Wie es Euch gefällt - 5

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Dies hieß mich meine Phöbe übergeben;
Ich weiß den Inhalt nicht; doch, wie ich riet
Aus finstrer Stirn und zorniger Gebärde,
Die sie gemacht hat, während sie es schrieb,
So muß es zornig lauten; mir verzeiht,
Denn ich bin schuldlos, Bote nur dabei.
Rosalinde.
Bei diesem Briefe müßte die Geduld
Selbst sich empören und den Lärmer spielen;
Wer das hier hinnimmt, der nimmt alles hin.
Sie sagt, ich sei nicht schön, sei ungezogen,
Sie nennt mich stolz, und könne mich nicht lieben,
Wenn Männer selten wie der Phönix wären.
Ihr Herz ist auch der Hase, den ich jage.
Potz alle Welt! was schreibt sie so an mich?
Hört, Schäfer, diesen Brief habt Ihr erdacht.
Silvius.
Nein, ich beteur', ich weiß vom Inhalt nicht.
Sie schrieb ihn selbst.
Rosalinde.
Geht, geht! Ihr seid ein Narr,
Den Liebe bis aufs Äußerste gebracht.
Ich sah wohl ihre Hand: sie ist wie Leder,
'ne sandsteinfarbne Hand; ich glaubte in der Tat,
Sie hätte ihre alten Handschuh an,
Doch waren's ihre Hände--sie hat Hände
Wie eine Bäurin--doch das macht nichts aus;
Ich sage, nie erfand sie diesen Brief,
Hand und Erfindung ist von einem Mann.
Silvius.
Gewiß, er ist von ihr.
Rosalinde.
Es ist ein tobender und wilder Stil,
Ein Stil für Raufer; wie ein Türk dem Christen,
So trotzt sie mir. Ein weibliches Gehirn
Kann nicht so riesenhafte Dinge zeugen,
So äthiopsche Worte schwärzern Sinns,
Als wie sie aussehn.--Wollt Ihr selber hören?
Silvius.
Wenn's Euch beliebt; noch hört ich nicht den Brief,
Doch schon zuviel von Phöbes Grausamkeit.
Rosalinde.
Sie phöbet mich; hör an, wie die Tyrannin schreibt:
(Liest.)
"Bist du Gott im Hirtenstand,
Der ein Mädchenherz entbrannt?"
Kann ein Weib so höhnen?
Silvius.
Nennt Ihr das höhnen?
Rosalinde.
"Des verborgne Götterschaft
Qual in Weiberherzen schafft?"
Hörtet Ihr je solches Höhnen?
"Männer mochten um mich werben,
Nimmer bracht es mir Verderben."
--Als wenn ich ein Tier wäre.
"Wenn deiner lichten Augen Hohn
Erregte solche Liebe schon,
Ach, wie müßt' ihr milder Schein
Wunderwirkend in mir sein!
Da du schaltest, liebt ich dich;
Bätest du, was täte ich?
Der mein Lieben bringt zu dir,
Kennt dies Lieben nicht in mir.
Gib ihm denn versiegelt hin,
Ob dein jugendlicher Sinn
Nimmt das treue Opfer an
Von mir und allem, was ich kann.
Sonst schlag durch ihn mein Bitten ab,
Und dann begehr ich nur ein Grab."
Silvius.
Nennt Ihr das schelten?
Celia.
Ach, armer Schäfer!
Rosalinde.
Habt Ihr Mitleid mit ihm? Nein, er verdient kein Mitleid.--Willst
du solch ein Weib lieben?--Was? dich zum Instrument zu machen,
worauf man falsche Töne spielt? Nicht auszustehn!--Gut, geht Eures
Weges zu ihr (denn ich sehe, die Liebe hat einen zahmen Wurm aus
dir gemacht), und sagt ihr dies: Wenn sie mich liebt, befehle ich
ihr an, dich zu lieben; wenn sie nicht will, so habe ich nichts mit
ihr zu tun, es sei denn, daß du für sie bittest.--Wenn Ihr wahrhaft
liebt, fort, und keine Silbe mehr, denn hier kommt jemand.
(Silvius ab.)
(Oliver tritt auf.)
Oliver.
Guten Morgen, schöne Kinder! Wißt ihr nicht,
Wo hier im Wald herum 'ne Schäferei,
Beschattet von Olivenbäumen, steht?
Celia.
