Der Nachsommer - 50
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Täfelchen, die an den Stämmen hingen und schmutzig geworden waren, zu
reinigen, dann las er abgefallenes halbreifes Obst zusammen, legte
es in Häufchen und sonderte das bessere von dem schlechteren ab. Ich
sagte zu Mathilden, daß der Sommer nun bald zu Ende sei, daß die Tage
mit immer größerer Schnelligkeit kürzer werden, daß bald die Abende
kühl sein würden, daß dann dieses Laub sich gelb färben, daß man die
Trauben ablesen und endlich in die Stadt zurückkehren würde.«
»Sie fragte mich, ob ich denn nicht gerne in die Stadt gehe.«
»Ich sagte, daß ich nicht gerne gehe, daß es hier gar so schön sei und
daß es mir vorkomme, in der Stadt werde alles anders werden.«
»>Es ist wirklich sehr schön<, antwortete sie, >hier sind wir alle
viel mehr beisammen, in der Stadt kommen Fremde dazwischen, man wird
getrennt und es ist, als wäre man in eine andere Ortschaft gereist. Es
ist doch das größte Glück, Jemanden recht zu lieben.<«
»>Ich habe keinen Vater, keine Mutter und keine Geschwister mehr<,
erwiderte ich, >und ich weiß daher nicht, wie es ist.<«
»>Man liebt den Vater, die Mutter, die Geschwister<, sagte sie, >und
andere Leute.<«
»>Mathilde, liebst du denn auch mich?< erwiderte ich.«
»Ich hatte sie nie du genannt, ich wußte auch nicht, wie mir die Worte
in den Mund kamen, es war, als wären sie mir durch eine fremde Macht
hineingelegt worden. Kaum hatte ich sie gesagt, so rief sie: >Gustav,
Gustav, so außerordentlich, wie es gar nicht auszusprechen ist.<«
»Mir brachen die heftigsten Tränen hervor.«
»Da flog sie auf mich zu, drückte die sanften Lippen auf meinen Mund
und schlang die jungen Arme um meinen Nacken. Ich umfaßte sie auch und
drückte die schlanke Gestalt so heftig an mich, daß ich meinte, sie
nicht loslassen zu können. Sie zitterte in meinen Armen und seufzte.«
»Von jetzt an war mir in der ganzen Welt nichts teurer, als dieses
süße Kind.«
»Als wir uns losgelassen hatten, als sie vor mir stand, erglühend
in unsäglicher Scham, gestreift von den Lichtern und Schatten des
Weinlaubes, und als sich, da sie den süßen Atem zog, ihr Busen hob und
senkte, war ich wie bezaubert, kein Kind stand mehr vor mir, sondern
eine vollendete Jungfrau, der ich Ehrfurcht schuldig war. Ich fühlte
mich beklommen.«
»Nach einer Weile sagte ich: >Teure, teure Mathilde.<«
»>Mein teurer, teurer Gustav<, antwortete sie.«
»Ich reichte ihr die Hand und sagte: >Auf immer, Mathilde.<«
»>Auf ewig<, antwortete sie, indem sie meine Hand faßte.«
»In diesem Augenblicke kam Alfred auf uns herzu. Er bemerkte nichts.
Wir gingen schweigend neben ihm in dem Gange dahin. Er erzählte uns,
daß die Namen der Bäume, die auf weiße Blechtäfelchen geschrieben
sind, welche Täfelchen an Draht von dem untersten Aste jedes Baumes
hernieder hängen, von den Leuten oft sehr verunreinigt würden, daß man
sie alle putzen solle, und daß der Vater den Befehl erlassen sollte,
daß ein jeder, der einen Baum wäscht, putzt oder dergleichen oder der
sonst eine Arbeit bei ihm verrichtet, sich sehr in Acht zu nehmen
habe, daß er das Täfelchen nicht bespritzt oder sonst eine
Unreinigkeit darauf bringt. Dann erzählte er uns, daß er schöne
Borsdorfer Äpfel gefunden habe, welche durch einen Insektenstich zu
einer früheren, beinahe vollkommenen Reife gediehen seien. Er habe sie
am Stamme des Baumes zusammengelegt und werde den Vater bitten, sie zu
untersuchen, ob man sie nicht doch brauchen könne. Dann seien viele
andere, welche vor der Zeit abfielen, weil die Bäume heuer mit zu viel
Obst beladen wären und ihre Kraft nicht genug ist, alle zur Reife zu
bringen. Diese habe er auch zusammengelegt, so viele er in der ersten
Baumreihe habe finden können. Sie werden wohl zu gar nichts tauglich
sein. Er freue sich schon sehr auf den Herbst, wo man alles das
herabnehmen werde und wo auch die schönen roten, blauen und goldgrünen
Trauben von diesem Ganggeländer heruntergelesen werden würden. Es sei
gar nicht mehr lange bis dahin.«
»Wir sprachen nicht und gingen einige Male in dem Gange mit ihm hin
und wider.«
»Die große Erregung hatte sich ein wenig gelegt, und wir gingen in das
Haus. Ich ging aber nicht mit Mathilden zu ihrer Mutter, wie ich sonst
immer getan hatte, sondern nachdem ich Alfred in sein Zimmer geschickt
hatte, schweifte ich durch die Büsche herum und ging immer wieder auf
den Platz, von welchem ich die Fenster sehen konnte, innerhalb welcher
die teuerste aller Gestalten verweilte. Ich meinte, ich müsse sie
durch mein Sehnen zu mir herausziehen können. Es war erst ein
Augenblick, seit wir uns getrennt hatten, und mir erschien es so
lange. Ich glaubte, ohne sie nicht bestehen zu können, ich glaubte,
jede Zeit sei ein verlornes Gut, in welcher ich das holde, schlanke
Mädchen nicht an mein Herz drückte. Ich hatte früher nie irgend
ein Mädchen bei der Hand gefaßt als meine Schwester, ich hatte nie
mit einem ein liebes Wort geredet oder einen freundlichen Blick
gewechselt. Dieses Gefühl war jetzt wie ein Sturmwind über mich
gekommen. Ich glaubte sie durch die Mauern in ihrem Zimmer gehen
sehen zu müssen mit dem langen kornblumenblauen Kleide, mit den
glanzvollen Augen und dem rosenherrlichen Munde. Es bewegte sich der
Fenstervorhang, aber sie war nicht an demselben; es schimmerte an dem
Glase wie von einem rosigen Angesichte, aber es war nur ein schiefes
Hereinleuchten der beginnenden Abendröte gewesen. Ich ging wieder
durch die Büsche, ich ging durch den Weinlaubengang in den Obstgarten,
der Weinlaubengang war mir jetzt ein fremdwichtiges Ding, wie
ein Pallast aus dem fernsten Morgenlande. Ich ging durch das
Haselnußgebüsch zu dem Rosenhause, es war, als blühten und glühten
alle Rosen um das Haus, obwohl nur die grünen Blätter und die Ranken
um dasselbe waren. Ich ging wieder zu unserem Wohnhause zurück und
ging auf den Platz, von dem ich Mathildens Fenster sehen mußte. Sie
beugte sich aus einem heraus und suchte mit den Augen. Als sie mich
erblickt hatte, fuhr sie zurück. Auch mir war es gewesen, da ich die
holde Gestalt sah, als hätte mich ein Wetterstrahl getroffen. Ich
ging wieder in die Büsche. Es waren Flieder in jener Gegend, die eine
Strecke Rasen säumten und in ihrer Mitte eine Bank hatten, um im
Schatten ruhen zu können. Zu dieser Bank ging ich immer wieder zurück.
