C. F. Gellerts Sämmtliche Schriften - 6

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Wer dich nicht liebt, kömmt ins Gericht.
Wer nicht dein Wort hält, liebt dich nicht;
Ihm bist du kein Versühner.
Du hasts gesagt. Du wirst die Kraft
Zur Heiligung mir schenken.
Dein Blut ists, das mir Trost verschafft,
Wenn mich die Sünden kränken.
Laß mich im Eifer des Gebets,
Laß mich in Lieb und Demuth stets
Vor dir erfunden werden.
Dein Heil sey mir der Schirm in Noth,
Mein Stab im Glück, mein Schild im Tod,
Mein letzter Trost auf Erden!

Der thätige Glaube.
Wer Gottes Wort nicht hält, und spricht:
Ich kenne Gott! der trüget;
In solchem ist die Wahrheit nicht,
Die durch den Glauben sieget.
Wer aber sein Wort gläubt und hält,
Der ist von Gott, nicht von der Welt.
Der Glaube, den sein Wort erzeugt,
Muß auch die Liebe zeugen.
Je höher dein Erkenntniß steigt,
Je mehr wird diese steigen.
Der Glaub erleuchtet nicht allein;
Er stärkt das Herz und macht es rein.
Durch Jesum rein von Missethat,
Sind wir nun Gottes Kinder.
Wer solche Hoffnung zu ihm hat,
Der flieht den Rath der Sünder;
Folgt Christi Beyspiel, als ein Christ,
Und reinigt sich, wie Er rein ist.
Alsdann bin ich Gott angenehm,
Wenn ich Gehorsam übe.
Wer die Gebote hält, in dem
Ist wahrlich Gottes Liebe.
Ein täglich thätig Christenthum,
Das ist des Glaubens Frucht und Ruhm.
Der bleibt in Gott, und Gott in ihm,
Wer in der Liebe bleibet.
Die Lieb ists, die die Cherubim,
Gott zu gehorchen, treibet.
Gott ist die Lieb; an seinem Heil
Hat ohne Liebe niemand Theil.

Warnung vor der Wollust.
Der Wollust Reiz zu widerstreben,
Dieß, Jugend, liebst du Glück und Leben,
Laß täglich deine Weisheit seyn.
Entflieh der schmeichelnden Begierde;
Sie raubet dir des Herzens Zierde,
Und ihre Freuden werden Pein.
Laß, ihr die Nahrung zu verwehren,
Nie Speis und Trank dein Herz beschweren,
Und sey ein Freund der Nüchternheit.
Versage dir, dich zu besiegen,
Auch öfters ein erlaubt Vergnügen,
Und steure deiner Sinnlichkeit.
Laß nicht dein Auge dir gebieten;
Und sey, die Wollust zu verhüten,
Stets schamhaft gegen deinen Leib.
Entflieh des Witzlings freyen Scherzen,
Und such im Umgang edler Herzen
Dir Beyspiel, Witz, und Zeitvertreib.
Der Mensch, zu Fleiß und Arbeit träge,
Fällt auf des Müßigganges Wege
Leicht in das Netz des Bösewichts.
Der Unschuld Schutzwehr sind Geschäffte.
Entzieh der Wollust ihre Kräfte
Im Schweisse deines Angesichts.
Erwacht ihr Trieb, dich zu bekämpfen;
So wach auch du, ihn früh zu dämpfen,
Eh er die Freyheit dir verwehrt.
Ihn bald in der Geburt ersticken,
Ist leicht; schwer ists, ihn unterdrücken,
Wenn ihn dein Herz zuvor genährt.
Oft kleiden sich des Lasters Triebe
In die Gestalt erlaubter Liebe,
Und du erblickst nicht die Gefahr.
Ein langer Umgang macht dich freyer;
Und oft wird ein verbotnes Feuer
Aus dem, was Anfangs Freundschaft war.
Dein fühlend Herz wird sichs verzeihen;
Es wird des Lasters Ausbruch scheuen,
Indem es seinen Trieb ernährt.
