Wie es Euch gefällt - 4

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wird, das schlägt einen Menschen härter nieder als eine große
Rechnung in einem kleinen Zimmer.--Wahrhaftig, ich wollte, die
Götter hätten dich poetisch gemacht.
Käthchen
Ich weiß nicht, was poetisch ist. Ist es ehrlich in Worten und
Werken? Besteht es mit der Wahrheit?
Probstein.
Nein, wahrhaftig nicht; denn die wahrste Poesie erdichtet am
meisten, und Liebhaber sind der Poesie ergeben, und was sie in
Poesie schwören, davon kann man sagen, sie erdichten es als
Liebhaber.
Käthchen
Könnt Ihr denn wünschen, daß mich die Götter poetisch gemacht
hätten?
Probstein.
Ich tue es wahrlich, denn du schwörst mir zu, daß du ehrbar bist.
Wenn du nun ein Poet wärest, so hätte ich einige Hoffnung, daß du
erdichtetest.
Käthchen
Wolltet Ihr denn nicht, daß ich ehrbar wäre?
Probstein.
Nein, wahrhaftig nicht, du müßtest denn sehr häßlich sein; denn
Ehrbarkeit mit Schönheit gepaart ist wie eine Honigbrühe über
Zucker.
Jacques.
Ein sinnreicher Narr!
Käthchen
Gut, ich bin nicht schön, und darum bitte ich die Götter, daß sie
mich ehrbar machen.
Probstein.
Wahrhaftig, Ehrbarkeit an eine garstige Schmutzdirne wegzuwerfen,
hieße, gut Essen auf eine unreinliche Schüssel legen.
Käthchen
Ich bin keine Schmutzdirne, ob ich schon den Göttern danke, daß ich
garstig bin.
Probstein.
Gut, die Götter sei'n für deine Garstigkeit gepriesen, die
Schmutzigkeit kann noch kommen. Aber sei es, wie es will, ich
heirate dich, und zu dem Ende bin ich bei Ehrn Olivarius Textdreher
gewesen, dem Pfarrer im nächsten Dorf der mir versprochen hat, mich
an diesem Platz im Walde zu treffen und uns zusammenzugeben.
Jacques (beiseite).
Die Zusammenkunft möchte ich mit ansehn.
Käthchen
Nun, die Götter lassen es wohl gelingen!
Probstein.
Amen! Wer ein zaghaft Herz hätte, möchte wohl bei diesem
Unternehmen stutzen; denn wir haben hier keinen Tempel als den Wald,
keine Gemeinde als Hornvieh. Aber was tut's? Mutig! Hörner sind
verhaßt, aber unvermeidlich. Es heißt, mancher Mensch weiß des
Guten kein Ende; recht! mancher Mensch hat gute Hörner und weiß
ihrer kein Ende. Wohl! es ist das Zugebrachte von seinem Weibe,
er hat es nicht selbst erworben.--Hörner? Nun ja! Arme Leute
allein?--Nein, nein, der edelste Hirsch hat sie so hoch wie der
geringste. Ist der ledige Mann darum gesegnet? Nein. Wie eine
Stadt mit Mauern vornehmer ist als ein Dorf, so ist die Stirn eines
verheirateten Mannes ehrenvoller als die nackte Schläfe eines
Junggesellen; und um soviel besser Schutzwehr ist als Unvermögen,
um soviel kostbarer ist ein Horn als keins.
(Ehrn Olivarius Textdreher kommt.) Hier kommt Ehrn Olivarius.--
Ehrn Olivarius Textdreher, gut, daß wir Euch treffen. Wollt Ihr
uns hier unter diesem Baum abfertigen, oder sollen wir mit Euch in
Eure Kapelle gehn?
Ehrn Olivarius.
Ist niemand da, um die Braut zu geben?
Probstein.
Ich nehme sie nicht als Gabe von irgendeinem Mann.
Ehrn Olivarius.
Sie muß gegeben werden, oder die Heirat ist nicht gültig.
Jacques (tritt vor).
Nur zu! nur zu! ich will sie geben.
Probstein.
Guten Abend, lieber Herr. Wie heißt Ihr doch? Wie gehts Euch?
Schön, daß ich Euch treffe. Gotteslohn für Eure neuliche
Gesellschaft! Ich freue mich sehr, Euch zu sehn.--Ich habe hier
eben eine Kleinigkeit vor, Herr. Ich bitte, bedeckt Euch.
Jacques.
Wollt Ihr Euch verheiraten, Hanswurst?
Probstein.
Wie der Ochse sein Joch hat, Herr, das Pferd seine Kinnkette und
der Falke seine Schellen, so hat der Mensch seine Wünsche; und wie
sich Tauben schnäbeln, so möchte der Ehestand naschen.
Jacques.
Und wollt Ihr, ein Mann von Eurer Erziehung, Euch im Busch
verheiraten wie ein Bettler? In die Kirche geht und nehmt einen
tüchtigen Priester, der Euch bedeuten kann, was Heiraten ist.
Dieser Geselle wird Euch nur so zusammenfügen, wie sie's beim
Tafelwerk machen; dann wird eins von euch eintrocknen und sich
werfen wie frisches Holz: knack, knack.
Probstein (beiseite).
Ich denke nicht anders, als mir wäre besser, von ihm getraut zu
werden wie von einem andern; denn er sieht mir aus, als wenn er
mich nicht recht trauen wurde; und wenn er mich nicht recht traute,
so ist das nachher ein guter Vorwand, mein Weib im Stiche zu lassen.
Jacques.
Geh mit mir, Freund, und höre meinen Rat.
Probstein.
Komm, lieb Käthchen!
Du wirst noch meine Frau, oder du bleibst mein Mädchen.
Lebt wohl, Ehrn Olivarius. Nicht:
"O holder Oliver!
O wackrer Oliver!
Laß mich nicht hinter dir." Nein:
"Pack dich fort!
Geh! auf mein Wort,
Ich will nicht zur Trauung mit dir."
(Jacques, Probstein und Käthchen ab.)
Ehrn Olivarius.
Es tut nichts; keiner von allen diesen phantastischen Schelmen
zusammen soll mich aus meinem Beruf herausnecken.
(Ab.)

