C. F. Gellerts Sämmtliche Schriften - 2

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Und hört schon denen zu, die dich zu stürzen trachten.
Entgeht ein Sterblicher wohl je der Tadelsucht?
Ist nicht des Andern Neid selbst deines Ruhmes Frucht?
Der Kluge wird an dir bald wahre Fehler merken,
Und mit erdichteten wird sie der Neid verstärken.
Man hört den Spötter an und liebt ihn noch dazu;
Denn daß du Fehler hast, gehört zu unsrer Ruh.
So sicher ist der Ruhm der Helden und der Weisen.
Und um ein solches Gut willst du dich glücklich preisen?
Du sammelst, was dich flieht, mit Müh und Zittern ein,
Und wenn dus endlich hast: so ist es noch nicht dein.
Soll man für so ein Gut, noch eh man es besessen,
Dann auch, wenn mans besitzt, des Lebens Ruh vergessen?
Erfahrung und Vernunft, o steht uns beide bey!
Macht von der Ehrfurcht uns, wie von dem Geldgeiz, frey.
Nicht Ruhm noch Ueberfluß kann unsre Wünsche stillen;
Von beiden steht auch keins allein in unserm Willen.
Was beides unserm Geist gab und zu geben schien,
Rührt seine Fläche nur und dringt nicht selbst in ihn.
Ein Gut, das glücklich macht, muß, solls mich wahr entzücken,
Nicht unbeständig seyn und für den Geist sich schicken.
Habt Wollust, Ruhm und Macht; ihr habts und wünscht noch mehr;
Noch immer bleibt ein Theil in eurer Seele leer.
Und dieser leere Theil, für wen ist er beschieden?
O Tugend! giebst denn du vielleicht dem Herzen Frieden?
Ja, Mensch, erwirb dir sie: so wirst du ruhig seyn.
Sey weise, lieber Freund, schränk die Begierden ein.
Wahr ists, die Kunst ist schwer, sich selber zu besiegen:
Allein in dieser Kunst wohnt göttliches Vergnügen.
Dein Wunsch ist Ueberfluß; doch eh du ihn noch stillst,
Verfliegt ein Leben schon, das du geniessen willst.
Was suchst du viel? O lern, was du nicht brauchest, meiden!
Und was du hast, genieß! Die Welt ist reich an Freuden;
Du aber bist zu schwach, die Freuden auszuspähn,
Und glaubst, wo tausend sind, kaum eine nur zu sehn.
Gönn jedem gern sein Glück; lern vortheilhaft empfinden
Und in der andern Glück ein Theil von deinem finden!
Dem warf die Schickung viel, dir aber wenig zu.
Ist jener glücklicher, der reicher ist, als du?
Du denksts und lügest dir. Steig glücklich auf die Thronen,
Du wirst des Thrones Glück doch fühllos bald gewohnen,
Und sehn, daß jener dort, den eine Hütt umschließt,
Der wenig hat und braucht, drum noch nicht elend ist,
Und oft, wenn ihn ein Quell nach strenger Arbeit kühlet,
Mehr Wohllust bey dem Quell, als du beym Weine, fühlet.
Entbehrt er eine Lust, die dir der Reichthum schenkt:
So kränkt ihn das auch nicht, was dich als Reichen kränkt.
Such solche Freuden auf, die still dein Herz beseelen,
Und, wenn du sie gefühlt, dich nicht mit Reue quälen.
Was sorgst du, ob dein Ruhm die halbe Welt durchstrich?
Dein Freund, dein Weib, dein Haus sind Welt genug für dich.
Such sie durch Sorgfalt dir, durch Liebe zu verbinden,
Und du wirst Ehr und Ruh in ihrer Liebe finden.
Ein jeder Freundschaftsdienst, ein jeder treuer Rath,
So klein die Welt ihn schätzt, ist eine große That.
Auch in der Dunkelheit giebts göttlich schöne Pflichten,
Und unbemerkt sie thun, heißt mehr, als Held, verrichten.
Ein Richter sieht in dir stets deiner Absicht zu,
Lohnt, wenn du edel willst, dir mit geheimer Ruh.
Du streitest wider dich; kaum ist der Sieg gelungen:
So krönt sein Beyfall schon das Herz, das sich bezwungen.
