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Wissenschaft der Logik — Band 1 - 20

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  ein für sich Gleichgültiges; es ist, in der Unendlichkeit als
  Fürsichseyn, indem es zugleich eine quantitative Bestimmtheit ist, nur
  als ein Für-Eines.
  Der Begriff des Unendlichen, wie er sich hier abstrakt exponirt hat,
  wird sich zeigen, dem mathematischen Unendlichen zu Grunde liegen, und
  er selbst wird deutlicher werden, indem wir die verschiedenen Stufen
  des Ausdrucks des Quantums als eines Verhältniß-Moments betrachten, von
  der untersten an, wo es noch zugleich Quantum als solches ist, bis zu
  der höhern, wo es die Bedeutung und den Ausdruck eigentlicher
  unendlicher Größe erhält.
  Nehmen wir also zuerst das Quantum in dem Verhältnisse, wie es eine
  gebrochene Zahl ist. Solcher Bruch 2/7 z.B. ist nicht ein Quantum wie
  1, 2, 3 u.s.f., zwar eine gewöhnliche endliche Zahl, jedoch nicht eine
  unmittelbare, wie die ganzen Zahlen, sondern als Bruch mittelbar
  bestimmt durch zwei andere Zahlen, die Anzahl und Einheit gegeneinander
  sind, wobei auch die Einheit eine bestimmte Anzahl ist. Aber von dieser
  nähern Bestimmung derselben gegeneinander abstrahirt, und sie bloß nach
  dem, was ihnen in der qualitativen Beziehung, in der sie hier sind, als
  Quantis widerfährt, betrachtet, so sind 2 und 7 sonst gleichgültige
  Quanta; indem sie aber hier nur als Momente, eines des andern, und
  damit eines Dritten (des Quantums, das der Exponent heißt) auftreten,
  so gelten sie sogleich nicht als 2 und 7, sondern nur nach ihrer
  Bestimmtheit gegeneinander. Statt ihrer kann darum eben so gut 4 und
  14, oder 6 und 21 u.s.f. ins Unendliche gesetzt werden. Hiermit fangen
  sie also an, einen qualitativen Charakter zu haben. Gälten sie als
  bloße Quanta, so ist 2 und 7, schlechthin das eine nur 2, das andere
  nur 7; 4, 14, 6, 21 u.s.f. sind schlechthin etwas Anderes als jene
  Zahlen, und können insofern sie nur unmittelbare Quanta wären, die
  einen nicht an die Stelle der anderen gesetzt werden. Insofern aber und
  nicht nach der Bestimmtheit, solche Quanta zu seyn, gelten, so ist ihre
  gleichgültige Grenze aufgehoben; sie haben somit, nach dieser Seite,
  das Moment der Unendlichkeit an ihnen, indem sie nicht bloß eben nicht
  mehr sie sind, sondern ihre quantitative Bestimmtheit, aber als eine an
  sich seyende qualitative,—nämlich nach dem, was sie im Verhältnisse
  gelten,—bleibt. Es können unendlich viele andere an ihre Stelle gesetzt
  werden, so daß der Werth des Bruches durch, die Bestimmtheit, welche
  das Verhältniß hat, sich nicht ändert.
  Die Darstellung, welche die Unendlichkeit an einem Zahlenbruche hat,
  ist aber darum noch unvollkommen, weil die beiden Seiten des Bruchs, 2
  und 7, aus dem Verhältnisse genommen werden können, und gewöhnliche
  gleichgültige Quanta sind; die Beziehung derselben, im Verhältnisse und
  Momente zu seyn, ist ihnen etwas Äußerliches und Gleichgültiges. Ebenso
  ist ihre Beziehung selbst ein gewöhnliches Quantum, der Exponent des
  Verhältnisses.
  Die Buchstaben, mit denen in der allgemeinen Arithmetik operirt wird,
  die nächste Allgemeinheit, in welche die Zahlen erhoben werden, haben
  die Eigenschaft nicht, daß sie von einem bestimmten Zahlenwerth sind;
  sie sind nur allgemeine Zeichen und unbestimmte Möglichkeiten jedes
  bestimmten Werthes. Der Bruch a/b scheint daher ein passenderer
  Ausdruck des Unendlichen zu seyn, weil a und b aus ihrer Beziehung
  aufeinander genommen, unbestimmt bleiben, und auch getrennt keinen
  besonderen eigenthümlichen Werth haben.—Allein diese Buchstaben sind
  zwar als unbestimmte Größen gesetzt; ihr Sinn aber ist, daß sie irgend
  ein endliches Quantum seyen. Da sie also zwar die allgemeine
  Vorstellung, aber nur von der bestimmten Zahl sind, so ist es ihnen
  ebenfalls gleichgültig, im Verhältnisse zu seyn, und außer demselben
  behalten sie diesen Werth.