Westwärts von hier, den nahen Grund hinunter,
Bringt Euch die Reih von Weiden längs dem Bach,
Laßt Ihr sie rechter Hand, zum Orte hin.
Allein um diese Stunde hütet sich
Die Wohnung selber; es ist niemand drin.
Oliver.
Wenn eine Zung ein Auge kann belehren,
Müßt ich euch kennen der Beschreibung nach:
Die Tracht, die Jahre so. "Der Knab ist blond,
Von Ansehn weiblich, und er nimmt sich aus
Wie eine reife Schwester; doch das Mädchen
Ist klein und brauner als ihr Bruder." Seid ihr
Des Hauses Eigner nicht, das ich erfragt?
Celia.
Weil Ihr uns fragt: ja, ohne Prahlerei.
Oliver.
Orlando grüßt Euch beide, und er schickt
Dem Jüngling, den er seine Rosalinde
Zu nennen pflegt, dies blutge Tuch. Seid Ihr's?
Rosalinde.
Ich bin's. Was will er uns damit bedeuten?
Oliver.
Zu meiner Schand etwas, erfahrt Ihr erst,
Was für ein Mensch ich bin, und wo und wie
Dies Tuch befleckt ward.
Celia.
Sagt, ich bitt Euch drum.
Oliver.
Da jüngst Orlando sich von Euch getrennt,
Gab er sein Wort, in einer Stunde wieder
Zurück zu sein; und schreitend durch den Wald
Käut' er die Kost der süß und bittern Liebe.--
Seht, was geschah! Er warf sein Auge seitwärts
Und denkt, was für ein Gegenstand sich zeigt:
Am alten Eichbaum mit bemoosten Zweigen,
Den hohen Gipfel kahl von dürrem Alter,
Lag ein zerlumpter Mann, ganz überhaart,
Auf seinem Rücken schlafend; um den Hals
Wand eine grün und goldne Schlange sich,
Die mit dem Kopf, zu Drohungen behend,
Dem offnen Munde nahte; aber schnell,
Orlando sehend, wickelt sie sich los
Und schlüpft im Zickzack gleitend in den Busch.
In dessen Schatten hatte eine Löwin,
Die Euter ausgezogen, sich gelagert,
Den Kopf am Boden, katzenartig lauernd,
Bis sich der Schläfer rührte; denn es ist
Die königliche Weise dieses Tiers,
Auf nichts zu fallen, was als tot erscheint.
Dies sehend, naht' Orlando sich dem Mann
Und fand, sein Bruder war's, sein ältster Bruder.
Celia.
Oh, von dem Bruder hört ich wohl ihn sprechen,
Und als den unnatürlichsten, der lebte,
Stellt' er ihn vor.
Oliver.
Und konnt es auch mit Recht;
Denn gar wohl weiß ich, er war unnatürlich.
Rosalinde.
Orlando aber?--Ließ er ihn zum Raub
Der hungrigen und ausgesognen Löwin?
Oliver.
Zweimal wandt er den Rücken und gedacht es;
Doch Milde, edler als die Rache stets,
Und die Natur, der Lockung überlegen,
Vermochten ihn, die Löwin zu bekämpfen,
Die baldigst vor ihm fiel. Bei diesem Strauß
Erwacht ich von dem unglückselgen Schlummer.
Celia.
Seid (Ihr) sein Bruder?
Rosalinde.
Hat er (Euch) gerettet?
Celia.
Ihr wart es, der so oft ihn töten wollte?
Oliver.
Ich war's, doch bin ich's nicht; ich scheue nicht
Zu sagen, wer ich war; da die Bekehrung
So süß mich dünkt, seit ich ein andrer bin.
Rosalinde.
Allein das blutge Tuch?
Oliver.
Im Augenblick,
Da zwischen uns, vom ersten bis zum letzten,
Nun Tränen die Berichte mild gebadet,
Wie ich gelangt an jenen wüsten Platz--
Geleitet' er mich zu dem edlen Herzog,
Der frische Kleidung mir und Speise gab,
Der Liebe meines Bruders mich empfehlend,
Der mich sogleich in seine Höhle führte.
Er zog sich aus, da hatt ihm hier am Arm
Die Löwin etwas Fleisch hinweggerissen,
Das unterdes geblutet; er fiel in Ohnmacht
Und rief nach Rosalinden, wie er fiel.