Dann ging ich wieder auf ein Fleckchen Rasen und sah gegen die
Fenster. Sie beugte sich wieder heraus. Dies taten wir ungezählte
Male, bis der Flieder in dem Rot der Abendröte schwamm und die Fenster
wie Rubinen glänzten. Es war zauberhaft, ein süßes Geheimnis mit
einander zu haben, sich seiner bewußt zu sein und es als Glut im
Herzen zu hegen. Ich trug es entzückt in meine Wohnung.«
»Als wir zum Abendessen zusammen kamen, fragte mich Mathildens Mutter:
>Warum seid ihr denn heute, da ihr mit den Kindern aus dem Garten
zurückgekehrt waret, nicht mehr zu mir gegangen?<«
»Ich vermochte auf diese Frage nicht ein Wort zu antworten; es wurde
aber nicht beachtet.«
»Ich schlief in der ganzen Nacht kaum einige Augenblicke. Ich freute
mich schon auf den Morgen, an dem ich sie wieder sehen würde. Wir
trafen alle in dem Speisesaale zu dem Frühmahle zusammen. Ein Blick,
ein leichtes Erröten sagte alles, sie sagten, daß wir uns besaßen
und daß wir es wußten. Den ganzen Morgen brachte ich mit Alfred
im eifrigen Lernen zu. Gegen Mittag, als Gräser und Laubblätter
getrocknet waren, gingen wir in den Garten. Mathilde flog mit einem
Buche, in dem sie eben gelesen hatte, aus dem Hause, sie eilte auf uns
zu, und wir tauschten den Blick der Einigung. Sie sah mich innig an,
und ich fühlte, wie meine Empfindung aus meinen Augen strömte. Wir
gingen durch den Blumengarten und durch den Gemüsegarten auf den
Weinlaubengang zu. Es war, als hätten wir uns verabredet, dorthin
zu gehn. Mathilde und ich sprachen gewöhnliche Dinge, und in den
gewöhnlichen Dingen lag ein Sinn, den wir verstanden. Sie gab mir ein
Weinblatt, und ich verbarg das Weinblatt an meinem Herzen. Ich reichte
ihr ein Blümchen, und sie steckte das Blümchen in ihren Busen. Ich
nahm ihr das Papierstreifchen, welches als Merkmal in ihrem Buche
steckte, und behielt es bei mir. Sie wollte es wieder haben, ich
gab es nicht, und sie lächelte und ließ es mir. Wir kamen in das
Haselgebüsch, durchstreiften es und traten vor die Rosen des
Gartenhauses. Sie nahm einige welke Blätter ab und reinigte dadurch
den Zweig. Ich tat das Nehmliche mit dem Nachbarzweige. Sie gab mir
ein grünes Rosenblatt, ich knickte einen zarten Zweig, was eigentlich
nicht erlaubt war, und gab ihr den Zweig. Sie wendete sich einen
Augenblick ab, und da sie sich wieder uns zugewandt, hatte sie den
Rosenzweig bei sich verborgen. Wir gingen in das Gartenhaus, sie
stand an dem Tische und stützte sich mit ihrer Hand auf die Platte
desselben. Ich legte meine Hand auch auf die Platte, und nach einigen
Augenblicken hatten sich unsere Finger berührt. Sie stand wie eine
feurige Flamme da, und mein ganzes Wesen zitterte. Im vorigen Sommer
hatte ich ihr oft die Hand gereicht, um ihr über eine schwierige
Stelle zu helfen, um sie auf einem schwanken Stege zu stützen oder sie
auf schmalem Pfade zu geleiten. Jetzt fürchteten wir, uns die Hände
zu geben, und die Berührung war von der größten Wirkung. Es ist nicht
zu sagen, woher es kommt, daß vor einem Herzen die Erde, der Himmel,
die Sterne, die Sonne, das ganze Weltall verschwindet, und vor dem
Herzen eines Wesens, das nur ein Mädchen ist und das Andere noch ein
Kind heißen. Aber sie war wie der Stengel einer himmlischen Lilie
zaubervoll, anmutsvoll, unbegreiflich.«
»Wir gingen wieder in das Haus, und wir gingen, ehe wir zu dem
Mittagessen gerufen wurden, zu der Mutter. Bei der Mutter waren
wir stiller und wortarmer als gewöhnlich. Mathilde suchte sich ein
Papierstreifchen und legte es wieder an jener Stelle in das Buch, wo
ich ihr das Merkzeichen herausgenommen hatte. Dann setzte sie sich zu
dem Claviere und rief einzelne Töne aus den Saiten. Alfred erzählte,
was wir in dem Garten getan hatten und berichtete der Mutter, daß wir
verdorrte und unbrauchbare Blätter von den Rosenzweigen, die an den
Latten des Gartenhauses angebunden sind, herabgenommen hätten.
Hierauf wurden wir zu dem Mittagessen gerufen. Nachmittag war kein
Spaziergang. Die Eltern gingen nicht, und ich schlug Alfred und
Mathilden keinen vor. Ich nahm ein Buch eines Lieblingsdichters, las
sehr lange, und feurige Tränen wie heiße Tropfen kamen öfter in meine
Augen. Später saß ich auf der Bank in dem Fliedergebüsche und schaute
zuweilen durch die Zweige auf die Wohnung Mathildens. Dort stand
manches Mal das Mädchen, das so schön wie ein Engel war, an dem
Fenster. Gegen den Abend spielte Mathilde in dem Zimmer der Mutter auf
dem Claviere sehr ernst, sehr schön und sehr ergreifend. Dann nahm sie
noch die Zither und spielte auf derselben ebenfalls. Die Saiten mußten
sie so ergriffen haben, daß sie nicht aufhören konnte. Sie spielte
immer fort, und die Töne wurden immer rührender und ihre Verbindung
immer natürlicher. Die Mutter lobte sie sehr. Der Vater, welcher in
einem Geschäfte in der nächsten kleinen Stadt gewesen war, kam endlich
auch zur Mutter, und wir blieben in dem Zimmer derselben, bis wir zu
dem Abendessen gerufen wurden. Der Vater nahm Mathilden an den Arm und
führte sie zärtlich in den Speisesaal.«
»Es begann nun eine merkwürdige Zeit. In meinem und Mathildens Leben
war ein Wendepunkt eingetreten. Wir hatten uns nicht verabredet, daß
wir unsere Gefühle geheim halten wollen; dennoch hielten wir sie
geheim, wir hielten sie geheim vor dem Vater, vor der Mutter, vor
Alfred und vor allen Menschen. Nur in Zeichen, die sich von selber
gaben und die wie von selber auf die Lippen kamen, machten sie wir uns
gegenseitig kund. Tausend Fäden fanden sich, an denen unsere Seelen zu
einander hin und her gehen konnten.
Wenn wir in dem Besitze von diesen tausend Fäden waren, so fanden sich
wieder tausend und mehrten sich immer. Die Lüfte, die Gräser, die
späten Blumen der Herbstwiese, die Früchte, der Ruf der Vögel, die
Worte eines Buches, der Klang der Saiten, selbst das Schweigen waren
unsere Boten. Und je tiefer sich das Gefühl verbergen mußte, desto
gewaltiger war es, desto drängender loderte es in dem Innern. Auf
Spaziergänge gingen wir drei, Mathilde, Alfred und ich, jetzt weniger
als sonst, es war, als scheuten wir uns vor der Anregung. Die Mutter
reichte oft den Sommerhut und munterte auf. Das war dann ein großes,
ein namenloses Glück. Die ganze Welt schwamm vor den Blicken, wir
gingen Seite an Seite, unsere Seelen waren verbunden, der Himmel, die
Wolken, die Berge lächelten uns an, unsere Worte konnten wir hören,
und wenn wir nicht sprachen, so konnten wir unsere Tritte vernehmen,
und wenn auch das nicht war, oder wenn wir stille standen, so wußten
wir, daß wir uns besaßen, der Besitz war ein unermeßlicher, und wenn
wir nach Hause kamen, war es, als sei er noch um ein Unsägliches
vermehrt worden. Wenn wir in dem Hause waren, so wurde ein Buch
gereicht, in dem unsere Gefühle standen, und das Andere erkannte die
Gefühle, oder es wurden sprechende Musiktöne hervorgesucht, oder es
wurden Blumen in den Fenstern zusammengestellt, welche von unserer
Vergangenheit redeten, die so kurz und doch so lang war. Wenn wir
durch den Garten gingen, wenn Alfred um einen Busch bog, wenn er
in dem Gange des Weinlaubes vor uns lief, wenn er früher aus dem
Haselgebüsche war als wir, wenn er uns in dem Innern des Gartenhauses
allein ließ, konnten wir uns mit den Fingern berühren, konnten uns
die Hand reichen oder konnten gar Herz an Herz fliegen, uns einen
Augenblick halten, die heißen Lippen an einander drücken und die Worte
stammeln: >Mathilde, dein auf immer und auf ewig, nur dein allein, und
nur dein, nur dein allein!<«
»>O ewig dein, ewig, ewig, Gustav, dein, nur dein und nur dein
allein.<«
»Diese Augenblicke waren die allerglückseligsten.«
»So war der tiefe Herbst gekommen. Wir hatten in dem Reste des Sommers
ein Äußeres nicht vermißt. Mathilde und Alfred hatten immer weniger
verlangt, in die Nachbarschaft zu fahren, und so war es gekommen, daß
auch die Eltern weniger fuhren und daß auch Fremde weniger zu uns
kamen. Wenn sie aber da waren, wenn auch Alfred an den Spielen und
Ergötzungen der Kinder Teil nahm, so war Mathilde doch teilnahmloser
als je. Sie hielt sich ferne, wie eine, die nicht hieher gehört. Auch
in ihrem körperlichen Wesen war in dieser kurzen Zeit eine große
Veränderung vorgegangen. Sie war stärker geworden, ihre Wangen waren
purpurner, ihre Augen glänzender geworden.