  Betrachten wir noch näher, was im Verhältnisse vorhanden ist, so hat es
  die beiden Bestimmungen an ihm, erstlich ein Quantum zu seyn, dieses
  aber ist zweitens nicht als ein unmittelbares, sondern das den
  qualitativen Gegensatz an ihm hat; es bleibt in demselben zugleich
  jenes bestimmte, gleichgültige Quantum dadurch, daß es aus seinem
  Andersseyn, dem Gegensatze, in sich zurückgekehrt, somit auch ein
  Unendliches ist. Diese beiden Bestimmungen stellen sich in der
  folgenden bekannten Form, in ihrem Unterschiede von einander entwickelt
  dar.
  Der Bruch 2/7 kann ausgedrückt werden als 0,285714…als 1 + a + a[hoch2]
  + a[hoch3] u.s.f. So ist er als eine unendliche Reihe; der Bruch selbst
  heißt die Summe oder der endliche Ausdruck derselben. Vergleichen wir
  die beiden Ausdrücke, so stellt der eine, die unendliche Reihe, ihn
  nicht mehr als Verhältniß, sondern nach der Seite dar, daß er ein
  Quantum ist als eine Menge von solchen, die zu einander hinzukommen,
  als eine Anzahl.—Daß die Größen, die ihn als Anzahl ausmachen sollen,
  wieder aus Decimalbrüchen, also selbst aus Verhältnissen bestehen,
  darauf kommt es hier nicht an; denn dieser Umstand betrifft die
  besondere Art der Einheit dieser Größen, nicht sie, insofern sie die
  Anzahl constituiren; wie auch eine aus mehreren Ziffern bestehende
  ganze Zahl des Decimalsystems wesentlich als eine Anzahl gilt, und
  nicht darauf gesehen wird, daß sie aus Produkten einer Zahl und der
  Zahl Zehen und deren Potenzen besteht. So wie es hier auch nicht darauf
  ankommt, daß es andere Brüche giebt als der z. B. genommene 2/7, die zu
  Dezimalbrüchen gemacht, nicht eine unendliche Reihe geben; jeder aber
  kann für ein Zahlensystem von anderer Einheit als eine solche
  ausgedrückt werden.
  Indem nun in der unendlichen Reihe, die den Bruch als Anzahl darstellen
  soll, die Seite, daß er Verhältniß ist, verschwindet, so verschwindet
  auch die Seite, nach welcher er, wie vorhin gezeigt, die Unendlichkeit
  an ihm hatte. Diese aber ist auf eine andere Weise hereingekommen; die
  Reihe ist nämlich selbst unendlich.
  Von welcher Art nun die Unendlichkeit der Reihe sey, erhellt von
  selbst; es ist die schlechte Unendlichkeit des Progresses. Die Reihe
  enthält und stellt den Widerspruch dar, etwas, das ein Verhältniß ist
  und qualitative Natur in ihm hat, als ein Verhältnißloses, als ein
  bloßes Quantum, als Anzahl, darzustellen. Die Folge davon ist, daß an
  der Anzahl, die in der Reihe ausgedrückt ist, immer etwas fehlt, so daß
  über das, was gesetzt ist, immer hinausgegangen werden muß, um die
  geforderte Bestimmtheit zu erreichen. Das Gesetz des Fortgangs ist
  bekannt, es liegt in der Bestimmung des Quantums, die im Bruche
  enthalten ist, und in der Natur der Form, in der sie ausgedrückt werden
  soll. Die Anzahl kann wohl durch Fortsetzung der Reihe so genau gemacht
  werden, als man nöthig hat; aber immer bleibt die Darstellung durch sie
  nur ein Sollen; sie ist mit einem Jenseits behaftet, das nicht
  aufgehoben werden kann, weil ein auf qualitativer Bestimmtheit
  beruhendes als Anzahl auszudrücken der bleibende Widerspruch ist.
