeichnung leichter und natürlicher
wurde. Es war ein gewaltiger Reiz für das Herz, das Unnennbare, was
in den Dingen vor mir lag, zu ergreifen, und je mehr ich nach dem
Ergreifen strebte, desto schöner wurde auch dieses Unnennbare vor mir
selbst.
Ich blieb so lange in dem Gebirge, als es nur möglich wurde und als
die zunehmende Kälte einen Aufenthalt im Freien nicht ganz und gar
verbot.
Im spätesten Herbste ging ich noch einmal zu meinem Gastfreunde in
das Rosenhaus. Es war zur Zeit, da in dem Gebirge schon mannigfaltige
Schneelasten auf den Höhen lagen und das flache Land sich schon jedes
Schmuckes entäußert hatte. Der Garten meines Freundes war kahl,
die Bienenhütte war in Stroh eingehüllt, in den laublosen Zweigen
schrillte mir noch manche vereinzelte Kohlmeise oder ein Wintervogel,
und über ihnen zogen in dem grauen Himmel die grauen Dreiecke der
Gänse nach dem Süden. Wir saßen in den langen Abenden bei dem Feuer
des Kamins, arbeiteten unter Tags an der Einhüllung und Einwinterung
der Gegenstände, die es bedurften, oder machten an manchem Nachmittage
einen Spaziergang, wenn der regsame Nebel die Hügel und die Täler und
die Ebenen umwandelte.
Ich zeigte meinem Gastfreunde meine Versuche im landschaftlichen
Malen, weil ich es gewissermaßen für eine Falschheit gehalten hätte,
ihm nichts von der Veränderung zu sagen, die in mir vorgegangen war.
Ich scheute mich sehr, die Versuche vorzulegen, ich tat es aber doch,
und zwar zu einer Zeit, da auch Eustach zugegen war. Als Einleitung
erklärte ich, wie ich nach und nach dazu gekommen wäre, diese Dinge zu
machen.
»Es geht allen so, welche die Gebirge öfter besuchen und welche
Einbildungskraft und einiges Geschick in den Händen haben«, sagte mein
Gastfreund, »ihr braucht euch deshalb nicht beinahe zu entschuldigen,
es war zu erwarten, daß ihr nicht bloß bei eurem Sammeln von Steinen
und Versteinerungen bleiben werdet, es ist so in der Natur, und es ist
so gut.«
Die Entwürfe wurden mit viel mehr Ernst und Genauigkeit durchgenommen,
als sie verdienten. Da sowohl mein Gastfreund als auch Eustach
jedes Blatt öfter betrachtet hatten, sprachen sie mit mir
darüber. Ihr Urteil ging einstimmig darauf hinaus, daß mir das
Naturwissenschaftliche viel besser gelungen sei als das Künstlerische.
Die Steine, die sich in den Vordergründen befänden, die Pflanzen, die
um sie herum wuchsen, ein Stück alten Holzes, das da läge, Teile von
Gerölle, die gegen vorwärts säßen, selbst die Gewässer, die sich
unmittelbar unter dem Blicke befänden, hätte ich mit Treue und mit den
ihnen eigentümlichen Merkmalen ausgedrückt. Die Fernen, die großen
Flächen der Schatten und der Lichter an ganzen Bergkörpern und das
Zurückgehen und Hinausweichen des Himmelsgewölbes seien mir nicht
gelungen. Man zeigte mir, daß ich nicht nur in den Farben viel zu
bestimmt gewesen wäre, daß ich gemalt hätte, was nur mein Bewußtsein
an entfernten Stellen gesagt, nicht mein Auge, sondern daß ich auch
die Hintergründe zu groß gezeichnet hätte, sie wären meinen Augen
groß erschienen, und das hätte ich durch das Hinaufrücken der Linien
angeben wollen. Aber durch Beides, durch Deutlichkeit der Malerei
und durch die Vergrößerung der Fernen hätte ich die letzteren näher
gerückt und ihnen das Großartige benommen, das sie in der Wirklichkeit
besäßen. Eustach riet mir, eine Glastafel mit Canadabalsam zu
überziehen, wodurch sie etwas rauher würde, so daß Farben auf ihr
haften, ohne daß sie die Durchsichtigkeit verlöre und durch diese
Tafel Fernen mit den an sie grenzenden näheren Gegenständen mittelst
eines Pinsels zu zeichnen, und ich würde sehen, wie klein sich die
größten und ausgedehntesten entfernten Berge darstellen und wie groß
das zunächstliegende Kleine würde. Dieses Verfahren aber empfehle
er nur, damit man zur Überzeugung der Verhältnisse komme und einen
Maßstab gewinne, nicht aber, daß man dadurch künstlerische Aufnahmen
von Landschaften mache, weil durch einen solchen Vorgang die
künstlerische Freiheit und Leichtigkeit verloren würde, welche in
Bezug auf Darstellung das Wesen und das Herz der Kunst sei. Das Auge
soll nur geübt und unterrichtet werden, die Seele müsse schaffen, das
Auge soll ihr dienen. In Hinsicht der Farbgebung der Fernen riet er
mir, dort, wo ich einen Zweifel hätte, ob ich etwas sähe oder nur
wisse, es lieber nicht anzugeben und überhaupt in der Farbe lieber
unbestimmter als bestimmter zu sein, weil dadurch die Gegenstände an
Großartigkeit gewinnen. Sie werden durch die Unbestimmtheit ferner
und durch dieses allein größer. Durch Linien des Zeichnenstiftes auf
dem kleinen Papiere oder der kleinen Leinwand könne man nichts groß
machen. Durch Verdeutlichung werden die Körper näher gerückt und
verkleinert. Wenn überhaupt ein Fehler gegen die Genauigkeit gemacht
werden müsse - und kein Mensch könne Dinge, namentlich Landschaften,
in ihrer völligen Wesenheit geben -, so sei es besser, die Gegenstände
großartiger und übersichtlicher zu geben als in zu viele einzelne
Merkmale zerstreut. Das erste sei das Künstlerischere und Wirksamere.
