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Timon von Athen - 1

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  Timon von Athen.
  William Shakespeare
  Übersetzt von Christoph Martin Wieland
  
  Personen.
  Timon, ein edler Athenienser.
  Lucius, Lucullus, Sempronius und Ventidius, Schmeichler und falsche
  Freunde des Timon.
  Alcibiades, ein General der Athenienser.
  Apemanthus, ein Cynischer Philosoph.
  Flavius, Timons Verwalter.
  Flaminius, Lucilius und Servilius, Bediente des Timon.
  Caphis, Varro, Philo, Titus, Lucius und Hortensius, Bediente von
  den Gläubigern des Timon.
  Ein Poet.
  Ein Mahler.
  Ein Juweelen-Händler.
  Ein Galanterien-Krämer.
  Ein Kauffmann.
  Drey Diebe.
  Etliche Senatoren.
  Cupido und Masken.
  Phrynia und Timandra, Maitressen des Alcibiades.
  Verschiedne Bediente, Soldaten, und andre als stumme Personen.
  Die Scene, Athen, und ein nicht weit davon gelegner Wald.
  
  
  Erster Aufzug.
  
  Erste Scene.
  (Eine Halle in Timons Hause.)
  (Der Poet, der Mahler, der Juweelen-Händler, der Kauffmann, und
   der Galanterie-Krämer treten durch verschiedne Thüren auf.)
  
  Poet.
  Guten Tag, mein Herr.
  Mahler.
  Ich erfreue mich über euer Wohlbefinden.
  Poet.
  Ich hab' euch lange nicht gesehen; wie geht's in der Welt?
  Mahler.
  So daß es besser seyn könnte, mein Herr.
  Poet.
  Nun, das ist etwas bekanntes. Aber was giebt es vor besondere
  Seltenheiten?* Was ist so ausserordentlich, wovon wir nicht in den
  Urkunden der Welt mehr als ein Beyspiel finden?--Seht, o Zauberey
  der Freygebigkeit! Alle diese Geister hat deine Macht
  zusammenbeschworen, dir aufzuwarten--Ich kenne den Kauffmann.
  Mahler.
  Ich kenne beyde; der andere ist ein Juweelen-Händler.
  Kauffmann.
  O! es ist ein würdiger Edelmann!
  Juweelen-Händler.
  Das ist ausgemacht.
  Kauffmann.
  Ein recht unvergleichlicher Mann, von einer unerschöpflichen und
  immerwährenden Gütigkeit beseelt. Er übertrift --
  
  Juweelen-Händler.
  Ich habe hier ein Juweel--
  Kauffmann.
  O ich bitte euch, laßt mich's sehen--Für den Lord Timon, mein Herr?
  Juweelen-Händler.
  Wenn er es so hoch bezahlt als es geschäzt ist; doch was das
  betrift --
  Poet.
  Wenn wir um Lohn den Lasterhaften singen,
  So wird auch des Gerechten Lobes Glanz
  Dadurch beflekt, das wir der Tugend bringen--
  Kauffmann
  (indem er das Juweel betrachtet.)
  
  Es ist schön geschnitten.
  Juweelen-Händler.
  Und reich; was das für ein Wasser ist! Seht ihr?
  Mahler (zum Poeten.)
  Mein Herr, ihr seyd, däucht mich, im Enthusiasmus, über irgend
  einem Werk, das diesem grossen Mann gewidmet werden soll.
  Poet.
  Es ist eine Kleinigkeit, die mir in einer müssigen Stund' entgangen
  ist. Unsre Poesie ist wie ein Gummi, das daher entspringt, woher es
  genährt wird. Das Feuer in dem Kiesel zeigt sich nicht eher bis es
  herausgeschlagen wird; unsre anmuthige Flamme entzündet sich von
  selbst, und überströmt wie ein reissendes Wasser jeden Damm, der
  sie einzwängen will. Was habt ihr hier?
  Mahler.
  Ein Gemählde, mein Herr--Wenn kommt euer Werk ans Licht?
  Poet.
  An den Fersen meiner Gegenwart, mein Herr. Laßt mich euer Stük
  sehen.
  Mahler.
  Es ist ein gutes Stük.
  Poet.
  Das ist es; das reicht an vortrefflich.
  Mahler.
  Erträglich.
  Poet.
  Bewundernswürdig! Was für eine Wahrheit, welch ein Anstand in
  dieser Stellung! Was für eine geistige Kraft schießt aus diesem
  Auge! Was für eine schwangre Einbildungskraft bewegt sich in diesen
  Lippen! Selbst die stumme Gebehrde wird hier zum Ausdruk --
  