Willst du dich an der Welt, an Lieb und Freundschaft freun,
Gern öffnet er dein Herz und läßt die Freuden ein;
Er schärfet dein Gefühl; da lacht mit reichem Segen
Die prächtige Natur dem heitern Aug entgegen.
Wohin du gehst, geht auch sein stiller Beyfall mit,
Und jeder Ort wird schön, den nur dein Fuß betritt.
Du schleichst durchs bunte Thal, streifst durch die grüne Heyde!
Und was du siehst, ist Lust, und was du fühlst, ist Freude.
Dein Aug erweitert sich und mit ihm selbst dein Geist;
Siehst, wie der stolze Baum Gott, seinen Schöpfer, preist,
Siehst, wie durch Fruchtbarkeit die Saaten ihn verehren,
Und des Berufs sich freun, die Menschen zu ernähren;
Siehst, wie das kleinste Gras, das dort in Demuth steht,
Den mit verborgner Kunst, der es gemacht, erhöht;
Du siehsts und wirst entzückt. Dir lacht die ganze Fläche,
Dir weht der sanfte West, dir rauschen frohe Bäche,
Dir singt der Vögel Chor, dir springt zufriednes Wild,
Und alles ist für dich mit Wollust angefüllt;
Und du, an Unschuld reich, und sicher im Gewissen,
Triffst da viel Freuden an, wo Tausend sie vermissen.
Frey von des Neides Pein, frey von des Geizes Last,
Strebst du nach wenigem, und hast mehr, als du hast,
Siehst stets auf deine Pflicht, oft auf dein kurzes Leben,
Nie ohne Freudigkeit auf den, der dirs gegeben.
Du siehst durch dessen Hand, der war, eh du gedacht,
Den Plan zu deinem Glück von Ewigkeit gemacht,
Den Plan zum Glück des Wurms, der itzt vor dir verschwindet,
Und Nahrung und ein Haus im kleinsten Sandkorn findet.
In deines Freundes Arm, an deiner Gattinn Brust,
Wird oft ein kleines Glück für dich die größte Lust.
Und kömmt ein Ungemach, (denn wer hat keins zu tragen?)
So ists doch schon ein Trost, es ihm und ihr zu klagen.
Du hörst, daß dich dein Feind zu lästern sich erkühnt.
Es schmerzt; doch Trost genug, du hast es nicht verdient.
Ein Unfall raubt dein Gut, ein Räuber hats entführet.
Es schmerzt; doch Glück genug, daß Gott die Welt regieret.
Du fühlst ein ander Weh; du fühlst der Krankheit Pein;
Doch Trost genug, nicht krank durch eigne Schuld zu seyn.
Dir raubt der Tod dein Weib, den Freund, den einzgen Erben.
Es schmerzt; doch Trost genug, sie waren werth zu sterben.
So sey dein liebstes Gut ein frommes weises Herz.
Dieß mehre deine Lust, dieß mindre deinen Schmerz;
Dieß sey dein Stolz, dein Schatz, dein höchstes Ziel auf Erden.
Sonst alles, nur nicht dieß, kann dir entrissen werden.
Zu wissen, es sey dein, zu fühlen, daß dus hast,
Dieß Glück erkaufst du nicht um aller Güter Last;
Und ohne dieses Herz schmeck noch so viel Vergnügen,
Es ist ein Rausch, und bald, bald wird der Rausch verfliegen.

Der Christ.
Mensch, der du Christen schmähst, was ist in ihrer Lehre,
Das der Vernunft ein Schimpf und Gott nicht rühmlich wäre?
Verdient sie deinen Haß, verdient sie deinen Spott?
Zeig uns ein besser Glück und einen bessern Gott,
Als uns die Schrift gezeigt. Komm, zeig uns schönre Pflichten,
Mehr Antrieb, sie dem Gott der Menschen zu entrichten,
Mehr Tugend für das Herz und für das Glück der Welt,
Mehr Trost, wenn sein Gericht der Richter in uns hält,
Mehr Licht, wenn fürchterlich uns finstre Zweifel quälen,
Mehr Edelmuth im Glück, in Noth mehr Ruh der Seelen.
Bring eine Lehre vor, die besser für uns wacht,
Uns weiser, ruhiger und tugendhafter macht:
Und dann will ich mit dir die Schrift mit Spott betrachten,
Ihr Wort für Menschenwort und deins für Gottes achten.