  In dieser unendlichen Reihe ist jene Ungenauigkeit wirklich vorhanden,
  von der am wahrhaften mathematischen Unendlichen nur der Schein
  vorkommt. Diese beiden Arten des mathematischen Unendlichen sind so
  wenig zu verwechseln, als die beiden Arten des philosophischen
  Unendlichen. Bei der Darstellung des wahrhaften mathematischen
  Unendlichen ist anfangs die Form der Reihe gebraucht oder auch
  neuerlich wieder hervorgerufen worden. Aber sie ist für dasselbe nicht
  nothwendig; im Gegentheil ist das Unendliche der unendlichen Reihe
  wesentlich von jenem unterschieden, wie die Folge zeigen soll. Diese
  vielmehr steht sogar dem Ausdrucke des Bruches nach.
  Die unendliche Reihe enthält nämlich die schlechte Unendlichkeit, weil
  das, was die Reihe ausdrücken soll, ein Sollen bleibt; und was sie
  ausdrückt, mit einem Jenseits, das nicht verschwindet, behaftet und
  verschieden von dem ist, was ausgedrückt werden soll. Sie ist unendlich
  nicht um der Glieder willen, die gesetzt sind, sondern darum, weil sie
  unvollständig sind, weil das Andere, das zu ihnen wesentlich gehört,
  jenseits ihrer ist; was in ihr da ist, der gesetzten Glieder mögen so
  viele seyn als wollen, ist nur ein Endliches, im eigentlichen Sinne,
  gesetzt als Endliches, d. i. als solches, das nicht ist, was es seyn
  soll. Dagegen ist aber das, was der endliche Ausdruck, oder die Summe
  solcher Reihe genannt wird, ohne Mangel; er enthält den Werth, den die
  Reihe nur sucht, vollständig; das Jenseits ist aus der Flucht
  zurückgerufen; was er ist, und was er seyn soll, ist nicht getrennt,
  sondern ist dasselbe.
  Das beide Unterscheidende liegt näher sogleich darin, daß in der
  unendlichen Reihe das Negative außerhalb ihrer Glieder ist, welche
  Gegenwart haben, indem sie nur als Theile der Anzahl gelten. In dem
  endlichen Ausdrucke dagegen, der ein Verhältniß ist, ist das Negative
  immanent, als das Bestimmtseyn der Seiten des Verhältnisses
  durcheinander, welches ein in sich Zurückgekehrtseyn, sich auf sich
  beziehende Einheit, als Negation der Negation (beide Seiten des
  Verhältnisses sind nur als Momente), ist, hiermit die Bestimmung der
  Unendlichkeit in sich hat.—Zu der That ist also die gewöhnlich
  sogenannte Summe, das 2/7 oder 1/1-a', ein Verhältniß; und dieser
  sogenannte endliche Ausdruck ist der wahrhaft unendliche Ausdruck. Die
  unendliche Reihe dagegen ist in Wahrheit Summe; ihr Zweck ist, das was
  an sich Verhältniß ist, in der Form einer Summe darzustellen, und die
  vorhandenen Glieder der Reihe sind nicht als Glieder eines
  Verhältnisses, sondern eines Aggregats. Sie ist ferner vielmehr der
  endliche Ausdruck; denn sie ist das unvollkommene Aggregat, und bleibt
  wesentlich ein Mangelhaftes. Sie ist nach dem, was in ihr da ist, ein
  bestimmtes Quantum, zugleich aber ein geringeres, als sie seyn soll;
  alsdann auch das, was ihr fehlt, ist ein bestimmtes Quantum; dieser
  fehlende Theil ist in der That das, was das Unendliche an der Reihe
  heißt, nach der nur formellen Seite, daß er ein Fehlendes, ein
  Nichtseyn ist; nach seinem Inhalte ist er ein endliches Quantum. Das
  was in der Reihe da ist, zusammen mit dem was ihr fehlt, macht erst das
  aus, was der Bruch ist, das bestimmte Quantum, das sie gleichfalls seyn
  soll, aber zu seyn nicht vermag. —Das Wort: Unendlich, pflegt, auch in
  der unendlichen Reihe, in der Meinung etwas Hohes und Hehres zu seyn;
  es ist dieß eine Art von Aberglauben, der Aberglaube des Verstands; man
  hat gesehen, wie es sich vielmehr auf die Bestimmung der
  Mangelhaftigkeit reducirt.