Vierte Szene
Der Wald. Vor einer Hütte
(Rosalinde und Celia treten auf)

Rosalinde.
Sage mir nichts weiter, ich will weinen.
Celia.
Tu es nur; aber sei doch so weise, zu bedenken, daß Tränen einem
Mann nicht anstehn.
Rosalinde.
Aber habe ich nicht Ursache zu weinen?
Celia.
So gute Ursache sich einer nur wünschen mag. Also weine.
Rosalinde.
Selbst sein Haar ist von einer falschen Farbe.
Celia.
Nur etwas brauner als des Judas seins. Ja, seine Küsse sind rechte
Judaskinder.
Rosalinde.
Sein Haar ist bei alledem von einer hübschen Farbe.
Celia.
Eine herrliche Farbe; es geht nichts über Nußbraun.
Rosalinde.
Und seine Küsse sind so voll Heiligkeit wie die Berührung des
geweihten Brotes.
Celia.
Er hat ein Paar abgelegte Lippen der Diana gekauft; eine Nonne von
des Winters Schwesterschaft küßt nicht geistlicher; das wahre Eis
der Keuschheit ist in ihnen.
Rosalinde.
Aber warum versprach er mir, diesen Morgen zu kommen, und kommt
nicht?
Celia.
Nein, gewißlich, es ist keine Treu und Glauben in ihm.
Rosalinde.
Denkst du das?
Celia.
Nun, ich glaube, er ist weder ein Beutelschneider noch ein
Pferdedieb; aber was seine Wahrhaftigkeit in der Liebe betrifft, so
halte ich ihn für so hohl als einen umgekehrten Becher oder eine
wurmstichige Nuß.
Rosalinde.
Nicht wahrhaftig in der Liebe?
Celia.
Ja, wenn er verliebt ist; aber mich dünkt, das ist er nicht.
Rosalinde.
Du hörtest ihn doch hoch und teuer beschwören, daß er es war.
Celia.
(War) ist nicht (ist.) Auch ist der Schwur eines Liebhabers nicht
zuverlässiger als das Wort eines Bierschenken: sie bekräftigen
beide falsche Rechnungen. Er begleitet hier im Walde den Herzog,
Euren Vater.
Rosalinde.
Ich begegnete dem Herzog gestern und mußte ihm viel Rede stehn. Er
fragte mich, von welcher Herkunft ich wäre; ich sagte ihm, von
einer ebenso guten als er; er lachte und ließ mich gehn. Aber was
sprechen wir von Vätern, solange ein Mann wie Orlando in der Welt
ist?
Celia.
O das ist ein reizender Mann! Er macht reizende Verse, spricht
reizende Worte, schwört reizende Eide und bricht sie reizend der
Quere, grade vor seiner Liebsten Herz, wie ein jämmerlicher
Turnierer, der sein Pferd nach (einer) Seite spornt, seine Lanze
zerbricht. Aber alles ist reizend, wo Jugend obenauf sitzt und die
Zügel lenkt. Wer kommt hier?
(Corinnus kommt.)
Corinnus.
Mein Herr und Fräulein, ihr befragtet oft
Mich um den Schäfer, welcher Liebe klagte,
Den ihr bei mir saht sitzen auf dem Rasen,
Wie er die übermütge Schäfrin pries,
Die seine Liebste war.
Celia.
Was ist mit ihm?
Corinnus.
Wollt ihr ein Schauspiel sehn, wahrhaft gespielt
Von treuer Liebe blassem Angesicht
Und roter Glut des Hohns und stolzer Hoffart:
Geht nur ein Endchen mit, ich führ euch hin,
Wenn ihr's beachten wollt.
Rosalinde.
O kommt! gehn wir dahin;
Verliebte sehen nährt Verliebter Sinn.
Bringt uns zur Stell, und gibt es so das Glück,
So spiel ich eine Roll in ihrem Stück.
(Alle ab.)