Bring diese Lehre vor; wo nicht, so sey ein Christ,
Wenn du, wie du dich rühmst, ein Freund der Wahrheit bist.
Sonst fürcht ich, daß dein Herz, sein Laster zu verehren,
Den Gott nicht kennen will, den seine Boten lehren.
Auf, Dichtkunst! ehre den, den stolz der Freygeist schilt,
Und zu des Christen Ruhm entwirf des Christen Bild!
Ist er der Weise nicht, der nach der Wahrheit strebet?
Durch sie erleuchtet, denkt, durch sie gebessert, lebet?
Er ehret die Vernunft, und das, was ihr gebricht,
Ersetzt in seinem Geist ein göttlich heller Licht.
Er ists, der von dem Wahn die Wahrheit unterscheidet,
Und, frey vom Vorurtheil, und von dem Stolz entkleidet,
Die engen Grenzen kennt, die ein Verstand ermißt,
Dem Gott oft Dunkelheit, der Mensch ein Räthsel ist.
Er nimmt die Weisheit auf, mit der Gott unterrichtet;
Und dessen Ausspruch ists, der seine Zweifel schlichtet,
Der ihm das Licht ertheilt, die Nebel zu zerstreun,
Den Muth, Trotz allem Wahn, der Wahrheit treu zu seyn,
Des Irrthums Tyranney und die bewehrten Lügen
Des Lasters, das sie schützt, durch Glauben zu besiegen.
Er kennet sich und Gott; sein Wort wird ihm Verstand.
So hat kein Sokrates, kein Plato, Gott gekannt.
Durch dich, so spricht der Christ, bin ich, o Gott! vorhanden.
Die Himmel und ihr Heer sind durch dein Wort entstanden;
Denn, wenn du sprichst, geschiehts, wenn du gebeutst, stehts da.
Mit Allmacht bist du mir und auch mit Güte nah!
Du bist der Gott der Kraft; dich preisen Erd und Meere,
Und Himmel predigen die Wunder deiner Ehre.
Dich bet ich dankend an. Mein Heil kömmt von dem Herrn.
Du hörst der Menschen Flehn und du errettest gern.
Und wenn ich deiner Hülf, o Gott! gewürdigt werde,
Was frag ich ausser dir nach Himmel und nach Erde?
Im Himmel donnerst du, und Schrecken füllt das Land;
Noch fürcht ich nichts, denn du hältst mich bey deiner Hand.
Wenn ich die Himmel seh, die du, Herr, ausgebreitet,
Der Sonne Majestät, den Mond, den du bereitet,
Was ist der Mensch, o Gott! daß seiner du gedenkst?
Unzählich ist das Gut, das du ihm täglich schenkst.
Als Schafe läßt du uns auf grünen Auen weiden,
Stärkst uns mit Speis und Trank, füllst unser Herz mit Freuden.
Du sahst mich, eh der Grund der Welt geleget war;
Zogst mich aus Mutterleib, und eh sie mich gebar,
Wogst du mein Glück mir ab, und Leiden, die mich üben;
Und meiner Tage Zahl war auf dein Buch geschrieben.
Du bist der Frommen Schutz und bist der Müden Ruh,
Ein Gott, der gern verzeiht; wo ist ein Gott, wie du?
Wem soll ich sonst vertraun, als dir, du Gott der Götter?
Wen ehren, als nur dich, mein Schutz und mein Erretter?
Wie süß ist dein Befehl! gieb mir dein Herz, mein Sohn,
Und liebe mich; ich bin dein Schild und grosser Lohn!
Herr! dein Gebot ist Heil und deine Wahrheit Leben.
Wie könnt ich einem Gott der Liebe widerstreben?
Umsonst lockt mich das Glück, in dem das Laster blüht;
Könnt ich ein Sünder seyn, da mich dein Auge sieht?
Auch im Verborgnen nicht soll ihm der Sieg gelingen;
Denn du wirst aller Werk einst vor Gerichte bringen.
Umsonst reizt mich die Lust, von Fleisch und Blut versüßt;
Ich weis es, daß mein Leib ein Tempel Gottes ist.
Sollt ich der Menschen Ruhm stolz zu erringen trachten?