Du wirst dich stark und sicher glauben,
Und kleine Fehler dir erlauben,
Bis deine Tugend sich entehrt.
Doch nein, du sollst sie nicht entehren,
Du sollst dir stets die That verwehren;
Ist drum dein Herz schon tugendhaft?
Ists Sünde nur, die That vollbringen?
Sollst du nicht auch den Trieb bezwingen?
Nicht auch den Wunsch der Leidenschaft?
Begierden sind es, die uns schänden;
Und ohne daß wir sie vollenden,
Verletzen wir schon unsre Pflicht.
Wenn du vor ihnen nicht erröthest,
Nicht durch den Geist die Lüste tödtest;
So rühme dich der Keuschheit nicht!
Erfülle dich, scheinst du zu wanken,
Oft mit dem mächtigen Gedanken:
Die Unschuld ist der Seele Glück.
Einmal verscherzt und aufgegeben,
Verläßt sie mich im ganzen Leben,
Und keine Reu bringt sie zurück.
Denk oft bey dir: Der Wollust Bande
Sind nicht nur dem Gewissen Schande,
Sie sind auch vor der Welt ein Spott,
Und könnt ich auch in Finsternissen
Den Greul der Wollust ihr verschliessen:
So sieht und findet mich doch Gott.
Die Wollust kürzt des Lebens Tage,
Und Seuchen werden ihre Plage,
Da Keuschheit Heil und Leben erbt.
Ich will mir dieß ihr Glück erwerben.
Den wird Gott wiederum verderben,
Wer seinen Tempel hier verderbt.
Wie blühte nicht des Jünglings Jugend!
Doch er vergaß den Weg der Tugend;
Und seine Kräfte sind verzehrt.
Verwesung schändet sein Gesichte,
Und predigt schrecklich die Geschichte
Der Lüste, die den Leib verheert.
So rächt die Wollust an den Frechen
Früh oder später die Verbrechen,
Und züchtigt dich mit harter Hand.
Ihr Gift wird dein Gewissen quälen;
Sie raubet dir das Licht der Seelen,
Und lohnet dir mit Unverstand.
Sie raubt dem Herzen Muth und Stärke,
Raubt ihm den Eifer edler Werke,
Den Adel, welchen Gott ihm gab;
Und unter deiner Lüste Bürde
Sinkst du von eines Menschen Würde
Zur Niedrigkeit des Thiers herab.
Drum fliehe vor der Wollust Pfade,
Und wach und rufe Gott um Gnade,
Um Weisheit in Versuchung an.
Erzittre vor dem ersten Schritte;
Mit ihm sind schon die andern Tritte
Zu einem nahen Fall gethan.

Morgengesang.
Mein erst Gefühl sey Preis und Dank;
Erheb ihn, meine Seele!
Der Herr hört deinen Lobgesang;
Lobsing ihm, meine Seele!
Mich selbst zu schützen, ohne Macht,
Lag ich und schlief im Frieden.
Wer schafft die Sicherheit der Nacht,
Und Ruhe für die Müden?
Wer wacht, wenn ich von mir nichts weis,
Mein Leben zu bewahren;
Wer stärkt mein Blut in seinem Fleiß,
Und schützt mich vor Gefahren?
Wer lehrt das Auge seine Pflicht,
Sich sicher zu bedecken?
Wer ruft dem Tag und seinem Licht,
Die Seele zu erwecken?
Du bist es, Herr und Gott der Welt,
Und dein ist unser Leben.
Du bist es, der es uns erhält,
Und mirs itzt neu gegeben.
Gelobet seyst du, Gott der Macht,
Gelobt sey deine Treue!
Daß ich nach einer sanften Nacht
Mich dieses Tags erfreue.
Laß deinen Segen auf mir ruhn,
Mich deine Wege wallen;
Und lehre du mich selber thun
Nach deinem Wohlgefallen.
Nimm meines Lebens gnädig wahr;
Auf dich hofft meine Seele.
Sey mir ein Retter in Gefahr,
Ein Vater, wenn ich fehle.