  Daß es, kann noch bemerkt werden, unendliche Reihen giebt, die nicht
  summirbar sind, ist in Bezug auf die Form von Reihe überhaupt ein
  äußerlicher und zufälliger Umstand. Sie enthalten eine höhere Art der
  Unendlichkeit, als die summirbaren; nämlich eine Incommensurabilität,
  oder die Unmöglichkeit, das darin enthaltene quantitative Verhältniß
  als ein Quantum, sey es auch als Bruch, darzustellen; die Form der
  Reihe aber als solche, die sie haben, enthält dieselbe Bestimmung der
  schlechten Unendlichkeit, welche in der summirbaren Reihe ist.
  Die so eben am Bruche und an seiner Reihe bemerkte Verkehrung in
  Ansehung des Ausdrucks findet auch Statt, insofern das mathematische
  Unendliche nämlich nicht das so eben genannte sondern das wahrhafte,
  das relative Unendliche,—das gewöhnliche metaphysische dagegen,
  worunter das abstrakte, schlechte Unendliche verstanden wird, das
  absolute genannt worden ist. In der That ist vielmehr dieses
  metaphysische nur das relative, weil die Negation, die es ausdrückt,
  nur so im Gegensatze einer Grenze ist, daß diese außer ihm bestehen
  bleibt, und von ihm nicht aufgehoben wird; das mathematische Unendliche
  hingegen hat die endliche Grenze wahrhaft in sich aufgehoben, weil das
  Jenseits derselben mit ihr vereinigt ist.
  In dem Sinne, in welchem aufgezeigt worden, daß die sogenannte Summe
  oder der endliche Ausdruck einer unendlichen Reihe, vielmehr als der
  unendliche anzusehen ist, ist es vornehmlich, daß Spinoza den Begriff
  der wahren Unendlichkeit gegen den der schlechten aufstellt und durch
  Beispiele erläutert. Sein Begriff gewinnt am neisten Licht, indem ich
  das, was er hierüber sagt, an diese Entwickelung anschließe.
  Er definirt zunächst das Unendliche als die absolute Affirmation der
  Existenz irgend einer Natur, das Endliche im Gegentheil als
  Bestimmtheit, als Verneinung. Die absolute Affirmation einer Existenz
  ist nämlich als ihre Beziehung auf sich selbst zu nehmen, nicht dadurch
  zu seyn, daß ein Anderes ist; das Endliche hingegen ist die Verneinung,
  ein Aufhören als Beziehung auf ein Anderes, das außer ihm anfängt. Die
  absolute Affirmation einer Existenz erschöpft nun zwar den Begriff der
  Unendlichkeit nicht; dieser enthält, daß die Unendlichkeit Affirmation
  ist, nicht als unmittelbare, sondern nur als wiederhergestellte durch
  die Reflexion des Anderen in sich selbst, oder als Negation des
  Negativen. Aber bei Spinoza hat die Substanz und deren absolute Einheit
  die Form von unbewegter d. i. nicht sich mit sich selbst vermittelnder
  Einheit, von einer Starrheit, worin der Begriff der negativen Einheit
  des Selbst, die Subjektivität, sich noch nicht findet.
  Das mathematische Beispiel, womit er das wahre Unendliche (Epist.