Nein, Herr! wenn du mich ehrst, mag mich der Mensch verachten.
Ist es des Reichthums Glück, dem ich die Seele weih?
Um Reichthum ließ ich Gott? Geiz ist Abgötterey!
Sollt ich durch Schmähungen des Nächsten Ruhm verderben?
Wer seinen Bruder haßt, kann Gottes Reich nicht erben.
Verläugnen sollt ich dich, wenn die Tyrannen drohn?
Du bist der Fürsten Herr, sprich! und sie fallen schon.
Verläugnen sollt ich dich, wenn Spötter deiner spotten?
Dich, Heiland! bet ich an; du eilst, sie auszurotten.
Dein Kreuz ist Thorheit nur dem, der verloren geht;
Uns, die der Glaube stärkt, ists Heil und Majestät.
Darf sich ein Mensch vor Gott, gerecht zu seyn, erkühnen?
Und wer, als Gottes Sohn, konnt uns mit Gott versühnen?
Ist beides nicht gleich groß, der Welt ein Schöpfer seyn,
Und eine Welt, die fiel, vom Falle zu befreyn?
Wer kann die Majestät der Lieb und Großmuth fassen?
Als Sohn des Ewigen der Gottheit Thron verlassen,
Sich selbst erniedrigen, einher in Demuth gehn,
Der Wahrheit Herold seyn und sich verspottet sehn,
Die Wunder Gottes thun, und, an das Kreuz geschlagen,
Mit himmlischer Geduld des Menschen Schulden tragen,
Um der zu seyn, der ihm ein ewigs Heil erwirbt?
Deß Herz ist göttlich groß, der selbst für Feinde stirbt!
Erschrickt nicht die Vernunft? Ja! denn sie soll erschrecken.
Zu schwach, der Gottheit Rath vom Menschen zu entdecken,
Bet ich der Liebe Macht, die ich nicht fassen kann,
Gott ist kein Mensch, wie ich, in tiefster Demuth an.
Der Tag der Ewigkeit wird mehr Licht mir gewähren,
Des Gottmeßias Lieb im Schauen mir erklären.
Unendlich ist mein Heil. O Glaube, der erfreut!
Gelobet sey der Herr, gelobt in Ewigkeit!
So spricht, und glaubt der Christ. Lern mehr sein Herz noch kennen,
Du wirst, sein Feind zu seyn, dir länger nicht vergönnen.
Ist seine Lehr ein Werk, das den Verstand nur übt?
Ihm Licht, doch auch zugleich mehr Stolz dem Herzen giebt?
Nein, edler wird sein Herz. Die Lüste zu besiegen,
Die, wider die Vernunft, sein Glück und deins bekriegen,
Dieß ist sein göttlich Amt. Nicht siegt er durch die Kraft,
Die bald der Eigennutz und bald der Stolz erschafft.
Nicht, als vor Menschen nur, die nach den Augen richten,
Nein, selber als vor Gott, erfüllt er seine Pflichten.
Die Strenge seiner Pflicht, die dir so traurig scheint,
Macht ihn zum Freudigsten. Er weis, Gott ist sein Freund.
Ja, streng ist seine Pflicht und schwer sind seine Werke;
Doch ein unendlich Glück, wie viel ertheilt dieß Stärke?
Der Christ fühlt dieses Glück. Heil und Unsterblichkeit
Glaubt er, von Gott belebt, und überwindet weit.
Ist dieß kein edles Herz, das brüderlich dich liebet?
Mit dir sich gern erfreut, sich gern mit dir betrübet?
Der Christ erblickt dein Gut; kein Neid empöret ihn;
Ihn heißt sein eignes Glück für dein Glück sich bemühn.
Und wenn du elend bist, wie gütig wird er eilen,
Von dem, was Gott ihm gab, dir hülfreich mitzutheilen!
Nicht dienet dir der Christ, groß vor der Welt zu seyn,
Und sich verehrt zu sehn. Nein, Menschen zu erfreun,
Dieß ist sein Gottesdienst; und unbemerkt von ihnen
Wird er mit Hülfe hier und dort mit Rathe dienen.
Nicht treibt ihn erst dein Dank zu reicher Wohlthat an;
Nein, was er Brüdern thut, das hat er Gott gethan.