  Mahler.
  Es ist eine ganz artige Nachäffung der Natur; hier ist ein Strich--
  Was sagt ihr davon?
  Poet.
  Ich will nichts sagen, als, er meistert die Natur selbst; eine
  künstliche Bewegung lebt in diesen Strichen, die lebhafter ist als
  das Leben selbst. (Einige Senatoren zu den Vorigen.)
  Mahler.
  Wie viel Aufwart dieser Herr hat!
  Poet.
  Die Senatoren von Athen! Glüklicher Mann!
  Mahler.
  Seht, noch etliche.
  Poet.
  Ihr seht diesen Zusammenfluß, diese grosse Fluth von Besuchern--Ich
  habe in diesem rohen Werk einen Mann entworffen, den diese
  Unterwelt mit überschwenglicher Hochachtung umfaßt, und in die Arme
  schließt. Meine freye Absicht hält keinen besondern Lauf, sondern
  bewegt sich selbst in einer weiten See von Wachs; keine gesäurte
  Bosheit vergiftet ein einziges Comma in dem Lauf den ich halte:
  sondern er fliegt einen Adler-Flug, kühn, in einem fort, und läßt
  keine Spur zurük.
  Mahler.
  Wie soll ich euch verstehen?
  Poet.
  Ich will es euch aufrigeln. Ihr seht wie alle Stände, wie alle
  Arten von Leute, sowohl die von glatter und schlüpfriger als die
  von spröder und herber Beschaffenheit, ihre Dienste zu den Füssen
  des Lord Timon legen: Sein grosser Reichthum, der an seiner
  leutseligen und gütigen Gemüthsart hängt, überwältigt alle Arten
  von Herzen, und macht sie zu seinen freywilligen Unterthanen; ja,
  von dem Spiegelartigen Schmeichler bis zum Apemanthus, der wenige
  Dinge so sehr liebt als sich selbst zu verabscheuen; aber auch
  dieser gießt sich auf die Knie vor ihm hin, und kehrt vergnügt, und
  durch ein Kopfniken des Timons, in seinen Gedanken, höchst glüklich
  von ihm zurük.
  Mahler.
  Ich sah sie mit einander reden.
  Poet.
  Ich dichte also das Glük, auf einem hohen und anmuthigen Hügel
  gethront. Der Fuß des Berges ist mit allen Arten von Personen und
  Verdiensten dicht umgeben, die sich bestreben sich auf dem Busen
  dieser Sphäre festzusezen. Unter allen diesen Wesen, deren Augen
  auf diese allgewaltige Beherrscherin geheftet sind, personificire
  ich einen in Timons Gestalt, den Fortuna mit ihrer elfenbeinernen
  Hand zu sich winkt, und durch diese Gunst in ebendemselben
  Augenblik alle seine Nebenbuhler zu seinen Dienern und Sclaven
  macht.
  Mahler.
  Eine mahlerische Idee! Dieser Thron, diese Fortuna und dieser Hügel,
  mit einem Manne, dem aus den übrigen untenstehenden emporgewinkt
  wird, und der sein Haupt gegen den schrofen Berg beugt, um zu
  seinem Glük hinaufzuklettern, würde, nach unsrer Kunst, wohl
  ausgesonnen seyn.
  Poet.
  Nein, hört mich nur weiter: Alle diese, die so kürzlich erst seines
  gleichen waren, einige besser als er, folgen in diesem Augenblik
  seinen Schritten, drängen sich aufwartsam um ihn her, regnen
  flüsternde Schmeichlereyen in sein Ohr, machen sogar seine
  Schuhriemen zu einem Heiligthum, und trinken die freye Luft durch
  ihn.
  Mahler.
  Zum Henker, was wollt ihr mit diesen?
  Poet.
  Sobald nun Fortuna, in einem Anstoß von Wankelmuth den, der kaum
  ihr Liebling war, mit Füssen tritt; so seht ihr, wie alle seine
  Verehrer, die mit Knien und Händen sich auf den Gipfel des Berges
  hinaufarbeiteten, ihn hinunter schlüpfen lassen, ohne daß nur ein
  einziger seinen ausglitschenden Fuß begleiten wollte.
  Mahler.
  Das ist gemein; ich kan euch tausend moralische Gemählde zeigen,
  die dergleichen plözliche Glüks-Streiche weit lebhafter vorstellen
  sollen, als Worte. Doch thut ihr wohl, dem Lord Timon zu zeigen,
  daß es schon begegnet ist, daß erniedrigte Augen den Fuß über dem
  Kopf gesehen haben. * Unser Autor hat, wie der Augenschein zeigt,
  seinen Poeten in diesem Stüke zu einem schlechten Kerl gemacht.
  Damit sein Charakter aber nicht der Profeßion selbst nachtheilig
  sey, so hat er ihn zu einem eben so schlechten Poeten gemacht, als
  er ein schlechter Mann ist. Ein untrügliches Kennzeichen von dem
  falschen Geschmak und unreiffen Urtheil, so er ihm beylegt, ist
  seine Liebe zu allem was seltsam, erstaunlich und abentheurlich,
  und eine Verachtung alles dessen, was gewöhnlich oder der Natur
  gemäß ist. Warbürton.
  (Inspicere tanquam in speculum jubeo)-- (Terent.)
  
