C. F. Gellerts Sämmtliche Schriften - 8

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Dein göttlich Kreuz im Glauben zu verehren;
Daß ich, getreu in dem Beruf der Liebe,
Mich christlich übe.
Das Gute thun, das Böse fliehn und meiden,
Herr, diese Pflicht lehrt mich dein heilig Leiden.
Kann ich zugleich das Böse mir erlauben,
Und an dich glauben?
Da du dich selbst für mich dahin gegeben,
Wie könnt ich noch nach meinem Willen leben?
Und nicht vielmehr, weil ich dir angehöre,
Zu deiner Ehre?
Ich sollte nicht, wenn Leiden dieser Erden,
Wenn Kreuz mich trifft, gelaßnes Herzens werden;
Da du so viel für uns, die wirs verschuldet,
Liebreich erduldet?
Für welche du dein Leben selbst gelassen,
Wie könnt ich sie, sie meine Brüder hassen?
Und nicht, wie du, wenn sie mich untertreten,
Für sie noch beten?
Ich will nicht Haß mit gleichem Haß vergelten,
Wenn man mich schilt, nicht rächend wiederschelten.
Du, Heiliger, du, Herr und Haupt der Glieder,
Schaltst auch nicht wieder.
Ein reines Herz, gleich deinem edlen Herzen,
Dieß ist der Dank für deines Kreuzes Schmerzen.
Und Gott giebt uns die Kraft in deinem Namen,
Dich nachzuahmen.
Unendlich Glück! Du littest uns zu gute.
Ich bin versöhnt mit deinem theuren Blute.
Du hast mein Heil, da du für mich gestorben,
Am Kreuz erworben.
So bin ich denn schon selig hier im Glauben?
So wird mir nichts, nichts meine Krone rauben?
So werd ich dort, von Herrlichkeit umgeben,
Einst ewig leben?
Ja, wenn ich stets der Tugend Pfad betrete,
Im Glauben kämpf, im Glauben wach und bete:
So ist mein Heil schon so gewiß erstrebet,
Als Jesus lebet.
Lockt böse Lust mein Herz mit ihrem Reize:
So schrecke mich dein Wort, das Wort vom Kreuze.
Und werd ich matt im Laufe guter Werke:
So sey mirs Stärke.
Seh ich dein Kreuz den Klugen dieser Erden
Ein Aergerniß und eine Thorheit werden:
So seys doch mir, Trotz alles frechen Spottes,
Die Weisheit Gottes.
Gott, eile nicht, sie rächend zu zerschmettern;
Erbarme dich, wenn einer von den Spöttern
Sich spät bekehrt, und den, den er geschmähet,
Um Gnade flehet.
Wenn endlich, Herr, mich meine Sünden kränken:
So laß dein Kreuz mir wieder Ruhe schenken;
Dein Kreuz, dieß sey, wenn ich den Tod einst leide,
Mir Fried und Freude!

In Krankheit.
Ich hab in guten Stunden
Des Lebens Glück empfunden;
Und Freuden ohne Zahl:
So will ich denn gelassen
Mich auch in Leiden fassen;
Welch Leben hat nicht seine Quaal?
Ja, Herr, ich bin ein Sünder,
Und stets strafst du gelinder,
Als es der Mensch verdient.
Will ich, beschwert mit Schulden,
Kein zeitlich Weh erdulden,
Das doch zu meinem Besten dient?
Dir will ich mich ergeben,
Nicht meine Ruh, mein Leben,
Mehr lieben, als den Herrn.
Dir, Gott, will ich vertrauen,
Und nicht auf Menschen bauen;
Du hilfst, und du errettest gern.
Laß du mich Gnade finden,
Mich alle meine Sünden
Erkennen und bereun.
Itzt hat mein Geist noch Kräfte;
Sein Heil laß mein Geschäffte,
Dein Wort mir Trost und Leben seyn.
Wenn ich in Christo sterbe:
Bin ich des Himmels Erbe.
Was schreckt mich Grab und Tod?