Ich sah sehr gut ein, was sie sagten, und wußte auch, woher die Fehler
kämen, von denen sie redeten. Ich hatte bisher alle Gegenstände in
Hinblick auf meine Wissenschaft gezeichnet, und in dieser waren
Merkmale die Hauptsache. Diese mußten in der Zeichnung ausgedrückt
sein und gerade die am schärfsten, durch welche sich die Gegenstände
von verwandten unterschieden. Selbst bei meinem Zeichnen von
Angesichtern hatte ich deren Linien, ihr Körperliches, ihre Licht- und
Schattenverteilung unmittelbar vor mir.
Daher war mein Auge geübt, selbst bei fernen Gegenständen das, was sie
wirklich an sich hatten, zu sehen, wenn es auch noch so undeutlich
war, und dafür auf das, was ihnen durch Luft, Licht und Dünste
gegeben wurde, weniger zu achten, ja diese Dinge als Hindernisse der
Beobachtung eher weg zu denken als zum Gegenstande der Aufmerksamkeit
zu machen. Durch das Urteil meiner Freunde wurde mir der Verstand
plötzlich geöffnet, daß ich das, was mir bisher immer als wesenlos
erschienen war, betrachten und kennen lernen müsse. Durch Luft,
Licht, Dünste, Wolken, durch nahe stehende andere Körper gewinnen die
Gegenstände ein anderes Aussehen, dieses müsse ich ergründen, und die
veranlassenden Dinge müsse ich, wenn es mir möglich wäre, so sehr zum
Gegenstande meiner Wissenschaft machen, wie ich früher die unmittelbar
in die Augen springenden Merkmale gemacht hatte. Auf diese Weise
dürfte es zu erreichen sein, daß die Darstellung von Körpern gelänge,
die in einem Mittel und in einer Umgebung von anderen Körpern
schwimmen. Ich sagte das meinen Freunden, und sie billigten meinen
Entschluß. Wenn der Nebel oder überhaupt die trübe Jahreszeit einen
Blick in die Ferne gestattete, wurde das, was mit Worten gesagt wurde,
auch an wirklichen Beispielen erörtert, und wir sprachen über die Art
und Weise, wie sich die entfernten Gebirge oder Teile von ihnen oder
näher gehende von der Hauptkette sich ablösende Gründe darstellten.
Es ist unglaublich, wie sehr ich in jenem kurzen Herbstaufenthalte
unterrichtet wurde.
Ich sprach mit meinem Gastfreunde auch von den Dichtern, welche ich
las, und erzählte ihm von dem großen Eindrucke, welchen ihre Worte auf
mich machten. Wir gingen bei Gelegenheit einmal in sein Bücherzimmer,
er führte mich vor die Schreine, in welchen die Dichter standen, und
zeigte mir, was er in dieser Hinsicht besaß. Er sagte auch, ich möchte
während des Aufenthaltes in seinem Hause von den Büchern Gebrauch
machen, wie ich wollte; ich könnte sie im Lesezimmer benützen oder
auch in meine Wohnung mit hinübernehmen. Es waren Werke in den
ältesten Sprachen da, von Indien bis nach Griechenland und Italien,
es waren Werke der neueren Zeiten da und auch der neuesten. Am
zahlreichsten waren natürlich die der Deutschen.
»Ich habe diese Bücher gesammelt«, sagte er, »nicht als ob ich sie
alle verstände; denn von manchen ist mir die Sprache vollkommen fremd;
aber ich habe im Verlaufe meines Lebens gelernt, daß die Dichter, wenn
sie es im rechten Sinne sind, zu den größten Wohltätern der Menschheit
zu rechnen sind. Sie sind die Priester des Schönen und vermitteln
als solche bei dem steten Wechsel der Ansichten über Welt, über
Menschenbestimmung, über Menschenschicksal und selbst über göttliche
Dinge das ewig Dauernde in uns und das allzeit Beglückende. Sie geben
es uns im Gewande des Reizes, der nicht altert, der sich einfach
hinstellt und nicht richten und verurteilen will. Und wenn auch alle
Künste dieses Göttliche in der holden Gestalt bringen, so sind sie
an einen Stoff gebunden, der diese Gestalt vermitteln muß: die Musik
an den Ton und Klang, die Malerei an die Linien und die Farbe, die
Bildnerkunst an den Stein, das Metall und dergleichen, die Baukunst an
die großen Massen irdischer Bestandteile, sie müssen mehr oder minder
mit diesem Stoffe ringen; nur die Dichtkunst hat beinahe gar keinen
Stoff mehr, ihr Stoff ist der Gedanke in seiner weitesten Bedeutung,
das Wort ist nicht der Stoff, es ist nur der Träger des Gedankens, wie
etwa die Luft den Klang an unser Ohr führt. Die Dichtkunst ist daher
die reinste und höchste unter den Künsten. Da ich nun meine, daß
es so ist, wie ich sage, so habe ich die Männer, welche die Stimme
der Zeiten als große in der Kunst des Dichtens bezeichnete, hier
zusammengestellt. Ich habe Dichter in fremden Sprachen, die ich nicht
verstand, dazu getan, wenn ich nur wußte, daß sie in der Geschichte
ihres Volkes vorzüglich genannt werden, und wenn ich von einem
Fachmanne das Zeugnis hatte, daß ich in dem Buche den Dichter besitze,
den ich meine. Sie mögen unverstanden hier stehen oder es mag wohl
einer oder der andere in diesen Saal kommen, der manchen versteht
und liest. Ich habe wohl auch solche Bücher hieher gestellt, die
mir gefallen, das Urteil der Zeit mag anders lauten oder erst
festzustellen sein. In diesen Büchern habe ich viel Glück gefunden und
in dem Alter fast noch mehr als in der Jugend. Wenn auch die Jugend
die Worte aus einem goldenen Munde mit einem Sturme und mit Entzücken
aufnimmt, wenn sie auch dieselben mit einer Art Schwärmerei und mit
Sehnsucht in dem Busen trägt, so ist es doch fast stets mehr die
Wärme des eigenen Gefühles, die sie empfindet, als daß sie die fremde
Weisheit und Größe in ein besonnenes, betrachtendes, abwägendes Herz
aufnehmen könnte. Ihr seid selber jung, und die Tiefe und Innigkeit
der Dichtung mag euch fördern und euer Herz jedem künftigen Großen
öffnen, wie die reine Dichtkunst das immer an der Jugend tut; aber
ihr werdet selber einmal sehen, um wie viel milder und klarer die
verglühende Sonne des Alters in die Größe eines fremden Geistes
leuchtet als die feurige Morgensonne der Jugend, die alles mit ihrem
Glanze färbt, so wie es eine Tatsache ist, daß die innige, wahre und
treue Liebe der alternden Gattin fester und dauernder beglückt als
die lodernde Leidenschaft der jungen, schönen, schimmernden Braut.