  Zweyte Scene.
  (Trompeten. Timon tritt auf, und wendet sich auf eine leutselige
   Art an die verschiednen Personen, die ihm die Aufwartung machen.)
  
  Timon (zu einem Boten.)
  Er sizt im Gefängniß, sagt ihr?
  Bote.
  Ja, gnädiger Herr; Seine Schulden belauffen sich auf fünf Talente,
  seine Mittel sind sehr knapp, seine Glaubiger sehr dringend; er
  bittet euch, an diejenige, die ihn eingesezt haben, zu seinem Behuf
  zu schreiben, und würde ohne allen Trost seyn, wenn ihr ihm diese
  Gunst versagen würdet.
  Timon.
  Der edle Ventidius! Gut! Ich bin nicht von der Art, meinen Freund
  zu verlassen, wenn er meiner am meisten nöthig hat. Ich weiß, er
  ist ein Edelmann, der wohl verdient, daß man ihm aushelfe; ich will
  es thun, ich will die Schuld bezahlen, und ihn befreyen.
  Bote.
  Euer Gnaden verpflichtet sich ihn auf ewig.
  Timon.
  Empfehlt mich ihm; ich will ihm seine Ranzion schiken, und ihn,
  wenn er wieder frey seyn wird, zu mir einladen. Es ist nicht genug,
  dem Schwachen aufzuhelfen, man muß ihm auch den Arm zum Gehen
  leyhen. Lebt wohl.
  Bote.
  Ich wünsche Euer Gnaden tausend Wohlergehen.
  (Geht ab.)
  
  (Ein alter Athenienser tritt auf.)
  Alter Athenienser.
  Lord Timon, hört mich reden.
  Timon.
  Rede frey, mein guter alter Vater.
  Alter Athenienser.
  Du hast einen Diener, namens Lucilius.
  Timon.
  So ist's; was soll er dann?
  Alter Athenienser.
  Sehr edler Timon, laß diesen Mann sogleich vor dich kommen.
  Timon.
  Ist er hier oder nicht?--Lucilius!--(Lucilius tritt auf.)
  Lucilius.
  Hier, was befehlen Euer Gnaden?
  Alter Athenienser.
  Dieser Bursche hier, Lord Timon, dieser dein Diener besucht des
  Nachts mein Haus. Ich bin ein Mann, der von der Jugend an sich Müh
  gegeben hat, etwas zu erwerben, und mein Vermögen erheischt einen
  gewichtigern Erben, als einen der auf einem hölzernen Teller ißt.
  Timon.
  Gut; was weiter?
  Alter Athenienser.
  Ich hab' eine einzige Tochter, und sonst keinen Anverwandten, dem
  ich vermachen könnte was ich erworben habe. Das Mädchen ist hübsch,
  so jung als eine Braut seyn kan, und ich habe keine Kosten gespart,
  sie zu den besten Eigenschaften zu erziehen. Dieser dein Diener
  bewirbt sich um ihre Liebe; ich bitte dich, edler Lord, vereinige
  dich mit mir, ihm ihren Umgang zu untersagen; ich selbst hab' es
  fruchtlos gethan.
  Timon.
  Der Mann ist ein ehrlicher Mann.
  Alter Athenienser.
  So wird er's auch hierinn seyn, Timon. Seine Ehrlichkeit belohnt
  ihn durch sich selbst, sie soll ihm nicht meine Tochter kuppeln.
  Timon.
  Liebt sie ihn?
  Alter Athenienser.
  Sie ist jung und mannbar; unsre eigene ehmalige Leidenschaften
  lehren uns, wie leichtsinnig die Jugend ist.
  Timon (zu Lucilius.)
  Liebt ihr das Mädchen?
  Lucilius.
  Ja, mein Gnädiger Herr, und sie ist es zufrieden.
  Alter Athenienser.
  Wenn sie einander ohne meine Einwilligung heurathen, so rufe ich
  die Götter zu Zeugen, daß ich meinen Erben aus den Bettlern auf der
  Strasse wählen, und ihnen alles entziehen will.
  Timon.
  Wieviel soll sie zum Brautschaz haben, wenn sie einen Mann
  heurathete, der ihr an Vermögen gleich wäre?
  Alter Athenienser.
  Drey Talente fürs Gegenwärtige, und künftig alles.
  Timon.
  Dieser wakere Mann hat mir lange gedient; um sein Glük zu machen,
  will ich mich ein wenig angreiffen; es ist eine Pflicht der
  Menschlichkeit. Gieb ihm deine Tochter; so viel du ihr giebst, will
  ich ihm auch geben, um zu machen, daß er so viel wägen soll als sie.
  Alter Athenienser.
  Sehr edler Lord, verspreche mir das auf euer Ehrenwort, so soll er
  sie haben.
  Timon.
  Hier hast du meine Hand, mein Ehrenwort ist mein Versprechen.
  Lucilius.
  Ich danke Euer Gnaden demüthigst; nimmer möge mir das Glük gedeyhen,
  welches ich nicht eurer Güte schuldig zu seyn erkenne.
  (Lucilius und der Alte Athenienser gehen ab.)
  