Auch auf des Todes Pfade
Vertrau ich deiner Gnade;
Du, Herr, bist bey mir in der Noth.
Ich will dem Kummer wehren,
Gott durch Geduld verehren,
Im Glauben zu ihm flehn.
Ich will den Tod bedenken.
Der Herr wird alles lenken;
Und was mir gut ist, wird geschehn.

Osterlied.
»Freywillig hab ichs dargebracht,
Und Niemand nimmt mein Leben.
Es selbst zu lassen, hab ich Macht,
Macht, wieder mirs zu geben.
Und darum liebt mein Vater mich,
Daß ich mein Leben laß, und ich
Für meine Feind es lasse.
»Ich bin in meiner Niedrigkeit
Ein Aergerniß der Erden;
Verschmäht, gegeisselt und verspeyt,
Gekreuzigt werd ich werden.
Wenn alles dieß vollendet ist:
So wird des Menschen Sohn, der Christ,
Nicht die Verwesung sehen.
»Weil er sich selbst erniedrigt hat:
So wird ihn Gott erhöhen.
Ich leid und sterb an eurer Statt,
Dann werd ich auferstehen.
Am dritten Tag geh ich heraus,
Lösch alle Schmach des Kreuzes aus,
Als Gottes Sohn bewiesen.
»Ich will euch sehn, erfreuet euch,
Euch siegreich wiedersehen;
Euch lehren, meines Vaters Reich
Und hohen Rath verstehen;
Euch den verheißnen Geist verleihn;
Und ihr sollt meine Zeugen seyn,
Daß ich vom Tod erstanden.
»Geht hin und lehret alle Welt;
Ich bin des Weibes Saamen,
Der Saamen Abrahams, der Held;
Und tauft in meinem Namen.
Wer an Gott gläubt, gläubt auch an mich.
Thut Wunder, und beweist, daß ich
Zur Rechten Gottes sitze.
»Kämpft für mein Evangelium,
Und freuet euch der Leiden.
Kein Engel und kein Fürstenthum,
Nichts soll euch von mir scheiden.
Man wird euch hassen, und euch schmähn,
Euch tödten; dennoch solls geschehn,
Daß eure Lehre sieget.«
Herr, unser Heil! sie hat gesiegt,
Und siegt in allen Landen,
Und zeuget, daß dein Wort nicht trügt,
Und zeugt, du bist erstanden.
Dein Kreuz, an das man dich erhöht,
Verwandelt sich in Majestät;
Du gehst aus deinem Grabe.
Gehaßt in deiner Niedrigkeit,
Warst du ein Ziel des Spottes,
Und zeigtest doch zu gleicher Zeit
An dir die Hoheit Gottes.
Dein Kreuz schien zwar der Welt ein Greul;
Doch sterben für der Feinde Heil,
Dieß ist die höchste Tugend.
Dein Reich war nicht von dieser Welt,
Dein Ruhm nicht Menschenehre.
An Demuth groß, an Lieb ein Held,
Und göttlich in der Lehre;
Geduldig, und von Sünden rein,
Gehorsam, bis zum Kreuze, seyn;
Dieß war des Heilands Grösse.
Du starbst am Kreuz. Doch war dir nicht
Die Kraft des Herrn gegeben?
Wer gab den Blinden das Gesicht?
Den Todten selbst das Leben?
Und wem gehorchte Wind und Meer?
Und wem der bösen Geister Heer?
Du warst von Gott gekommen.
Nun irren mich nicht Schmach und Spott,
Noch deines Kreuzes Schanden.
Du bist mein Herr, du bist mein Gott;
Denn du bist auferstanden.
Du bist mein Heil, mein Fels, mein Hort,
Der Herr, durch dessen mächtig Wort
Auch ich einst ewig lebe.
Wir sind nun göttlichen Geschlechts,
Durch dich des Himmels Erben.
Dieß ist die Hoffnung deines Knechts,
In dieser will ich sterben.