Die Jugend sieht in der Dichtung die eigene Unbegrenztheit und
Unendlichkeit der Zukunft, diese verhüllt die Mängel und ersetzt das
Abgängige. Sie dichtet in das Kunstwerk, was im eignen Herzen lebt.
Daher kömmt die Erscheinung, daß Werke von bedeutend verschiedener
Geltung die Jugend auf gleiche Art entzücken können, und daß
Erzeugnisse höchster Größe, wenn sie keine Wiederspieglung der
Jugendblüte sind, nicht erfaßt werden können. In dem Alter werden
selbst solche Glanzstellen der Jugend, die schon sehr ferne liegen,
wie etwa die Sehnsucht der ersten Liebe mit ihrer Dunkelheit und
Grenzenlosigkeit, oder wie die holde und berauschende Seligkeit der
Gegenliebe, oder die Träume künftiger Taten und künftiger Größe, der
Blick in ein unendliches, erst kommendes Leben, oder wie das erste
Stammeln in irgend einer Kunst, von dem Greise in dem sanften Spiegel
seiner Erinnerung beglückender aufgefaßt als von dem Jünglinge, der
sie in dem Brausen seines Lebens überhört, und an der grauen Wimper
mag manche beseligendere und mitunter schmerzlichere Träne hängen als
der feurige Funke, der in überwältigender Empfindung aus dem Auge des
Jünglings springt und keine Spur hinterläßt. Ich lese jetzt selten
mehr die größten Geister im Zusammenhange - mit kleineren tue ich es
wohl, weil sie in einzelnen Stellen minder bedeutend sind -, aber
ich lese immer in ihnen und werde wohl bis zu meinem Lebensende in
ihnen lesen. Sie begleiten mich mit ihren Gedanken wie mit großen
Erquickungen durch den Rest meines Lebens und werden mir wohl, wie ich
ahne, an der dunkeln Pforte Kränze aufhängen, als wären sie von meinen
eigenen Rosen geflochten. Deshalb gebe ich auch kein Buch aus dem
Hause, weil ich nicht weiß, ob ich es nicht in nächster Zeit selber
brauchen werde. Im Hause stehen sie jedem, der davon Gebrauch machen
will, zu Gebote. Nur für Gustav wird eine Auswahl getroffen, weil er
noch zu jung ist und nicht alles sondern kann. Er würde hier zwar
nichts gänzlich Schlechtes finden; aber nicht alles Gute würde er
verstehen, und dann wäre die daran gewendete Zeit verloren; oder er
könnte es mißverstehen, und dann wäre der Erfolg ein unrichtiger. Das
Schlechte, das sich Dichtkunst nennt, ist der Jugend sehr gefährlich.
In der Wissenschaft zeigt es sich viel leichter auf. In der Mathematik
liegt es in der Darstellung, da solche Werke wohl kaum vorkommen
dürften, in denen sogar der Stoff fehlerhaft wäre, in der
Naturwissenschaft liegt es in der Darstellung wie im Stoffe, in welch
letzterem es sich in der Gestalt gewagter Behauptungen ausspricht; nur
in der sogenannten Weisheitslehre kann es verborgener sein gleichwie
in der Dichtkunst, weil manche Weisheitslehre wie Dichtkunst zusammen
gestellt ist und wirkt: aber in den Werken der eigentlichen Dichtkunst
versteckt es sich vor dem blühenden Gemüte des Jünglings, dieser
mich zu tun gehabt hatten, Geschenke, welche ich mir zu diesem Zwecke
schon früher angeschafft hatte, und bestieg den Wagen, den mir der
Verwalter zu meiner Zurückfahrt in das Rosenhaus zur Verfügung
gestellt hatte.
Als ich in dem Rosenhause ankam, traf ich meinen Gastfreund und seine
Gesellschaft von der Reise schon zurückgekehrt an. Ich blieb noch
mehrere Tage bei ihnen, nahm dann Abschied und begab mich in das
Ahornhaus zu meinen Arbeiten zurück.
Ich suchte diese Arbeiten rasch zu betreiben; aber alles war jetzt
anders und nahm eine andere Färbung in meinem Herzen an.
Als ich in dem Frühling die Hauptstadt verlassen hatte und dem langsam
über einen Berg empor fahrenden Wagen folgte, war ich einmal bei einem
Haufen von Geschiebe stehen geblieben, das man aus einem Flußbette
genommen und an der Straße aufgeschüttet hatte, und hatte das Ding
gleichsam mit Ehrfurcht betrachtet. Ich erkannte in den roten, weißen,
grauen, schwarzgelben und gesprenkelten Steinen, welche lauter
plattgerundete Gestalten hatten, die Boten von unserem Gebirge, ich
erkannte jeden aus seiner Felsenstadt, von der er sich losgetrennt
hatte und von der er ausgesendet worden war. Hier lag er unter
Kameraden, deren Geburtsstätte oft viele Meilen von der seinigen
entfernt ist, alle waren sie an Gestalt gleich geworden, und alle
harrten, daß sie zerschlagen und zu der Straße verwendet würden.
Besonders kamen mir die Gedanken, wozu dann alles da sei, wie es
entstanden sei, wie es zusammenhänge, und wie es zu unserem Herzen
spreche.
Einmal gelangte ich zu dem See hinunter und betrachtete an dem
sonnigen Nachmittage die Tatsache, daß die Schönheit der absteigenden
Berge meistens gegen einen Seespiegel am größten ist. Kömmt das aus
Zufall, haben die abstürzenden, dem See zueilenden Wässer die Berge
so schön gefurcht, gehöhlt, geschnitten, geklüftet, oder entspringt
unsere Empfindung von dem Gegensatze des Wassers und der Berge, wie
nehmlich das erste eine weiche, glatte, feine Fläche bildet, die durch
die rauhen absteigenden Riffe, Rinnen und Streifen geschnitten wird,
während unterhalb nichts zu sehen ist und so das Rätsel vermehrt wird?
