Der Zerbrochene Krug - 1

Süzlärneñ gomumi sanı 4095
Unikal süzlärneñ gomumi sanı 1284
38.6 süzlär 2000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
49.4 süzlär 5000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
56.3 süzlär 8000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
Härber sızık iñ yış oçrıy torgan 1000 süzlärneñ protsentnı kürsätä.
Der zerbrochene Krug
Heinrich von Kleist
Ein Lustspiel
(1811)

Personen:
Walter, Gerichtsrat
Adam, Dorfrichter
Licht, Schreiber
Frau Marthe Rull
Eve, ihre Tochter
Veit Tümpel, ein Bauer
Ruprecht, sein Sohn
Frau Brigitte
Ein Bedienter, Büttel, Mägde usw.
Die Handlung spielt in einem niederländischen Dorf bei Utrecht

Erster Auftritt
Adam sitzt und verbindet sich ein Bein. Licht tritt auf.

Licht
Ei, was zum Henker, sagt, Gevatter Adam!
Was ist mit Euch geschehn? Wie seht Ihr aus?
Adam
Ja, seht. Zum Straucheln brauchts doch nichts als Füße.
Auf diesem glatten Boden, ist ein Strauch hier?
Gestrauchelt bin ich hier; denn jeder trägt
Den leid'gen Stein zum Anstoß in sich selbst.
Licht
Nein, sagt mir, Freund! Den Stein trüg jeglicher--?
Adam
Ja, in sich selbst!
Licht
Verflucht das!
Adam
Was beliebt?
Licht
Ihr stammt von einem lockern Ältervater,
Der so beim Anbeginn der Dinge fiel,
Und wegen seines Falls berühmt geworden;
Ihr seid doch nicht--?
Adam
Nun?
Licht
Gleichfalls--?
Adam
Ob ich--? Ich glaube--!
Hier bin ich hingefallen, sag ich Euch.
Licht
Unbildlich hingeschlagen?
Adam
Ja, unbildlich.
Es mag ein schlechtes Bild gewesen sein.
Licht
Wann trug sich die Begebenheit denn zu?
Adam
Jetzt, in dem Augenblick, da ich dem Bett
Entsteig. Ich hatte noch das Morgenlied
Im Mund, da stolpr ich in den Morgen schon,
Und eh ich noch den Lauf des Tags beginne,
Renkt unser Herrgott mir den Fuß schon aus.
Licht
Und wohl den linken obenein?
Adam
Den linken?
Licht
Hier, den gesetzten?
Adam
Freilich!
Licht
Allgerechter!
Der ohnehin schwer den Weg der Sünde wandelt?
Adam
Der Fuß! Was? Schwer! Warum?
Licht
Der Klumpfuß?
Adam
Klumpfuß!
Ein Fuß ist, wie der andere, ein Klumpen.
Licht
Erlaubt! Da tut Ihr Eurem rechten unrecht.
Der rechte kann sich dieser--Wucht nicht rühmen,
Und wagt sich ehr aufs Schlüpfrige.
Adam
Ach, was!
Wo sich der eine hinwagt, folgt der andre.
Licht
Und was hat das Gesicht Euch so verrenkt?
Adam
Mir das Gesicht?
Licht
Wie? Davon wißt Ihr nichts?
Adam
Ich müßt ein Lügner sein--wie siehts denn aus?
Licht
Wie's aussieht?
Adam
Ja, Gevatterchen.
Licht
Abscheulich!
Adam
Erklärt Euch deutlicher.
Licht
Geschunden ists,
Ein Greul zu sehn. Ein Stück fehlt von der Wange,
Wie groß? Nicht ohne Waage kann ichs schätzen.
Adam
Den Teufel auch!
Licht bringt einen Spiegel.
Hier! Überzeugt Euch selbst!
Ein Schaf, das, eingehetzt von Hunden, sich
Durch Dornen drängt, läßt nicht mehr Wolle sitzen,
Als Ihr--Gott weiß wo?--Fleisch habt sitzen lassen.
Adam
Hm! Ja! 's ist wahr. Unlieblich sieht es aus.
Die Nas hat auch gelitten.
Licht
Und das Auge.
Adam
Das Auge nicht, Gevatter.
Licht
Ei, hier liegt
Querfeld ein Schlag, blutrünstig, straf mich Gott,
Als hätt ein Großknecht wütend ihn geführt.
Adam
Das ist der Augenknochen.--Ja, nun seht,
Das alles hatt ich nicht einmal gespürt.
Licht
Ja, ja! So gehts im Feuer des Gefechts.