Gieb mir ein Herz voll Zuversicht,
Erfüllt mit Lieb und Ruhe,
Ein weises Herz, das seine Pflicht
Erkenn und willig thue.
Daß ich, als ein getreuer Knecht,
Nach deinem Reiche strebe,
Gottselig, züchtig und gerecht
Durch deine Gnade lebe.
Daß ich, dem Nächsten beyzustehn,
Nie Fleiß und Arbeit scheue,
Mich gern an Andrer Wohlergehn
Und ihrer Tugend freue.
Daß ich das Glück der Lebenszeit
In deiner Furcht geniesse,
Und meinen Lauf mit Freudigkeit
Wenn du gebeutst, beschliesse.

Von der Quelle der guten Werke.
Wenn zur Vollführung deiner Pflicht
Dich Gottes Liebe nicht beseelet:
So rühme dich der Tugend nicht,
Und wisse, daß dir alles fehlet.
Wenn Vortheil, Wollust, Eigensinn
Und Stolz dir nur das Gute rathen:
So thue noch so gute Thaten;
Du hast vor Gott den Lohn dahin.
Sey durch die Gaben der Natur
Das Wunder und das Glück der Erden!
Beglückest du die Menschen nur,
Um vor der Welt geehrt zu werden;
Erfüllt die Liebe nicht dein Herz:
So bist du bey den größten Gaben,
Bey dem Verstand, den Engel haben,
Vor Gott doch nur ein tönend Erz.
Bau Häuser auf, und brich dein Brodt,
Das Volck der Armen zu verpflegen;
Entreiß die Wittwen ihrer Noth,
Und sey der Waisen Schutz und Segen!
Gieb alle deine Habe hin!
Noch hast du nichts vor Gott gegeben.
Wenn Lieb und Pflicht dich nicht beleben:
So ist dir alles kein Gewinn.
Thu Thaten, die der Heldenmuth
Noch jemals hat verrichten können;
Vergieß fürs Vaterland dein Blut,
Laß deinen Leib für Andre brennen!
Beseelet dich nicht Lieb und Pflicht;
Bist du die Absicht deiner Thaten:
So schütz und rette ganze Staaten;
Gott achtet deiner Werke nicht.
Läg ihm an unsern Werken nur:
So könnt er uns, sie zu vollbringen,
Sehr leicht durch Fessel der Natur,
Durch Kräfte seiner Allmacht zwingen.
Vor ihm, der alles schafft und giebt,
Gilt Weisheit nichts, nichts Macht und Stärke.
Er will, die Absicht deiner Werke,
Ein Herz, das ihn verehrt und liebt.
Ein Herz, von Eigenliebe fern,
Fern von des Stolzes eitlem Triebe,
Geheiligt durch die Furcht des Herrn,
Erneut durch Glauben zu der Liebe;
Dieß ists, was Gott von uns verlangt.
Und wenn wir nicht dieß Herz besitzen:
So wird ein Leben uns nichts nützen,
Das mit den größten Thaten prangt.
Drum täusche dich nicht durch den Schein,
Nicht durch der Tugend blossen Namen.
Sieh nicht auf deine Werk allein;
Sieh auf den Quell, aus dem sie kamen.
Prüf dich vor Gottes Angesicht,
Ob seine Liebe dich beseelet.
Ein Herz, dem nicht der Glaube fehlet,
Dem fehlet auch die Liebe nicht.
Wohnt Liebe gegen Gott in dir:
So wird sie dich zum Guten stärken.
Du wirst die Gegenwart von ihr
An Liebe zu dem Nächsten merken.
Die Liebe, die dich schmücken soll,
Ist gütig; ohne List und Tücke;
Beneidet nicht des Nächsten Glücke;
Sie bläht sich nicht; ist langmuthsvoll.
Sie deckt des Nächsten Fehler zu,
Und freut sich niemals seines Falles.
Sie suchet nicht bloß ihre Ruh;
Sie hofft und gläubt und duldet alles.