Ein Trunk, mit dem sein Dienst dem Durstigen begegnet;
Ein Blick voll Trost, mit dem sein Herz den Müden segnet;
Ein Rath, mit dem er dich in deinem Kummer stärkt,
Nichts, weis er, ist so klein, das nicht der Herr bemerkt.
Eilt dort ein boshaft Herz, Unfrieden anzurichten:
So eilt sein sanfter Muth, der Brüder Zwist zu schlichten.
Er wird der Unschuld Schutz; ihr Leiden ist sein Schmerz;
Und ist sein Schutz zu schwach: arbeitet doch sein Herz.
Er hilft den Dürftigen die Mittel gern ersinnen,
Durch Fleiß ihr eigen Brodt in Ruhe zu gewinnen;
Er legt durch Sparsamkeit, zu zarter Waisen Glück,
Die seine Hand erzieht, den Ueberfluß zurück;
Und er erspart das Gut, das Stolz und Pracht verzehren,
Den Kranken zu erfreun, die Wittwe zu ernähren.
Noch stärker nimmt sein Herz an deiner Tugend Theil.
Sein Beyspiel lehret dich; und einer Seele Heil
Ist ihm das größte Glück. Dir mangeln gute Sitten;
Er giebt dir Unterricht und stärket ihn durch Bitten.
Er sieht ein redlich Herz, das durch des Freygeists Spott
Im Glauben wanken will; er siehts, und wird sein Gott.
Er sieht, des Jünglings Fuß verläßt den Weg der Tugend;
Er eilt, als wärs sein Sohn, und rettet seine Jugend.
Oft sagt er, wenn du fehlst, es dir aus Demuth nicht;
Doch ein lehrreicher Blick ruft dich zu deiner Pflicht.
Sey groß, nicht aber fromm! er wird dein Herz verachten.
Sey klein und fromm! er wird nach deiner Liebe trachten.
Wenn kränkt sein reiner Mund aus Schmähsucht deine Ruh?
Er rühmet dein Verdienst, deckt deine Fehler zu,
Und wagt, wenn deinen Ruhm und wenn den Ruf der Deinen
Ein Lästrer schänden will, für deinen Ruhm den seinen.
Er ist der wahre Freund. Sein Herz, in sich erfreut,
Verbreitet gern in deins den Tag der Heiterkeit.
Von Lüsten nicht beherrscht, fühlt er mit offnem Triebe
Der Freundschaft heiligs Glück; und seine Seel ist Liebe.
Er ehrt mich, wie sich selbst, und liebt mich treu wie sich:
Sein Umgang giebt mir Muth, und ihm vertrau ich mich,
Mein Weib, mein Kind, den Rath, mein künftigs Glück zu bauen.
Wer Gott vor Augen hat, wie sollt ich dem nicht trauen?
Nur ists allein der Christ der keine Rache sucht,
Den liebt, der ihn verfolgt, den segnet, der ihm flucht.
Er bleibt sich gleich, denkt groß: Laß meinen Feind mich schelten,
Die Rach ist mein, spricht Gott, und ich, ich will vergelten.
Beleidigt handelt er noch als ein Menschenfreund:
Sein Feind ist ohne Brodt; er speiset seinen Feind.
Sein Feind geht bloß einher; der Christ erblickt sein Leiden,
Großmüthig läßt er den, der ihn verfolgte, kleiden.
Doch, wer den Schimpf erträgt, hat der wohl Edelmuth?
Räch ich nicht rühmlicher die Ehre durch mein Blut,
Wenn ich des Unrechts dich durch Waffen überführe?
Mein Muth sucht deinen Fall -- Dieß ist der Muth der Thiere!
Thor, ruft mir die Vernunft, ist denn das Leben dein?
Kämpf sieghaft, fäll den Feind; wirst du kein Mörder seyn?
Kein Feind des Vaterlands, den seine Rächer suchen,
Und kein Rebell vor Gott, dem alle Himmel fluchen?
Doch rächt mein Arm sich nicht: so wird mein Nam ein Spott;
Die Welt -- Ist denn die Welt mehr, als ein starker Gott?
Und ist der Christ kein Held, der dir den Kampf versaget,
Und doch fürs Vaterland sein Blut mit Freuden waget?