  XXIX.) erläutert, ist ein Raum zwischen zwei ungleichen Kreisen, deren
  einer innerhalb des andern, ohne ihn zu berühren, fällt, und die nicht
  koncentrisch sind. Er machte, wie es scheint, sich viel aus dieser
  Figur und dem Begriffe als deren Beispiel er sie gebrauchte, daß er sie
  zum Motto seiner Ethik machte.—"Die Mathematiker, sagt er, schließen,
  daß die Ungleichheiten, die in einem solchen Raume möglich sind,
  unendlich sind, nicht aus der unendlichen Menge der Theile, denn seine
  Größe ist bestimmt und begrenzt, und ich kann größere und kleinere
  solche Räume setzen, sondern weil die Natur der Sache jede Bestimmtheit
  übertrift."—Man sieht, Spinoza verwirftjene Vorstellung vom
  Unendlichen, nach welcher es als Menge oder als Reihe vorgestellt wird,
  die nicht vollendet ist, und erinnert, daß hier an dem Raume des
  Beispiels das Unendliche nichtjenseits, sondern gegenwärtig und
  vollständig ist; dieser Raum ist ein Begrenztes, aber darum ein
  Unendliches, "weil die Natur der Sache jede Bestimmtheit übersteigt,"
  weil die darin enthaltene Größenbestimmung zugleich nicht als ein
  Quantum darstellbar ist, oder nach obigem kantischen Ausdruck das
  Synthesiren nicht zu einem—diskreten—Quantum vollendet werden kann.—Wie
  überhaupt der Gegensatz von kontinuirlichem und diskretem Quantum auf
  das Unendliche führt, soll in einer spätern Anmerkung auseinander
  gesetzt werden.—Jenes Unendliche einer Reihe nennt Spinoza das
  Unendliche der Imagination; das Unendliche hingegen als Beziehung auf
  sich selbst, das Unendliche des Denkens oder infinitum actu. Es ist
  nämlich actu, es ist wirklich unendlich, weil es in sich vollendet und
  gegenwärtig ist. So ist die Reihe, 0,285714… oder 1 + a + a[hoch 2] +
  a[hoch 3]… das Unendliche bloß der Einbildung oder des Meinens; denn es
  hat keine Wirklichkeit, es fehlt ihm schlechthin etwas; hingegen 2/7
  oder 1/1-a ist das wirklich, nicht nur was die Reihe in ihren
  vorhandenen Gliedern ist, sondern noch das dazu, was ihr mangelt, was
  sie nur seyn soll. Das 2/7 oder 1/1-a ist gleichfalls eine endliche
  Größe, wie der zwischen den zwei Kreisen eingeschlossene Raum Spinoza's
  und dessen Ungleichheiten; und kann wie dieser Raum größer oder kleiner
  gemacht werden. Aber es kommt damit nicht die Ungereimtheit eines
  größern oder kleinern Unendlichen heraus; denn dieß Quantum des Ganzen,
  geht das Verhältniß seiner Momente, die Natur der Sache d. h. die
  qualitative Größenbestimmung, nichts an; das was in der unendlichen
  Reihe da ist, ist ebenso ein endliches Quantum, aber außerdem noch ein
  Mangelhaftes.—Die Einbildung dagegen bleibt beim Quantum als solchem
  stehen, und reflektirt nicht auf die qualitative Beziehung, welche den
  Grund der vorhandenen Inkommensurabilität ausmacht.
  Die Inkommensurabilität, welche in dem Beispiel Spinoza's liegt,
  schließt überhaupt die Funktionen krummer Linien in sich, und führt
  näher auf das Unendliche, das die Mathematik bei solchen Funktionen,
  überhaupt bei den Funktionen veränderlicher Größen eingeführt hat, und
  welches das wahrhafte mathematische, quantitative Unendliche ist, das
  auch Spinoza sich dachte. Diese Bestimmung soll nun hier näher erörtert
  werden.
  Was vors erste die für so wichtig geltende Kategorie der
  Veränderlichkeit betrifft, unter welche die in jenen Funktionen
  bezogenen Größen gefaßt werden, so sollen sie zunächst veränderlich
  nicht in dem Sinne seyn, wie im Bruche 2/7 die beiden Zahlen 2 und 7,
  indem eben so sehr 4 und 14, 6 und 21 und so fort ins Unendliche andere
  Zahlen an ihre Stelle gesetzt werden können, ohne den im Bruche
  gesetzten Werth zu ändern. So kann noch mehr in a/b an die Stelle von a
  und b jede beliebige Zahl gesetzt werden, ohne das zu ändern was a/b
  ausdrücken soll. In dem Sinne nur, daß auch an die Stelle von x und y
  einer Funktion eine unendliche d. h. unerschöpfliche Menge von Zahlen
  gesetzt werden könne, sind a und b so sehr veränderliche Größe als
  jene, x und y. Der Ausdruck: veränderliche Größen, ist darum sehr vage,
  und unglücklich gewählt für Größebestimmungen, die ihr Interesse und
  Behandlungsart in etwas in etwas ganz Anderem liegen haben, als in
  ihrer bloßen Veränderlichkeit.