Sie ists, die dir den Muth verleiht,
Des Höchsten Wort gern zu erfüllen,
Macht seinen Sinn zu deinem Willen,
Und folgt dir in die Ewigkeit.

Preis des Schöpfers.
Wenn ich, o Schöpfer! deine Macht,
Die Weisheit deiner Wege,
Die Liebe, die für alle wacht,
Anbetend überlege:
So weis ich, von Bewundrung voll
Nicht, wie ich dich erheben soll,
Mein Gott, mein Herr und Vater!
Mein Auge sieht, wohin es blickt,
Die Wunder deiner Werke.
Der Himmel, prächtig ausgeschmückt,
Preist dich, du Gott der Stärke!
Wer hat die Sonn an ihm erhöht?
Wer kleidet sie mit Majestät?
Wer ruft dem Heer der Sterne?
Wer mißt dem Winde seinen Lauf?
Wer heißt die Himmel regnen?
Wer schließt den Schooß der Erden auf,
Mit Vorrath uns zu segnen?
O Gott der Macht und Herrlichkeit!
Gott, deine Güte reicht so weit,
So weit die Wolken reichen!
Dich predigt Sonnenschein und Sturm,
Dich preist der Sand am Meere.
Bringt, ruft auch der geringste Wurm,
Bringt meinem Schöpfer Ehre!
Mich, ruft der Baum in seiner Pracht,
Mich, ruft die Saat, hat Gott gemacht;
Bringt unserm Schöpfer Ehre!
Der Mensch, ein Leib, den deine Hand
So wunderbar bereitet;
Der Mensch, ein Geist, den sein Verstand,
Dich zu erkennen, leitet;
Der Mensch, der Schöpfung Ruhm und Preis,
Ist sich ein täglicher Beweis
Von deiner Güt und Grösse.
Erheb ihn ewig, o mein Geist!
Erhebe seinen Namen!
Gott, unser Vater, sey gepreist,
Und alle Welt sag Amen!
Und alle Welt fürcht ihren Herrn,
Und hoff auf ihn, und dien ihm gern!
Wer wollte Gott nicht dienen?

Trost der Erlösung.
Gedanke, der uns Leben giebt,
Welch Herz vermag dich auszudenken!
»Also hat Gott die Welt geliebt,
Uns seinen Sohn zu schenken!«
Hoch über die Vernunft erhöht,
Umringt mit heilgen Finsternissen,
Füllst du mein Herz mit Majestät,
Und stillest mein Gewissen.
Ich kann der Sonne Wunder nicht,
Noch ihren Lauf und Bau ergründen;
Und doch kann ich der Sonne Licht
Und ihre Wärm empfinden.
So kann mein Geist den hohen Rath
Des Opfers Jesu nicht ergründen;
Allein das Göttliche der That,
Das kann mein Herz empfinden.
Nimm mir den Trost, daß Jesus Christ
Am Kreuz nicht meine Schuld getragen,
Nicht Gott und mein Erlöser ist:
So werd ich angstvoll zagen.
Ist Christi Wort nicht Gottes Sinn:
So werd ich ewig irren müssen,
Und wer Gott ist, und was ich bin,
Und werden soll, nicht wissen.
Nein, diesen Trost der Christenheit
Soll mir kein frecher Spötter rauben;
Ich fühle seine Göttlichkeit,
Und halte fest am Glauben.
Des Sohnes Gottes Eigenthum,
Durch ihn des ewgen Lebens Erbe,
Dieß bin ich; und das ist mein Ruhm,
Auf den ich leb und sterbe.
Er giebt mir seinen Geist, das Pfand,
Daran wir seine Liebe merken,
Und bildet uns durch seine Hand
Zu allen guten Werken.
So lang ich seinen Willen gern
Mit einem reinen Herzen thue;
So fühl ich eine Kraft des Herrn,
Und schmecke Fried und Ruhe.
Und wenn mich meine Sünde kränkt,
Und ich zu seinem Kreuze trete:
So weis ich, daß er mein gedenkt,
Und thut, warum ich bete.