Adam
Gefecht! Was?--Mit dem verfluchten Ziegenbock
Am Ofen focht ich, wenn Ihr wollt. Jetzt weiß ichs.
Da ich das Gleichgewicht verlier, und gleichsam
Ertrunken in den Lüften um mich greife,
Fass' ich die Hosen, die ich gestern abend
Durchnäßt an das Gestell des Ofens hing.
Nun fass' ich sie, versteht Ihr, denke mich,
Ich Tor, daran zu halten, und nun reißt
Der Bund; Bund jetzt und Hos und ich, wir stürzen,
Und häuptlings mit dem Stirnblatt schmettr ich auf
Den Ofen hin, just wo ein Ziegenbock
Die Nase an der Ecke vorgestreckt.
Licht lacht.
Gut, gut.
Adam
Verdammt!
Licht
Der erste Adamsfall,
Den Ihr aus einem Bett hinaus getan.
Adam
Mein Seel!--Doch, was ich sagen wollte, was gibts
Neues?
Licht
Ja, was es Neues gibt! Der Henker hols,
Hätt ichs doch bald vergessen.
Adam
Nun?
Licht
Macht Euch bereit auf unerwarteten
Besuch aus Utrecht.
Adam
So?
Licht
Der Herr Gerichtsrat kömmt.
Adam
Wer kömmt?
Licht
Der Herr Gerichtsrat Walter kömmt, aus Utrecht.
Er ist in Revisions-Bereisung auf den Ämtern,
Und heut noch trifft er bei uns ein.
Adam
Noch heut! Seid Ihr bei Trost?
Licht
So wahr ich lebe.
Er war in Holla, auf dem Grenzdorf, gestern,
Hat das Justizamt dort schon revidiert.
Ein Bauer sah zur Fahrt nach Huisum schon
Die Vorspannpferde vor den Wagen schirren.
Adam
Heut noch, er, der Gerichtsrat, her, aus Utrecht!
Zur Revision, der wackre Mann, der selbst
Sein Schäfchen schiert, dergleichen Fratzen haßt.
Nach Huisum kommen und uns kujonieren!
Licht
Kam er bis Holla, kommt er auch bis Huisum.
Nehmt Euch in acht.
Adam
Ach, geht!
Licht
Ich sag es Euch.
Adam
Geht mir mit Eurem Märchen, sag ich Euch.
Licht
Der Bauer hat ihn selbst gesehn, zum Henker.
Adam
Wer weiß, wen der triefäugige Schuft gesehn.
Die Kerle unterscheiden ein Gesicht
Von einem Hinterkopf nicht, wenn er kahl ist.
Setzt einen Hut dreieckig auf mein Rohr,
Hängt ihm den Mantel um, zwei Stiefeln drunter,
So hält so'n Schubjak ihn, für wen Ihr wollt.
Licht
Wohlan, so zweifelt fort, ins Teufels Namen,
Bis er zur Tür hier eintritt.
Adam
Er, eintreten!--
Ohn uns ein Wort vorher gesteckt zu haben.
Licht
Der Unverstand! Als obs der vorige
Revisor noch, der Rat Wacholder, wäre!
Es ist Rat Walter jetzt, der revidiert.
Adam
Wenn gleich Rat Walter! Geht, laßt mich zufrieden.
Der Mann hat seinen Amtseid ja geschworen,
Und praktisiert, wie wir, nach den
Bestehenden Edikten und Gebräuchen.
Licht
Nun, ich versichr Euch, der Gerichtsrat Walter
Erschien in Holla unvermutet gestern,
Vis'tierte Kassen und Registraturen,
Und suspendierte Richter dort und Schreiber,
Warum? ich weiß nicht, ab officio.
Adam
Den Teufel auch? Hat das der Bauer gesagt?
Licht
Dies und noch mehr--
Adam
So?
Licht
Wenn Ihrs wissen wollt.
Denn in der Frühe heut sucht man den Richter,
Dem man in seinem Haus Arrest gegeben,
Und findet hinten in der Scheuer ihn
Am Sparren hoch des Daches aufgehangen.
Adam
Was sagt Ihr?
Licht
Hilf inzwischen kommt herbei,
Man löst ihn ab, man reibt ihn, und begießt ihn,
Ins nackte Leben bringt man ihn zurück.
Adam
So? Bringt man ihn?
Licht
Doch jetzo wird versiegelt
In seinem Haus, vereidet und verschlossen,
Es ist, als wär er eine Leiche schon,
Und auch sein Richteramt ist schon beerbt.
Adam
Ei, Henker, seht!--Ein liederlicher Hund wars--
Sonst eine ehrliche Haut, so wahr ich lebe,
Ein Kerl, mit dem sichs gut zusammen war;
Doch grausam liederlich, das muß ich sagen.