Wie du vom Tod erstanden bist;
So werd auch ich, Herr Jesu Christ,
Am jüngsten Tag erstehen.

Vertraun auf Gottes Vorsehung.
Auf Gott, und nicht auf meinen Rath
Will ich mein Glücke bauen,
Und dem, der mich erschaffen hat,
Mit ganzer Seele trauen.
Er, der die Welt
Allmächtig hält,
Wird mich in meinen Tagen
Als Gott und Vater tragen.
Er sah von aller Ewigkeit,
Wie viel mir nützen würde,
Bestimmte meine Lebenszeit,
Mein Glück und meine Bürde.
Was zagt mein Herz?
Ist auch ein Schmerz,
Der zu des Glaubens Ehre
Nicht zu besiegen wäre?
Gott kennet, was mein Herz begehrt,
Und hätte, was ich bitte,
Mir gnädig, eh ichs bat, gewährt,
Wenns seine Weisheit litte.
Er sorgt für mich
Stets väterlich.
Nicht, was ich mir ersehe,
Sein Wille, der geschehe!
Ist nicht ein ungestörtes Glück
Weit schwerer oft zu tragen,
Als selbst das widrige Geschick,
Bey dessen Last wir klagen?
Die größte Noth
Hebt doch der Tod;
Und Ehre, Glück und Habe
Verläßt mich doch im Grabe.
An dem, was wahrhaft glücklich macht,
Läßt Gott es keinem fehlen;
Gesundheit, Ehre, Glück und Pracht
Sind nicht das Glück der Seelen.
Wer Gottes Rath
Vor Augen hat,
Dem wird ein gut Gewissen
Die Trübsal auch versüssen.
Was ist des Lebens Herrlichkeit?
Wie bald ist sie verschwunden!
Was ist das Leiden dieser Zeit?
Wie bald ists überwunden!
Hofft auf den Herrn!
Er hilft uns gern:
Seyd fröhlich, ihr Gerechten!
Der Herr hilft seinen Knechten.

Wider den Geiz.
Wohl dem, der beßre Schätze liebt,
Als Schätze dieser Erden!
Wohl dem, der sich mit Eifer übt,
An Tugend reich zu werden;
Und in dem Glauben, deß er lebt,
Sich über diese Welt erhebt!
Wahr ist es, Gott verwehrt uns nicht,
Hier Güter zu besitzen.
Er gab sie uns, und auch die Pflicht,
Mit Weisheit sie zu nützen.
Sie dürfen unser Herz erfreun,
Und unsers Fleisses Antrieb seyn.
Doch nach den Gütern dieser Zeit
Mit ganzer Seele schmachten,
Nicht erst nach der Gerechtigkeit
Und Gottes Reiche trachten;
Ist dieses eines Menschen Ruf,
Den Gott zur Ewigkeit erschuf?
Der Geiz erniedrigt unser Herz,
Erstickt die edlern Triebe.
Die Liebe für ein schimmernd Erz
Verdrängt der Tugend Liebe,
Und machet, der Vernunft zum Spott,
Ein elend Gold zu deinem Gott.
Der Geiz, so viel er an sich reißt,
Läßt dich kein Gut geniessen;
Er quält durch Habsucht deinen Geist,
Und tödtet dein Gewissen,
Und reißt durch schmeichelnden Gewinn
Dich blind zu jedem Frevel hin.
Um wenig Vortheil wird er schon
Aus dir mit Meyneid sprechen;
Dich zwingen, der Arbeiter Lohn
Unmenschlich abzubrechen;
Er wird in dir der Wittwen Flehn,
Der Waisen Thränen widerstehn.
Wie könnt ein Herz, vom Geize hart,
Der Wohlthat Freuden schmecken,
Und in des Unglücks Gegenwart
Den Ruf zur Hülf entdecken?
Und wo ist eines Standes Pflicht,
Die nicht der Geiz entehrt und bricht?
