Geschichte des Agathon. Teil 2 - 19
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Seele wie ein neues Wesen gegeben, zu machen--er Ursache finden würde sie,
wo nicht immer zu entschuldigen, doch mehr zu bedauren als zu verdammen.
Die Furcht, den Gedanken in ihr zu veranlassen, als ob sie durch das was
ehmals zwischen ihnen vorgegangen war, von seiner Hochachtung verloren
hätte, zwang unsern Helden eine geraume Zeit, die Lebhaftigkeit seiner
Empfindungen in seinem Herzen zu verschließen. Danae wurde indessen mit
der Familie des Archytas bekannt, man mußte sie lieben, sobald man sie sah;
und sie gewann desto mehr dabei, je besser man sie kennen lernte. Es war
überdies eine von ihren Gaben, daß sie sich sehr leicht und mit der besten
Art in alle Personen, Umstände und Lebens-Arten schicken konnte. Wie
konnte es also anders sein, als daß sie in kurzem durch die zärtlichste
Freundschaft mit dieser liebenswürdigen Familie verbunden werden mußte?
Selbst der weise Archytas liebte ihre Gesellschaft, und sie machte sich
ein Vergnügen daraus, einem alten Manne von so seltnen Verdiensten die
Beschwerden des hohen Alters durch die Annehmlichkeiten ihres Umgangs
erleichtern zu helfen. Aber nichts war der Liebe zu vergleichen, welche
Psyche und Danae einander einflößten. Niemalen hat vielleicht unter zwo
Frauenzimmern, welche so geschickt waren, Rivalinnen zu sein, eine so
zärtliche, und vollkommne Freundschaft geherrschet. Man kann sich
einbilden, ob Agathon dabei verlor. Er sah die schöne Danae alle Tage; er
hatte alle Vorrechte eines Bruders bei ihr--aber wie sollte es möglich
gewesen sein, daß er sich immer daran begnügt hätte?--Es gab Augenblicke,
wo er, von den Erinnerungen seiner ehmaligen Glückseligkeit berauscht,
sich die Rechte eines begünstigten Liebhabers herausnehmen wollte. Aber
Danae wurde durch den vertrauten Umgang mit so tugendhaften Personen, als
diejenigen waren, mit denen sie nunmehr lebte, in ihrer neuen Denkungs-Art
so sehr bestärkt, daß die zärtlichsten Verführungen der Liebe nichts über
sie erhielten. In diesem Stücke wollte sie nicht mehr Danae für ihn sein.
"Das ist unwahrscheinlich", werden die Kenner sagen; "unwahrscheinlich",
antworte ich, "aber möglich". Mit einem Worte, Danae bewies durch ihr
Exempel, daß es einer Danae möglich sei; und Agathon erfuhr es so sehr,
daß Psyche endlich selbst Mitleiden mit ihm zu haben anfing. Sie wußte
die geheime Geschichte ihrer Freundin; Danae hatte Tugend genug gehabt,
ihr eine aufrichtige Erzählung davon zu machen. Die Bedenklichkeiten sind
leicht zu erraten, welche der Glückseligkeit dieser Liebenden, welche so
ganz für einander geschaffen zu sein schienen, im Wege stund. Aber waren
sie wichtig genug, um ihrentwillen unglücklich zu sein?--Hatte er nicht
das Beispiel des großen Perikles vor sich? Verdiente Danae nicht in allen
Betrachtungen das Schicksal der Aspasia?--Es wäre uns leicht, unsern
Lesern hierüber aus dem Wunder zu helfen; aber wir überlassen es ihnen zu
erraten, was er tat--oder auszumachen, was er hätte tun sollen.
FÜNFTES KAPITEL
Abdankung
Und nun, nachdem wir in diesem letzten Buche zu Gunsten unsers Helden
alles getan zu haben glauben, was die zärtlichsten Freunde, die er sich
erworben haben kann, (und wir hoffen, daß er einige haben werde,) nur
immer zu seinem Besten wünschen konnten--Nachdem er so glücklich ist, als
es vielleicht noch kein Sterblicher gewesen ist--oder es doch in seiner
Gewalt hat, glücklich zu sein--Nun bleibt uns nichts übrig, als unsern
Lesern und Leserinnen, welche Geduld genug gehabt haben, bis zu diesem
Blatte fortzulesen--dafür zu danken--und sie zu versichern, daß es uns
sehr angenehm sein sollte, wenn sie soviel Geschmack an dieser Geschichte
gefunden hätten, um sie noch einmal zu lesen--und noch angenehmer, wenn
sie weiser oder besser dadurch geworden sein sollten. Indessen ist das
ihre Sache. Der Herausgeber dieser Geschichte schmeichelt sich wenigstens,
(und wer schmeichelt sich nicht?) daß er ihnen viele Gelegenheit zu dem
einen und zu dem andern gegeben habe; und wofern der Erfolg seiner
Erwartung nicht entsprechen sollte, so wird er sich durch das tägliche
Beispiel so vieler tausend Anstalten und Bemühungen, welche ihren Zweck
verfehlen, beruhigen, und mit Horaz, sich in die Tugend seiner Absicht
einwickeln.