Ich weis, daß mein Erlöser lebt,
Daß ich, erwecket aus der Erde,
Wenn er sich zum Gericht erhebt,
Im Fleisch ihn schauen werde.
Kann unsre Lieb im Glauben hier
Für den, der uns geliebt, erkalten?
Dieß ist die Lieb, o Gott! zu dir,
Dein Wort von Herzen halten.
Erfüll mein Herz mit Dankbarkeit,
So oft ich deinen Namen nenne,
Und hilf, daß ich dich allezeit
Treu vor der Welt bekenne.
Soll ich dereinst noch würdig seyn,
Um deinetwillen Schmach zu leiden:
So laß mich keine Schmach und Pein
Von deiner Liebe scheiden!
Und soll ich, Gott, nicht für und für
Des Glaubens Freudigkeit empfinden:
So wirk er doch sein Werk in mir,
Und reinge mich von Sünden.
Hat Gott uns seinen Sohn geschenkt:
(So laß mich noch im Tode denken!)
Wie sollt uns der, der ihn geschenkt,
Mit ihm nicht alles schenken!

Lied am Geburtstage.
Dir dank ich heute für mein Leben;
Am Tage, da du mirs gegeben,
Dank ich dir, Gott, dafür.
Durch freye Gnad allein bewogen,
Hast du mich aus dem Nichts gezogen;
Durch deine Güte bin ich hier.
Du hast mich wunderbar bereitet,
An deiner Rechten mich geleitet,
Bis diesen Augenblick.
Du gabst mir tausend frohe Tage,
Verwandeltest selbst meine Klage
Und meine Leiden in mein Glück.
Ich bin der Treue zu geringe,
Mit der du, Herrscher aller Dinge,
Stets über mich gewacht.
O Gott! damit ich glücklich werde,
Hast du an mich, mich Staub und Erde,
Von Ewigkeit her schon gedacht!
Du sahst und hörtest schon mein Sehnen,
Und zähltest alle meine Thränen,
Eh ich bereitet war;
Und wogst, eh ich zu seyn begonnte,
Eh ich zu dir noch rufen konnte,
Mir mein bescheiden Theil schon dar.
Du ließt mich Gnade vor dir finden;
Und sahst doch alle meine Sünden
Vorher von Ewigkeit.
O welche Liebe! welch Erbarmen!
Der Herr der Welt sorgt für mich Armen,
Und ist ein Vater, der verzeiht.
Für alle Wunder deiner Treue,
Für alles, dessen ich mich freue,
Lobsinget dir mein Geist.
Er selber ist dein größt Geschenke;
Dein ists, daß ich durch ihn dich denke,
Und dein, daß er dich heute preist.
Daß du mein Leben mir gefristet,
Mit Stärk und Kraft mich ausgerüstet,
Dieß, Vater, dank ich dir;
Daß du mich wunderbar geführet,
Mit deinem Geiste mich regieret,
Dieß alles, Vater, dank ich dir.
Soll ich, o Gott! noch länger leben;
So wirst du, was mir gut ist, geben;
Du giebsts, ich hoff auf dich.
Dir, Gott, befehl ich Leib und Seele.
Der Herr, Herr, dem ich sie befehle,
Der segne und behüte mich!

Vom Worte Gottes.
Gott ist mein Hort!
Und auf sein Wort
Soll meine Seele trauen.
Ich wandle hier,
Mein Gott, vor dir
Im Glauben, nicht im Schauen.
Dein Wort ist wahr;
Laß immerdar
Mich seine Kräfte schmecken.
Laß keinen Spott,
O Herr mein Gott,
Mich von dem Glauben schrecken!
Wo hätt ich Licht,
Wofern mich nicht
Dein Wort die Wahrheit lehrte?
Gott, ohne sie
Verstünd ich nie,
Wie ich dich würdig ehrte.
Dein Wort erklärt
Der Seele Werth,
Unsterblichkeit und Leben.
Zur Ewigkeit
Ist diese Zeit
Von dir mir übergeben.