  Um es deutlich zu machen, worin die wahrhafte Bestimmung der Momente
  einer Funktion liegt, mit denen sich das Interesse der höhern Analysis
  beschäftigt, müssen wir die bemerklich gemachten Stufen noch einmal
  durchlaufen. In 2/7 oder a/b sind 2 und 7 jedes für sich, bestimmte
  Quanta und die Beziehung ist ihnen nicht wesentlich; a und b soll
  gleichfalls solche Quanta vorstellen, die auch außer dem Verhältnisse
  bleiben, was sie sind. Ferner ist auch 2/7 und a/b ein fixes Quantum,
  ein Quotient; das Verhältniß macht eine Anzahl aus, deren Einheit der
  Nenner, und die Anzahl dieser Einheiten der Zähler—oder umgekehrt
  ausdrückt; wenn auch 4 und 14 u.s.f. an die Stelle von 2 und 7 treten,
  bleibt das Verhältniß auch als Quantum dasselbe. Dieß verändert sich
  nun aber wesentlich in der Funktion y[hoch 2]/x = p z.B.; hier haben x
  und y zwar den Sinn, bestimmte Quanta seyn zu können; aber nicht x und
  y, sondern nur x und y[hoch 2] haben einen bestimmten Quotienten.
  Dadurch sind diese Seiten des Verhältnisses, x und y, erstens nicht nur
  keine bestimmten Quanta, sondern zweitens ihr Verhältniß ist nicht ein
  fixes Quantum, (noch ist dabei ein solches wie bei a und b gemeint),
  nicht ein fester Quotient, sondern er ist als Quantum schlechthin
  veränderlich. Dieß aber ist allein darin enthalten, daß x nicht zu y
  ein Verhältniß hat, sondern zum Quadrate von y. Das Verhältniß einer
  Größe zur Potenz ist nicht ein Quantum, sondern wesentlich qualitatives
  Verhältniß; das Potenzenverhältniß ist der Umstand, der als
  Grundbestimmung anzusehen ist.—In der Function der geraden Linie y = a
  x aber, ist x/y = a ein gewöhnlicher Bruch und Quotient; diese Funktion
  ist daher nur formell eine Funktion von veränderlichen Größen, oder x
  und y sind hier was a und b in a/b, sie sind nicht in derjenigen
  Bestimmung, in welcher die Differential- und Integralrechnung sie
  betrachtet.—Wegen der besondern Natur der veränderlichen Größen in
  dieser Betrachtungsweise, wäre es zweckmäßig gewesen, für sie sowohl
  einen besonderen Namen, als andere Bezeichnungen einzuführen, als die
  gewöhnlichen der unbekannten Größen in jeder endlichen, bestimmten oder
  unbestimmten Gleichung; um ihrer wesentlichen Verschiedenheit willen
  von solchen bloß unbekannten Größen, die an sich vollkommen bestimmte
  Quanta, oder ein bestimmter Umfang von bestimmten Quantis sind.—Es ist
  auch nur der Mangel des Bewußtseyns, über die Eigenthümlichkeit dessen,
  was das Interesse der höheren Analysis ausmacht und das Bedürfniß und
  die Erfindung des Differential-Kalkuls herbeigeführt hat, daß
  Funktionen des ersten Grades wie die Gleichung der geraden Linie in die
  Behandlung dieses Kalkuls für sich mit hereingenommen werden; seinen
  Antheil an solchem Formalismus hat ferner der Mißverstand, der die an
  sich richtige Forderung der Verallgemeinerung einer Methode dadurch zu
  erfüllen meint, daß die specifische Bestimmtheit, auf
  die sich das Bedürfniß gründet, weggelassen wird, daß es dafür gilt,
  als ob es sich in diesem Felde nur um veränderliche Größen überhaupt
  handle. Es wäre wohl viel Formalismus in den Betrachtungen dieser
  Gegenstände wie in der Behandlung erspart worden, wenn man eingesehen
  hätte, daß derselbe nicht veränderliche Größen als solche, sondern
  Potenzenbestimmungen betreffe.
  Aber es ist noch eine weitere Stufe, auf der das mathematische
  Unendliche in seiner Eigenthümlichkeit hervortritt. In einer Gleichung,
  worin x und y zunächst als durch ein Potenzenverhältniß bestimmt,
  gesetzt sind, sollen x und y als solche noch Quanta bedeuten; diese
  Bedeutung nun geht vollends in den sogenannten unendlich kleinen
  Differenzen gänzlich verloren. d x, d y sind keine Quanta mehr, noch
  sollen sie solche bedeuten, sondern haben allein in ihrer Beziehung
  eine Bedeutung, einen Sinn blos als Momente. Sie sind nicht mehr Etwas,
  das Etwas als Quantum genommen, nicht endliche Differenzen; aber auch
  nicht Nichts, nicht die bestimmungslose Null. Außer ihrem Verhältnisse
  sind sie reine Nullen, aber sie sollen nur als Momente des
  Verhältnisses, als Bestimmungen des Differential-Koefficienten d x/ d y
  genommen werden.