Du bist ein Vater; und aus Geiz
Entziehst du dich den Kindern,
Und lässest dich des Goldes Reiz,
Ihr Herz zu bilden, hindern;
Und glaubst, du habst sie wohl bedacht,
Wenn du sie reich, wie dich, gemacht.
Du hast ein richterliches Amt;
Und du wirst dich erfrechen,
Die Sache, die das Recht verdammt,
Aus Habsucht recht zu sprechen;
Und selbst der Tugend größter Feind
Erkauft an dir sich einen Freund.
Gewinnsucht raubt dir Muth und Geist,
Die Wahrheit frey zu lehren;
Du schweigst, wenn sie dich reden heißt,
Ehrst, wo du nicht sollst ehren,
Und wirst um ein verächtlich Geld
Ein Schmeichler, und die Pest der Welt.
Erhalte mich, o Gott! dabey,
Daß ich mir gnügen lasse,
Geiz ewig als Abgötterey
Von mir entfern und hasse.
Ein weises Herz und guter Muth
Sey meines Lebens größtes Gut!

Allgemeines Gebet.
Ich komme vor dein Angesicht,
Verwirf, o Gott, mein Flehen nicht;
Vergieb mir alle meine Schuld,
Du Gott der Gnaden und Geduld,
Schaff du ein reines Herz in mir,
Ein Herz voll Lieb und Furcht zu dir,
Ein Herz voll Demuth, Preis und Dank,
Ein ruhig Herz mein Lebenlang.
Sey mein Beschützer in Gefahr;
Ich harre deiner immerdar.
Ist wohl ein Uebel, das mich schreckt,
Wenn deine Rechte mich bedeckt?
Ich bin ja, Herr, in deiner Hand.
Von dir empfieng ich den Verstand;
Erhalt ihn mir, o Herr! mein Hort,
Und stärk ihn durch dein göttlich Wort.
Laß, deines Namens mich zu freun,
Ihn stets vor meinen Augen seyn.
Laß, meines Glaubens mich zu freun,
Ihn stets durch Liebe thätig seyn.
Das ist mein Glück, was du mich lehrst.
Das sey mein Glück, daß ich zuerst
Nach deinem Reiche tracht, und treu
In allen meinen Pflichten sey!
Ich bin zu schwach aus eigner Kraft
Zum Siege meiner Leidenschaft;
Du aber ziehst mit Kraft mich an,
Daß ich den Sieg erlangen kann.
Gieb von den Gütern dieser Welt
Mir, Herr, so viel, als dir gefällt;
Gieb deinem Knecht ein mäßig Theil,
Zu seinem Fleisse Glück und Heil.
Schenkt deine Hand mir Ueberfluß;
So laß mich mäßig im Genuß,
Und, dürftge Brüder zu erfreun,
Mich einen frohen Geber seyn.
Gieb mir Gesundheit, und verleih,
Daß ich sie nütz, und dankbar sey,
Und nie, aus Liebe gegen sie,
Mich zaghaft einer Pflicht entzieh.
Erwecke mir stets einen Freund,
Ders treu mit meiner Wohlfahrt meynt,
Mit mir in deiner Furcht sich übt,
Mir Rath und Trost und Beyspiel giebt.
Bestimmst du mir ein längres Ziel,
Und werden meiner Tage viel:
So laß, Gott, meine Zuversicht,
Verlaß mich auch im Alter nicht.
Und wird sich einst mein Ende nahn:
So nimm dich meiner herzlich an,
Und sey durch Christum, deinen Sohn,
Mein Schirm, mein Schild und grosser Lohn!

Trost eines schwermüthigen Christen.
Du klagst, o Christ! in schweren Leiden,
Und seufzest, daß der Geist der Freuden
Von dir gewichen ist.
Du klagst und rufst: Herr, wie so lange?
Und Gott verzeucht, und dir wird bange,
Daß du von Gott verlassen bist.
Sind meine Sünden mir vergeben;
Hat Gott mir Sünder Heil und Leben
In seinem Sohn verliehn:
Wo sind denn seines Geistes Triebe?