Ich dachte bei dieser Gelegenheit: wenn das Wasser durchsichtiger
wäre, zwar nicht so durchsichtig wie die Luft, doch beinahe so, dann
müßte man das ganze innere Becken sehen, nicht so klar wie in der
Luft, sondern in einem grünlichen, feuchten Schleier. Das müßte sehr
schön sein. Ich blieb in Folge dieses Gedankens länger an dem See,
mietete mich in einem Gasthofe ein und machte mehrere Messungen der
Tiefe des Wassers an verschiedenen Stellen, deren Entfernung vom Ufer
ich mittelst einer Meßschnur bezeichnete. Ich dachte, auf diese Weise
könnte man annähernd die Gestalt des Seebeckens ergründen, könnte
es zeichnen und könnte das innere Becken von dem äußeren durch eine
sanftere, grünlichere Farbe unterscheiden. Ich beschloß, bei einer
ferneren Gelegenheit die Messungen fortzusetzen.
Diese Bestrebungen brachten mich auf die Betrachtung der Seltsamkeiten
unserer Erdgestaltungen. In dem Seegrunde sah ich ein Tal, in
dessen Sohle, die sich bei andern Tälern mit dem vieltausendfachen
Pflanzenreichtume und den niedergestürzten Gebirgsteilen füllt und
so einen schönen Wechsel von Pflanzen und Gestein darstellt, kein
Pflanzengrund sich entwickelt, sondern das Gerölle sich sachte mehrt,
der Boden sich hebt und die ursprünglichen Klüftungen ausfüllt.
Dazu kommen die Stücke, die unmittelbar von den Wänden in den See
stürzen, dazu kommen die Hügel, die außer der gewöhnlichen Ordnung
von bedeutenden Hochwassern in den See geschoben und von dem
nachträglichen Wellenschlage wieder abgeflacht werden. In
Jahrtausenden und Jahrtausenden füllt sich das Becken immer mehr, bis
einmal, mögen hundert oder noch mehr Jahrtausende vergangen sein,
kein See mehr ist, auf der ungeheuren Dicke der Geröllschichten der
menschliche Fuß wandelt, Pflanzen grünen und selbst Bäume stehen. So
kannte ich manche Stellen, die einst Seegrund gewesen waren.
Der Fluß, der Vater des Sees, hatte sich in seinem Weiterlaufe tiefer
gewühlt, er hatte den Seespiegel niederer gelegt, der Seegrund hatte
sich gehoben, bis nichts mehr war als ein Tal, an dem jetzt die Ufer
als grüne Wälle in langen Strecken stehen, mit kräftigen Kräutern,
blühenden Büschen und mancher lachenden Wohnung von Menschen prangen,
während das, was einmal ein mächtiges Wasser gebildet hatte, jetzt
als ein schmales Bändlein in glänzenden Schlangenlinien durch die
Landschaft geht.
Ich betrachtete vom See aus die Schichtungen der Felsen. Was bei
Kristallen der Blätterdurchgang ist, das zeigt sich hier in großen
Zügen. An manchen Stellen ist die Neigung diese, an manchen ist sie
eine andere. Sind diese ungeheuren Blätter einst gestürzt worden,
sind sie erhoben worden, werden sie noch immer erhoben? Ich zeichnete
manche Lagerungen in ihren schönen Verhältnissen und in ihren
Neigungen gegen die wagrechte Fläche. Wenn ich so die Blätter
durchging und die Gestaltungen ansah, war es mir wie eine unbekannte
Geschichte, die ich nicht enträtseln konnte und zu der es doch
Anhaltspunkte geben mußte, um die Ahnungen in Nahrung zu setzen.
Wenn ich die Stücke unbelebter Körper, die ich für meine Schreine
sammelte, ansah, so fiel mir auf, daß hier diese Körper liegen, dort
andere, daß ungeheure Mengen desselben Stoffes zu großen Gebirgen
aufgetürmt sind und daß wieder in kleinen Abständen kleine Lagerungen
mit einander wechseln. Woher sind sie gekommen, wie haben sie sich
gehäuft? Liegen sie nach einem Gesetze, und wie ist dieses geworden?
Oft sind Teile eines größeren Körpers in Menge oder einzeln an
Stellen, wo der Körper selber nicht ist, wo sie nicht sein sollen,
wo sie Fremdlinge sind. Wie sind sie an den Platz gekommen? Wie ist
überhaupt an einer Stelle gerade dieser Stoff entstanden und nicht ein
anderer? Woher ist die Berggestalt im Großen gekommen? Ist sie noch in
ihrer Reinheit da oder hat sie Veränderungen erlitten, und erleidet
sie dieselben noch immer? Wie ist die Gestalt der Erde selber
geworden, wie hat sich ihr Antlitz gefurcht, sind die Lücken groß,
sind sie klein?
Wenn ich auf meinen Marmor kam - wie bewunderungswürdig ist der
Marmor! Wo sind denn die Tiere hin, deren Spuren wir ahnungsvoll in
diesen Gebilden sehen? Seit welcher Zeit sind die Riesenschnecken
verschwunden, deren Andenken uns hier überliefert wird? Ein Andenken,
das in ferne Zeiten zurück geht, die niemand gemessen hat, die
vielleicht niemand gesehen hat und die länger gedauert haben als der
Ruhm irgend eines Sterblichen.
Eine Tatsache fiel mir auf. Ich fand tote Wälder, gleichsam
Gebeinhäuser von Wäldern, nur daß die Gebeine hier nicht in eine Halle
gesammelt waren, sondern noch aufrecht auf ihrem Boden standen. Weiße,
abgeschälte, tote Bäume in großer Zahl, so daß vermutet werden mußte,
daß an dieser Stelle ein Wald gestanden sei. Die Bäume waren Fichten
oder Lärchen oder Tannen. Jetzt konnte an der Stelle ein Baum gar
nicht mehr wachsen, es sind nur Kriechhölzer um die abgestorbenen
Stämme, und auch diese selten. Meistens bedeckt Gerölle den Boden oder
größere, mit gelbem Moose überdeckte Steine. Ist diese Tatsache eine
vereinzelte, nur durch vereinzelte Ortsursachen hervorgebracht? Hängt
sie mit der großen Weltbildung zusammen? Sind die Berge gestiegen, und
haben sie ihren Wälderschmuck in höhere, todbringende Lüfte gehoben?