Dein ewger Rath,
Die Missethat
Der Sünder zu versühnen;
Den kennt ich nicht,
Wär mir dieß Licht
Nicht durch dein Wort erschienen.
Nun darf mein Herz
In Reu und Schmerz
Der Sünden nicht verzagen;
Nein du verzeihst,
Lehrst meinen Geist
Ein gläubig Abba sagen.
Mich zu erneun,
Mich dir zu weihn,
Ist meines Heils Geschäffte.
Durch meine Müh
Vermag ichs nie;
Dein Wort giebt mir die Kräfte.
Herr, unser Hort,
Laß uns dieß Wort!
Denn du hasts uns gegeben.
Es sey mein Theil,
Es sey mir Heil,
Und Kraft zum ewgen Leben!

Weihnachtslied.
Dieß ist der Tag, den Gott gemacht;
Sein werd in aller Welt gedacht!
Ihn preise, was durch Jesum Christ
Im Himmel und auf Erden ist!
Die Völker haben dein geharrt,
Bis daß die Zeit erfüllet ward;
Da sandte Gott von seinem Thron
Das Heil der Welt, dich, seinen Sohn.
Wenn ich dieß Wunder fassen will:
So steht mein Geist vor Ehrfurcht still;
Er betet an, und er ermißt,
Daß Gottes Lieb unendlich ist.
Damit der Sünder Gnad erhält,
Erniedrigst du dich, Herr der Welt,
Nimmst selbst an unsrer Menschheit Theil,
Erscheinst im Fleisch, und wirst uns Heil.
Dein König, Zion, kömmt zu dir.
»Ich komm, im Buche steht von mir;
Gott, deinen Willen thu ich gern.«
Gelobt sey, der da kömmt im Herrn!
Herr, der du Mensch gebohren wirst,
Immanuel und Friedefürst,
Auf den die Väter hoffend sahn,
Dich, Gott Meßias, bet ich an.
Du, unser Heil und höchstes Gut,
Vereinest dich mit Fleisch und Blut,
Wirst unser Freund und Bruder hier,
Und Gottes Kinder werden wir.
Gedanke voller Majestät!
Du bist es, der das Herz erhöht.
Gedanke voller Seligkeit!
Du bist es, der das Herz erfreut.
Durch Eines Sünde fiel die Welt.
Ein Mittler ists, der sie erhält.
Was zagt der Mensch, wenn der ihn schützt,
Der in des Vaters Schoosse sitzt?
Jauchzt, Himmel, die ihr ihn erfuhrt,
Den Tag der heiligsten Geburt;
Und Erde, die ihn heute sieht,
Sing ihm, dem Herrn, ein neues Lied!
Dieß ist der Tag, den Gott gemacht;
Sein werd in aller Welt gedacht!
Ihn preise, was durch Jesum Christ
Im Himmel und auf Erden ist!

Geduld.
Ein Herz, o Gott! in Leid und Kreuz geduldig,
Das bin ich dir und meinem Heile schuldig.
Laß mich die Pflicht, die wir so oft vergessen,
Täglich ermessen.
Bin ich nicht Staub, wie alle meine Väter?
Bin ich vor dir, Herr, nicht ein Uebertreter?
Thu ich zu viel, wenn ich die schweren Tage
Standhaft ertrage?
Wie oft, o Gott! wenn wir das Böse
dulden,
Erdulden wir nur unsrer Thorheit Schulden,
Und nennen Lohn, den wir verdient bekommen,
Trübsal der Frommen!
Ist Dürftigkeit, in der die Trägen klagen,
Sind Haß und Pein, die Stolz und Wollust tragen,
Des Schwelgers Schmerz, des Neids vermißte Freuden,
Christliches Leiden?
Ist deren Quaal, die deinen Rath verachtet,
Nach Gottesfurcht und Glauben nie getrachtet,
Und die sich itzt in finstrer Schwermuth quälen,
Prüfung der Seelen?
Doch selbst, o Gott! in Strafen unsrer Sünden
Läßt du den Weg zu unserm Heil uns finden,
Wenn wir sie uns, die Missethat zu hassen,
Züchtigen lassen.