  In diesem Begriff des Unendlichen ist das Quantum wahrhaft zu einem
  qualitativen Daseyn vollendet; es ist als wirklich unendlich gesetzt;
  es ist nicht nur als dieses oder jenes Quantum aufgehoben, sondern als
  Quantum überhaupt. Es bleibt aber die Quantitätsbestimmtheit als
  Element von Quantis, Princip, oder sie wie man auch gesagt hat, in
  ihrem ersten Begriffe.
  Gegen diesen Begriff ist aller Angriff gerichtet, der auf die
  Grundbestimmung der Mathematik dieses Unendlichen, der Differentialund
  Integralrechnung, gemacht worden ist. Unrichtige Vorstellungen der
  Mathematiker selbst veranlaßten es, wenn er nicht anerkannt worden ist;
  vornehmlich aber ist die Unvermögenheit, den Gegenstand als Begriff zu
  rechtfertigen, Schuld an diesen Anfechtungen. Den Begriff kann aber die
  Mathematik, wie oben erinnert worden, hier nicht umgehen; denn als
  Mathematik des Unendlichen schränkt sie sich nicht auf die endliche
  Bestimmtheit ihrer Gegenstände ein,—wie in der reinen Mathematik der
  Raum und die Zahl und deren Bestimmungen nur nach ihrer Endlichkeit
  betrachtet und auf einander bezogen werden—; sondern sie versetzt eine
  von daher aufgenommene und von ihr behandelte Bestimmung in Identität
  mit ihrer entgegengesetzten, wie sie z.B. eine krumme Linie zu einer
  geraden, den Kreis zu einem Polygon u.s.f. macht. Die Operationen, die
  sie sich als Differential- und Integralrechnung erlaubt, sind daher der
  Natur bloß endlicher Bestimmungen und deren Beziehungen gänzlich
  widersprechend und hätten darum ihre Rechtfertigung allein in dem
  Begriff.
  Wenn die Mathematik des Unendlichen daran festhielt, daß jene
  Quantitäts-Bestimmungen verschwindende Größen d. h. solche, die nicht
  mehr irgend ein Quantum, aber auch nicht Nichts, sondern noch eine
  Bestimmtheit gegen Anderes sind, so schien nichts klarer, als daß es
  keinen solchen Mittelzustand, wie man es nannte, zwischen Seyn und
  Nichts gebe.—Was es mit diesem Einwurfe und sogenannten Mittelzustande
  auf sich habe, ist oben bereits bei der Kategorie des Werdens, Anmerk.
  4. gezeigt. Allerdings ist die Einheit des Seyns und Nichts kein
  Zustand; ein Zustand wäre eine Bestimmung des Seyns und Nichts, worein
  diese Momente nur etwa zufälligerweise gleichsam als in eine Krankheit
  oder äußerliche Affektion durch ein irrthümliches Denken gerathen
  sollten; sondern diese Mitte und Einheit, das Verschwinden oder eben so
  das Werden, ist vielmehr allein ihre Wahrheit.
  Was unendlich sey, ist ferner gesagt worden, sey nicht vergleichbar als
  ein Größeres oder Kleineres; es könne daher nicht ein Verhältniß von
  Unendlichen zu Unendlichen, noch Ordnungen oder Dignitäten des
  Unendlichen geben, als welche Unterschiede der unendlichen Differenzen
  in der Wissenschaft derselben vorkommen.—Es liegt bei diesem schon
  erwähnten Einwurfe immer die Vorstellung zu Grunde, daß hier von
  Quantis die Rede seyn solle, die als Quanta verglichen werden; daß
  Bestimmungen, die keine Quanta mehr sind, kein Verhältniß mehr zu
  einander haben. Vielmehr ist aber das, was nur im Verhältniß ist, kein
  Quantum; das Quantum ist eine solche Bestimmung, die außer ihrem
  Verhältniß ein vollkommen gleichgültiges Daseyn haben, der ihr
  Unterschied von einem anderen gleichgültig seyn soll, da hingegen das
  qualitative nur das ist, was es in seinem Unterschiede von dnem Anderen
  ist. Jene unendlichen Größen sind daher nicht nur vergleichbar, sondern
  sind nur als Momente der Vergleichung, des Verhältnisses.