Ich bracht ihn zu sich selbst, verband die Wunde,
Und da er bald darauf sich stärker fühlte,
Hat er mich hergesandt, fremd, wie ich bin,
Dies zu berichten, daß Ihr ihm den Bruch
Des Wortes mögt verzeihn; und dann dies Tuch,
Mit seinem Blut gefärbt, dem jungen Schäfer
Zu bringen, den er seine Rosalinde
Im Scherz zu nennen pflegt.
Celia.
Was gibt es, Ganymed? mein Ganymed?
(Rosalinde fällt in Ohnmacht.)
Oliver.
Wenn manche Blut sehn, fallen sie in Ohnmacht.
Celia.
Ach, dies bedeutet mehr! Mein Ganymed!
Oliver.
Seht, er kommt wieder zu sich.
Rosalinde.
Ich wollt, ich wär zu Haus.
Celia.
Wir führen dich dahin.--
Ich bitt Euch, wollt Ihr unterm Arm ihn fassen?
Oliver.
Faßt nur Mut, junger Mensch!--Ihr ein Mann?--Euch fehlt ein
männlich Herz.
Rosalinde.
Das tut es, ich gesteh's. Ach, Herr, jemand könnte denken, das
hieße sich recht verstellen. Ich bitte Euch, sagt Eurem Bruder,
wie gut ich mich verstellt habe.--Ah! ha!
Oliver.
Das war keine Verstellung; Eure Farbe legt ein zu starkes Zeugnis
ab, daß es eine ernstliche Gemütsbewegung war.
Rosalinde.
Verstellung, ich versichre Euch.
Oliver.
Gut also, faßt ein Herz und stellt Euch wie ein Mann.
Rosalinde.
Das tu ich, aber von Rechts wegen hätte ich ein Weib werden sollen.
Celia.
Kommt--Ihr seht immer blässer und blässer--ich bitte Euch, nach
Hause. Lieber Herr, geht mit uns.
Oliver. Gern, denn ich muß ja meinem Bruder melden, wie weit Ihr
ihn entschuldigt, Rosalinde.
Rosalinde.
Ich will etwas ausdenken; aber ich bitte Euch, rühmt ihm meine
Verstellung.--Wollt Ihr gehn.
(Alle ab)


Fünfter Aufzug

Erste Szene
Der Wald
(Probstein und Käthchen kommen)

Probstein.
Wir werden die Zeit schon finden, Käthchen. Geduld, liebes
Käthchen!
Käthchen.
Wahrhaftig, der Pfarrer war gut genug, was auch der alte Herr sagen
mochte.
Probstein.
Ein abscheulicher Ehrn Olivarius, Käthchen, ein entsetzlicher
Textdreher. Aber, Käthchen, da ist ein junger Mensch hier im Walde,
der Anspruch auf dich macht.
Käthchen.
Ja, ich weiß, wer es ist; er hat in der Welt nichts an mich zu
fordern. Da kommt der Mensch, den Ihr meint.
(Wilhelm kommt.)
Probstein.
Es ist mir ein rechtes Labsal, so einen Tölpel zu sehen. Meiner
Treu, wir, die mit Witz gesegnet sind, haben viel zu verantworten.
Wir müssen necken, wir können's nicht lassen.
Wilhelm.
Guten Abend, Käthchen.
Käthchen.
Schönen guten Abend, Wilhelm.
Wilhelm.
Und Euch, Herr, einen guten Abend.
Probstein.
Guten Abend, lieber Freund. Bedeck den Kopf! bedeck den Kopf!
Nun, sei so gut, bedecke dich! Wie alt seid Ihr, Freund?
Wilhelm.
Fünfundzwanzig, Herr.
Probstein.
Ein reifes Alter. Ist dein Name Wilhelm?
Wilhelm.
Wilhelm, Herr.
Probstein.
Ein schöner Name. Bist hier im Walde geboren?
Wilhelm.
Ja, Herr, Gott sei Dank!
Probstein.
"Gott sei Dank"--eine gute Antwort. Bist reich?
Wilhelm.
Nun, Herr, so, so.
Probstein.
"So, so" ist gut, sehr gut, ganz ungemein gut--nein, doch nicht, es
ist nur so so. Bist du weise?
Wilhelm.
Ja, Herr, ich hab einen hübschen Verstand.
Probstein.
Ei, wohl gesprochen! Da fällt mir ein Sprichwort ein: "Der Narr
hält sich für weise, aber der Weise weiß, daß er ein Narr ist."