Wenn der Gerichtsrat heut in Holla war,
So gings ihm schlecht, dem armen Kauz, das glaub ich.
Licht
Und dieser Vorfall einzig, sprach der Bauer,
Sei schuld, daß der Gerichtsrat noch nicht hier;
Zu Mittag treff er doch ohnfehlbar ein.
Adam
Zu Mittag! Gut, Gevatter! Jetzt gilts Freundschaft.
Ihr wißt, wie sich zwei Hände waschen können.
Ihr wollt auch gern, ich weiß, Dorfrichter werden,
Und Ihr verdients, bei Gott, so gut wie einer.
Doch heut ist noch nicht die Gelegenheit,
Heut laßt Ihr noch den Kelch vorübergehn.
Licht
Dorfrichter, ich! Was denkt Ihr auch von mir?
Adam
Ihr seid ein Freund von wohlgesetzter Rede,
Und Euren Cicero habt Ihr studiert
Trotz Einem auf der Schul in Amsterdam.
Drückt Euren Ehrgeiz heut hinunter, hört Ihr?
Es werden wohl sich Fälle noch ergeben,
Wo Ihr mit Eurer Kunst Euch zeigen könnt.
Licht
Wir zwei Gevatterleute! Geht mir fort.
Adam
Zu seiner Zeit, Ihr wißts, schwieg auch der große
Demosthenes. Folgt hierin seinem Muster.
Und bin ich König nicht von Mazedonien,
Kann ich auf meine Art doch dankbar sein.
Licht
Geht mir mit Eurem Argwohn, sag ich Euch.
Hab ich jemals--?
Adam
Seht, ich, ich, für mein Teil,
Dem großen Griechen folg ich auch. Es ließe
Von Depositionen sich und Zinsen
Zuletzt auch eine Rede ausarbeiten:
Wer wollte solche Perioden drehn?
Licht
Nun, also!
Adam
Von solchem Vorwurf bin ich rein,
Der Henker hols! Und alles, was es gilt,
Ein Schwank ists etwa, der, zur Nacht geboren,
Des Tags vorwitz'gen Lichtstrahl scheut.
Licht
Ich weiß.
Adam
Mein Seel! Es ist kein Grund, warum ein Richter,
Wenn er nicht auf dem Richtstuhl sitzt,
Soll gravitätisch wie ein Eisbär sein.
Licht
Das sag ich auch.
Adam
Nun denn, so kommt, Gevatter,
Folgt mir ein wenig zur Registratur;
Die Aktenstöße setz ich auf, denn die,
Die liegen wie der Turm zu Babylon.

Zweiter Auftritt
Ein Bedienter tritt auf. Die Vorigen.--Nachher zwei Mägde.

Der Bediente
Gott helf, Herr Richter! Der Gerichtsrat Walter
Läßt seinen Gruß vermelden, gleich wird er hier sein.
Adam
Ei, du gerechter Himmel! Ist er mit Holla
Schon fertig?
Der Bediente
Ja, er ist in Huisum schon.
Adam
He! Liese! Grete!
Licht
Ruhig, ruhig jetzt.
Adam
Gevatterchen!
Licht
Laßt Euern Dank vermelden.
Der Bediente
Und morgen reisen wir nach Hussahe.
Adam
Was tu ich jetzt? Was laß ich?
Er greift nach seinen Kleidern.
Erste Magd tritt auf.
Hier bin ich, Herr.
Licht
Wollt Ihr die Hosen anziehn? Seid Ihr toll?
Zweite Magd tritt auf.
Hier bin ich, Herr Dorfrichter.
Licht
Nehmt den Rock.
Adam sieht sich um.
Wer? Der Gerichtsrat?
Licht
Ach, die Magd ist es.
Adam
Die Bäffchen! Mantel! Kragen!
Erste Magd
Erst die Weste!
Adam
Was?--Rock aus? Hurtig!
Licht zum Bedienten.
Der Herr Gerichtsrat werden
Hier sehr willkommen sein. Wir sind sogleich
Bereit, ihn zu empfangen. Sagt ihm das.
Adam
Den Teufel auch! Der Richter Adam läßt sich
Entschuldigen.
Licht
Entschuldigen!
Adam
Entschuld'gen.
Ist er schon unterwegs etwa?
Der Bediente
Er ist
Im Wirtshaus noch. Er hat den Schmied bestellt;
Der Wagen ging entzwei.
Adam
Gut. Mein Empfehl!
Der Schmied ist faul. Ich ließe mich entschuldigen.