Wer wird zur Zeit der Pflicht den Tod wohl minder scheun,
Als der, der herzhaft glaubt, ich werd unsterblich seyn?
Wird, in der Hand des Herrn, ihn die Gefahr erschüttern?
Nein; doch wer Gott nicht scheut, der muß vor allem zittern.
Geh itzt dem Christen nach, und folg ihm in sein Haus.
Verehret und geliebt, theilt er hier Freuden aus,
Sucht durch belebten Fleiß die Seinen wohl zu nähren,
Durch kluge Sparsamkeit des Fleisses Frucht zu mehren.
Sein Weib, sein würdigs Weib, erleichtert ihm die Müh,
Lohnt ihm mit Zärtlichkeit, und er empfindet sie.
Als Vater eilt er fromm, der Kinder Glück zu gründen,
Und in dem ihrigen seins noch einmal zu finden.
Er bildet gern ihr Herz; und an des Vaters Hand,
Regiert durch Gottesfurcht, geleitet durch Verstand,
Wächst sein gesittet Kind; und er schmeckt Heil und Leben,
Dem Himmel und der Welt ein würdigs Glied zu geben.
Klug, ohne Hinterlist, streng, ohne Bitterkeit,
Noch liebreich, wenn er straft, noch sanft, wenn er gebeut,
Regiert der Christ sein Haus; und göttliche Gesetze
Sind seines Wandels Licht und seines Hauses Schätze.
Dem Niedern, der ihm dient, begegnet er gerecht.
Giebt gern ihm seinen Lohn, und ehrt in seinem Knecht
Ein göttliches Geschöpf, das, gleich den Herrn der Erden,
Hier lebt, um tugendhaft und glücklich einst zu werden.
Er ist des Knechtes Fürst; doch niemals sein Tyrann.
Er straft und zeigt ihm auch, daß er vergeben kann;
Hält ihn von Lastern ab, vermindert ihm das Leiden,
Belohnet seine Treu, und sorgt für seine Freuden.
Wie treu gehorcht er dir, du, seines Landes Fürst?
Gebeut! und er vollzieht, was du gebieten wirst.
Der Gott, den er verehrt, hat dir den Thron gegeben,
Den stützt er durch sein Gut und schützt ihn durch sein Leben.
Mißbrauche die Gewalt; er trotzt ihr nicht; er fleht,
Und blickt mit Ehrfurcht noch auf deine Majestät.
Gebeut ihm, was du willst, nur nichts, was Gott verboten;
Dann widersetzt er sich, wenn alle Fürsten drohten.
Der Christ, ist der ein Freund der blöden Schüchternheit,
Die vor den Menschen flieht und die Gesellschaft scheut?
Nein, Freund, er wird mit Lust und ruhigem Gewissen
Das Glück, ein Mensch zu seyn, des Umgangs Glück, geniessen.
Gott schuf ihn nicht zur Quaal. Lad ihn zu Freuden ein;
Er scherzt mit seinem Witz, lacht heitrer bey dem Wein,
Freut sich des Saitenspiels; und Lieb in deinen Blicken,
Und Freud auf deiner Stirn, wird seine Seel entzücken.
Dieß, daß er Freude schmeckt und mäßig sie genießt,
Ist selbst der Wohlthat Dank, den er Gott schuldig ist;
Und heut erquickt er sich, um morgen seine Pflichten,
Als Bürger und als Christ, gestärkter zu entrichten.
In dem Vergnügen selbst wird er sich ein Gesetz.
Doch ist dein Umgang nichts, als ein beredt Geschwätz,
Nichts, als ein leer Gewerb vornehmer Eitelkeiten,
Nichts, als der Witz, den Ruhm der andern zu bestreiten;
Ists nichts, als Schmeicheley, nichts, als der Geist der Pracht,
Des Balles und des Spiels, der so beredt dich macht:
So wird er seine Zeit ungern bey dir verschwenden.
Er ist zu klug, um sie nicht edler anzuwenden.
Nennst du dieß Lebensart, sich, aus Geselligkeit,
Den Taumel wilder Lust, das Glück der Trunkenheit,
Den Kützel frechen Spotts im Umgang zu vergönnen:
So ist der Christ kein Mann von Lebensart zu nennen.
Wie ruhig ist der Christ, wenn sich der Unchrist quält!