Wenn der heidnische Philosoph Verlangen trug, Weinbeeren zu essen,
so öffnete er die Lippen, indem er sie in den Mund steckte; damit
wollte er sagen, Weinbeeren wären zum Essen gemacht und Lippen zum
Öffnen. Ihr liebt dieses Mädchen?
Wilhelm.
Das tu ich, Herr.
Probstein.
Gebt mir Eure Hand. Bist du gelehrt?
Wilhelm.
Nein, Herr.
Probstein.
So lerne dieses von mir: haben ist haben, denn es ist eine Figur in
der Redekunst, daß Getränk, wenn es aus einem Becher in ein Glas
geschüttet wird, eines leer macht, indem es das andere anfüllt;
denn alle unsre Schriftsteller stimmen darin überein: (ipse) ist er;
Ihr seid aber nicht (ipse,)denn ich bin "er".
Wilhelm.
Was für ein "er", Herr?
Probstein.
Der "er", Herr, der dies Mädchen heiraten muß. Also, Ihr Tölpel,
meidet--was in der Pöbelsprache heißt, verlaßt--den Umgang--was auf
bäurisch heißt, die Gesellschaft--dieser Frauensperson--was im
gemeinen Leben heißt, Mädchen; welches alles zusammen heißt: meidet
den Umgang dieser Frauensperson, oder, Tölpel, du kommst um; oder,
damit du es besser verstehst, du stirbst; nämlich ich töte dich,
schaffe dich aus der Welt, bringe dich vom Leben zum Tode, von der
Freiheit zur Knechtschaft. Ich will dich mit Gift bedienen, oder
mit Bastonaden, oder mit dem Stahl; ich will eine Partei gegen dich
zusammenrotten, dich mit Politik überwältigen; ich will dich auf
hundertundfünfzig Arten umbringen: darum zittre und zieh ab.
Käthchen.
Tu es, guter Wilhelm.
Wilhelm.
Gott erhalt Euch guter Dinge, Herr.
(Ab.)
(Corinnus kommt.)
Corinnus.
Unsre Herrschaft sucht Euch. Kommt! geschwind! geschwind!
Probstein.
Lauf, Käthchen! Lauf, Käthchen! Ich komme nach, ich komme nach.
(Alle ab.)

Zweite Szene
Ebendaselbst
(Orlando und Oliver treten auf)

Orlando.
Ist es möglich, daß Ihr auf so geringe Bekanntschaft Neigung zu ihr
gefaßt? Kaum saht Ihr sie, so liebtet Ihr; kaum liebtet Ihr, so
warbt Ihr; kaum habt Ihr geworben, so sagt sie auch ja? Und Ihr
beharrt darauf, sie zu besitzen?
Oliver.
Macht Euch weder aus der Übereilung darin ein Bedenken, noch aus
ihrer Armut, der geringen Bekanntschaft, meinem schnellen Werben,
oder aus ihrem raschen Einwilligen, sondern sagt mit mir: ich liebe
Aliena; sagt mit ihr: daß sie mich liebt; willigt mit beiden ein,
daß wir einander besitzen mögen. Es soll zu Eurem Besten sein,
denn meines Vaters Haus und alle Einkünfte des alten Herrn Roland
will ich Euch abtreten und hier als Schäfer leben und sterben.
(Rosalinde kommt.)
Orlando.
Ihr habt meine Einwilligung. Laßt Eure Hochzeit morgen sein, ich
will den Herzog dazu einladen und sein ganzes frohes Gefolge. Geht
und bereitet Aliena vor; denn seht Ihr, hier kommt meine Rosalinde.
Rosalinde.
Gott behüte Euch, Bruder.
Oliver.
Und Euch, schöne Schwester.
Rosalinde.
Oh, mein lieber Orlando, wie bekümmert es mich, dich dein Herz in
einer Binde tragen zu sehn.
Orlando.
Meinen Arm.
Rosalinde.
Ich dachte, dein Herz wäre von den Klauen eines Löwen verwundet
worden.
Orlando.
Verwundet ist es, aber von den Augen eines Fräuleins.
Rosalinde.
Hat Euch Euer Bruder erzählt, wie ich mich stellte, als fiel ich in
Ohnmacht, da er mir Euer Tuch zeigte?
Orlando.
Ja, und größere Wunder als das.
Rosalinde.