Ich hätte Hals und Beine fast gebrochen,
Schaut selbst, 's ist ein Spektakel, wie ich ausseh;
Und jeder Schreck purgiert mich von Natur.
Ich wäre krank.
Licht
Seid Ihr bei Sinnen?--
Der Herr Gerichtsrat wär sehr angenehm.
--Wollt Ihr?
Adam
Zum Henker!
Licht
Was?
Adam
Der Teufel soll mich holen,
Ists nicht so gut, als hätt ich schon ein Pulver!
Licht
Das fehlt noch, daß Ihr auf den Weg ihm leuchtet.
Adam
Margarete! he! Der Sack voll Knochen! Liese!
Die beiden Mägde
Hier sind wir ja. Was wollt Ihr?
Adam
Fort! sag ich.
Kuhkäse, Schinken, Butter, Würste, Flaschen
Aus der Registratur geschafft! Und flink!--
Du nicht. Die andere.--Maulaffe! Du, ja!
--Gotts Blitz, Margarete! Liese soll, die Kuhmagd,
In die Registratur!
(Die erste Magd geht ab.)
Die zweite Magd
Sprecht, soll man Euch verstehn!
Adam
Halts Maul jetzt, sag ich--! Fort! schaff mir die Perücke!
Marsch! Aus dem Bücherschrank! Geschwind! Pack dich!
(Die zweite Magd ab.)
Licht zum Bedienten.
Es ist dem Herrn Gerichtsrat, will ich hoffen,
Nichts Böses auf der Reise zugestoßen?
Der Bediente
Je, nun! Wir sind im Hohlweg umgeworfen.
Adam
Pest! Mein geschundner Fuß! Ich krieg die Stiefeln--
Licht
Ei, du mein Himmel! Umgeworfen, sagt Ihr?
Doch keinen Schaden weiter--?
Der Bediente
Nichts von Bedeutung.
Der Herr verstauchte sich die Hand ein wenig.
Die Deichsel brach.
Adam
Daß er den Hals gebrochen!
Licht
Die Hand verstaucht! Ei, Herr Gott! Kam der Schmied schon?
Der Bediente
Ja, für die Deichsel.
Licht
Was?
Adam
Ihr meint, der Doktor.
Licht
Was?
Der Bediente
Für die Deichsel?
Adam
Ach, was! Für die Hand.
Der Bediente
Adies, ihr Herrn.--Ich glaub, die Kerls sind toll.
(Ab.)
Licht
Den Schmied meint ich.
Adam
Ihr gebt Euch bloß, Gevatter.
Licht
Wieso?
Adam
Ihr seid verlegen.
Licht
Was!
Die erste Magd tritt auf.
Adam
He! Liese!
Was hast du da?
Erste Magd
Braunschweiger Wurst, Herr Richter.
Adam
Das sind Pupillenakten.
Licht
Ich, verlegen!
Adam
Die kommen wieder zur Registratur.
Erste Magd
Die Würste?
Adam
Würste! Was! Der Einschlag hier.
Licht
Es war ein Mißverständnis.
Die zweite Magd tritt auf.
Im Bücherschrank,
Herr Richter, find ich die Perücke nicht.
Adam
Warum nicht?
Zweite Magd
Hm! Weil Ihr--
Adam
Nun?
Zweite Magd
Gestern abend--
Glock elf--
Adam
Nun? Werd ichs hören?
Zweite Magd
Ei, Ihr kamt ja,
Besinnt Euch, ohne die Perück ins Haus.
Adam
Ich, ohne die Perücke?
Zweite Magd
In der Tat.
Da ist die Liese, die's bezeugen kann.
Und Eure andr ist beim Perückenmacher.
Adam
Ich wär--?
Erste Magd
Ja, meiner Treu, Herr Richter Adam!
Kahlköpfig wart Ihr, als Ihr wiederkamt;
Ihr spracht, Ihr wärt gefallen, wißt Ihr nicht?
Das Blut mußt ich Euch noch vom Kopfe waschen.
Adam
Die Unverschämte!
Erste Magd
Ich will nicht ehrlich sein.
Adam
Halts Maul, sag ich, es ist kein wahres Wort.
Licht
Habt Ihr die Wund seit gestern schon?
Adam
Nein, heut.
Die Wunde heut und gestern die Perücke.
Ich trug sie weiß gepudert auf dem Kopfe,
Und nahm sie mit dem Hut, auf Ehre, bloß,
Als ich ins Haus trat, aus Versehen ab.
Was die gewaschen hat, das weiß ich nicht.
--Scher dich zum Satan, wo du hingehörst!
In die Registratur!
(Erste Magd ab.)
Geh, Margarete!