Alfred liebte mich sehr. Neben seinen Eltern und seiner Schwester
liebte er vielleicht nichts so sehr als mich, und ich vergalt es ihm
mit ganzer Seele.«
»Der späte Herbst war endlich dem Beginne des Winters gewichen. Wie
wir sehr früh von der Stadt auf das Land gingen, so blieben wir auch
sehr tief in die sinkende Jahreszeit hinein auf demselben. Alfreds
Erwartung war in Erfüllung gegangen. Das Obst und die Trauben waren
abgenommen worden. Auf den Zweigen der Bäume war kein Blatt mehr, und
der Nebel und der Frost zogen sich durch die Gründe des Tales. Da
gingen wir in die Stadt. Dort war Mathilde enger umgrenzt. Lehrer,
Erziehungsstunden, Unterricht, Arbeiten drängten sich an sie heran.
Ihr ganzes Wesen aber war begeisterter und getragener, und ich
erschien mir reich, um Vieles reicher als die Besitzer all der Häuser,
der Palläste und des Glanzes der ungeheuren Stadt. Wir konnten uns nur
seltener sprechen; aber wenn sie mir auf dem Gange begegnete, wenn sie
mir in dem Zimmer der Mutter einige Worte sagen konnte, wenn in der
Menge das Geschick uns an einander vorüberführte oder wenn uns ein
anderer geistiger Augenblick gegeben war, dann sagten mir ihre schönen
Augen, dann sagten einige Worte, wie sehr wir uns liebten, wie
unveränderlich diese Liebe sei und wie unbegrenzt unsere Seelen
einander beherrschten. Sie wurde jetzt auch von andern Leuten bemerkt,
und junge Männer richteten ihre Augen auf sie; aber wenn man ihr
entgegen kam, wenn ihr gehuldigt wurde, wenn man sie in einer Familie
feierte, so war sie ganz ruhig gegen diese Dinge, setzte ihnen gar
keine Äußerung entgegen, und ihr engelschönes Wesen sagte mir, es
sagte es nur von mir verstanden, daß sie mit ihrer wundervollen
Gestalt, mit der Wärme ihrer Seele und dem Glanz ihres Aufblühens nur
mich beglücke, und daß es ihr Wonne mache, mich beglücken zu können.
Oft, wenn ich von weiten Gängen in der Stadt zurückkehrte und zu dem
Hause kam, in welchem wir wohnten, blieb ich stehen und betrachtete
das Haus. Es war merkwürdiger, es war gefeit worden vor den Häusern
der Stadt, und mit Rührung sah ich auf die Mauern, innerhalb welcher
das Wesen wohnte, das von überirdischen Räumen gekommen war, meine
Seele zu erfüllen. Mathilde sah die Vergötterung, welche ich ihr
weihte, sie sah dieselbe genau auf den geheimen Wegen, auf denen ich
ihre Liebe erkannte, und Freude leuchtete darüber von ihrer Stirne,
welche gleichfalls nur von mir gesehen wurde. Die Eltern Mathildens
fingen auch an, sie in vorzüglichere Stoffe zu kleiden, als sie bisher
getan hatten, und wenn sie mit edlen Gewändern angetan vor mir stand,
kam sie mir ferner und näher, fremder und angehöriger vor als sonst.«
»Eines Tages, als ich über die Treppe unsers Hauses, welches nur von
unserer Familie allein bewohnt wurde, herabging, um einen Freund zu
besuchen, begegnete mir Mathilde. Sie war mit der Mutter an das Haus
gefahren, die Mutter war in dem Wagen sitzen geblieben, sie aber
sollte hinaufgehen, um irgend etwas zu holen. Sie war in schwarze
Seide gekleidet, ein seidenes Mäntelchen war um ihre Schultern, und
aus dem Hute mit dem grünen Flore sah das blühende, durch die Kälte
erfrischte Angesicht hervor. Da wir uns hinter einer Biegung der
Treppe begegneten, wurde sie dunkelglühend. Ich erschrak und sagte
aber: >O Mathilde, Mathilde, du himmelvolles Wesen, alle streben sie
nach dir, wie wird das werden, o wie wird das werden?!<«
»>Gustav, Gustav<, antwortete sie, >du bist der trefflichste von
allen, du bist ihr König, du bist der Einzige, alles ist gut und
herrlich, und Millionen Kräfte sollen es nicht zerreißen können.<«
»Ich ergriff ihre Hand, ein glühender Kuß, nur einen Augenblick
gegeben, aber mit fest aneinandergedrückten Lippen, bekräftigte die
Worte. Ich hörte ihre Seide die Treppe emporrauschen, ich aber ging
die Stufen hinunter. Da ich unten die gläserne Doppeltür der Treppe
geöffnet hatte, sah ich den Wagen stehen. Hinter den Fenstern
desselben saß freundlich die Mutter Mathildens und sah mich an. Ich
grüßte sie ehrerbietig und ging vorüber. Ich ging nun nicht mehr zu
dem Freunde, den ich hatte besuchen wollen.«
»Mit Alfred betrieb ich das, was er zu lernen hatte, immer eifriger,
ich war immer sorgsamer, daß er es gut inne habe, und legte, wo ich
konnte, wie früher und in noch größerem Maße selber Hand an. Auch auf
den Gang seiner Entwickelung im Allgemeinen suchte ich so einzuwirken,
wie es mir nur möglich war. Ich sprach sehr viel mit ihm und ging sehr
viel mit ihm um. Er schloß sich, da er es wohl wußte, daß ich ihn
liebe, immer inniger an mich an, ja er schloß sich auf das Innigste
und fast ausschließlich an mich. Er wohnte wie auf dem Lande so auch
in der Stadt neben mir.«
»Im ersten Frühlinge fuhren wir wieder wie im vorigen Jahre nach
Heinbach. Es war wieder die Veranstaltung getroffen, daß Mathilde,
Alfred und ich in einem Wagen fuhren. Alfred saß wieder neben mir und
schmiegte sich an mich. Mathilde saß gegenüber. Und so konnten wir
uns zwei Tage mit den Augen der Liebe ungehindert ansehen und konnten
mit einander sprechen. Und wenn wir auch von gleichgültigen Dingen
redeten, so hörten wir doch unsere Stimme, und in gewöhnlichen Dingen
zitterte das tiefe Herz durch. Jene zwei Tage waren die glückseligsten
meines Lebens.«
»Auf dem Lande begann nun wieder ein Leben, wie es im vergangenen
Jahre gewesen war. Wir waren ungebunden und konnten leichter unsere
Seelen tauschen. Wir waren freier in dem Zimmer der Mutter oder in dem
des Vaters, wir konnten den Garten besuchen, wir konnten unter den
Bäumen des Rasenplatzes wandeln und wir konnten spazieren gehen. Am
liebsten wurde uns der Weinlaubengang. Er war ein Heiligtum geworden,
seine Zweige sahen uns vertraut an, seine Blätter wurden unsere
Zeugen, und durch seine Verschlingungen bebte manches tiefe Wort und
wehte mancher Hauch der unergründlichsten Glückseligkeit. Fast ebenso
lieb war uns das Gartenhaus. Manchen Flug der Wonne deckte es mit
seinen schützenden Mauern, und es umgab uns wie ein stiller Tempel,
wenn wir alle drei eintraten und zwei Gemüter wallten. Wir gingen
oft an diese beiden Orte. Die Verbindungsfäden wuchsen tausendfach,
Mathilde wurde stets noch herrlicher, sie wurde von Andern immer
heißer begehrt, aber ihre Seele schloß sich nur fester an die
meinige.«
»Ich machte jetzt oft sehr große Wege allein. Wenn ich so weit war,
daß ich das Haus nicht mehr sehen konnte und wenn ich so dastand und
die weißen Wolken betrachtete, die über dem Hause stehen mußten, und
wenn ich auf den Wald sah, jenseits dessen das Haus sich befand, so
kam eine tiefe Bewegung in mich. Und wenn ich dann nach Hause eilte,
ins Innere der Mauern ging, sie da sah und an ihr die Freude des
Wiedersehens erkannte, so frohlockte gleichsam springend mir das Herz
in dem Busen über meinen unendlichen Besitz.«
»Dennoch war allgemach etwas da, das wie ein Übel in mein Glück
bohrte. Es nagte der Gedanke an mir, daß wir die Eltern Mathildens
täuschen. Sie ahnten nicht, was bestand, und wir sagten es ihnen
nicht. Immer drückender wurde mir das Gefühl und immer ängstender
lastete es auf meiner Seele. Es war wie das Unheil der Alten, welches
immer größer wird, wenn man es berührt.«
»Eines Tages, da eben die Rosenblüte war, sagte ich zu Mathilden, ich
wolle zur Mutter gehen, ihr alles entdecken und sie um ihr gütiges
Vorwort bei dem Vater bitten. Mathilde antwortete, das werde gut sein,
sie wünsche es, und unser Glück müsse dadurch sich erst recht klären
und befestigen.«
»Ich ging nun zur Mutter Mathildens und sagte ihr alles mit schlichten
Worten, aber mit zagender Stimme.«
»>Ich habe das von euch nicht erwartet und nicht geahnt<, erwiderte
sie, >ich kann euch auch einen Bescheid nicht geben. Ich muß erst mit
meinem Gatten sprechen. Kommt in einer Stunde in mein Zimmer, und ich
werde euch antworten.<«
»Ich verbeugte mich, verließ ihr Gemach und begab mich in mein
Eckzimmer.«
»Als die Stunde vorüber war, ging ich in das Besuchzimmer der Mutter
Mathildens. Sie erwartete mich schon. Sie saß an ihrem Tische, um den
wir uns so oft versammelt hatten. Sie bot mir auch einen Stuhl an.