O ich weiß, wo Ihr hinauswollte--Ja, es ist wahr, niemals ging noch
etwas so schnell zu, außer etwa ein Gefecht zwischen zwei Widdern
und Cäsars thrasonisches Geprahle: "Ich kam, sah und siegte." Denn
Euer Bruder und meine Schwester trafen sich nicht so bald, so sahen
sie; sahen nicht so bald, so liebten sie; liebten nicht so bald, so
seufzten sie; seufzten nicht so bald, so fragten sie einander nach
der Ursache; wußten nicht so bald die Ursache, so suchten sie das
Hilfsmittel; und vermittels dieser Stufen haben sie eine Treppe zum
Ehestande gebaut, die sie unaufhaltsam hinaufsteigen, oder
unenthaltsam vor dem Ehestande sein werden. Sie sind in der
rechten Liebeswut, sie wollen zusammen, man brächte sie nicht mit
Keulen auseinander.
Orlando.
Sie sollen morgen verheiratet werden, und ich will den Herzog zur
Vermählung laden. Aber ach! welch bittres Ding ist es,
Glückseligkeit nur durch andrer Augen zu erblicken! Um desto mehr
werde ich morgen auf dem Gipfel der Schwermut sein, je glücklicher
ich meinen Bruder schätzen werde, indem er hat, was er wünscht.
Rosalinde.
Wie nun? morgen kann ich Euch nicht statt Rosalindens dienen?
Orlando.
Ich kann nicht länger von Gedanken leben.
Rosalinde.
So will ich Euch denn nicht länger mit eitlem Geschwätz ermüden.
Wißt also von mir (denn jetzt rede ich nicht ohne Bedeutung), daß
ich weiß, Ihr seid ein Edelmann von guten Gaben. Ich sage dies
nicht, damit Ihr eine gute Meinung von meiner Wissenschaft fassen
sollt, insofern ich sage: ich (weiß,)daß Ihr es seid, noch strebe
ich nach einer größern Achtung, als die Euch einigermaßen Glauben
ablocken kann, zu Eurem eignen Besten, nicht zu meinem Ruhm.
Glaubt denn, wenn's Euch beliebt, daß ich wunderbare Dinge vermag;
seit meinem dritten Jahr hatte ich Verkehr mit einem Zauberer von
der tiefsten Einsicht in seiner Kunst, ohne doch verdammlich zu
sein. Wenn Euch Rosalinde so sehr am Herzen liegt, als Euer
Benehmen laut bezeugt, so sollt Ihr sie heiraten, wann Euer Bruder
Aliena heiratet. Ich weiß, in welche bedrängte Lage sie gebracht
ist, und es ist mir nicht unmöglich, wenn Ihr nichts dagegen habt,
sie Euch morgen vor die Augen zu stellen, leibhaftig und ohne
Gefährde.
Orlando.
Sprichst du in nüchternem Ernst?
Rosalinde.
Das tu ich bei meinem Leben, das ich sehr wert halte, sage ich
gleich, daß ich Zauberei verstehe. Also werft Euch in Euren besten
Staat, ladet Eure Freunde; denn wollt Ihr morgen verheiratet werden,
so sollt ihr's, und mit Rosalinden, wenn Ihr wollt
(Silvius und Phöbe treten auf.)
Seht, da kommen Verliebte, die eine in mich und der andere in sie.
Phöbe.
Es war von Euch sehr unhold, junger Mann,
Den Brief zu zeigen, den ich an Euch schrieb.
Rosalinde.
Ich frage nichts danach, es ist mein Streben,
Verachtungsvoll und unhold Euch zu scheinen.
Es geht Euch da ein treuer Schäfer nach;
Ihn blickt nur an, ihn liebt, er huldigt Euch.
Phöbe.
Sag, guter Schäfer, diesem jungen Mann,
Was lieben heißt.
Silvius.
Es heißt, aus Seufzern ganz bestehn und Tränen,
Wie ich für Phöbe.
Phöbe.
Und ich für Ganymed.
Orlando.
Und ich für Rosalinde.
Rosalinde.
Und ich für keine Frau.
Silvius.
Es heißt aus Treue ganz bestehn und Eifer,
Wie ich für Phöbe.
Phöbe.
Und ich für Ganymed.
Orlando.
Und ich für Rosalinde.
Rosalinde.
Und ich für keine Frau.
Silvius.
Es heißt, aus nichts bestehn als Phantasie,
Aus nichts als Leidenschaft, aus nichts als Wünschen,
Ganz Anbetung, Ergebung und Gehorsam,
Ganz Demut, ganz Geduld und Ungeduld,
Ganz Reinheit, ganz Bewährung, ganz Gehorsam.
Und so bin ich für Phöbe.