Gevatter Küster soll mir seine borgen;
In meine hätt die Katze heute morgen
Gejungt, das Schwein! Sie läge eingesäuet
Mir unterm Bette da, ich weiß nun schon.
Licht
Die Katze? Was? Seid Ihr--?
Adam
So wahr ich lebe.
Fünf Junge, gelb und schwarz, und eins ist weiß.
Die schwarzen will ich in der Vecht ersäufen.
Was soll man machen? Wollt Ihr eine haben?
Licht
In die Perücke?
Adam
Der Teufel soll mich holen!
Ich hatte die Perücke aufgehängt,
Auf einen Stuhl, da ich zu Bette ging,
Den Stuhl berühr ich in der Nacht, sie fällt--
Licht
Drauf nimmt die Katze sie ins Maul--
Adam
Mein Seel--
Licht
Und trägt sie unters Bett und jungt darin.
Adam
Ins Maul? Nein--
Licht
Nicht? Wie sonst?
Adam
Die Katz? Ach, was!
Licht
Nicht? Oder Ihr vielleicht?
Adam
Ins Maul! Ich glaube
Ich stieß sie mit dem Fuße heut hinunter,
Als ich es sah.
Licht
Gut, gut.
Adam
Kanaillen die!
Die balzen sich und jungen, wo ein Platz ist.
Zweite Magd kichernd.
Soll ich hingehn?
Adam
Ja, und meinen Gruß
An Muhme Schwarzgewand, die Küsterin.
Ich schickt ihr die Perücke unversehrt
Noch heut zurück, ihm brauchst du nichts zu sagen.
Verstehst du mich?
Zweite Magd
Ich werd es schon bestellen.
(Ab.)

Dritter Auftritt
Adam und Licht.

Adam
Mir ahndet heut nichts Guts, Gevatter Licht.
Licht
Warum?
Adam
Es geht bunt alles über Ecke mir.
Ist nicht auch heut Gerichtstag?
Licht
Allerdings.
Die Kläger stehen vor der Türe schon.
Adam
--Mir träumt', es hätt ein Kläger mich ergriffen
Und schleppte vor den Richtstuhl mich; und ich,
Ich säße gleichwohl auf dem Richtstuhl dort,
Und schält' und hunzt' und schlingelte mich herunter,
Und judiziert' den Hals ins Eisen mir.
Licht
Wie? Ihr Euch selbst?
Adam
So wahr ich ehrlich bin.
Drauf wurden beide wir zu eins, und flohn,
Und mußten in den Fichten übernachten.
Licht
Nun? Und der Traum, meint Ihr--?
Adam
Der Teufel hols.
Wenns auch der Traum nicht ist: ein Schabernack,
Sei's, wie es woll, ist wider mich im Werk!
Licht
Die läpp'sche Furcht! Gebt Ihr nur vorschriftsmäßig,
Wenn der Gerichtsrat gegenwärtig ist,
Recht den Parteien auf dem Richterstuhle,
Damit der Traum vom ausgehunzten Richter
Auf andre Art nicht in Erfüllung geht.

Vierter Auftritt
Der Gerichtsrat Walter tritt auf. Die Vorigen.

Walter
Gott grüß Euch, Richter Adam.
Adam
Ei, willkommen!
Willkommen, gnäd'ger Herr, in unserm Huisum!
Wer konnte, du gerechter Gott, wer konnte
So freudigen Besuches sich gewärt'gen.
Kein Traum, der heute früh Glock achte noch
Zu solchem Glücke sich versteigen durfte.
Walter
Ich komm ein wenig schnell, ich weiß; und muß
Auf dieser Reis', in unsrer Staaten Dienst,
Zufrieden sein, wenn meine Wirte mich
Mit wohlgemeintem Abschiedsgruß entlassen.
Inzwischen ich, was meinen Gruß betrifft,
Ich meins von Herzen gut, schon wenn ich komme.
Das Obertribunal in Utrecht will
Die Rechtspfleg auf dem platten Land verbessern,
Die mangelhaft von mancher Seite scheint,
Und strenge Weisung hat der Mißbrauch zu erwarten.
Doch mein Geschäft auf dieser Reis' ist noch
Ein strenges nicht, sehn soll ich bloß, nicht strafen,
Und find ich gleich nicht alles, wie es soll,
Ich freue mich, wenn es erträglich ist.
Adam
Fürwahr, so edle Denkart muß man loben.
Ew. Gnaden werden hie und da, nicht zweifl ich,
Den alten Brauch im Recht zu tadeln wissen;
Und wenn er in den Niederlanden gleich
Seit Kaiser Karl dem Fünften schon besteht:
Was läßt sich in Gedanken nicht erfinden?