Nachdem ich mich gesetzt hatte, sagte sie: >Mein Gatte ist mit mir
gleicher Ansicht. Wir haben euch ein Vertrauen geschenkt, das so groß
war, daß wir es nicht verantworten können. Ihr gabet uns Grund zu
diesem Vertrauen. Wir wollen nicht weiter darüber rechten. Aber eins
muß gesprochen werden. Die Verbindung, welche ihr beide geschlossen
habt, ist ohne Ziel, wenigstens ist jetzt ein Ziel nicht abzusehen.
Ihr mögt wohl beide einen gleichen Anteil an der Schließung dieses
Bundes haben. Aber beide durftet ihr vielleicht an seine Folgen nicht
gedacht haben, sonst könnten wir euch schwerer entschuldigen. Ihr habt
euch nur eurem Gefühle hingegeben. Ich begreife das. Ich kann mir nur
nicht erklären, daß ich es nicht schon früher begriffen habe. Ich habe
euch so - so sehr vertraut. Hört mich aber jetzt an. Mathilde ist noch
ein Kind, es muß eine Reihe von Jahren vergehen, in denen sie noch
lernen muß, was ihr für ihren einstigen Beruf not tut, es muß noch
eine Reihe von Jahren vergehen, ehe sie nur begreift, was der Bund
ist, den sie eben geschlossen hat. Sie ist lebhaft, sie hat ein Gefühl
von ihrer Seele Besitz nehmen lassen, welches ihr angenehm ist und
welches wahrscheinlich diese ihre ganze Seele erfüllt. Sollen wir sie
in diesem Gefühle befangen sein lassen in der ganzen Zeit, in der sie
erst die wichtigsten Vorbereitungen zu ihrem künftigen Leben treffen
muß, oder soll sie ruhiger sein, um diese Vorbereitungen in dem
rechten Maße treffen zu können? Soll das Gefühl nun fortdauern, immer
fort, bis wir sagen können, daß sie Braut sei? Wenn es fortdauert,
wird es nicht peinigende Stunden bringen, da es nicht so bald in
seinen natürlichen Abschluß gelangen kann und Zweifel, Ungeduld,
Vorwärtstreiben, Unmut und Schmerz in seinem Gefolge führen? Wird es
da nicht jene schönen, edlen, heitern, ruhigen Tage wegfressen, die
der aufblühenden Jungfrau bestimmt sind, ehe sie den Brautkranz
in ihre Haare flicht? Sind nicht oft frühzeitige, auf weite Ziele
gerichtete Neigungen die Zerstörerinnen des Lebensglückes geworden?
Wenn ihr Mathilden liebt, wenn ihr sie mit wahrhafter Liebe eures
Herzens liebt, könnt ihr sie einer solchen Gefahr aussetzen
wollen? Gräbt nicht tiefes Sehnen und heftiges Fühlen, durch Jahre
fortgesetzt, alle Kräfte des Menschen an? Und wie, wenn die Neigung
des einen schwindet und das andere trostlos ist? Oder wenn sie in
beiden ermattet und eine Leere hinter sich läßt? Ihr werdet beide
sagen, das sei bei euch nicht möglich. Ich weiß, daß ihr jetzt so
fühlt, ich weiß, daß es bei euch vielleicht auch nicht möglich
ist; allein ich habe oft gesehen, daß Neigungen aufhörten und sich
änderten, ja daß die stärksten Gefühle, welche allen Gewalten
trotzten, dann, da sie keinen andern Widerstand mehr hatten als
die zähe, immer dauernde, aufreibende Zeit, dieser stillen und
unscheinbaren Gewalt unterlegen sind. Soll Mathilde - ich will sagen
eure Mathilde - dieser Möglichkeit anheimgegeben werden? Ist ihr das
Leben, in das sie jetzt mit frischer Seele hinein sieht, nicht zu
gönnen? Es ist größere Liebe, auf die eigene Seligkeit nicht achten,
ja die gegenwärtige Seligkeit des geliebten Gegenstandes auch nicht
achten, aber dafür das ruhige, feste und dauernde Glück desselben
begründen. Das, glaube ich, ist eure und ist Mathildens Pflicht. Ihr
könnt nur nicht einwenden, daß dieses Glück durch eine Verbindung,
die sogleich geschlossen wird, zu begründen sei. Wenn auch Mathildens
Vermögen so groß wäre, daß daraus ein Familienbesitzstand gegründet
werden könnte, wenn ihr es auch über euch vermöchtet, von dem
Vermögen eurer Gattin wenigstens eine Zeit hindurch zu leben, was ich
bezweifle, so wäre damit doch noch nichts gewonnen, da Mathilde, wie
ich sagte, die bei weitem größere Zahl von Eigenschaften noch nicht
besitzt, welche eine Gattin und Mutter besitzen muß, da sie ferner
nach den Ansichten, die wir über das körperliche Wohl unserer Kinder
für unsere Pflicht halten, wenigstens vor sechs oder sieben Jahren
sich nicht vermählen kann, und da also die Unsicherheit und Gefahr,
wie ich früher sprach, auch bei dieser eurer Behauptung für sie und
euch vorhanden wären. Da die Kinder in dem Alter Mathildens ihren
Eltern ohne Bedingung zu folgen haben, und da gute Kinder, wozu ich
Mathilden zähle, auch wenn es ihrem Herzen Schmerz macht, gerne
folgen, weil sie der Liebe und der bessern Einsicht der Eltern
vertrauen; so hätte ich nur sagen dürfen, mein Gatte und ich erkennen,
daß zum Wohle Mathildens das Band, das sie geschlungen hat, nicht
fortdauern dürfe und daß sie daher dasselbe abbrechen möge; allein
ich habe euch die Gründe unserer Ansicht entwickelt, weil ich euch
hochachte und weil ich auch gesehen habe, daß ihr mir zugetan seid,
wie ja auch euer Geständnis beweist, welches freilich etwas früher
hätte gemacht werden sollen. Erlaubt, daß ich nun auch von euch etwas
spreche. Ihr seid, wenn auch älter als Mathilde, doch als Mann noch so
jung, daß ihr die Lage in der ihr seid, kaum zu beurteilen fähig sein
dürftet. Mein Gatte und ich sind der Ansicht, daß ihr, so weit wir
euch kennen, durch euer Gefühl, das immer edel und warm ist, in
die Neigung zu Mathilden, der wir auch als Eltern immerhin einigen
Liebreiz zusprechen müssen, gestürzt worden seid, daß sich euch das
Gefühl als etwas Hohes und Erhabenes angekündigt hat, das euch noch
dazu so beseligte, und daß ihr daher an keinen Widerstand gedacht
habt, der euch ja auch als Untreue an Mathilden erscheinen mußte.