Phöbe.
Und so bin ich für Ganymed.
Orlando.
Und so bin ich für Rosalinde.
Rosalinde.
Und so bin ich für keine Frau.
Phöbe (zu Rosalinden).
Wenn dem so ist, was schmäht Ihr meine Liebe?
Silvius (zu Phöbe).
Wenn dem so ist, was schmäht Ihr meine Liebe?
Orlando.
Wenn dem so ist, was schmäht Ihr meine Liebe?
Rosalinde.
Wem sagt Ihr das: "Was schmäht Ihr meine Liebe?"
Orlando.
Der, die nicht hier ist, und die mich nicht hört.
Rosalinde.
Ich bitte Euch, nichts mehr davon; es ist, als wenn die Wölfe gegen
den Mond heulen.--(Zu Silvius.)
Ich will Euch helfen, wenn ich kann.--(Zu Phöbe.)
Ich wollte Euch lieben, wenn ich könnte.--Morgen kommen wir alle
zusammen.--(Zu Phöbe.)

Ich will Euch heiraten, wenn ich je ein Weib heirate, und ich
heirate morgen.--(Zu Orlando.) Ich will Euch Genüge leisten, wenn
ich je irgendwem Genüge leistete, und Ihr sollt morgen verheiratet
werden.--(Zu Silvius.)
Ich will Euch zufriedenstellen, wenn das, was Euch gefällt, Euch
zufriedenstellt, und Ihr sollt morgen heiraten.--(Zu Orlando.)
So wahr Ihr Rosalinde liebt, stellt Euch ein.--(Zu Silvius.)
So wahr Ihr Phöbe liebt, stellt Euch ein--und so wahr ich kein Weib
liebe, werde ich mich einstellen. Damit gehabt euch wohl! ich
habe euch meine Befehle zurückgelassen.
Silvius.
Ich bleibe nicht aus, wenn ich das Leben behalte.
Phöbe.
Ich auch nicht.
Orlando.
Ich auch nicht.
(Alle ab.)

Dritte Szene
Ebendaselbst
(Probstein und Käthchen kommen)

Probstein.
Morgen ist der frohe Tag, Käthchen; morgen heiraten wir uns.
Käthchen.
Mich verlangt von ganzem Herzen danach, und ich hoffe, es ist kein
unehrbares Verlangen, wenn mich verlangt, eine Frau wie andre auch
zu werden. Hier kommen zwei von des verbannten Herzogs Pagen.
(Zwei Pagen kommen.)
Erster Page.
Schön getroffen, wackrer Herr!
Probstein.
Wahrhaftig, schön getroffen! Kommt, setzt euch, setzt euch, und
ein Lied.
Zweiter Page.
Damit wollen wir aufwarten; setzt Euch zwischen uns.--Sollen wir
frisch dran, ohne uns zu räuspern, oder auszuspeien, oder zu sagen,
daß wir heiser sind, womit man immer einer schlechten Stimme die
Vorrede hält?
Erster Page.
Gut! gut! und beide aus einem Tone, wie zwei Zigeuner auf einem
Pferde.
Lied.
Ein Liebster und sein Mädel schön,
Mit heisa und ha und juchheisa trala!
Die täten durch das Kornfeld gehn
Zur Maienzeit, der lustigen Paarezeit,
Wann Vögel singen, tirlirelirei:
Süß Liebe liebt den Mai. Und zwischen Halmen auf dem Rain,
Mit heisa und ha und juchheisa trala!
Legt sich das hübsche Paar hinein,
Zur Maienzeit, der lustigen Paarezeit,
Wann Vögel singen, tirlirelirei:
Süß Liebe liebt den Mai. Sie sangen diese Melodei,
Mit heisa und ha und juchheisa trala,
Wie's Leben nur 'ne Blume sei,
Zur Maienzeit, der lustigen Paarezeit,
Wann Vögel singen, tirlirelirei:
Süß Liebe liebt den Mai. So nutzt die gegenwärtige Zeit,
Mit heisa und ha und juchheisa trala!
Denn Liebe lacht im Jugendkleid,
Zur Maienzeit, der lustigen Paarezeit,
Wann Vögel singen, tirlirelirei:
Süß Liebe liebt den Mai.

Probstein.
Wahrhaftig, meine jungen Herren, obschon das Lied nicht viel sagen
wollte, so war die Weise doch sehr unmelodisch.
Erster Page.