Warum empfind ich nicht die Liebe,
Und hoffe nicht getrost auf ihn?
Mühselig, sprichst du, und beladen
Hör ich den Trost vom Wort der Gnaden,
Und ich empfind ihn nicht;
Bin abgeneigt, vor Gott zu treten;
Ich bet, und kann nicht gläubig beten;
Ich denke Gott, doch ohne Licht.
Sonst war mirs Freude, seinen Willen
Von ganzem Herzen zu erfüllen;
Sein Wort war mir gewiß.
Itzt kann ichs nicht zu Herzen fassen,
Und meine Kraft hat mich verlassen,
Und meinen Geist deckt Finsterniß.
Oft fühl ich Zweifel, die mich quälen,
Heul oft vor Unruh meiner Seelen;
Und meine Hülf ist fern.
Ich suche Ruh, die ich nicht finde;
In meinem Herzen wohnt nur Sünde,
Nur Unmuth, keine Furcht des Herrn.
Zag nicht, o Christ! denn deine Schmerzen
Sind sichre Zeugen beßrer Herzen,
Als dir das deine scheint.
Wie könntest du dich so betrüben,
Daß dir die Kraft fehlt, Gott zu lieben,
Wär nicht dein Herz mit ihm vereint?
Kein Mensch vermag Gott zu erkennen,
Noch Jesum einen Herrn zu nennen,
Als durch den heilgen Geist.
Hast du nicht diesen Geist empfangen?
Er ists, der dich nach Gott verlangen,
Und sein Erbarmen suchen heißt.
Vertrau auf Gott. Er wohnt bey denen,
Die sich nach seiner Hülfe sehnen;
Er kennt und will dein Glück.
Er höret deines Weinens Stimme;
Verbirgt er gleich in seinem Grimme
Sich einen kleinen Augenblick.
Gott ließ so manchen seiner Frommen
In dieß Gefühl des Elends kommen,
Und stund ihm mächtig bey.
Du sollst dein Nichts erkennen lernen,
Sollst das Vertraun auf dich entfernen,
Und sehn, was Gottes Gnade sey.
Vor Sicherheit dich zu bewahren,
Läßt er dich seine Streng erfahren,
Und schickt dir diese Last.
Er reinigt dich wie Gold im Feuer,
Macht dir das Heil der Seele theuer,
Damit du haltest, was du hast.
So wie ein Vater über Kinder,
Erbarmet Gott sich über Sünder,
Die seinen Namen scheun.
Dein Seufzen ist ihm nicht verborgen.
So fern der Abend ist vom Morgen,
Läßt er von dir die Sünde seyn.
Zwar ist um Trost dir itzo bange;
Denn alle Züchtigung, so lange
Sie da ist, scheint uns hart.
Doch nachmals wird sie friedsam geben
Frucht der Gerechtigkeit und Leben
Dem, der durch sie geübet ward.
Fahr fort zu beten und zu wachen.
Gott ist noch mächtig in den Schwachen,
Ist Güte für und für.
Laß dir an seiner Gnade gnügen.
Sein Wort ist wahr, und kann nicht trügen:
Ich stärke dich, ich helfe dir!
Auf, fasse dich in deinen Nöthen!
Sprich: Wollte mich der Herr auch tödten:
So harr ich dennoch sein.
Mir bleibt das Erbtheil der Erlösten;
Und will mich Gott nicht eher trösten,
Wird er mich doch im Tod erfreun.

Osterlied.
Jesus lebt, mit ihm auch ich.
Tod, wo sind nun deine Schrecken?
Er, er lebt, und wird auch mich
Von den Todten auferwecken.
Er verklärt mich in sein Licht;
Dieß ist meine Zuversicht.
Jesus lebt, ihm ist das Reich
Ueber alle Welt gegeben;
Mit ihm werd auch ich zugleich
Ewig herrschen, ewig leben.
Gott erfüllt, was er verspricht;
Dieß ist meine Zuversicht.