Übrigens kann er nicht umhin, seinen Freunden im Vertrauen zu entdecken,
daß ihn das griechische Manuskript, welches er in Handen hat, in den Stand
setzt, noch einige Nachträge oder Zugaben zu der Geschichte des Agathon zu
liefern, welche ihrer Neugier vielleicht nicht unwürdig sein möchten. Es
ist zum Exempel nicht unmöglich, daß sie begierig sein könnten, das System
des weisen Archytas genauer zu kennen; oder zu wissen, wie Agathon in
seinem fünfzigsten Jahre über alles was im Himmel und auf Erden ein
Gegenstand unsers Nachforschens, unsrer Gedanken--Neigungen--Wünsche--oder
Träume zu sein verdient, gedacht habe. Vielleicht möchte es ihnen auch
nicht unangenehm sein, die Geschichte der schönen Danae (so wie sie den
Mut gehabt, sie dem Agathon zu einer Zeit zu erzählen, da er nicht mehr so
enthusiastisch, aber desto billiger dachte) in einer ausführlichen
Erzählung zu lesen?--Mit allem diesem könnten wir dem Verlangen unsrer
Freunde ein Genüge tun--wenn wir erst gewiß davon wären, daß sie ein
solches Verlangen hätten--und wenn wir einige Ursache finden sollten zu
hoffen, daß dem Publico durch diese Nachträge nur ein halb so großer
Dienst geleistet würde, als der französische Verfasser des Traktats von
den Nachtigallen (dessen Helvetius erwähnt) dem menschlichen Geschlechte
durch sein Buch geleistet zu haben glaubte.
wo nicht immer zu entschuldigen, doch mehr zu bedauren als zu verdammen.
Die Furcht, den Gedanken in ihr zu veranlassen, als ob sie durch das was
ehmals zwischen ihnen vorgegangen war, von seiner Hochachtung verloren
hätte, zwang unsern Helden eine geraume Zeit, die Lebhaftigkeit seiner
Empfindungen in seinem Herzen zu verschließen. Danae wurde indessen mit
der Familie des Archytas bekannt, man mußte sie lieben, sobald man sie sah;
und sie gewann desto mehr dabei, je besser man sie kennen lernte. Es war
überdies eine von ihren Gaben, daß sie sich sehr leicht und mit der besten
Art in alle Personen, Umstände und Lebens-Arten schicken konnte. Wie
konnte es also anders sein, als daß sie in kurzem durch die zärtlichste
Freundschaft mit dieser liebenswürdigen Familie verbunden werden mußte?
Selbst der weise Archytas liebte ihre Gesellschaft, und sie machte sich
ein Vergnügen daraus, einem alten Manne von so seltnen Verdiensten die
Beschwerden des hohen Alters durch die Annehmlichkeiten ihres Umgangs
erleichtern zu helfen. Aber nichts war der Liebe zu vergleichen, welche
Psyche und Danae einander einflößten. Niemalen hat vielleicht unter zwo
Frauenzimmern, welche so geschickt waren, Rivalinnen zu sein, eine so
zärtliche, und vollkommne Freundschaft geherrschet. Man kann sich
einbilden, ob Agathon dabei verlor. Er sah die schöne Danae alle Tage; er
hatte alle Vorrechte eines Bruders bei ihr--aber wie sollte es möglich
gewesen sein, daß er sich immer daran begnügt hätte?--Es gab Augenblicke,
wo er, von den Erinnerungen seiner ehmaligen Glückseligkeit berauscht,
sich die Rechte eines begünstigten Liebhabers herausnehmen wollte. Aber
Danae wurde durch den vertrauten Umgang mit so tugendhaften Personen, als
diejenigen waren, mit denen sie nunmehr lebte, in ihrer neuen Denkungs-Art
so sehr bestärkt, daß die zärtlichsten Verführungen der Liebe nichts über
sie erhielten. In diesem Stücke wollte sie nicht mehr Danae für ihn sein.