Ihm gnügt bey wenigem, wenn diesem alles fehlt.
Erringt er sich in Müh ein elend Glück durch Ränke?
Ists Niederträchtigkeit, sinds fesselnde Geschenke,
Wodurch er sich die Gunst des Mächtigern erschleicht?
Zufrieden mit dem Glück, das man durch Fleiß erreicht,
Und durch Verstand beschützt; nicht durstig nach den Ehren,
Die deinen Rang, mit ihm die Knechtschafft auch vermehren;
Dem Amte, das er ziert, und seiner Pflicht getreu,
Lebt er von mancher Quaal, die dich verfolget, frey.
Die Last des Uebermuths, in der sich Stolze quälen,
Die Müh, mit der sich selbst die Geizigen bestehlen,
Die Pein, die sich zum Lohn der Schwelger wild erpraßt,
Der Fluch, den vor der Welt der Hasser sich erhaßt,
Der Schmerz, mit dem der Neid sein feindlich Herz verzehret,
Das Gift, das früh den Lenz des Wollüstlings verheeret,
Der Schimpf, mit dem, bestraft, dort ein Verschwender irrt,
Der Haß, der endlich noch des Lästrers Rächer wird;
Dieß alles, und was sonst die Laster büssend tragen,
Sind, tugendhafter Christ! dir unbekannte Plagen,
Und hier kannst du dich schon des Lohns der Tugend freun.
Doch drückt kein Elend ihn? Ja, laß ihn elend seyn,
Und dann wirst du sein Herz in seiner Größ erblicken;
Groß durch Religion, wenn ihn die Leiden drücken.
Das Feuer frißt sein Gut, der Hagel seine Saat;
Kränkt dieß den Christen nicht? Es kränkt ihn; doch der Rath
Der Vorsicht wird sein Trost. Wenn hier der Unchrist tobet,
So spricht der Christ: Gott gabs; Gott nahms; Er sey gelobet!
Ihn drückt der Armuth Last, sein Leben ist nur Müh.
Er fühlt die Dürftigkeit, und still erträgt er sie.
Der, der die Lilien so majestätisch kleidet,
Den Hirsch zur Quelle führt, das Schaf in Auen weidet,
Den jungen Raben speist, sorgt der für Menschen nicht?
Er sorgt; ich hoff auf ihn. Geduld ist meine Pflicht.
Verleumder schmähen ihn. Es schmerzt; doch ein Gewissen,
Das uns mit Beyfall lohnt, hilft diesen Schmerz versüssen.
Der Feind, den er genährt, raubt ihm sein Eigenthum;
Doch, wer das Unrecht trägt um Gutes, das ist Ruhm.
Der Tod der Seinigen schlägt seine Ruhe nieder;
Er weint, und tröstet sich: Bald seh ich dort sie wieder.
Sein Glaube wird verfolgt; doch, flüchtig und entblößt,
Bekennt er treu den Herrn, der theuer ihn erlöst,
Und spricht, vom schwersten Schlag des Arms des Herrn getroffen:
Wenn du mich tödten wolltst, werd ich auf dich doch hoffen!
So siegt der Christ im Kreuz und findt im Elend Ruh.
Doch du, des Christen Tod, wie feyerlich bist du?
Bestürzt verkündigt ihm der Arzt ein nahes Ende.
Er hörts, fühlt neue Kraft, drückt dankbar ihm die Hände.
So ist, Allmächtiger! denn meine Hülfe nah?
Du rufst, hier bin ich, Herr! Preis und Alleluja
Sey dir, der seine Hand stets über mich gebreitet,
Dir, Gott! der bis ans Grab mich wunderbar geleitet!
Wie oft vergaß mein Herz sein Heil und seine Pflicht!
Doch giengst du, Heiliger! nicht mit mir ins Gericht.
Vernimm des Dankes Lied, das ich dir sterbend bringe.
Ich bin viel zu gering, der Treu viel zu geringe
Und der Barmherzigkeit, die du an mir gethan.
Frohlockend bet ich dich mit allen Himmeln an,
Dich, Heil der ganzen Welt! Erfülle mein Vertrauen,
Und deine Herrlichkeit laß meine Seele schauen.
Du bist die Lieb, o Gott! und Gnade für und für.
Mein Geist wird selig seyn; denn ihn befehl ich dir.