Oder hat sich der Boden geändert, oder waren die Gletscherverhältnisse
andere? Das Eis aber reichte einst tiefer: wie ist das alles geworden?
Wird sich vieles, wird sich alles noch einmal ganz ändern? In welch
schneller Folge geht es? Wenn durch das Wirken des Himmels und seiner
Gewässer das Gebirge beständig zerbröckelt wird, wenn die Trümmer
herabfallen, wenn sie weiter zerklüftet werden und der Strom sie
endlich als Sand und Geschiebe in die Niederungen hinausführt, wie
weit wird das kommen? Hat es schon lange gedauert? Unermeßliche
Schichten von Geschieben in ebenen Ländern bejahen es. Wird es noch
lange dauern? So lange Luft, Licht, Wärme und Wasser dieselben
bleiben, so lange es Höhen gibt, so lange wird es dauern. Werden
die Gebirge also einstens verschwunden sein? Werden nur flache,
unbedeutende Höhen und Hügel die Ebenen unterbrechen, und werden
spelbst diese auseinander gewaschen werden? Wird dann die Wärme in den
feuchten Niederungen oder in tiefen, heißen Schluchten verschwinden,
so wie die kalte Luft in Höhen auf die Erde ohne Einfluß sein wird,
so daß alle Glieder in unsern Ländern von demselben lauen Stoffe
umflossen sind und sich die Verhältnisse aller Gewächse ändern? Oder
dauert die Tätigkeit, durch welche die Berge gehoben wurden, noch
heute fort, daß sie durch innere Kraft an Höhe ersetzen oder
übertreffen, was sie von Außen her verlieren? Hört die Hebungskraft
einmal auf? Ist nach Jahrmillionen die Erde weiter abgekühlt, ist ihre
Rinde dicker, so daß der heiße Fluß in ihrem Innern seine Kristalle
nicht mehr durch sie empor zu treiben vermag? Oder legt er langsam und
unmerklich stets die Ränder dieser Rinde auseinander, wenn er durch
sie seine Geschiebe hinan hebt? Wenn die Erde Wärme ausstrahlt
und immer mehr erkaltet, wird sie nicht kleiner? Sind dann die
Umdrehungsgeschwindigkeiten ihrer Kreise nicht geringer? Ändert das
nicht die Passate? Werden Winde, Wolken, Regen nicht anders? Wie viele
Millionen Jahre müssen verfließen, bis ein menschliches Werkzeug die
Änderung messen kann?
Solche Fragen stimmten mich ernst und feierlich, und es war, als wäre
in mein Wesen ein inhaltreicheres Leben gekommen. Wenn ich gleich
weniger sammelte und zusammentrug als früher, so war es doch,
als würde ich in meinem Innern bei weitem mehr gefördert als in
vergangenen Zeiten.
Wenn eine Geschichte des Nachdenkens und Forschens wert ist, so ist
es die Geschichte der Erde, die ahnungsreichste, die reizendste,
die es gibt, eine Geschichte, in welcher die der Menschen nur ein
Einschiebsel ist und wer weiß es, welch ein kleines, da sie von
anderen Geschichten vielleicht höherer Wesen abgelöset werden kann.
Die Quellen zu der Geschichte der Erde bewahrt sie selber wie in einem
Schriftengewölbe in ihrem Inneren auf, Quellen, die vielleicht in
Millionen Urkunden niedergelegt sind und bei denen es nur darauf
ankömmt, daß wir sie lesen lernen und sie durch Eifer und Rechthaberei
nicht verfälschen. Wer wird diese Geschichte einmal klar vor Augen
haben? Wird eine solche Zeit kommen oder wird sie nur der immer ganz
wissen, der sie von Ewigkeit her gewußt hat?
Von solchen Fragen flüchtete ich zu den Dichtern. Wenn ich von langen
Wanderungen in das Ahornhaus zurück kam oder wenn ich ferne von dem
Ahornhause in irgend einem Stübchen eines Alpengebäudes wohnte, so
las ich in den Werken eines Mannes, der nicht Fragen löste, sondern
Gedanken und Gefühle gab, die wie eine Lösung in holder Umhüllung
waren und wie ein Glück aussahen. Ich hatte mannigfaltige solcher
Männer. Unter den Büchern waren auch solche, in denen Schwulst
enthalten war. Sie gaben die Natur in und außer dem Menschen nicht so
wie sie ist, sondern sie suchten sie schöner zu machen und suchten
besondere Wirkungen hervorzubringen. Ich wendete mich von ihnen ab.
Wem das nicht heilig ist was ist, wie wird der Besseres erschaffen
können als was Gott erschaffen hat? In der Naturwissenschaft war ich
gewohnt geworden, auf die Merkmale der Dinge zu achten, diese Merkmale
zu lieben und die Wesenheit der Dinge zu verehren. Bei den Dichtern
des Schwulstes fand ich gar keine Merkmale, und es erschien mir
endlich lächerlich, wenn einer schaffen wollte, der nichts gelernt
hat.
Die Männer gefielen mir, welche die Dinge und die Begebenheiten mit
klaren Augen angeschaut hatten und sie in einem sicheren Maße in dem
Rahmen ihrer eigenen inneren Größe vorführten. Andere gaben Gefühle in
schöner Sittenkraft, die tief auf mich wirkten. Es ist unglaublich,
welche Gewalt Worte üben können; ich liebte die Worte und liebte
die Männer und sehnte mich oft nach einer unbestimmten, unbekannten
glücklichen Zukunft hinaus.
Die Alten, die ich einst zu verstehen geglaubt hatte, kamen mir doch
jetzt anders vor als früher. Es schien mir, als wären sie natürlicher,
wahrer, einfacher und größer als die Männer der neuen Zeit und als
lasse sie der Ernst ihres Wesens und die Achtung vor sich selbst nicht
zu den Überschreitungen gelangen, welche spätere Zeiten für schön
hielten. Ich trug Homeros, Äschylos, Sophokles, Thukydides fast
auf allen Wanderungen mit mir. Um sie zu verstehen, nahm ich alle
griechischen Sprachwerke, die mir empfohlen waren, vor und lernte
in ihnen. Am förderlichsten im Verstehen war aber das Lesen selber.