Ihr irrt Euch, Herr, wir hielten das Tempo, wir haben die Zeit
genau in acht genommen.
Probstein.
Ja, meiner Treu! ich könnte die Zeit auch besser in acht nehmen,
als ein solch albernes Lied anzuhören. Gott befohlen! und er
verleihe euch beßre Stimmen.--Komm, Käthchen!
(Alle ab.)

Vierte Szene
Ein anderer Teil des Waldes
(Der Herzog. Amiens, Jacques, Orlando, Oliver und Celia treten auf)

Herzog.
Und glaubst du denn, Orlando, daß der Knabe
Dies alles kann, was er versprochen hat?
Orlando.
Zuweilen glaub ich's, und zuweilen nicht,
So wie, wer fürchtet, hofft, und weiß, er fürchte.
(Rosalinde, Silvius und Phöbe treten auf.)
Rosalinde.
Habt noch Geduld, indes wir den Vertrag
In Ordnung bringen, Herzog, Ihr erklärt,
Daß, wenn ich Eure Rosalinde stelle,
Ihr dem Orlando hier sie geben wollt?
Herzog.
Ja, hätt ich Königreich' ihr mitzugeben.
Rosalinde (zu Orlando).
Ihr sagt, Ihr wollt sie, wenn ich sie Euch bringe?
Orlando.
Ja, wär ich aller Königreiche König.
Rosalinde (zu Phöbe).
Ihr sagt, Ihr wollt mich nehmen, wenn ich will?
Phöbe.
Das will ich, stürb ich gleich die Stunde drauf.
Rosalinde.
Wenn Ihr Euch aber weigert, mich zu nehmen,
Wollt Ihr Euch diesem treuen Schäfer geben?
Phöbe.
So ist der Handel.
Rosalinde (zu Silvius).
Ihr sagt, wenn Phöbe will, wollt Ihr sie haben?
Silvius.
Ja, wär sie haben und der Tod auch eins.
Rosalinde.
Und ich versprach, dies alles auszugleichen.
O Herzog, haltet Wort, gebt Eure Tochter;
Orlando, haltet Eures, sie zu nehmen.
Ihr, Phöbe, haltet Wort, heiratet mich:
Wenn Ihr mich ausschlagt, ehlicht diesen Schäfer.
Ihr, Silvius, haltet Wort, heiratet sie,
Wenn sie mich ausschlägt--und von dannen geh ich,
Zu schlichten diese Zweifel.
(Rosalinde und Celia ab.)
Herzog.
An diesem Schäferknaben fallen mir
Lebendge Züge meiner Tochter auf.
Orlando.
Mein Fürst, das erste Mal, daß ich ihn sah,
Schien mir's, er sei ein Bruder Eurer Tochter.
Doch, lieber Herr, der Knab ist waldgeboren
Und wurde unterwiesen in den Gründen
Verrufner Wissenschaft von seinem Oheim,
Den er als einen großen Zaubrer schildert,
Vergraben im Bezirke dieses Walds.
(Probstein und Käthchen kommen.)
Jacques.
Sicherlich ist eine neue Sündflut im Anzuge, und diese Paare
begeben sich in die Arche. Da kommt ein Paar seltsamer Tiere, die
man in allen Sprachen Narren nennt.
Probstein.
Gruß und Empfehlung euch allen!
Jacques.
Werter Fürst, heißt ihn willkommen; das ist der scheckicht gesinnte
Herr, den ich so oft im Walde antraf. Er schwört, er sei ein
Hofmann gewesen.
Probstein.
Wenn irgend jemand das bezweifelt, so laßt ihn mich auf die Probe
stellen. Ich habe mein Menuett getanzt, ich habe den Damen
geschmeichelt, ich bin politisch gegen meinen Freund gewesen und
geschmeidig gegen meinen Feind; ich habe drei Schneider zugrunde
gerichtet, ich habe vier Händel gehabt und hätte bald einen
ausgefochten.
Jacques.
Und wie wurde der ausgemacht?
Probstein.
Nun, wir kamen zusammen und fanden, der Handel stehe auf dem
siebenten Punkt.
Jacques.
Wie, siebenten Punkt?--Lobt mir den Burschen, mein gnädiger Herr.
Herzog.
Er gefällt mir sehr.
Probstein.