Jag ich nur nach dem Frieden im Gewissen:
Wird alles mir zum Besten dienen müssen.
Du, Herr, regierst, und ewig wirkt dein Wille
Gutes die Fülle.
Ich bin ein Gast und Pilger auf der Erden,
Nicht hier, erst dort, dort soll ich glücklich werden;
Und gegen euch, was sind, ihr ewgen Freuden,
Dieser Zeit Leiden?
Wenn ich nur nicht mein Elend selbst verschulde;
Wenn ich als Mensch, als Christ, hier leid und dulde:
So kann ich mich der Hülfe der Erlösten
Sicher getrösten.
Ich bin ein Mensch, und Leiden müssen kränken;
Doch in der Noth an seinen Schöpfer denken,
Und ihm vertraun, dieß stärket unsre Herzen,
Mitten in Schmerzen.
Schau über dich! Wer trägt der Himmel Heere?
Merk auf! Wer spricht: Bis hieher! zu dem Meere?
Ist er nicht auch dein Helfer und Berather,
Ewig dein Vater?
Willst du so viel, als der Allweise, wissen?
Itzt weißt du nicht, warum du leiden müssen;
Allein du wirst, was seine Wege waren,
Nachmals erfahren.
Er züchtigt uns, damit wir zu ihm nahen,
Die Heiligung des Geistes zu empfahen,
Und mit dem Trost der Hülfe, die wir merken,
Andre zu stärken.
Das Kreuz des Herrn wirkt Weisheit und Erfahrung;
Erfahrung giebt dem Glauben Muth und Nahrung.
Ein starkes Herz steht in der Noth noch feste.
Hoffe das Beste!

Gottes Macht und Vorsehung.
Gott ist mein Lied!
Er ist der Gott der Stärke;
Hehr ist sein Nam, und groß sind seine Werke,
Und alle Himmel sein Gebiet.
Er will und sprichts;
So sind und leben Welten.
Und er gebeut; so fallen durch sein Schelten
Die Himmel wieder in ihr Nichts.
Licht ist sein Kleid,
Und seine Wahl das Beste;
Er herrscht als Gott, und seines Thrones Feste
Ist Wahrheit und Gerechtigkeit.
Unendlich reich,
Ein Meer von Seligkeiten,
Ohn Anfang Gott, und Gott in ewgen Zeiten!
Herr aller Welt, wer ist dir gleich?
Was ist und war,
In Himmel, Erd und Meere,
Das kennet Gott, und seiner Werke Heere
Sind ewig vor ihm offenbar.
Er ist um mich,
Schafft, daß ich sicher ruhe;
Er schafft, was ich vor oder nachmals thue,
Und er erforschet mich und dich.
Er ist dir nah,
Du sitzest oder gehest;
Ob du ans Meer, ob du gen Himmel flöhest:
So ist er allenthalben da.
Er kennt mein Flehn
Und allen Rath der Seele.
Er weis, wie oft ich Gutes thu und fehle,
Und eilt, mir gnädig beyzustehn.
Er wog mir dar,
Was er mir geben wollte,
Schrieb auf sein Buch, wie lang ich leben sollte,
Da ich noch unbereitet war.
Nichts, nichts ist mein,
Das Gott nicht angehöre.
Herr, immerdar soll deines Namens Ehre,
Dein Lob in meinem Munde seyn!
Wer kann die Pracht
Von deinen Wundern fassen?
Ein jeder Staub, den du hast werden lassen,
Verkündigt seines Schöpfers Macht.
Der kleinste Halm
Ist deiner Weisheit Spiegel,
Du, Luft und Meer, ihr Auen, Thal und Hügel,
Ihr seyd sein Loblied und sein Psalm!
Du tränkst das Land,
Führst uns auf grüne Weiden;
Und Nacht und Tag, und Korn und Wein und Freuden
Empfangen wir aus deiner Hand.