Jesus lebt, wer nun verzagt,
Lästert ihn und Gottes Ehre.
Gnade hat er zugesagt,
Daß der Sünder sich bekehre.
Gott verstößt in Christo nicht;
Dieß ist meine Zuversicht.
Jesus lebt, sein Heil ist mein;
Sein sey auch mein ganzes Leben.
Reines Herzens will ich seyn,
Und den Lüsten widerstreben.
Er verläßt den Schwachen nicht;
Dieß ist meine Zuversicht.
Jesus lebt, ich bin gewiß,
Nichts soll mich von Jesu scheiden,
Keine Macht der Finsterniß,
Keine Herrlichkeit, kein Leiden.
Er giebt Kraft zu dieser Pflicht;
Dieß ist meine Zuversicht.
Jesus lebt, nun ist der Tod
Mir der Eingang in das Leben.
Welchen Trost in Todesnoth
Wird er meiner Seele geben,
Wenn sie gläubig zu ihm spricht:
Herr, Herr, meine Zuversicht!

Betrachtung des Todes.
Wie sicher lebt der Mensch, der Staub!
Sein Leben ist ein fallend Laub;
Und dennoch schmeichelt er sich gern,
Der Tag des Todes sey noch fern.
Der Jüngling hofft des Greises Ziel,
Der Mann noch seiner Jahre viel,
Der Greis zu vielen noch ein Jahr,
Und keiner nimmt den Irrthum wahr.
Sprich nicht: Ich denk in Glück und Noth
Im Herzen oft an meinen Tod.
Der, den der Tod nicht weiser macht,
Hat nie mit Ernst an ihn gedacht.
Wir leben hier zur Ewigkeit,
Zu thun, was uns der Herr gebeut,
Und unsers Lebens kleinster Theil
Ist eine Frist zu unserm Heil.
Der Tod rückt Seelen vor Gericht;
Da bringt Gott alles an das Licht,
Und macht, was hier verborgen war,
Den Rath der Herzen offenbar.
Drum da dein Tod dir täglich dräut,
So sey doch wacker und bereit;
Prüf deinen Glauben, als ein Christ,
Ob er durch Liebe thätig ist.
Ein Seufzer in der letzten Noth,
Ein Wunsch, durch des Erlösers Tod
Vor Gottes Thron gerecht zu seyn,
Dieß macht dich nicht von Sünden rein.
Ein Herz, das Gottes Stimme hört,
Ihr folgt, und sich vom Bösen kehrt;
Ein gläubig Herz, von Lieb erfüllt,
Dieß ist es, was in Christo gilt.
Die Heiligung erfordert Müh;
Du wirkst sie nicht, Gott wirket sie.
Du aber ringe stets nach ihr,
Als wäre sie ein Werk von dir.
Der Ruf des Lebens, das du lebst,
Dein höchstes Ziel, nach dem du strebst,
Und deiner Tage Rechenschaft
Ist Tugend in des Glaubens Kraft.
Ihr alle seine Tage weihn,
Heißt eingedenk des Todes seyn;
Und wachsen in der Heiligung,
Ist wahre Todserinnerung.
Wie oft vergeß ich diese Pflicht!
Herr, geh mit mir nicht ins Gericht;
Drück selbst des Todes Bild in mich,
Daß ich dir wandle würdiglich;
Daß ich mein Herz mit jedem Tag
Vor dir, o Gott! erforschen mag,
Ob Liebe, Demuth, Fried und Treu,
Die Frucht des Geistes, in ihm sey;
Daß ich zu dir um Gnade fleh,
Stets meiner Schwachheit widersteh,
Und einstens in des Glaubens Macht
Mit Freuden ruf; Es ist vollbracht!

Um Ergebung in den göttlichen Willen.
O Herr, mein Gott! durch den ich bin und lebe,
Gieb, daß ich mich in deinen Rath ergebe;
Laß ewig deinen Willen mein,
Und was du thust, mir theuer seyn!
Du, du regierst, bist Weisheit, Lieb und Stärke.