  Poet.
  Nehmet diese Arbeit so gütig auf, als die Wünsche, die ich für Euer
  Gnaden langes Leben thue.
  Timon.
  Ich danke euch, ihr sollt gleich mehr von mir hören; geht nicht weg--
  Was habt ihr hier, mein Freund?
  Mahler.
  Ein Gemählde, welches ich Euer Gnaden bitte anzunehmen.
  Timon.
  Mahlerey ist mir allezeit willkommen. Seitdem die Falschheit mit
  der Natur des Menschen ein Gewerbe treibt, ist ein gemahlter Mensch
  soviel als ein natürlicher; gemahlte Figuren sind gerade das, wofür
  sie sich geben. Euer Werk gefällt mir, und ihr sollt finden, daß es
  mir gefällt; wartet, bis ihr wieder von mir hört.
  Mahler.
  Die Götter erhalten euch!
  Timon.
  Lebt wol, mein Herr; gebt mir eure Hand, wir müssen heute mit
  einander zu mittagessen. Mein Herr, euer Juweel hat von
  allzugrossem Lob gelitten.
  Juweelen-Händler.
  Wie, Milord? Ist es mißfällig?
  Timon.
  Es ist mir bis zum Ekel angepriesen worden. Wenn ich es bezahlen
  sollte, wie es geschäzt wird, so müßte ich mich zu Grunde richten.
  Juweelen-Händler.
  Gnädiger Herr, es ist so geschäzt wie diejenige, die es verkauffen,
  es gerne gäben; ihr wißt aber wol, daß Dinge von gleichem Werth,
  wenn sie ungleiche Eigenthümer haben, nach ihren Besizern geschäzt
  werden; glaubt mir, Gnädiger Herr, das Juweel würde einen noch
  grössern Werth erhalten, wenn ihr es trüget.
  Timon.
  Ihr scherzet mit mir, mein guter Mann.
  Kauffmann.
  Nein, Gnädiger Herr, er redt nur die gemeine Sprache, die alle
  Leute mit ihm reden.
  Timon.
  Seht, wer hier kommt--Wollt ihr ausgescholten seyn?
  
  Dritte Scene.
  (Apemanthus)* (zu den Vorigen.)
  {ed.-* Sehet diesen Character eines Cynikers, sehr fein vom Lucian in
  seinem Ausruf der Philosophen gezeichnet, und wie gut Shakespear
  ihn copirt hat. Warbürton.}
  