Bei den Alten nahm ich Geschichtschreiber gerne unter Dichter, sie
schienen mir dort einander näher zu stehen als bei den Neuen.
Da geriet auch ich auf das Malen. Die Gebirge standen im Reize und im
Ganzen vor mir, wie ich sie früher nie gesehen hatte. Sie waren meinen
Forschungen stets Teile gewesen. Sie waren jetzt Bilder, so wie früher
bloß Gegenstände. In die Bilder konnte man sich versenken, weil sie
eine Tiefe hatten, die Gegenstände lagen stets ausgebreitet zur
Betrachtung da. So wie ich früher Gegenstände der Natur für
wissenschaftliche Zwecke gezeichnet hatte, wie ich bei diesen
Zeichnungen zur Anwendung von Farben gekommen war, wie ich ja vor
Kurzem erst Geräte gezeichnet und gemalt hatte: so versuchte ich jetzt
auch, den ganzen Blick, in dem ein Hintereinanderstehendes, im Dufte
Schwebendes, vom Himmel sich Abhebendes enthalten war, auf Papier oder
Leinwand zu zeichnen und mit Ölfarben zu malen. Das sah ich sogleich,
daß es weit schwerer war als meine früheren Bestrebungen, weil es
sich hier darum handelte, ein Räumliches, das sich nicht in gegebenen
Abmessungen und mit seinen Naturfarben, sondern gleichsam als die
Seele eines Ganzen darstellte, zu erfassen, während ich früher nur
einen Gegenstand mit bekannten Linienverhältnissen und seiner ihm
eigentümlichen Farbe in die Mappe zu übertragen hatte. Die ersten
Versuche mißlangen gänzlich. Dieses schreckte mich aber nicht ab,
sondern eiferte mich vielmehr noch immer stärker an. Ich versuchte
wieder und immer wieder. Endlich vertilgte ich die Versuche
nicht mehr, wie ich früher getan hatte, sondern bewahrte sie zur
Vergleichung auf. Diese Vergleichung zeigte mir nach und nach, daß
sich die Versuche besserten und die Zeichnung leichter und natürlicher
wurde. Es war ein gewaltiger Reiz für das Herz, das Unnennbare, was
in den Dingen vor mir lag, zu ergreifen, und je mehr ich nach dem
Ergreifen strebte, desto schöner wurde auch dieses Unnennbare vor mir
selbst.
Ich blieb so lange in dem Gebirge, als es nur möglich wurde und als
die zunehmende Kälte einen Aufenthalt im Freien nicht ganz und gar
verbot.
Im spätesten Herbste ging ich noch einmal zu meinem Gastfreunde in
das Rosenhaus. Es war zur Zeit, da in dem Gebirge schon mannigfaltige
Schneelasten auf den Höhen lagen und das flache Land sich schon jedes
Schmuckes entäußert hatte. Der Garten meines Freundes war kahl,
die Bienenhütte war in Stroh eingehüllt, in den laublosen Zweigen
schrillte mir noch manche vereinzelte Kohlmeise oder ein Wintervogel,
und über ihnen zogen in dem grauen Himmel die grauen Dreiecke der
Gänse nach dem Süden. Wir saßen in den langen Abenden bei dem Feuer
des Kamins, arbeiteten unter Tags an der Einhüllung und Einwinterung
der Gegenstände, die es bedurften, oder machten an manchem Nachmittage
einen Spaziergang, wenn der regsame Nebel die Hügel und die Täler und
die Ebenen umwandelte.
Ich zeigte meinem Gastfreunde meine Versuche im landschaftlichen
Malen, weil ich es gewissermaßen für eine Falschheit gehalten hätte,
ihm nichts von der Veränderung zu sagen, die in mir vorgegangen war.
Ich scheute mich sehr, die Versuche vorzulegen, ich tat es aber doch,
und zwar zu einer Zeit, da auch Eustach zugegen war. Als Einleitung
erklärte ich, wie ich nach und nach dazu gekommen wäre, diese Dinge zu
machen.
»Es geht allen so, welche die Gebirge öfter besuchen und welche
Einbildungskraft und einiges Geschick in den Händen haben«, sagte mein
Gastfreund, »ihr braucht euch deshalb nicht beinahe zu entschuldigen,
es war zu erwarten, daß ihr nicht bloß bei eurem Sammeln von Steinen
und Versteinerungen bleiben werdet, es ist so in der Natur, und es ist
so gut.«
Die Entwürfe wurden mit viel mehr Ernst und Genauigkeit durchgenommen,
als sie verdienten. Da sowohl mein Gastfreund als auch Eustach
jedes Blatt öfter betrachtet hatten, sprachen sie mit mir
darüber. Ihr Urteil ging einstimmig darauf hinaus, daß mir das
Naturwissenschaftliche viel besser gelungen sei als das Künstlerische.