Du, Herr, erbarmst dich aller deiner Werke.
Was zag ich einen Augenblick?
Du bist mein Gott, und willst mein Glück.
Von Ewigkeit hast du mein Loos entschieden.
Was du bestimmst, das dient zu meinem Frieden.
Du wogst mein Glück, du wogst mein Leid,
Und was du schickst, ist Seligkeit.
Gefällt es dir: so müsse keine Plage
Sich zu mir nahn; gieb mir zufriedne Tage.
Allein vermehrts mein ewig Heil:
So bleibe nur dein Trost mein Theil.
Du giebst aus Huld uns dieser Erde Freuden;
Aus gleicher Huld verhängst du unsre Leiden.
Ist nur mein Weh nicht meine Schuld:
So zag ich nicht. Du giebst Geduld.
Soll ich ein Glück, das du mir gabst, verlieren,
Und willst du, Gott! mich rauhe Wege führen:
So wirst du, denn du hörst mein Flehn,
Mir dennoch eine Hülf ersehn.
Vielleicht muß ich nach wenig Tagen sterben.
Herr, wie du willst! Soll ich den Himmel erben,
Und dieser ist im Glauben mein,
Wie kann der Tod mir schrecklich seyn?

Am neuen Jahre.
Er ruft der Sonn und schafft den Mond,
Das Jahr darnach zu theilen;
Er schafft es, daß man sicher wohnt,
Und heißt die Zeiten eilen;
Er ordnet Jahre, Tag und Nacht;
Auf! laßt uns ihm, dem Gott der Macht,
Ruhm, Preis und Dank ertheilen.
Herr, der da ist, und der da war!
Von dankerfüllten Zungen
Sey dir für das verfloßne Jahr
Ein heilig Lied gesungen;
Für Leben, Wohlfahrt, Trost und Rath,
Für Fried und Ruh, für jede That,
Die uns durch dich gelungen.
Laß auch dieß Jahr gesegnet seyn,
Das du uns neu gegeben.
Verleih uns Kraft, die Kraft ist dein,
In deiner Furcht zu leben.
Du schützest uns, und du vermehrst
Der Menschen Glück, wenn sie zuerst
Nach deinem Reiche streben.
Gieb mir, wofern es dir gefällt,
Des Lebens Ruh und Freuden.
Doch schadet mir das Glück der Welt:
So gieb mir Kreuz und Leiden.
Nur stärke mit Geduld mein Herz,
Und laß mich nicht in Noth und Schmerz
Die Glücklichern beneiden.
Hilf deinem Volke väterlich
In diesem Jahre wieder.
Erbarme der Verlaßnen dich,
Und der bedrängten Glieder.
Gieb Glück zu jeder guten That,
Und laß dich, Gott, mit Heil und Rath
Auf unsern Fürsten nieder;
Daß Weisheit und Gerechtigkeit
Auf seinem Stuhle throne;
Daß Tugend und Zufriedenheit
In unserm Lande wohne;
Daß Treu und Liebe bey uns sey;
Dieß, lieber Vater, dieß verleih
In Christo, deinem Sohne.

Der Schutz der Kirche.
Wenn Christus seine Kirche schützt:
So mag die Hölle wüten.
Er, der zur Rechten Gottes sitzt,
Hat Macht, ihr zu gebieten.
Er ist mit Hülfe nah;
Wenn er gebeut, stehts da.
Er schützet seinen Ruhm,
Und hält das Christenthum:
Mag doch die Hölle wüten!
Gott sieht die Fürsten auf dem Thron
Sich wider ihn empören;
Denn den Gesalbten, seinen Sohn,
Den wollen sie nicht ehren.
Sie schämen sich des Worts,
Des Heilands, unsers Horts;
Sein Kreuz ist selbst ihr Spott;
Doch ihrer lachet Gott.
Sie mögen sich empören!
Der Frevler mag die Wahrheit schmähn;
Uns kann er sie nicht rauben.