Gott behüt Euch, Herr! ich wünsche das nämliche von Euch. Ich
dränge mich hier unter die übrigen ländlichen Paare, zu schwören
und zu verschwören, je nachdem der Ehestand bindet und Fleisch und
Blut bricht. Eine arme Jungfer, Herr, ein übel aussehend Ding,
Herr, aber mein eigen; eine demütige Laune von mir, Herr, zu nehmen,
was sonst niemand will. Reiche Ehrbarkeit, Herr, wohnt wie ein
Geizhals in einem armen Hause, wie eine Perle in einer garstigen
Auster.
Herzog.
Meiner Treu, er ist sehr behende und spruchreich.
Probstein.
Gemäß dem Spruch vom Narrenbolzen und derlei Lieblichkeiten.
Jacques.
Aber der siebente Punkt! Wie fandet Ihr den Handel auf dem
siebenten Punkt?
Probstein.
Wegen einer siebenmal zurückgeschobenen Lüge.--Halt dich grade,
Käthchen!--Nämlich so, Herr. Ich konnte den Schnitt von eines
gewissen Hofmanns Bart nicht leiden; er ließ mir melden, wenn ich
sagte, sein Bart wäre nicht gut gestutzt, so wäre er andrer Meinung:
das nennt man den (höflichen Bescheid.) Wenn ich ihm wiedersagen
ließ, er wäre nicht gut gestutzt, so ließ er mir sagen, er stutzte
ihn für seinen eignen Geschmack: das nennt man den (feinen Stich.)
Sagte ich noch einmal, er wäre nicht gut gestutzt, so erklärte er
mich unfähig, zu urteilen: das nennt man die (grobe Erwiderun)g.
Nochmals, er wäre nicht gut gestutzt, so antwortete er, ich spräche
nicht wahr: das nennt man die (beherzte Abfertigung.) Nochmals, er
wäre nicht gut gestutzt, so sagte er, ich löge: das nennt man den
(trotzigen Widerspruch), und so bis zur (bedingten Lüge) und zur
(offenbaren Lüge.)
Jacques.
Und wie oft sagtet Ihr, sein Bart wäre nicht gut gestutzt?
Probstein.
Ich wagte nicht, weiter zu gehn, als bis zur bedingten Lüge, noch
er, mir die offenbare Lüge zuzuschieben, und so maßen wir unsre
Degen und schieden.
Jacques.
Könnt Ihr nun nach der Reihe die Grade nennen?
Probstein.
O Herr, wir streiten wie gedruckt nach dem Buch, so wie man
Komplimentierbücher hat. Ich will Euch die Grade aufzählen. Der
erste der höfliche Bescheid; der zweite der feine Stich; der dritte
die grobe Erwiderung; der vierte die beherzte Abfertigung; der
fünfte der trotzige Widerspruch; der sechste die Lüge unter
Bedingung; der siebente die offenbare Lüge. Aus allen diesen könnt
Ihr Euch herausziehen, außer der offenbaren Lüge, und aus der sogar
mit einem bloßen (Wenn.) Ich habe erlebt, daß sieben Richter einen
Streit nicht ausgleichen konnten, aber wie die Parteien
zusammenkamen, fiel dem einen nur ein Wenn ein; zum Beispiel:
("Wenn Ihr so sagt, so sage ich so"), und sie schüttelten sich die
Hände und machten Brüderschaft. Das Wenn ist der wahre
Friedensstifter; ungemeine Kraft in dem Wenn.
Jacques.
Ist das nicht ein seltner Bursch, mein Fürst? Er versteht sich auf
alles so gut und ist doch ein Narr.
Herzog.
Er braucht seine Torheit wie ein Stellpferd, um seinen Witz
dahinter abzuschießen.
(Hymen, mit Rosalinde in Frauenkleidern an der Hand, und Celia
treten auf.)
(Feierliche Musik.)
Hymen.
Der ganze Himmel freut sich,
Wenn irdscher Dinge Streit sich
In Frieden endet.
Nimm deine Tochter, Vater,
Die Hymen, ihr Berater,
Vom Himmel sendet;
Daß du sie gebst in dessen Hand,
Dem Herz in Herz sie schon verband.
Rosalinde (zum Herzog).
Euch übergeb ich mich, denn ich bin Euer.
(Zu Orlando.)
Euch übergeb ich mich, denn ich bin Euer.
Herzog.
Trügt nicht der Schein, so seid Ihr meine Tochter.
Orlando.
Trügt nicht der Schein, so seid Ihr meine Rosalinde.
Phöbe.
Ist's Wahrheit, was ich seh,
Dann--meine Lieb, ade!
Rosalinde (zum Herzog).
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