Die Welt, sagt unser Sprichwort, wird stets klüger,
Und alles liest, ich weiß, den Puffendorf;
Doch Huisum ist ein kleiner Teil der Welt,
Auf den nicht mehr, nicht minder, als sein Teil nur
Kann von der allgemeinen Klugheit kommen.
Klärt die Justiz in Huisum gütigst auf,
Und überzeugt Euch, gnäd'ger Herr, Ihr habt
Ihr noch so bald den Rücken nicht gekehrt,
Als sie auch völlig Euch befried'gen wird;
Doch fändet Ihr sie heut im Amte schon,
Wie Ihr es wünscht, mein Seel, so wärs ein Wunder,
Da sie nur dunkel weiß noch, was Ihr wollt.
Walter
Es fehlt an Vorschriften, ganz recht. Vielmehr
Es sind zu viel, man wird sie sichten müssen.
Adam
Ja, durch ein großes Sieb. Viel Spreu! Viel Spreu!
Walter
Das ist dort der Herr Schreiber?
Licht
Der Schreiber Licht,
Zu Eurer Gnaden Diensten. Pfingsten
Neun Jahre, daß ich im Justizamt bin.
Adam bringt einen Stuhl.
Setzt Euch.
Walter
Laßt sein.
Adam
Ihr kommt von Holla schon.
Walter
Zwei kleine Meilen--Woher wißt Ihr das?
Adam
Woher? Ew. Gnaden Diener--
Licht
Ein Bauer sagt' es,
Der eben jetzt von Holla eingetroffen.
Walter
Ein Bauer?
Adam
Aufzuwarten.
Walter
--Ja! Es trug sich
Dort ein unangenehmer Vorfall zu,
Der mir die heitre Laune störte,
Die in Geschäften uns begleiten soll.--
Ihr werdet davon unterrichtet sein?
Adam
Wärs wahr, gestrenger Herr? Der Richter Pfaul,
Weil er Arrest in seinem Haus empfing,
Verzweiflung hätt den Toren überrascht,
Er hing sich auf?
Walter
Und machte Übel ärger.
Was nur Unordnung schien, Verworrenheit,
Nimmt jetzt den Schein an der Veruntreuung,
Die das Gesetz, Ihr wißts, nicht mehr verschont.--
Wie viele Kassen habt Ihr?
Adam
Fünf, zu dienen.
Walter
Wie, fünf? Ich stand im Wahn--Gefüllte Kassen?
Ich stand im Wahn, daß Ihr nur vier--
Adam
Verzeiht!
Mit der Rhein-Inundations-Kollekten-Kasse?
Walter
Mit der Inundations-Kollekten-Kasse!
Doch jetzo ist der Rhein nicht inundiert,
Und die Kollekten gehn mithin nicht ein.
--Sagt doch, Ihr habt ja wohl Gerichtstag heut?
Adam
Ob wir--?
Walter
Was?
Licht
Ja, den ersten in der Woche.
Walter
Und jene Schar von Leuten, die ich draußen
Auf Eurem Flure sah, sind das--?
Adam
Das werden--
Licht
Die Kläger sinds, die sich bereits versammeln.
Walter
Gut. Dieser Umstand ist mir lieb, ihr Herren.
Laßt diese Leute, wenns beliebt, erscheinen.
Ich wohne dem Gerichtsgang bei; ich sehe,
Wie er in Eurem Huisum üblich ist.
Wir nehmen die Registratur, die Kassen
Nachher, wenn diese Sache abgetan.
Adam
Wie Ihr befehlt.--Der Büttel! He! Hanfriede!

Fünfter Auftritt
Die zweite Magd tritt auf. Die Vorigen.

Zweite Magd
Gruß von Frau Küsterin, Herr Richter Adam;
So gern sie die Perück Euch auch--
Adam
Wie? Nicht?
Zweite Magd
Sie sagt, es wäre Morgenpredigt heute;
Der Küster hätte selbst die eine auf,
Und seine andre wäre unbrauchbar,
Sie sollte heut zu dem Perückenmacher.
Adam
Verflucht!
Zweite Magd
Sobald der Küster wieder kömmt,
Wird sie jedoch sogleich Euch seine schicken.
Adam
Auf meine Ehre, gnäd'ger Herr--
Walter
Was gibts?
Adam
Ein Zufall, ein verwünschter, hat um beide
Perücken mich gebracht. Und jetzt bleibt mir
Die dritte aus, die ich mir leihen wollte:
Ich muß kahlköpfig den Gerichtstag halten.
Walter
Kahlköpfig!