Der Unchrist mag ihr widerstehn;
Wir halten fest am Glauben.
Gelobt sey Jesus Christ!
Wer hier sein Jünger ist,
Sein Wort von Herzen hält,
Dem kann die ganze Welt
Die Seligkeit nicht rauben.
Auf, Christen! die ihr ihm vertraut,
Laßt euch kein Drohn erschrecken!
Der Gott, der von dem Himmel schaut,
Wird uns gewiß bedecken.
Der Herr Herr Zebaoth
Hält über sein Gebot,
Gieb uns Geduld in Noth,
Und Kraft und Muth im Tod;
Was will uns denn erschrecken?

Trost des ewigen Lebens.
Nach einer Prüfung kurzer Tage
Erwartet uns die Ewigkeit.
Dort, dort verwandelt sich die Klage
In göttliche Zufriedenheit.
Hier übt die Tugend ihren Fleiß;
Und jene Welt reicht ihr den Preis.
Wahr ists, der Fromme schmeckt auf Erden
Schon manchen selgen Augenblick;
Doch alle Freuden, die ihm werden,
Sind ihm ein unvollkommnes Glück.
Er bleibt ein Mensch, und seine Ruh
Nimmt in der Seele ab und zu.
Bald stören ihn des Körpers Schmerzen,
Bald das Geräusche dieser Welt;
Bald kämpft in seinem eignen Herzen
Ein Feind, der öfter siegt, als fällt;
Bald sinkt er durch des Nächsten Schuld
In Kummer und in Ungeduld.
Hier, wo die Tugend öfters leidet,
Das Laster öfters glücklich ist,
Wo man den Glücklichen beneidet,
Und des Bekümmerten vergißt;
Hier kann der Mensch nie frey von Pein,
Nie frey von eigner Schwachheit seyn.
Hier such ichs nur, dort werd ichs finden;
Dort werd ich, heilig und verklärt,
Der Tugend ganzen Werth empfinden,
Den unaussprechlich grossen Werth;
Den Gott der Liebe werd ich sehn,
Ihn lieben, ewig ihn erhöhn.
Da wird der Vorsicht heilger Wille
Mein Will und meine Wohlfahrt seyn;
Und lieblich Wesen, Heil die Fülle
Am Throne Gottes mich erfreun.
Dann läßt Gewinn stets auf Gewinn
Mich fühlen, daß ich ewig bin.
Da werd ich das im Licht erkennen,
Was ich auf Erden dunkel sah;
Das wunderbar und heilig nennen,
Was unerforschlich hier geschah;
Da denkt mein Geist mit Preis und Dank
Die Schickung im Zusammenhang.
Da werd ich zu dem Throne dringen,
Wo Gott, mein Heil, sich offenbart;
Ein Heilig, Heilig, Heilig singen
Dem Lamme, das erwürget ward;
Und Cherubim und Seraphim
Und alle Himmel jauchzen ihm.
Da werd ich in der Engel Schaaren
Mich ihnen gleich und heilig sehn,
Das nie gestörte Glück erfahren,
Mit Frommen stets fromm umzugehn.
Da wird durch jeden Augenblick
Ihr Heil mein Heil, mein Glück ihr Glück.
Da werd ich dem den Dank bezahlen,
Der Gottes Weg mich gehen hieß,
Und ihn zu Millionenmalen
Noch segnen, daß er mir ihn wies;
Da find ich in des Höchsten Hand
Den Freund, den ich auf Erden fand,
Da ruft, o möchte Gott es geben!
Vielleicht auch mir ein Selger zu:
Heil sey dir! denn du hast mein Leben,
Die Seele mir gerettet; du!
O Gott, wie muß dieß Glück erfreun,
Der Retter einer Seele seyn!
Was seyd ihr, Leiden dieser Erden,
Doch gegen jene Herrlichkeit,
Die offenbart an uns soll werden,
Von Ewigkeit zu Ewigkeit?
Wie nichts, wie gar nichts gegen sie,
Ist doch ein Augenblick voll Müh!
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