Allein eure Lage, in dieser Art genommen, darf nicht als die
reinigen, dann las er abgefallenes halbreifes Obst zusammen, legte
es in Häufchen und sonderte das bessere von dem schlechteren ab. Ich
sagte zu Mathilden, daß der Sommer nun bald zu Ende sei, daß die Tage
mit immer größerer Schnelligkeit kürzer werden, daß bald die Abende
kühl sein würden, daß dann dieses Laub sich gelb färben, daß man die
Trauben ablesen und endlich in die Stadt zurückkehren würde.«
»Sie fragte mich, ob ich denn nicht gerne in die Stadt gehe.«
»Ich sagte, daß ich nicht gerne gehe, daß es hier gar so schön sei und
daß es mir vorkomme, in der Stadt werde alles anders werden.«
»>Es ist wirklich sehr schön<, antwortete sie, >hier sind wir alle
viel mehr beisammen, in der Stadt kommen Fremde dazwischen, man wird
getrennt und es ist, als wäre man in eine andere Ortschaft gereist. Es
ist doch das größte Glück, Jemanden recht zu lieben.<«
»>Ich habe keinen Vater, keine Mutter und keine Geschwister mehr<,
erwiderte ich, >und ich weiß daher nicht, wie es ist.<«
»>Man liebt den Vater, die Mutter, die Geschwister<, sagte sie, >und
andere Leute.<«
»>Mathilde, liebst du denn auch mich?< erwiderte ich.«
»Ich hatte sie nie du genannt, ich wußte auch nicht, wie mir die Worte
in den Mund kamen, es war, als wären sie mir durch eine fremde Macht
hineingelegt worden. Kaum hatte ich sie gesagt, so rief sie: >Gustav,
Gustav, so außerordentlich, wie es gar nicht auszusprechen ist.<«
»Mir brachen die heftigsten Tränen hervor.«
»Da flog sie auf mich zu, drückte die sanften Lippen auf meinen Mund
und schlang die jungen Arme um meinen Nacken. Ich umfaßte sie auch und
drückte die schlanke Gestalt so heftig an mich, daß ich meinte, sie
nicht loslassen zu können. Sie zitterte in meinen Armen und seufzte.«
»Von jetzt an war mir in der ganzen Welt nichts teurer, als dieses
süße Kind.«
»Als wir uns losgelassen hatten, als sie vor mir stand, erglühend
in unsäglicher Scham, gestreift von den Lichtern und Schatten des
Weinlaubes, und als sich, da sie den süßen Atem zog, ihr Busen hob und
senkte, war ich wie bezaubert, kein Kind stand mehr vor mir, sondern
eine vollendete Jungfrau, der ich Ehrfurcht schuldig war. Ich fühlte
mich beklommen.«
»Nach einer Weile sagte ich: >Teure, teure Mathilde.<«
»>Mein teurer, teurer Gustav<, antwortete sie.«
»Ich reichte ihr die Hand und sagte: >Auf immer, Mathilde.<«
»>Auf ewig<, antwortete sie, indem sie meine Hand faßte.«
»In diesem Augenblicke kam Alfred auf uns herzu. Er bemerkte nichts.
Wir gingen schweigend neben ihm in dem Gange dahin. Er erzählte uns,
daß die Namen der Bäume, die auf weiße Blechtäfelchen geschrieben
sind, welche Täfelchen an Draht von dem untersten Aste jedes Baumes
hernieder hängen, von den Leuten oft sehr verunreinigt würden, daß man
sie alle putzen solle, und daß der Vater den Befehl erlassen sollte,
daß ein jeder, der einen Baum wäscht, putzt oder dergleichen oder der
sonst eine Arbeit bei ihm verrichtet, sich sehr in Acht zu nehmen
habe, daß er das Täfelchen nicht bespritzt oder sonst eine
Unreinigkeit darauf bringt. Dann erzählte er uns, daß er schöne
Borsdorfer Äpfel gefunden habe, welche durch einen Insektenstich zu
einer früheren, beinahe vollkommenen Reife gediehen seien. Er habe sie
am Stamme des Baumes zusammengelegt und werde den Vater bitten, sie zu
untersuchen, ob man sie nicht doch brauchen könne. Dann seien viele
andere, welche vor der Zeit abfielen, weil die Bäume heuer mit zu viel
Obst beladen wären und ihre Kraft nicht genug ist, alle zur Reife zu
bringen. Diese habe er auch zusammengelegt, so viele er in der ersten
Baumreihe habe finden können. Sie werden wohl zu gar nichts tauglich
sein. Er freue sich schon sehr auf den Herbst, wo man alles das
herabnehmen werde und wo auch die schönen roten, blauen und goldgrünen
Trauben von diesem Ganggeländer heruntergelesen werden würden. Es sei
gar nicht mehr lange bis dahin.«
»Wir sprachen nicht und gingen einige Male in dem Gange mit ihm hin
und wider.«
»Die große Erregung hatte sich ein wenig gelegt, und wir gingen in das
Haus. Ich ging aber nicht mit Mathilden zu ihrer Mutter, wie ich sonst
immer getan hatte, sondern nachdem ich Alfred in sein Zimmer geschickt
hatte, schweifte ich durch die Büsche herum und ging immer wieder auf
den Platz, von welchem ich die Fenster sehen konnte, innerhalb welcher
die teuerste aller Gestalten verweilte. Ich meinte, ich müsse sie
durch mein Sehnen zu mir herausziehen können. Es war erst ein
Augenblick, seit wir uns getrennt hatten, und mir erschien es so
lange. Ich glaubte, ohne sie nicht bestehen zu können, ich glaubte,
jede Zeit sei ein verlornes Gut, in welcher ich das holde, schlanke
Mädchen nicht an mein Herz drückte. Ich hatte früher nie irgend
ein Mädchen bei der Hand gefaßt als meine Schwester, ich hatte nie
mit einem ein liebes Wort geredet oder einen freundlichen Blick
gewechselt. Dieses Gefühl war jetzt wie ein Sturmwind über mich
gekommen. Ich glaubte sie durch die Mauern in ihrem Zimmer gehen
sehen zu müssen mit dem langen kornblumenblauen Kleide, mit den
glanzvollen Augen und dem rosenherrlichen Munde. Es bewegte sich der
Fenstervorhang, aber sie war nicht an demselben; es schimmerte an dem
Glase wie von einem rosigen Angesichte, aber es war nur ein schiefes
Hereinleuchten der beginnenden Abendröte gewesen. Ich ging wieder
durch die Büsche, ich ging durch den Weinlaubengang in den Obstgarten,
der Weinlaubengang war mir jetzt ein fremdwichtiges Ding, wie
ein Pallast aus dem fernsten Morgenlande. Ich ging durch das
Haselnußgebüsch zu dem Rosenhause, es war, als blühten und glühten
alle Rosen um das Haus, obwohl nur die grünen Blätter und die Ranken
um dasselbe waren. Ich ging wieder zu unserem Wohnhause zurück und
ging auf den Platz, von dem ich Mathildens Fenster sehen mußte. Sie
beugte sich aus einem heraus und suchte mit den Augen. Als sie mich
erblickt hatte, fuhr sie zurück. Auch mir war es gewesen, da ich die
holde Gestalt sah, als hätte mich ein Wetterstrahl getroffen. Ich
ging wieder in die Büsche. Es waren Flieder in jener Gegend, die eine
Strecke Rasen säumten und in ihrer Mitte eine Bank hatten, um im
Schatten ruhen zu können. Zu dieser Bank ging ich immer wieder zurück.