Adam
Ja, beim ew'gen Gott! So sehr
Ich ohne der Perücke Beistand um
Mein Richteransehn auch verlegen bin.
--Ich müßt es auf dem Vorwerk noch versuchen,
Ob mir vielleicht der Pächter--?
Walter
Auf dem Vorwerk!
Kann jemand anders hier im Orte nicht--?
Adam
Nein, in der Tat--
Walter
Der Prediger vielleicht.
Adam
Der Prediger? Der--
Walter
Oder Schulmeister.
Adam
Seit der Sackzehnte abgeschafft, Ew. Gnaden,
Wozu ich hier im Amte mitgewirkt,
Kann ich auf beider Dienste nicht mehr rechnen.
Walter
Nun, Herr Dorfrichter? Nun? Und der Gerichtstag?
Denkt Ihr zu warten, bis die Haar Euch wachsen?
Adam
Ja, wenn Ihr mir erlaubt, schick ich aufs Vorwerk.
Walter
--Wie weit ists auf das Vorwerk?
Adam
Ei! Ein kleines Halbstündchen.
Walter
Eine halbe Stunde, was!
Und Eurer Sitzung Stunde schlug bereits.
Macht fort! Ich muß noch heut nach Hussahe.
Adam
Macht fort! ja--
Walter
Ei, so pudert Euch den Kopf ein!
Wo Teufel auch, wo ließt Ihr die Perücken?
--Helft Euch, so gut Ihr könnt. Ich habe Eile.
Adam
Auch das.
Der Büttel tritt auf.
Hier ist der Büttel!
Adam
Kann ich inzwischen
Mit einem guten Frühstück, Wurst aus Braunschweig,
Ein Gläschen Danziger etwa--
Walter
Danke sehr.
Adam
Ohn Umständ!
Walter
Dank, Ihr hörts, habs schon genossen.
Geht Ihr, und nutzt die Zeit, ich brauche sie,
In meinem Büchlein etwas mir zu merken.
Adam
Nun, wenn Ihr so befehlt--Komm, Margarete!
Walter
--Ihr seid ja bös verletzt, Herr Richter Adam.
Seid Ihr gefallen?
Adam
--Hab einen wahren Mordschlag
Heut früh, als ich dem Bett entstieg, getan:
Seht, gnäd'ger Herr Gerichtsrat, einen Schlag
Ins Zimmer hin, ich glaubt, es wär ins Grab.
Walter
Das tut mir leid.--Es wird doch weiter nicht
Von Folgen sein?
Adam
Ich denke nicht. Und auch
In meiner Pflicht solls weiter mich nicht stören. Erlaubt!
Walter
Geht, geht!
Adam zum Büttel.
Die Kläger rufst du--Marsch!
(Adam, die Magd und der Büttel ab.)

Sechster Auftritt
Frau Marthe, Eve, Veit und Ruprecht treten auf.--Walter und
Licht im Hintergrunde.

Frau Marthe
Ihr krugzertrümmerndes Gesindel, ihr!
Ihr sollt mir büßen, ihr!
Veit
Sei Sie nur ruhig,
Frau Marth! Es wird sich alles hier entscheiden.
Frau Marthe
O ja. Entscheiden. Seht doch! Den Klugschwätzer!
Den Krug mir, den zerbrochenen, entscheiden!
Wer wird mir den geschiednen Krug entscheiden?
Hier wird entschieden werden, daß geschieden
Der Krug mir bleiben soll. Für so'n Schiedsurteil
Geb ich noch die geschiednen Scherben nicht.
Veit
Wenn Sie sich Recht erstreiten kann, Sie hörts,
Ersetz ich ihn.
Frau Marthe
Er mir den Krug ersetzen.
Wenn ich mir Recht erstreiten kann, ersetzen.
Setz Er den Krug mal hin, versuch Ers mal,
Setz Er'n mal hin auf das Gesims! Ersetzen!
Den Krug, der kein Gebein zum Stehen hat,
Zum Liegen oder Sitzen hat, ersetzen!
Veit
Sie hörts! Was geifert Sie? Kann man mehr tun?
Wenn einer Ihr von uns den Krug zerbrochen,
Soll Sie entschädigt werden.
Frau Marthe
Ich entschädigt!
Als ob ein Stück von meinem Hornvieh spräche.
Meint Er, daß die Justiz ein Töpfer ist?
Und kämen die Hochmögenden und bänden
Die Schürze vor, und trügen ihn zum Ofen,
Die könnten sonst was in den Krug mir tun,
Als ihn entschädigen. Entschädigen!
Ruprecht
Laß Er sie, Vater. Folg Er mir. Der Drache!