  Juweelen-Händler.
  Wir wollen's mit Euer Gnaden theilen.
  Kauffmann.
  Er wird keinen verschonen.
  Timon.
  Guten Morgen, mein angenehmster Apemanthus.
  Apemanthus.
  Warte du auf einen Gegengruß, bis ich angenehm werde.
  Poet.
  Wenn werden wir das Glük haben, das zu erleben?
  Apemanthus.
  Wenn du Timons Hund seyn wirst, und diese Schelmen ehrlich.
  Timon.
  Warum nennst du sie Schelme? Du kennst sie nicht.
  Apemanthus.
  Sind sie nicht Athenienser?
  Timon.
  Ja.
  Apemanthus.
  So nehm' ich mein Wort nicht zurük.
  Juweelen-Händler.
  Ihr kennt mich, Apemanthus.
  Apemanthus.
  Du weißst daß ich dich kenne, ich nannte dich bey deinem Namen.
  Timon.
  Du bist stolz, Apemanthus.
  Apemanthus.
  Auf nichts so sehr, als das ich dem Timon nicht ähnlich bin.
  Timon.
  Wo willt du hin?
  Apemanthus.
  Einem ehrlichen Athenienser das Hirn ausschlagen.
  Timon.
  Das wär' eine That, wofür du sterben müßtest.
  Apemanthus.
  Richtig, wenn das Gesez eine Todesstrafe auf nichts thun sezt.
  Timon.
  Wie gefällt dir dieses Gemählde, Apemanthus?
  Apemanthus.
  Am besten, weil es nichts böses thut.
  Timon.
  Arbeitete der nicht gut, der es mahlte?
  Apemanthus.
  Der arbeitete noch besser, der den Mahler machte; und doch ist er
  nur ein schlechtes Stük Arbeit.
  Mahler.
  Ihr seyd ein Hund.
  Apemanthus.
  Deine Mutter ist von meinem Stamme; was war sie, wenn ich ein Hund
  bin?
  Timon.
  Apemanthus, willt du mit mir zu mittagessen?
  Apemanthus.
  Nein, ich esse keine grosse Herren.
  Timon.
  Wenn du es thätest, würden die Damen über dich böse werden.
  Apemanthus.
  O! die verschlingen gar die grossen Herren, und kriegen dike Bäuche
  davon.
  Timon.
  Das ist ein unzüchtiger Einfall.
  Apemanthus.
  So nimmst du ihn auf; nimm ihn für deine Mühe.
  Timon.
  Wie gefällt dir dieses Juweel, Apemanthus?
  Apemanthus.
  Nicht so wol wie Aufrichtigkeit, die doch einen keinen Heller
  kostet.
  Timon.
  Wie viel meynst du, daß es werth sey?
  Apemanthus.
  Nicht werth daß ich darauf denke. Wie steht's, Poet?
  Poet.
  Wie steht's Philosoph?
  Apemanthus.
  Du lügst.
  Poet.
  Bist du keiner.
  Apemanthus.
  Ja.
  Poet.
  So lüg' ich nicht.
  Apemanthus.
  Bist du nicht ein Poet?
  Poet.
  Ja.
  Apemanthus.
  So lügst du also: schau in dein leztes Werk; worinn du dichtest,
  daß er ein würdiger Mann sey.
  Poet.
  Das ist nicht gedichtet, er ist es.
  Apemanthus.
  Ja, er ist deiner würdig, und würdig dich für deine Arbeit zu
  bezahlen. Wer sich gerne schmeicheln läßt, ist seines Schmeichlers
  würdig. Götter! möcht' ich nur ein grosser Herr seyn!
  Timon.
  Was wolltest du denn thun, Apemanthus?
  Apemanthus.
  Eben das was Apemanthus izt thut, einen grossen Herrn hassen.
  Timon.
  Wie, dich selbst?
  Apemanthus.
  Ja.
  Timon.
  Warum denn?
  Apemanthus.
  Das ich nicht mehr Verstand hätte, als ein grosser Herr zu seyn--
  Bist du nicht ein Kauffmann?
  Kauffmann.
  Ja, Apemanthus.
  Apemanthus.
  Die Handelschaft verderbe dich, wenn es die Götter nicht thun
  wollen!
  Kauffmann.
  Wenn es die Handelschaft thut, so thun es die Götter.
  Apemanthus.
  Die Handelschaft ist dein Gott, und dein Gott verderbe dich! (Man
  hört Trompeten. Ein Bote tritt auf.)
  Timon.
  Was für Trompeten sind das?
  Bote.
  Es ist Alcibiades mit etlichen zwanzig Reitern, die ihn begleiten.
  Timon.
  Ich bitte euch, geht ihnen entgegen, ladet sie zu mir ein--ihr müßt
  schlechterdings mit mir zu mittagessen--Geht nicht von hier bis ich
  euch gedankt habe, und nach dem Essen, zeigt mir dieses Stük; ich
  erfreue mich euch zu sehen. (Alcibiades und seine Begleiter treten
  auf.) Sehr willkommen, mein Herr.
  (Sie büken sich, und umarmen einander.)
  Apemanthus.
  So, so! daß euch die Gicht lähme und ausdörre, ihr biegsamen
  Gelenke! Warum sollten auch diese artigen süssen Schelmen einander
  nicht lieb haben! Wahrhaftig das menschliche Geschlecht wird zu
  lauter Affen und Meerkazen.
  Alcibiades.
  Ich sehnte mich so sehr euch zu sehen, daß ich es nicht satt werden
  kan.
  Timon.
  Sehr willkommen, mein Herr; ehe wir scheiden, wollen wir einige
  Tage mit allerhand Lustbarkeiten zubringen. Ich bitte euch, laßt
  uns hinein gehen.
  (Sie gehen ab.)
  