Die Steine, die sich in den Vordergründen befänden, die Pflanzen, die
um sie herum wuchsen, ein Stück alten Holzes, das da läge, Teile von
Gerölle, die gegen vorwärts säßen, selbst die Gewässer, die sich
unmittelbar unter dem Blicke befänden, hätte ich mit Treue und mit den
ihnen eigentümlichen Merkmalen ausgedrückt. Die Fernen, die großen
Flächen der Schatten und der Lichter an ganzen Bergkörpern und das
Zurückgehen und Hinausweichen des Himmelsgewölbes seien mir nicht
gelungen. Man zeigte mir, daß ich nicht nur in den Farben viel zu
bestimmt gewesen wäre, daß ich gemalt hätte, was nur mein Bewußtsein
an entfernten Stellen gesagt, nicht mein Auge, sondern daß ich auch
die Hintergründe zu groß gezeichnet hätte, sie wären meinen Augen
groß erschienen, und das hätte ich durch das Hinaufrücken der Linien
angeben wollen. Aber durch Beides, durch Deutlichkeit der Malerei
und durch die Vergrößerung der Fernen hätte ich die letzteren näher
gerückt und ihnen das Großartige benommen, das sie in der Wirklichkeit
besäßen. Eustach riet mir, eine Glastafel mit Canadabalsam zu
überziehen, wodurch sie etwas rauher würde, so daß Farben auf ihr
haften, ohne daß sie die Durchsichtigkeit verlöre und durch diese
Tafel Fernen mit den an sie grenzenden näheren Gegenständen mittelst
eines Pinsels zu zeichnen, und ich würde sehen, wie klein sich die
größten und ausgedehntesten entfernten Berge darstellen und wie groß
das zunächstliegende Kleine würde. Dieses Verfahren aber empfehle
er nur, damit man zur Überzeugung der Verhältnisse komme und einen
Maßstab gewinne, nicht aber, daß man dadurch künstlerische Aufnahmen
von Landschaften mache, weil durch einen solchen Vorgang die
künstlerische Freiheit und Leichtigkeit verloren würde, welche in
Bezug auf Darstellung das Wesen und das Herz der Kunst sei. Das Auge
soll nur geübt und unterrichtet werden, die Seele müsse schaffen, das
Auge soll ihr dienen. In Hinsicht der Farbgebung der Fernen riet er
mir, dort, wo ich einen Zweifel hätte, ob ich etwas sähe oder nur
wisse, es lieber nicht anzugeben und überhaupt in der Farbe lieber
unbestimmter als bestimmter zu sein, weil dadurch die Gegenstände an
Großartigkeit gewinnen. Sie werden durch die Unbestimmtheit ferner
und durch dieses allein größer. Durch Linien des Zeichnenstiftes auf
dem kleinen Papiere oder der kleinen Leinwand könne man nichts groß
machen. Durch Verdeutlichung werden die Körper näher gerückt und
verkleinert. Wenn überhaupt ein Fehler gegen die Genauigkeit gemacht
werden müsse - und kein Mensch könne Dinge, namentlich Landschaften,
in ihrer völligen Wesenheit geben -, so sei es besser, die Gegenstände
großartiger und übersichtlicher zu geben als in zu viele einzelne
Merkmale zerstreut. Das erste sei das Künstlerischere und Wirksamere.
Ich sah sehr gut ein, was sie sagten, und wußte auch, woher die Fehler
kämen, von denen sie redeten. Ich hatte bisher alle Gegenstände in
Hinblick auf meine Wissenschaft gezeichnet, und in dieser waren
Merkmale die Hauptsache. Diese mußten in der Zeichnung ausgedrückt
sein und gerade die am schärfsten, durch welche sich die Gegenstände
von verwandten unterschieden. Selbst bei meinem Zeichnen von
Angesichtern hatte ich deren Linien, ihr Körperliches, ihre Licht- und
Schattenverteilung unmittelbar vor mir.
Daher war mein Auge geübt, selbst bei fernen Gegenständen das, was sie
wirklich an sich hatten, zu sehen, wenn es auch noch so undeutlich
war, und dafür auf das, was ihnen durch Luft, Licht und Dünste
gegeben wurde, weniger zu achten, ja diese Dinge als Hindernisse der
Beobachtung eher weg zu denken als zum Gegenstande der Aufmerksamkeit
zu machen. Durch das Urteil meiner Freunde wurde mir der Verstand
plötzlich geöffnet, daß ich das, was mir bisher immer als wesenlos
erschienen war, betrachten und kennen lernen müsse. Durch Luft,
Licht, Dünste, Wolken, durch nahe stehende andere Körper gewinnen die
Gegenstände ein anderes Aussehen, dieses müsse ich ergründen, und die
veranlassenden Dinge müsse ich, wenn es mir möglich wäre, so sehr zum
Gegenstande meiner Wissenschaft machen, wie ich früher die unmittelbar
in die Augen springenden Merkmale gemacht hatte. Auf diese Weise
dürfte es zu erreichen sein, daß die Darstellung von Körpern gelänge,
die in einem Mittel und in einer Umgebung von anderen Körpern
schwimmen. Ich sagte das meinen Freunden, und sie billigten meinen
Entschluß. Wenn der Nebel oder überhaupt die trübe Jahreszeit einen
Blick in die Ferne gestattete, wurde das, was mit Worten gesagt wurde,
auch an wirklichen Beispielen erörtert, und wir sprachen über die Art
und Weise, wie sich die entfernten Gebirge oder Teile von ihnen oder
näher gehende von der Hauptkette sich ablösende Gründe darstellten.
Es ist unglaublich, wie sehr ich in jenem kurzen Herbstaufenthalte
unterrichtet wurde.
Ich sprach mit meinem Gastfreunde auch von den Dichtern, welche ich
las, und erzählte ihm von dem großen Eindrucke, welchen ihre Worte auf
mich machten. Wir gingen bei Gelegenheit einmal in sein Bücherzimmer,
er führte mich vor die Schreine, in welchen die Dichter standen, und
zeigte mir, was er in dieser Hinsicht besaß. Er sagte auch, ich möchte
während des Aufenthaltes in seinem Hause von den Büchern Gebrauch
machen, wie ich wollte; ich könnte sie im Lesezimmer benützen oder
auch in meine Wohnung mit hinübernehmen. Es waren Werke in den
ältesten Sprachen da, von Indien bis nach Griechenland und Italien,
es waren Werke der neueren Zeiten da und auch der neuesten. Am
zahlreichsten waren natürlich die der Deutschen.