Mit allen Heiligen, von Herrlichkeit umgeben,
Unsterblich, Engeln gleich, werd ich dich schaun und leben.
Und du, mein bester Freund, der sich den Ruhm erwirbt,
Im Tod es mir zu seyn, leb wohl! -- Er sprichts, und stirbt!
Ist dieß des Christen Bild, das Herz, die Pflicht des Christen,
Was lästerst du, sein Feind? Ists Thorheit, frey von Lüsten,
Gottselig und gerecht, und treu, und mäßig seyn?
Sich der vollbrachten Pflicht und seines Lebens freun?
Gesundheit, Ehr und Ruh, und Glück, zu schätzen wissen?
Wer soll denn sonst das Glück, dein Freund zu seyn, geniessen?
Der Mann, der keinen Gott und keinen Himmel glaubt,
Kein Recht und Unrecht kennt, sich, was er will, erlaubt,
Dir Ehre, Ruh und Glück, und selbst dein Weib entwendet,
Des Sohnes Herz verführt, und deine Töchter schändet?
Doch, sprichst du, werden auch viel solcher Christen seyn,
Wie sie dein Lied besingt? Wahr ists, die Zahl ist klein;
Doch was beschwerst du dich? Anstatt dich zu beschweren,
Daß ihrer wenig sind: so hilf die Zahl vermehren.
Nein, sprichst du, die Vernunft ist mir ein heller Licht:
Ihr folg ich. Folg ihr nur, sie hintergeht dich nicht.
Sprich sie bedachtsam an, die Wahrheit dir zu zeigen;
Doch laß das Vorurtheil, laß deine Lüste schweigen;
Dann höre, was sie spricht: sie wird dir laut gestehn,
Ein menschlichs Werk zu seyn, sey stets die Schrift zu schön.
Entblößt von deinem Stolz, wag dich in ihre Tiefen.
Prüf alles. Wer verwirft ein Werk, ohn es zu prüfen?
Frag sie: was ist der Mensch? Was soll er auf der Welt?
Er ist der Allmacht Werk, die liebreich ihn erhält.
Unsterblich ist sein Geist, und soll zu Seligkeiten,
In dieser Welt der Müh, durch Tugend sich bereiten.
Antwortet die Vernunft, wenn sie der Weise fragt,
So göttlich, als das Wort, dem dein Verstand entsagt?
Frag sie, woher es kömmt, wenn Gott die Welt regieret,
Daß oft die Tugend seufzt, das Laster triumphiret?
Frag die Vernunft. Sie schweigt. Frag die Religion.
In jener Welt, spricht sie, vertheilt Gott Straf und Lohn.
Du spottest stolz der Schrift, nennst sie den Witz der Blöden,
Doch laß die Sokraten von Gott und Tugend reden;
Spricht einer so gewiß, mit so viel Kraft und Licht,
So zuversichtlich schön, als ein Apostel spricht?
Des Witzes Fürst, Homer, singt seiner Gottheit Rechte.
Wer ist sein Zeus? ein Gott, der ich nicht werden möchte.
Ihn kleide noch so schön die Pracht der Dichtkunst ein,
Ich bin zu stolz, sein Freund, und auch er selbst, zu seyn.
Doch welchen Gott der Macht erheben Davids Chöre?
Warum verkündigen den Gott nicht die Homere?
Das Volk des Heidenthums, verführt vom blinden Wahn,
Ruft hier ein Thier, als Gott, dort Pflanzen betend an;
Giebt erst durch seine Kunst dem Klotze Haupt und Glieder,
Und fällt dann vor dem Gott, den es gezimmert, nieder;
Erhebt das Laster selbst, das es mit Scheu begeht,
Zum Gott, um dessen Schutz das Blut der Opfer fleht;
Warum entrissen die, die sich in Weisheit übten,
Und einen bessern Gott und beßre Sitten liebten,
Warum entrissen sie, Gott und der Tugend treu,
Das Volk dem Laster nicht, nicht der Abgötterey?
Warum gehorcht die Welt der Stimme blöder Jüden?
Sie reden; und ihr Wort sät Weisheit aus und Frieden.
Thut Busse! sprechen sie, dieß ists, was Gott gebeut.
Entblößt von Wissenschaft, fern von Beredsamkeit,
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