  Vierte Scene.
  (Apemanthus bleibt; zu ihm Lucius und Lucullus.)
  
  Lucius.
  Wie viel ist die Zeit, Apemanthus?
  Apemanthus.
  Zeit ehrlich zu seyn.
  Lucius.
  Diese Zeit ist immer.
  Apemanthus.
  Ein desto schlimmerer Bube bist du, daß du sie immer vorbeylässest.
  Lucullus.
  Gehst du zu des Lord Timons Gastmahl?
  Apemanthus.
  Ja, um zu sehen, wie Speisen Schelme fällen, und Wein Narren erhizt.
  Lucius.
  Lebe wohl, lebe wohl.
  Apemanthus.
  Du bist ein Narr, daß du mir zweymal lebe wohl sagst.
  Lucullus.
  Warum, Apemanthus?
  Apemanthus.
  Du hättest eines für dich selbst behalten sollen, denn von mir
  kriegst du keines.
  Lucius.
  Häng' dich auf!
  Apemanthus.
  Nein, ich will nichts thun, das du mir sagst; mache deine
  Fordrungen an deinen Freund.
  Lucius.
  Hinweg du unverträglicher Hund, oder--ich stosse dich mit den
  Füssen hinaus.
  Apemanthus.
  Ich will fliehen, wie ein Hund vor den Hinterfüssen eines Esels.
  Lucius.
  Er ist ein Antipode der Menschlichkeit. Kommt, wollen wir
  hineingehen, und an Lord Timons Freygebigkeit Antheil nehmen? In
  der That er übertrift die Güte selbst.
  Lucullus.
  Das thut er. Plutus, der Gott des Reichthums ist nur sein Haus-
  Hofmeister: Das kleinste Verdienst, das sich jemand um ihn macht,
  bezahlt er siebenfältig über seinen Werth; und das kleinste
  Geschenk das er annimmt, zieht dem Geber eine Erstattung zu, die
  alle gewöhnliche Erkenntlichkeit übertrift.
  Lucius.
  Er hat das edelste Gemüth, das jemals einen Mann regiert hat.
  Lucullus.
  Mög' er lang' in diesem glüklichen Stande leben, wollen wir hinein?
  Lucius.
  Ich will euch Gesellschaft leisten.
  (Sie gehen ab.)
  
  Fünfte Scene.
  (Ein grosser Saal in Timons Hause.)
  (Eine Musik mit Hautbois; Es wird ein grosses Banquet aufgetragen;
   Timon, Lucius, Lucullus, Sempronius und andre Atheniensische
   Senatoren, treten mit Ventidius auf. Wenn alle herein gekommen sind,
   schlendert auch Apemanthus, mit mißvergnügtem Gesicht, hinter
   ihnen drein.)
  
  Ventidius.
  Höchstgeehrter Timon! es hat den Göttern gefallen, meinen alten
  Vater in seine Ruhe eingehen zu lassen. Er ist glüklich vom
  Schauplaz gegangen, und hat mich reich hinterlassen. Ich gebe euch
  also, wie die Dankbarkeit gegen euer großmüthiges Herz mich
  verpflichtet, diese Talente, durch deren Hülf ich meine Freyheit
  wieder erlangt, mit verdoppeltem Dank und Erbietung meiner
  Gegendienste zurük.
  Timon.
  O, das kan nicht seyn, mein rechtschaffner Ventidius; ihr mißkennet
  meine Freundschaft: Ich gab sie mit willigem Herzen hin; und wer
  kan mit Wahrheit sagen, daß er gebe, wenn er wieder empfängt? Wenn
  höhere als wir sind es thun, so steht es doch uns nicht an.
  Apemanthus.
  Ahme ihnen kühnlich nach; nüzliche Laster sind schön.
  Ventidius.
  Welch eine edle Denkungsart!
  Timon,
  (indem er sieht, daß seine Gäste viele Complimente und Umstände
  machen, eh sie sich sezen.)
  