»Ich habe diese Bücher gesammelt«, sagte er, »nicht als ob ich sie
alle verstände; denn von manchen ist mir die Sprache vollkommen fremd;
aber ich habe im Verlaufe meines Lebens gelernt, daß die Dichter, wenn
sie es im rechten Sinne sind, zu den größten Wohltätern der Menschheit
zu rechnen sind. Sie sind die Priester des Schönen und vermitteln
als solche bei dem steten Wechsel der Ansichten über Welt, über
Menschenbestimmung, über Menschenschicksal und selbst über göttliche
Dinge das ewig Dauernde in uns und das allzeit Beglückende. Sie geben
es uns im Gewande des Reizes, der nicht altert, der sich einfach
hinstellt und nicht richten und verurteilen will. Und wenn auch alle
Künste dieses Göttliche in der holden Gestalt bringen, so sind sie
an einen Stoff gebunden, der diese Gestalt vermitteln muß: die Musik
an den Ton und Klang, die Malerei an die Linien und die Farbe, die
Bildnerkunst an den Stein, das Metall und dergleichen, die Baukunst an
die großen Massen irdischer Bestandteile, sie müssen mehr oder minder
mit diesem Stoffe ringen; nur die Dichtkunst hat beinahe gar keinen
Stoff mehr, ihr Stoff ist der Gedanke in seiner weitesten Bedeutung,
das Wort ist nicht der Stoff, es ist nur der Träger des Gedankens, wie
etwa die Luft den Klang an unser Ohr führt. Die Dichtkunst ist daher
die reinste und höchste unter den Künsten. Da ich nun meine, daß
es so ist, wie ich sage, so habe ich die Männer, welche die Stimme
der Zeiten als große in der Kunst des Dichtens bezeichnete, hier
zusammengestellt. Ich habe Dichter in fremden Sprachen, die ich nicht
verstand, dazu getan, wenn ich nur wußte, daß sie in der Geschichte
ihres Volkes vorzüglich genannt werden, und wenn ich von einem
Fachmanne das Zeugnis hatte, daß ich in dem Buche den Dichter besitze,
den ich meine. Sie mögen unverstanden hier stehen oder es mag wohl
einer oder der andere in diesen Saal kommen, der manchen versteht
und liest. Ich habe wohl auch solche Bücher hieher gestellt, die
mir gefallen, das Urteil der Zeit mag anders lauten oder erst
festzustellen sein. In diesen Büchern habe ich viel Glück gefunden und
in dem Alter fast noch mehr als in der Jugend. Wenn auch die Jugend
die Worte aus einem goldenen Munde mit einem Sturme und mit Entzücken
aufnimmt, wenn sie auch dieselben mit einer Art Schwärmerei und mit
Sehnsucht in dem Busen trägt, so ist es doch fast stets mehr die
Wärme des eigenen Gefühles, die sie empfindet, als daß sie die fremde
Weisheit und Größe in ein besonnenes, betrachtendes, abwägendes Herz
aufnehmen könnte. Ihr seid selber jung, und die Tiefe und Innigkeit
der Dichtung mag euch fördern und euer Herz jedem künftigen Großen
öffnen, wie die reine Dichtkunst das immer an der Jugend tut; aber
ihr werdet selber einmal sehen, um wie viel milder und klarer die
verglühende Sonne des Alters in die Größe eines fremden Geistes
leuchtet als die feurige Morgensonne der Jugend, die alles mit ihrem
Glanze färbt, so wie es eine Tatsache ist, daß die innige, wahre und
treue Liebe der alternden Gattin fester und dauernder beglückt als
die lodernde Leidenschaft der jungen, schönen, schimmernden Braut.
Die Jugend sieht in der Dichtung die eigene Unbegrenztheit und
Unendlichkeit der Zukunft, diese verhüllt die Mängel und ersetzt das
Abgängige. Sie dichtet in das Kunstwerk, was im eignen Herzen lebt.
Daher kömmt die Erscheinung, daß Werke von bedeutend verschiedener
Geltung die Jugend auf gleiche Art entzücken können, und daß
Erzeugnisse höchster Größe, wenn sie keine Wiederspieglung der
Jugendblüte sind, nicht erfaßt werden können. In dem Alter werden
selbst solche Glanzstellen der Jugend, die schon sehr ferne liegen,
wie etwa die Sehnsucht der ersten Liebe mit ihrer Dunkelheit und
Grenzenlosigkeit, oder wie die holde und berauschende Seligkeit der
Gegenliebe, oder die Träume künftiger Taten und künftiger Größe, der
Blick in ein unendliches, erst kommendes Leben, oder wie das erste
Stammeln in irgend einer Kunst, von dem Greise in dem sanften Spiegel
seiner Erinnerung beglückender aufgefaßt als von dem Jünglinge, der
sie in dem Brausen seines Lebens überhört, und an der grauen Wimper
mag manche beseligendere und mitunter schmerzlichere Träne hängen als
der feurige Funke, der in überwältigender Empfindung aus dem Auge des
Jünglings springt und keine Spur hinterläßt. Ich lese jetzt selten
mehr die größten Geister im Zusammenhange - mit kleineren tue ich es
wohl, weil sie in einzelnen Stellen minder bedeutend sind -, aber
ich lese immer in ihnen und werde wohl bis zu meinem Lebensende in
ihnen lesen. Sie begleiten mich mit ihren Gedanken wie mit großen
Erquickungen durch den Rest meines Lebens und werden mir wohl, wie ich
ahne, an der dunkeln Pforte Kränze aufhängen, als wären sie von meinen
eigenen Rosen geflochten. Deshalb gebe ich auch kein Buch aus dem
Hause, weil ich nicht weiß, ob ich es nicht in nächster Zeit selber
brauchen werde. Im Hause stehen sie jedem, der davon Gebrauch machen
will, zu Gebote. Nur für Gustav wird eine Auswahl getroffen, weil er
noch zu jung ist und nicht alles sondern kann. Er würde hier zwar
nichts gänzlich Schlechtes finden; aber nicht alles Gute würde er
verstehen, und dann wäre die daran gewendete Zeit verloren; oder er
könnte es mißverstehen, und dann wäre der Erfolg ein unrichtiger. Das
Schlechte, das sich Dichtkunst nennt, ist der Jugend sehr gefährlich.
In der Wissenschaft zeigt es sich viel leichter auf. In der Mathematik
liegt es in der Darstellung, da solche Werke wohl kaum vorkommen
dürften, in denen sogar der Stoff fehlerhaft wäre, in der
Naturwissenschaft liegt es in der Darstellung wie im Stoffe, in welch
letzterem es sich in der Gestalt gewagter Behauptungen ausspricht; nur
in der sogenannten Weisheitslehre kann es verborgener sein gleichwie
in der Dichtkunst, weil manche Weisheitslehre wie Dichtkunst zusammen
gestellt ist und wirkt: aber in den Werken der eigentlichen Dichtkunst
versteckt es sich vor dem blühenden Gemüte des Jünglings, dieser
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