"Das ist unwahrscheinlich", werden die Kenner sagen; "unwahrscheinlich",
antworte ich, "aber möglich". Mit einem Worte, Danae bewies durch ihr
Exempel, daß es einer Danae möglich sei; und Agathon erfuhr es so sehr,
daß Psyche endlich selbst Mitleiden mit ihm zu haben anfing. Sie wußte
die geheime Geschichte ihrer Freundin; Danae hatte Tugend genug gehabt,
ihr eine aufrichtige Erzählung davon zu machen. Die Bedenklichkeiten sind
leicht zu erraten, welche der Glückseligkeit dieser Liebenden, welche so
ganz für einander geschaffen zu sein schienen, im Wege stund. Aber waren
sie wichtig genug, um ihrentwillen unglücklich zu sein?--Hatte er nicht
das Beispiel des großen Perikles vor sich? Verdiente Danae nicht in allen
Betrachtungen das Schicksal der Aspasia?--Es wäre uns leicht, unsern
Lesern hierüber aus dem Wunder zu helfen; aber wir überlassen es ihnen zu
erraten, was er tat--oder auszumachen, was er hätte tun sollen.
FÜNFTES KAPITEL
Abdankung
Und nun, nachdem wir in diesem letzten Buche zu Gunsten unsers Helden
alles getan zu haben glauben, was die zärtlichsten Freunde, die er sich
erworben haben kann, (und wir hoffen, daß er einige haben werde,) nur
immer zu seinem Besten wünschen konnten--Nachdem er so glücklich ist, als
es vielleicht noch kein Sterblicher gewesen ist--oder es doch in seiner
Gewalt hat, glücklich zu sein--Nun bleibt uns nichts übrig, als unsern
Lesern und Leserinnen, welche Geduld genug gehabt haben, bis zu diesem
Blatte fortzulesen--dafür zu danken--und sie zu versichern, daß es uns
sehr angenehm sein sollte, wenn sie soviel Geschmack an dieser Geschichte
gefunden hätten, um sie noch einmal zu lesen--und noch angenehmer, wenn
sie weiser oder besser dadurch geworden sein sollten. Indessen ist das
ihre Sache. Der Herausgeber dieser Geschichte schmeichelt sich wenigstens,
(und wer schmeichelt sich nicht?) daß er ihnen viele Gelegenheit zu dem
einen und zu dem andern gegeben habe; und wofern der Erfolg seiner
Erwartung nicht entsprechen sollte, so wird er sich durch das tägliche
Beispiel so vieler tausend Anstalten und Bemühungen, welche ihren Zweck
verfehlen, beruhigen, und mit Horaz, sich in die Tugend seiner Absicht
einwickeln.
Übrigens kann er nicht umhin, seinen Freunden im Vertrauen zu entdecken,
daß ihn das griechische Manuskript, welches er in Handen hat, in den Stand
setzt, noch einige Nachträge oder Zugaben zu der Geschichte des Agathon zu
liefern, welche ihrer Neugier vielleicht nicht unwürdig sein möchten. Es
ist zum Exempel nicht unmöglich, daß sie begierig sein könnten, das System
des weisen Archytas genauer zu kennen; oder zu wissen, wie Agathon in
seinem fünfzigsten Jahre über alles was im Himmel und auf Erden ein
Gegenstand unsers Nachforschens, unsrer Gedanken--Neigungen--Wünsche--oder
Träume zu sein verdient, gedacht habe. Vielleicht möchte es ihnen auch
nicht unangenehm sein, die Geschichte der schönen Danae (so wie sie den
Mut gehabt, sie dem Agathon zu einer Zeit zu erzählen, da er nicht mehr so
enthusiastisch, aber desto billiger dachte) in einer ausführlichen
Erzählung zu lesen?--Mit allem diesem könnten wir dem Verlangen unsrer
Freunde ein Genüge tun--wenn wir erst gewiß davon wären, daß sie ein
solches Verlangen hätten--und wenn wir einige Ursache finden sollten zu
hoffen, daß dem Publico durch diese Nachträge nur ein halb so großer
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den Nachtigallen (dessen Helvetius erwähnt) dem menschlichen Geschlechte
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