Dann ging ich wieder auf ein Fleckchen Rasen und sah gegen die
Fenster. Sie beugte sich wieder heraus. Dies taten wir ungezählte
Male, bis der Flieder in dem Rot der Abendröte schwamm und die Fenster
wie Rubinen glänzten. Es war zauberhaft, ein süßes Geheimnis mit
einander zu haben, sich seiner bewußt zu sein und es als Glut im
Herzen zu hegen. Ich trug es entzückt in meine Wohnung.«
»Als wir zum Abendessen zusammen kamen, fragte mich Mathildens Mutter:
>Warum seid ihr denn heute, da ihr mit den Kindern aus dem Garten
zurückgekehrt waret, nicht mehr zu mir gegangen?<«
»Ich vermochte auf diese Frage nicht ein Wort zu antworten; es wurde
aber nicht beachtet.«
»Ich schlief in der ganzen Nacht kaum einige Augenblicke. Ich freute
mich schon auf den Morgen, an dem ich sie wieder sehen würde. Wir
trafen alle in dem Speisesaale zu dem Frühmahle zusammen. Ein Blick,
ein leichtes Erröten sagte alles, sie sagten, daß wir uns besaßen
und daß wir es wußten. Den ganzen Morgen brachte ich mit Alfred
im eifrigen Lernen zu. Gegen Mittag, als Gräser und Laubblätter
getrocknet waren, gingen wir in den Garten. Mathilde flog mit einem
Buche, in dem sie eben gelesen hatte, aus dem Hause, sie eilte auf uns
zu, und wir tauschten den Blick der Einigung. Sie sah mich innig an,
und ich fühlte, wie meine Empfindung aus meinen Augen strömte. Wir
gingen durch den Blumengarten und durch den Gemüsegarten auf den
Weinlaubengang zu. Es war, als hätten wir uns verabredet, dorthin
zu gehn. Mathilde und ich sprachen gewöhnliche Dinge, und in den
gewöhnlichen Dingen lag ein Sinn, den wir verstanden. Sie gab mir ein
Weinblatt, und ich verbarg das Weinblatt an meinem Herzen. Ich reichte
ihr ein Blümchen, und sie steckte das Blümchen in ihren Busen. Ich
nahm ihr das Papierstreifchen, welches als Merkmal in ihrem Buche
steckte, und behielt es bei mir. Sie wollte es wieder haben, ich
gab es nicht, und sie lächelte und ließ es mir. Wir kamen in das
Haselgebüsch, durchstreiften es und traten vor die Rosen des
Gartenhauses. Sie nahm einige welke Blätter ab und reinigte dadurch
den Zweig. Ich tat das Nehmliche mit dem Nachbarzweige. Sie gab mir
ein grünes Rosenblatt, ich knickte einen zarten Zweig, was eigentlich
nicht erlaubt war, und gab ihr den Zweig. Sie wendete sich einen
Augenblick ab, und da sie sich wieder uns zugewandt, hatte sie den
Rosenzweig bei sich verborgen. Wir gingen in das Gartenhaus, sie
stand an dem Tische und stützte sich mit ihrer Hand auf die Platte
desselben. Ich legte meine Hand auch auf die Platte, und nach einigen
Augenblicken hatten sich unsere Finger berührt. Sie stand wie eine
feurige Flamme da, und mein ganzes Wesen zitterte. Im vorigen Sommer
hatte ich ihr oft die Hand gereicht, um ihr über eine schwierige
Stelle zu helfen, um sie auf einem schwanken Stege zu stützen oder sie
auf schmalem Pfade zu geleiten. Jetzt fürchteten wir, uns die Hände
zu geben, und die Berührung war von der größten Wirkung. Es ist nicht
zu sagen, woher es kommt, daß vor einem Herzen die Erde, der Himmel,
die Sterne, die Sonne, das ganze Weltall verschwindet, und vor dem
Herzen eines Wesens, das nur ein Mädchen ist und das Andere noch ein
Kind heißen. Aber sie war wie der Stengel einer himmlischen Lilie
zaubervoll, anmutsvoll, unbegreiflich.«
»Wir gingen wieder in das Haus, und wir gingen, ehe wir zu dem
Mittagessen gerufen wurden, zu der Mutter. Bei der Mutter waren
wir stiller und wortarmer als gewöhnlich. Mathilde suchte sich ein
Papierstreifchen und legte es wieder an jener Stelle in das Buch, wo
ich ihr das Merkzeichen herausgenommen hatte. Dann setzte sie sich zu
dem Claviere und rief einzelne Töne aus den Saiten. Alfred erzählte,
was wir in dem Garten getan hatten und berichtete der Mutter, daß wir
verdorrte und unbrauchbare Blätter von den Rosenzweigen, die an den
Latten des Gartenhauses angebunden sind, herabgenommen hätten.
Hierauf wurden wir zu dem Mittagessen gerufen. Nachmittag war kein
Spaziergang. Die Eltern gingen nicht, und ich schlug Alfred und
Mathilden keinen vor. Ich nahm ein Buch eines Lieblingsdichters, las
sehr lange, und feurige Tränen wie heiße Tropfen kamen öfter in meine
Augen. Später saß ich auf der Bank in dem Fliedergebüsche und schaute
zuweilen durch die Zweige auf die Wohnung Mathildens. Dort stand
manches Mal das Mädchen, das so schön wie ein Engel war, an dem
Fenster. Gegen den Abend spielte Mathilde in dem Zimmer der Mutter auf
dem Claviere sehr ernst, sehr schön und sehr ergreifend. Dann nahm sie
noch die Zither und spielte auf derselben ebenfalls. Die Saiten mußten
sie so ergriffen haben, daß sie nicht aufhören konnte. Sie spielte
immer fort, und die Töne wurden immer rührender und ihre Verbindung
immer natürlicher. Die Mutter lobte sie sehr. Der Vater, welcher in
einem Geschäfte in der nächsten kleinen Stadt gewesen war, kam endlich
auch zur Mutter, und wir blieben in dem Zimmer derselben, bis wir zu
dem Abendessen gerufen wurden. Der Vater nahm Mathilden an den Arm und
führte sie zärtlich in den Speisesaal.«
»Es begann nun eine merkwürdige Zeit. In meinem und Mathildens Leben
war ein Wendepunkt eingetreten. Wir hatten uns nicht verabredet, daß
wir unsere Gefühle geheim halten wollen; dennoch hielten wir sie
geheim, wir hielten sie geheim vor dem Vater, vor der Mutter, vor
Alfred und vor allen Menschen. Nur in Zeichen, die sich von selber
gaben und die wie von selber auf die Lippen kamen, machten sie wir uns
gegenseitig kund. Tausend Fäden fanden sich, an denen unsere Seelen zu
einander hin und her gehen konnten.
Wenn wir in dem Besitze von diesen tausend Fäden waren, so fanden sich
wieder tausend und mehrten sich immer. Die Lüfte, die Gräser, die
späten Blumen der Herbstwiese, die Früchte, der Ruf der Vögel, die
Worte eines Buches, der Klang der Saiten, selbst das Schweigen waren
unsere Boten. Und je tiefer sich das Gefühl verbergen mußte, desto
gewaltiger war es, desto drängender loderte es in dem Innern. Auf
Spaziergänge gingen wir drei, Mathilde, Alfred und ich, jetzt weniger
als sonst, es war, als scheuten wir uns vor der Anregung. Die Mutter
reichte oft den Sommerhut und munterte auf. Das war dann ein großes,
ein namenloses Glück. Die ganze Welt schwamm vor den Blicken, wir
gingen Seite an Seite, unsere Seelen waren verbunden, der Himmel, die
Wolken, die Berge lächelten uns an, unsere Worte konnten wir hören,
und wenn wir nicht sprachen, so konnten wir unsere Tritte vernehmen,
und wenn auch das nicht war, oder wenn wir stille standen, so wußten
wir, daß wir uns besaßen, der Besitz war ein unermeßlicher, und wenn
wir nach Hause kamen, war es, als sei er noch um ein Unsägliches
vermehrt worden. Wenn wir in dem Hause waren, so wurde ein Buch
gereicht, in dem unsere Gefühle standen, und das Andere erkannte die
Gefühle, oder es wurden sprechende Musiktöne hervorgesucht, oder es
wurden Blumen in den Fenstern zusammengestellt, welche von unserer
Vergangenheit redeten, die so kurz und doch so lang war. Wenn wir
durch den Garten gingen, wenn Alfred um einen Busch bog, wenn er
in dem Gange des Weinlaubes vor uns lief, wenn er früher aus dem
Haselgebüsche war als wir, wenn er uns in dem Innern des Gartenhauses
allein ließ, konnten wir uns mit den Fingern berühren, konnten uns
die Hand reichen oder konnten gar Herz an Herz fliegen, uns einen
Augenblick halten, die heißen Lippen an einander drücken und die Worte
stammeln: >Mathilde, dein auf immer und auf ewig, nur dein allein, und
nur dein, nur dein allein!<«
»>O ewig dein, ewig, ewig, Gustav, dein, nur dein und nur dein
allein.<«
»Diese Augenblicke waren die allerglückseligsten.«
»So war der tiefe Herbst gekommen. Wir hatten in dem Reste des Sommers
ein Äußeres nicht vermißt. Mathilde und Alfred hatten immer weniger
verlangt, in die Nachbarschaft zu fahren, und so war es gekommen, daß
auch die Eltern weniger fuhren und daß auch Fremde weniger zu uns
kamen. Wenn sie aber da waren, wenn auch Alfred an den Spielen und
Ergötzungen der Kinder Teil nahm, so war Mathilde doch teilnahmloser
als je. Sie hielt sich ferne, wie eine, die nicht hieher gehört. Auch
in ihrem körperlichen Wesen war in dieser kurzen Zeit eine große
Veränderung vorgegangen. Sie war stärker geworden, ihre Wangen waren
purpurner, ihre Augen glänzender geworden.