  Ceremonien sind nur erfunden worden, um falschen Thaten, holen
  Bewillkommungen, und erzwungner Gutthätigkeit eine Glasur zu geben;
  aber, wo wahre Freundschaft ist, bedarf es nichts dergleichen. Ich
  bitte euch, nehmet Plaz; ihr seyd mir willkommner zu meinem
  Wohlstand, als er mir selbst ist.
  (Sie sezen sich.)
  Lucius.
  Wir sind immer davon überzeugt gewesen.
  Apemanthus.
  Ho, ho, überzeugt gewesen? Daß ihr gehangen wär't!
  Timon.
  Ha, Apemanthus! Ihr seyd willkommen.
  Apemanthus.
  Ich will es aber nicht seyn; ich komme nur, daß du mich zur Thüre
  hinausstossest.
  Timon.
  Pfui, wie grob du bist! Ihr habt da einen Humor angenommen, der
  einem Mann nicht gut läßt; es ist gar nicht hübsch. Man sagt sonst,
  meine Herren, (ira furor brevis est), aber dieser Mann dort ist
  immer entrüstet.
  Apemanthus.
  Laß mich auf deine Gefahr da bleiben, Timon; ich komme,
  Beobachtungen zu machen, ich will dich gewarnt haben.
  Timon.
  Und ich gebe dir keine Acht; du bist ein Athenienser, und also
  willkommen; ich möchte für mich selbst kein Vermögen haben--Ich
  bitte dich, laß meine Schüsseln dich zum Stillschweigen bringen.
  Apemanthus.
  Ich verschmähe deine Schüsseln; ich wollt' eher dran erworgen, eh
  ich dir jemals schmeicheln wollte. O ihr Götter, wieviel Leute
  essen den Timon, und er sieht sie nicht! Es schmerzt mich, ihrer so
  viele zu sehen, die ihren Bissen in eines einzigen Mannes Blut
  tauchen; und das unsinnigste ist, daß er sie noch dazu aufmuntert.
  Mich wundert nur, daß es Menschen giebt, die sich bey andern
  Menschen sicher halten. Sie sollten einander ohne Messer einladen,
  es wäre gut für ihre Schüsseln, und sichrer für ihr Leben. An
  Beyspielen fehlt es nicht; der Bursche, zum Exempel, der hier zu
  nächst an ihm sizt, das Brodt mit ihm theilt, und thut als ob er
  auch den Athem mit ihm theilen wollte, ist alle Augenblike
  bereitwillig, ihm einen Dolch in das Herz zu stossen. Es sind
  Beweise davon da. Wär' ich ein grosser Herr, ich hätte das Herz
  nicht zu trinken, aus Furcht, sie möchten ausspähen, wo sie meiner
  Luftröhre am besten beykommen könnten; grosse Herren sollten nicht
  anders trinken, als mit einem Harnisch um ihre Gurgel.
  Timon (indem er dem Lucullus zutrinkt.)
  Milord, von Herzen; laßt die Gesundheit herumgehen.
  Lucullus.
  Laßt sie diesen Weg gehen, mein werthester Lord.
  Apemanthus.
  Diesen Weg gehen--Ein braver Kerl; er weiß die Zeit wol in Acht zu
  nehmen; diese Gesundheiten werden noch machen, daß du und dein
  Vermögen die Schwindsucht kriegen werden, Timon.
  (Er langt ein Stük Brodt und einen Krug mit Wasser aus seiner
  Tasche.)
  Hier ist etwas, das zu schwach ist, ein Sünder zu seyn, ehrliches
  Wasser, das noch niemand in den Schuld-Thurm gebracht hat. Mein
  Essen schikt sich zu meinem Trank--
  (Er stellt sich hin, das Tisch-Gebett zu sprechen.)
  Gastmähler sind zu stolz, den Göttern Dank zu sagen.
  Apemanthus (betet:)
  (Ihr Götter, ich spreche euch um keine Reichthümer an, denn ich
  achte sie für Quark; ich bitte für niemand, als mich selbst.
  Verleihet, daß ich niemals so ein guter Narr werde, einem Mann auf
  seinen Eyd zu trauen, oder einer Hure auf ihre Thränen, oder einem
  Hund, der zu schlafen scheint, oder meinen Freunden, wenn ich ihrer
  nöthig habe; Amen, Amen.) Izt zugegriffen! Reiche Leute sündigen,
  und ich esse Wurzeln.
  Timon.
  General Alcibiades, mich däucht, euer Herz ist diesen Augenblik im