Kein Sperling fällt,
Herr, ohne deinen Willen;
Sollt ich mein Herz nicht mit dem Troste stillen,
Daß deine Hand mein Leben hält?
Ist Gott mein Schutz,
Will Gott mein Retter werden:
So frag ich nichts nach Himmel und nach Erden,
Und biete selbst der Hölle Trutz.

Die Liebe des Nächsten.
So jemand spricht: Ich liebe Gott!
Und haßt doch seine Brüder,
Der treibt mit Gottes Wahrheit Spott,
Und reißt sie ganz darnieder.
Gott ist die Lieb, und will, daß ich
Den Nächsten liebe, gleich als mich.
Wer dieser Erden Güter hat,
Und sieht die Brüder leiden,
Und macht den Hungrigen nicht satt,
Läßt Nackende nicht kleiden;
Der ist ein Feind der ersten Pflicht,
Und hat die Liebe Gottes nicht.
Wer seines Nächsten Ehre schmäht,
Und gern sie schmähen höret,
Sich freut, wenn sich sein Feind vergeht,
Und nichts zum Besten kehret;
Nicht dem Verläumder widerspricht;
Der liebt auch seinen Bruder nicht.
Wer zwar mit Rath, mit Trost und Schutz
Den Nächsten unterstützet,
Doch nur aus Stolz, aus Eigennutz,
Aus Weichlichkeit ihm nützet;
Nicht aus Gehorsam, nicht aus Pflicht;
Der liebt auch seinen Nächsten nicht.
Wer harret, bis, ihn anzuflehn,
Ein Dürftger erst erscheinet,
Nicht eilt, dem Frommen beyzustehn,
Der im Verborgnen weinet;
Nicht gütig forscht, obs ihm gebricht;
Der liebt auch seinen Nächsten nicht.
Wer Andre, wenn er sie beschirmt,
Mit Härt und Vorwurf quälet,
Und ohne Nachsicht straft und stürmt,
So bald sein Nächster fehlet;
Wie bleibt bey seinem Ungestüm
Die Liebe Gottes wohl in ihm?
Wer für der Armen Heil und Zucht
Mit Rath und That nicht wachet,
Dem Uebel nicht zu wehren sucht,
Das oft sie dürftig machet;
Nur sorglos ihnen Gaben giebt;
Der hat sie wenig noch geliebt.
Wahr ist es, du vermagst es nicht,
Stets durch die That zu lieben.
Doch bist du nur geneigt, die Pflicht
Getreulich auszuüben,
Und wünschest dir die Kraft dazu,
Und sorgst dafür: so liebest du.
Ermattet dieser Trieb in dir:
So such ihn zu beleben.
Sprich oft: Gott ist die Lieb, und mir
Hat er sein Bild gegeben.
Denk oft: Gott, was ich bin, ist dein;
Sollt ich, gleich dir, nicht gütig seyn?
Wir haben Einen Gott und Herrn,
Sind Eines Leibes Glieder;
Drum diene deinem Nächsten gern;
Denn wir sind alle Brüder.
Gott schuf die Welt nicht bloß für mich;
Mein Nächster ist sein Kind, wie ich.
Ein Heil ist unser aller Gut.
Ich sollte Brüder hassen,
Die Gott durch seines Sohnes Blut
So hoch erkaufen lassen?
Daß Gott mich schuf, und mich versühnt,
Hab ich dieß mehr, als sie, verdient?
Du schenkst mir täglich so viel Schuld,
Du Herr von meinen Tagen!
Ich aber sollte nicht Geduld
Mit meinen Brüdern tragen?
Dem nicht verzeihn, dem du vergiebst,
Und den nicht lieben, den du liebst?
Was ich den Frommen hier gethan,
Dem Kleinsten auch von diesen,
Das sieht Er, mein Erlöser, an,
Als hätt ichs ihm erwiesen.
Und ich, ich sollt ein Mensch noch seyn,
Und Gott in Brüdern nicht erfreun?
Ein unbarmherziges Gericht
Wird über den ergehen,
Der nicht barmherzig ist, der nicht
Die rettet, die ihn flehen.
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