's ist der zerbrochne Krug nicht, der sie wurmt,
Die Hochzeit ist es, die ein Loch bekommen,
Und mit Gewalt hier denkt sie sie zu flicken.
Ich aber setze noch den Fuß eins drauf:
Verflucht bin ich, wenn ich die Metze nehme.
Frau Marthe
Der eitle Flaps! Die Hochzeit ich hier flicken!
Die Hochzeit, nicht des Flickdrahts, unzerbrochen,
Nicht Einen von des Kruges Scherben wert.
Und stünd die Hochzeit blankgescheuert vor mir,
Wie noch der Krug auf dem Gesimse gestern,
So faßt ich sie beim Griff jetzt mit den Händen,
Und schlüg sie gellend Ihm am Kopf entzwei,
Nicht aber hier die Scherben möcht ich flicken!
Sie flicken!
Eve
Ruprecht!
Ruprecht
Fort, du--!
Eve
Liebster Ruprecht!
Ruprecht
Mir aus den Augen!
Eve
Ich beschwöre dich.
Ruprecht
Die liederliche--! Ich mag nicht sagen, was.
Eve
Laß mich ein einz'ges Wort dir heimlich--
Ruprecht
Nichts!
Eve
Du gehst zum Regimente jetzt, o Ruprecht,
Wer weiß, wenn du erst die Muskete trägst,
Ob ich dich je im Leben wieder sehe.
Krieg ists, bedenke, Krieg, in den du ziehst:
Willst du mit solchem Grolle von mir scheiden?
Ruprecht
Groll? Nein, bewahr mich Gott, das will ich nicht.
Gott schenk dir so viel Wohlergehn, als er
Erübrigen kann. Doch kehrt ich aus dem Kriege
Gesund, mit erzgegoßnem Leib zurück,
Und würd in Huisum achtzig Jahre alt,
So sagt ich noch im Tode zu dir: Metze!
Du willsts ja selber vor Gericht beschwören.
Frau Marthe zu Eve.
Hinweg! Was sagt ich dir? Willst du dich noch
Beschimpfen lassen? Der Herr Korporal
Ist was für dich, der würd'ge Holzgebein,
Der seinen Stock im Militär geführt,
Und nicht dort der Maulaffe, der dem Stock
Jetzt seinen Rücken bieten wird. Heut ist
Verlobung, Hochzeit, wäre Taufe heute,
Es wär mir recht, und mein Begräbnis leid ich,
Wenn ich dem Hochmut erst den Kamm zertreten,
Der mir bis an die Krüge schwillet.
Eve
Mutter!
Laßt doch den Krug! Laßt mich doch in der Stadt versuchen,
Ob ein geschickter Handwerksmann die Scherben
Nicht wieder Euch zur Lust zusammenfügt.
Und wärs um ihn geschehn, nehmt meine ganze
Sparbüchse hin, und kauft Euch einen neuen.
Wer wollte doch um einen irdnen Krug,
Und stammt' er von Herodes' Zeiten her,
Solch einen Aufruhr, so viel Unheil stiften.
Frau Marthe
Du sprichst, wie du's verstehst. Willst du etwa
Die Fiedel tragen, Evchen, in der Kirche
Am nächsten Sonntag reuig Buße tun?
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Çirattagı - Der Zerbrochene Krug - 2
  • Büleklär
  • Der Zerbrochene Krug - 1
    Süzlärneñ gomumi sanı 4095
    Unikal süzlärneñ gomumi sanı 1284
    38.6 süzlär 2000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
    49.4 süzlär 5000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
    56.3 süzlär 8000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
    Härber sızık iñ yış oçrıy torgan 1000 süzlärneñ protsentnı kürsätä.
  • Der Zerbrochene Krug - 2
    Süzlärneñ gomumi sanı 4271
    Unikal süzlärneñ gomumi sanı 1251
    36.5 süzlär 2000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
    48.3 süzlär 5000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
    53.4 süzlär 8000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
    Härber sızık iñ yış oçrıy torgan 1000 süzlärneñ protsentnı kürsätä.
  • Der Zerbrochene Krug - 3
    Süzlärneñ gomumi sanı 4210
    Unikal süzlärneñ gomumi sanı 1280
    38.8 süzlär 2000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
    51.3 süzlär 5000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
    56.6 süzlär 8000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
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  • Der Zerbrochene Krug - 4
    Süzlärneñ gomumi sanı 3719
    Unikal süzlärneñ gomumi sanı 1118
    39.9 süzlär 2000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
    51.8 süzlär 5000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
    57.2 süzlär 8000 iñ yış oçrıy torgan süzlärgä kerä.
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