Alfred liebte mich sehr. Neben seinen Eltern und seiner Schwester
liebte er vielleicht nichts so sehr als mich, und ich vergalt es ihm
mit ganzer Seele.«
»Der späte Herbst war endlich dem Beginne des Winters gewichen. Wie
wir sehr früh von der Stadt auf das Land gingen, so blieben wir auch
sehr tief in die sinkende Jahreszeit hinein auf demselben. Alfreds
Erwartung war in Erfüllung gegangen. Das Obst und die Trauben waren
abgenommen worden. Auf den Zweigen der Bäume war kein Blatt mehr, und
der Nebel und der Frost zogen sich durch die Gründe des Tales. Da
gingen wir in die Stadt. Dort war Mathilde enger umgrenzt. Lehrer,
Erziehungsstunden, Unterricht, Arbeiten drängten sich an sie heran.
Ihr ganzes Wesen aber war begeisterter und getragener, und ich
erschien mir reich, um Vieles reicher als die Besitzer all der Häuser,
der Palläste und des Glanzes der ungeheuren Stadt. Wir konnten uns nur
seltener sprechen; aber wenn sie mir auf dem Gange begegnete, wenn sie
mir in dem Zimmer der Mutter einige Worte sagen konnte, wenn in der
Menge das Geschick uns an einander vorüberführte oder wenn uns ein
anderer geistiger Augenblick gegeben war, dann sagten mir ihre schönen
Augen, dann sagten einige Worte, wie sehr wir uns liebten, wie
unveränderlich diese Liebe sei und wie unbegrenzt unsere Seelen
einander beherrschten. Sie wurde jetzt auch von andern Leuten bemerkt,
und junge Männer richteten ihre Augen auf sie; aber wenn man ihr
entgegen kam, wenn ihr gehuldigt wurde, wenn man sie in einer Familie
feierte, so war sie ganz ruhig gegen diese Dinge, setzte ihnen gar
keine Äußerung entgegen, und ihr engelschönes Wesen sagte mir, es
sagte es nur von mir verstanden, daß sie mit ihrer wundervollen
Gestalt, mit der Wärme ihrer Seele und dem Glanz ihres Aufblühens nur
mich beglücke, und daß es ihr Wonne mache, mich beglücken zu können.
Oft, wenn ich von weiten Gängen in der Stadt zurückkehrte und zu dem
Hause kam, in welchem wir wohnten, blieb ich stehen und betrachtete
das Haus. Es war merkwürdiger, es war gefeit worden vor den Häusern
der Stadt, und mit Rührung sah ich auf die Mauern, innerhalb welcher
das Wesen wohnte, das von überirdischen Räumen gekommen war, meine
Seele zu erfüllen. Mathilde sah die Vergötterung, welche ich ihr
weihte, sie sah dieselbe genau auf den geheimen Wegen, auf denen ich
ihre Liebe erkannte, und Freude leuchtete darüber von ihrer Stirne,
welche gleichfalls nur von mir gesehen wurde. Die Eltern Mathildens
fingen auch an, sie in vorzüglichere Stoffe zu kleiden, als sie bisher
getan hatten, und wenn sie mit edlen Gewändern angetan vor mir stand,
kam sie mir ferner und näher, fremder und angehöriger vor als sonst.«
»Eines Tages, als ich über die Treppe unsers Hauses, welches nur von
unserer Familie allein bewohnt wurde, herabging, um einen Freund zu
besuchen, begegnete mir Mathilde. Sie war mit der Mutter an das Haus
gefahren, die Mutter war in dem Wagen sitzen geblieben, sie aber
sollte hinaufgehen, um irgend etwas zu holen. Sie war in schwarze
Seide gekleidet, ein seidenes Mäntelchen war um ihre Schultern, und
aus dem Hute mit dem grünen Flore sah das blühende, durch die Kälte
erfrischte Angesicht hervor. Da wir uns hinter einer Biegung der
Treppe begegneten, wurde sie dunkelglühend. Ich erschrak und sagte
aber: >O Mathilde, Mathilde, du himmelvolles Wesen, alle streben sie
nach dir, wie wird das werden, o wie wird das werden?!<«
»>Gustav, Gustav<, antwortete sie, >du bist der trefflichste von
allen, du bist ihr König, du bist der Einzige, alles ist gut und
herrlich, und Millionen Kräfte sollen es nicht zerreißen können.<«
»Ich ergriff ihre Hand, ein glühender Kuß, nur einen Augenblick
gegeben, aber mit fest aneinandergedrückten Lippen, bekräftigte die
Worte. Ich hörte ihre Seide die Treppe emporrauschen, ich aber ging
die Stufen hinunter. Da ich unten die gläserne Doppeltür der Treppe
geöffnet hatte, sah ich den Wagen stehen. Hinter den Fenstern
desselben saß freundlich die Mutter Mathildens und sah mich an. Ich
grüßte sie ehrerbietig und ging vorüber. Ich ging nun nicht mehr zu
dem Freunde, den ich hatte besuchen wollen.«
»Mit Alfred betrieb ich das, was er zu lernen hatte, immer eifriger,
ich war immer sorgsamer, daß er es gut inne habe, und legte, wo ich
konnte, wie früher und in noch größerem Maße selber Hand an. Auch auf
den Gang seiner Entwickelung im Allgemeinen suchte ich so einzuwirken,
wie es mir nur möglich war. Ich sprach sehr viel mit ihm und ging sehr
viel mit ihm um. Er schloß sich, da er es wohl wußte, daß ich ihn
liebe, immer inniger an mich an, ja er schloß sich auf das Innigste
und fast ausschließlich an mich. Er wohnte wie auf dem Lande so auch
in der Stadt neben mir.«
»Im ersten Frühlinge fuhren wir wieder wie im vorigen Jahre nach
Heinbach. Es war wieder die Veranstaltung getroffen, daß Mathilde,
Alfred und ich in einem Wagen fuhren. Alfred saß wieder neben mir und
schmiegte sich an mich. Mathilde saß gegenüber. Und so konnten wir
uns zwei Tage mit den Augen der Liebe ungehindert ansehen und konnten
mit einander sprechen. Und wenn wir auch von gleichgültigen Dingen
redeten, so hörten wir doch unsere Stimme, und in gewöhnlichen Dingen
zitterte das tiefe Herz durch. Jene zwei Tage waren die glückseligsten
meines Lebens.«
»Auf dem Lande begann nun wieder ein Leben, wie es im vergangenen
Jahre gewesen war. Wir waren ungebunden und konnten leichter unsere
Seelen tauschen. Wir waren freier in dem Zimmer der Mutter oder in dem
des Vaters, wir konnten den Garten besuchen, wir konnten unter den
Bäumen des Rasenplatzes wandeln und wir konnten spazieren gehen. Am
liebsten wurde uns der Weinlaubengang. Er war ein Heiligtum geworden,
seine Zweige sahen uns vertraut an, seine Blätter wurden unsere
Zeugen, und durch seine Verschlingungen bebte manches tiefe Wort und
wehte mancher Hauch der unergründlichsten Glückseligkeit. Fast ebenso
lieb war uns das Gartenhaus. Manchen Flug der Wonne deckte es mit
seinen schützenden Mauern, und es umgab uns wie ein stiller Tempel,
wenn wir alle drei eintraten und zwei Gemüter wallten. Wir gingen
oft an diese beiden Orte. Die Verbindungsfäden wuchsen tausendfach,
Mathilde wurde stets noch herrlicher, sie wurde von Andern immer
heißer begehrt, aber ihre Seele schloß sich nur fester an die
meinige.«
»Ich machte jetzt oft sehr große Wege allein. Wenn ich so weit war,
daß ich das Haus nicht mehr sehen konnte und wenn ich so dastand und
die weißen Wolken betrachtete, die über dem Hause stehen mußten, und
wenn ich auf den Wald sah, jenseits dessen das Haus sich befand, so
kam eine tiefe Bewegung in mich. Und wenn ich dann nach Hause eilte,
ins Innere der Mauern ging, sie da sah und an ihr die Freude des
Wiedersehens erkannte, so frohlockte gleichsam springend mir das Herz
in dem Busen über meinen unendlichen Besitz.«
»Dennoch war allgemach etwas da, das wie ein Übel in mein Glück
bohrte. Es nagte der Gedanke an mir, daß wir die Eltern Mathildens
täuschen. Sie ahnten nicht, was bestand, und wir sagten es ihnen
nicht. Immer drückender wurde mir das Gefühl und immer ängstender
lastete es auf meiner Seele. Es war wie das Unheil der Alten, welches
immer größer wird, wenn man es berührt.«
»Eines Tages, da eben die Rosenblüte war, sagte ich zu Mathilden, ich
wolle zur Mutter gehen, ihr alles entdecken und sie um ihr gütiges
Vorwort bei dem Vater bitten. Mathilde antwortete, das werde gut sein,
sie wünsche es, und unser Glück müsse dadurch sich erst recht klären
und befestigen.«
»Ich ging nun zur Mutter Mathildens und sagte ihr alles mit schlichten
Worten, aber mit zagender Stimme.«
»>Ich habe das von euch nicht erwartet und nicht geahnt<, erwiderte
sie, >ich kann euch auch einen Bescheid nicht geben. Ich muß erst mit
meinem Gatten sprechen. Kommt in einer Stunde in mein Zimmer, und ich
werde euch antworten.<«
»Ich verbeugte mich, verließ ihr Gemach und begab mich in mein
Eckzimmer.«
»Als die Stunde vorüber war, ging ich in das Besuchzimmer der Mutter
Mathildens. Sie erwartete mich schon. Sie saß an ihrem Tische, um den
wir uns so oft versammelt hatten. Sie bot mir auch einen Stuhl an.