  Ich führe die wichtigsten Bestimmungen an, welche in der Mathematik
  über dieß Unendliche gegeben worden sind; es wird daraus erhellen, daß
  denselben der Gedanke der Sache, übereinstimmend mit dem hier
  entwickelten Begriffe, zu Grunde liegt, daß ihre Urheber ihn aber als
  Begriff nicht ergründeten und bei der Anwendung wieder Auskunftsmittel
  nöthig hatten, welche ihrer besseren Sache widersprechen.
  Der Gedanke kann nicht richtiger bestimmt werden, als Newton ihn
  gegeben hat. Ich trenne dabei die Bestimmungen ab, die der Vorstellung
  der Bewegung und der Geschwindigkeit angehören, (von welcher er
  vornehmlich den Namen Fluxionen nahm), weil der Gedanke hierin nicht in
  der gehörigen Abstraktion, sondern konkret, vermischt mit
  außerwesentlichen Formen erscheint. Diese Fluxionen erklärt Newton
  (Princ. mathem. phil. nat. L. 1. Lemma XI. Schol.) dahin, daß er nicht
  untheilbare—eine Form, deren sich frühere Mathematiker, Cavalleri und
  andere, bedienten, und welche den Begriff eines an sich bestimmten
  Quantums enthält,—verstehe, sondern verschwindende Theilbare. Ferner
  nicht Summen und Verhältnisse bestimmter Theile, sondern die Grenzen
  (limites) der Summen, und Verhältnisse. Es werde die Einwendung
  gemacht, daß verschwindende Größen kein letztes Verhältniß haben, weil
  es, ehe sie verschwunden, nicht das Letzte, und wenn sie verschwunden,
  keines mehr ist. Aber unter dem Verhältnisse verschwindender Größen sey
  das Verhältniß zu verstehen, nicht eh sie verschwinden, und nicht
  nachher, sondern mit dem sie verschwinden ( quacum evanescunt ). Eben
  so ist das erste Verhältniß werdender Größen, das mit dem sie werden.
  Nach dem damaligen Stande der wissenschaftlichen Methode wurde nur
  erklärt, was unter einem Ausdrucke zu verstehen sey; daß aber dieß oder
  jenes darunter zu verstehen sey, ist eigentlich eine subjektive
  Zumuthung oder auch eine historische Forderung, wobei nicht gezeigt
  wird, daß ein solcher Begriff an und für sich nothwendig ist und innere
  Wahrheit hat. Allein das Angeführte zeigt, daß der von Newton
  aufgestellte Begriff dem entspricht, wie die unendliche Größe sich in
  der obigen Darstellung aus der Reflexion des Quantums in sich ergab. Es
  sind Größen verstanden, in ihrem Verschwinden, d. h. die nicht mehr
  Quanta sind; ferner nicht Verhältnisse bestimmter Theile, sondern die
  Grenzen des Verhältnisses. Es sollen also sowohl die Quanta für sich,
  die Seiten des Verhältnisses, als damit auch das Verhältniß, insofern
  es ein Quantum wäre, verschwinden; die Grenze des Größen-Verhältnisses
  ist, worin es ist und nicht ist; dieß heißt genauer, worin das Quantum
  verschwunden, und damit das Verhältniß nur als qualitatives
  Quantitäts-Verhältniß, und die Seiten desselben ebenso als qualitative
  Quantitäts-Momente erhalten sind.—Newton fügt hinzu, daß daraus, daß es
  letzte Verhältnisse der verschwindenden Größen gebe, nicht zu schließen
  sey, daß es letzte Größen, Untheilbare, gebe. Dieß wäre nämlich wieder
  ein Absprung von dem abstrakten Verhältnisse auf solche Seiten
  desselben, welche für sich außer ihrer Beziehung einen Werth haben
  sollten, als Untheilbare, als etwas, das ein Eins, ein Verhältnißloses
  seyn würde.
  Gegen jenen Mißverstand erinnert er noch, daß die letzten Verhältnisse
  nicht Verhältnisse letzter Größen seyen, sondern Grenzen, denen die
  Verhältnisse der ohne Grenze abnehmenden Größen näher sind als jeder
  gegebene d. h. endliche Unterschied, welche Grenze sie aber nicht
  überschreiten, so daß sie Nichts würden.—Unter letzten Größen hätten
  
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