  Felde.
  Alcibiades.
  Mein Herz ist allenthalben zu euern Diensten, Milord.
  Timon.
  Ihr wäret lieber bey einem Frühstük von Feinden, als bey einem
  Mittag-Essen von Freunden gewesen.
  Alcibiades.
  Wenn sie so frisch bluten, so ist kein besseres Gericht als sie;
  ich wollte meinen Freund zu einem solchen Schmaus wünschen.*
  Apemanthus.
  Ich wollte also, daß alle diese Schmarozer deine Feinde wären,
  damit du sie umbrächtest, und mich darauf zu Gaste bätest.
  Lucullus.
  Möchten wir nur das Glük haben, Milord, daß ihr uns einmal durch
  etwas auf die Probe sezen wolltet, wobey wir euch unsre Ergebenheit
  in etwas zeigen könnten; es würde uns nichts mehr zu wünschen übrig
  bleiben.
  Timon.
  O, meine guten Freunde, ich zweifle keinen Augenblik, daß die
  Götter für Gelegenheiten gesorgt haben, wo ich eben so viel Hülfe
  von euch erhalten werde; wie wäret ihr sonst meine Freunde gewesen?
  Warum trüget ihr diesen herzrührenden Namen, vor tausenden, wenn
  ihr mein Herz nicht näher angienget? Ich habe über diesen Punct
  mehr von euch zu mir selbst gesagt, als ihr mit Bescheidenheit zu
  euerm eignen Behuf sagen könntet. Ihr Götter, denke ich, wozu
  brauchten wir Freunde zu haben, wenn wir sie niemals nöthig hätten;
  sie würden wie liebliche Instrumente seyn, die in Futteralen
  aufgehangen sind, und ihre Töne für sich selbst behalten. Mein
  Vertrauen zu euch geht so weit, daß ich mich oft ärmer gewünscht
  habe, damit ich euch näher kommen möchte; wir sind dazu gebohren,
  Gutes zu thun. Und was können wir gewisser und eigentlicher unser
  eigen nennen, als die Reichthümer unsrer Freunde? O! was für ein
  unschäzbarer Trost ist das, so viele zu haben, die, wie Brüder,
  einer über des andern Glük und Vermögen schalten können! O Freude,
  die schon eine Freude ist, eh sie gebohren werden kan! Meine Augen
  können nicht Wasser halten, däucht mich; ihren Fehler zu verbessern,
  trink ich euch zu!
  Apemanthus.
  Du weinst nur, um zu machen, daß sie dich trinken.
  Lucullus.
  Das Vergnügen ward auf die nemliche Art in unsern Augen empfangen,
  und kam in demselben Augenblik wie ein neugebohrnes Kind hervor.
  Apemanthus.
  Ho, ho! ich muß lachen, wenn ich denke, daß dieses Kind ein Bastard
  ist.
  Ein andrer von den Gästen.
  Ich versichre euch, ihr habt mich ausserordentlich gerührt.
  Apemanthus.
  Ausserordentlich!
  (Man hört einen Trompeten-Stoß.)
  Timon.
  Was will diese Trompete? was giebt's? (Ein Bedienter kommt herein.)
  Bedienter.
  Gnädiger Herr, es sind etliche Frauenzimmer draussen, welche gerne
  vorgelassen werden möchten.
  Timon.
  Frauenzimmer? Was wollen sie?
  Bedienter.
  Sie bringen einen Vorredner mit, der das Amt trägt, ihr Gewerb
  anzubringen.
  Timon.
  Ich bitte, laßt sie hereinkommen. * Diese Scytische Art zu reden,
  ist nicht im Character eines Atheniensers, noch des Alcibiades. Der
  Alcibiades unsere Autors in diesem Stük gleicht dem Alcibiades, den
  Plutarch schildert, wie ein Affe einem Menschen; er ist ein Held in
  Ostadens Geschmak gemahlt, oder wie--(Dieu le Pere dans sa gloire
  éternelle, peint galamment dans le gout de Wateau.)
  
  Sechste Scene.
  (Cupido mit etlichen Weibspersonen, die als Amazonen gekleidet
   sind, und ein Balletformiren.)
  
  Cupido.
  Heil dir, würdiger Timon, und euch allen, die seine Gütigkeiten
  schmeken! Die fünf vorzüglichsten Sinnen erkennen dich für ihren
  
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