Nachdem ich mich gesetzt hatte, sagte sie: >Mein Gatte ist mit mir
gleicher Ansicht. Wir haben euch ein Vertrauen geschenkt, das so groß
war, daß wir es nicht verantworten können. Ihr gabet uns Grund zu
diesem Vertrauen. Wir wollen nicht weiter darüber rechten. Aber eins
muß gesprochen werden. Die Verbindung, welche ihr beide geschlossen
habt, ist ohne Ziel, wenigstens ist jetzt ein Ziel nicht abzusehen.
Ihr mögt wohl beide einen gleichen Anteil an der Schließung dieses
Bundes haben. Aber beide durftet ihr vielleicht an seine Folgen nicht
gedacht haben, sonst könnten wir euch schwerer entschuldigen. Ihr habt
euch nur eurem Gefühle hingegeben. Ich begreife das. Ich kann mir nur
nicht erklären, daß ich es nicht schon früher begriffen habe. Ich habe
euch so - so sehr vertraut. Hört mich aber jetzt an. Mathilde ist noch
ein Kind, es muß eine Reihe von Jahren vergehen, in denen sie noch
lernen muß, was ihr für ihren einstigen Beruf not tut, es muß noch
eine Reihe von Jahren vergehen, ehe sie nur begreift, was der Bund
ist, den sie eben geschlossen hat. Sie ist lebhaft, sie hat ein Gefühl
von ihrer Seele Besitz nehmen lassen, welches ihr angenehm ist und
welches wahrscheinlich diese ihre ganze Seele erfüllt. Sollen wir sie
in diesem Gefühle befangen sein lassen in der ganzen Zeit, in der sie
erst die wichtigsten Vorbereitungen zu ihrem künftigen Leben treffen
muß, oder soll sie ruhiger sein, um diese Vorbereitungen in dem
rechten Maße treffen zu können? Soll das Gefühl nun fortdauern, immer
fort, bis wir sagen können, daß sie Braut sei? Wenn es fortdauert,
wird es nicht peinigende Stunden bringen, da es nicht so bald in
seinen natürlichen Abschluß gelangen kann und Zweifel, Ungeduld,
Vorwärtstreiben, Unmut und Schmerz in seinem Gefolge führen? Wird es
da nicht jene schönen, edlen, heitern, ruhigen Tage wegfressen, die
der aufblühenden Jungfrau bestimmt sind, ehe sie den Brautkranz
in ihre Haare flicht? Sind nicht oft frühzeitige, auf weite Ziele
gerichtete Neigungen die Zerstörerinnen des Lebensglückes geworden?
Wenn ihr Mathilden liebt, wenn ihr sie mit wahrhafter Liebe eures
Herzens liebt, könnt ihr sie einer solchen Gefahr aussetzen
wollen? Gräbt nicht tiefes Sehnen und heftiges Fühlen, durch Jahre
fortgesetzt, alle Kräfte des Menschen an? Und wie, wenn die Neigung
des einen schwindet und das andere trostlos ist? Oder wenn sie in
beiden ermattet und eine Leere hinter sich läßt? Ihr werdet beide
sagen, das sei bei euch nicht möglich. Ich weiß, daß ihr jetzt so
fühlt, ich weiß, daß es bei euch vielleicht auch nicht möglich
ist; allein ich habe oft gesehen, daß Neigungen aufhörten und sich
änderten, ja daß die stärksten Gefühle, welche allen Gewalten
trotzten, dann, da sie keinen andern Widerstand mehr hatten als
die zähe, immer dauernde, aufreibende Zeit, dieser stillen und
unscheinbaren Gewalt unterlegen sind. Soll Mathilde - ich will sagen
eure Mathilde - dieser Möglichkeit anheimgegeben werden? Ist ihr das
Leben, in das sie jetzt mit frischer Seele hinein sieht, nicht zu
gönnen? Es ist größere Liebe, auf die eigene Seligkeit nicht achten,
ja die gegenwärtige Seligkeit des geliebten Gegenstandes auch nicht
achten, aber dafür das ruhige, feste und dauernde Glück desselben
begründen. Das, glaube ich, ist eure und ist Mathildens Pflicht. Ihr
könnt nur nicht einwenden, daß dieses Glück durch eine Verbindung,
die sogleich geschlossen wird, zu begründen sei. Wenn auch Mathildens
Vermögen so groß wäre, daß daraus ein Familienbesitzstand gegründet
werden könnte, wenn ihr es auch über euch vermöchtet, von dem
Vermögen eurer Gattin wenigstens eine Zeit hindurch zu leben, was ich
bezweifle, so wäre damit doch noch nichts gewonnen, da Mathilde, wie
ich sagte, die bei weitem größere Zahl von Eigenschaften noch nicht
besitzt, welche eine Gattin und Mutter besitzen muß, da sie ferner
nach den Ansichten, die wir über das körperliche Wohl unserer Kinder
für unsere Pflicht halten, wenigstens vor sechs oder sieben Jahren
sich nicht vermählen kann, und da also die Unsicherheit und Gefahr,
wie ich früher sprach, auch bei dieser eurer Behauptung für sie und
euch vorhanden wären. Da die Kinder in dem Alter Mathildens ihren
Eltern ohne Bedingung zu folgen haben, und da gute Kinder, wozu ich
Mathilden zähle, auch wenn es ihrem Herzen Schmerz macht, gerne
folgen, weil sie der Liebe und der bessern Einsicht der Eltern
vertrauen; so hätte ich nur sagen dürfen, mein Gatte und ich erkennen,
daß zum Wohle Mathildens das Band, das sie geschlungen hat, nicht
fortdauern dürfe und daß sie daher dasselbe abbrechen möge; allein
ich habe euch die Gründe unserer Ansicht entwickelt, weil ich euch
hochachte und weil ich auch gesehen habe, daß ihr mir zugetan seid,
wie ja auch euer Geständnis beweist, welches freilich etwas früher
hätte gemacht werden sollen. Erlaubt, daß ich nun auch von euch etwas
spreche. Ihr seid, wenn auch älter als Mathilde, doch als Mann noch so
jung, daß ihr die Lage in der ihr seid, kaum zu beurteilen fähig sein
dürftet. Mein Gatte und ich sind der Ansicht, daß ihr, so weit wir
euch kennen, durch euer Gefühl, das immer edel und warm ist, in
die Neigung zu Mathilden, der wir auch als Eltern immerhin einigen
Liebreiz zusprechen müssen, gestürzt worden seid, daß sich euch das
Gefühl als etwas Hohes und Erhabenes angekündigt hat, das euch noch
dazu so beseligte, und daß ihr daher an keinen Widerstand gedacht
habt, der euch ja auch als Untreue an Mathilden erscheinen mußte.
Allein eure Lage, in dieser Art genommen, darf nicht als die
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