Fünfte Szene
Ein anderer Teil des Waldes
(Silvius und Phöbe treten auf)

Silvius.
Höhnt mich nicht, liebe Phöbe! Tut's nicht, Phöbe!
Sagt, daß Ihr mich nicht liebt, doch sagt es nicht
Mit Bitterkeit; der Henker, dessen Herz
Des Tods gewohnter Anblick doch verhärtet,
Fällt nicht das Beil auf den gebeugten Nacken,
Bis er sich erst entschuldigt. Seid Ihr strenger
Als der von Tropfen Bluts sich nährt und kleidet?
(Rosalinde, Celia und Corinnus kommen in der Entfernung.)
Phöbe.
Ich möchte keineswegs dein Henker sein;
Ich fliehe dich, um dir kein Leid zu tun.
Du sagst mir, daß ich Mord im Auge trage;
's ist artig in der Tat und steht zu glauben,
Daß Augen, diese schwächsten, zartsten Dinger,
Die feig ihr Tor vor Sonnenstäubchen schließen,
Tyrannen, Schlächter, Mörder sollen sein.
Ich seh dich finster an von ganzem Herzen:
Verwundet nun mein Aug, so laß dich's töten.
Tu doch, als kämst du um! so fall doch nieder!
Und kannst du nicht: pfui! schäm dich, so zu lügen,
Und sag nicht, meine Augen seien Mörder.
Zeig doch die Wunde, die mein Aug dir machte.
Ritz dich mit einer Nadel nur, so bleibt
Die Schramme dir; lehn dich auf Binsen nur,
Und es behält den Eindruck deine Hand
Auf einen Augenblick; allein die Augen,
Womit ich auf dich blitzte, tun dir nichts,
Und sicher ist auch keine Kraft in Augen,
Die Schaden tun kann.
Silvius.
O geliebte Phöbe!
Begegnet je--wer weiß, wie bald dies je!--
Auf frischen Wangen dir der Liebe Macht,
Dann wirst du die geheimen Wunden kennen
Vom scharfen Pfeil der Liebe.
Phöbe.
Doch bis dahin
Komm mir nicht nah, und wenn die Zeit gekommen,
Kränk mich mit deinem Spott, sei ohne Mitleid,
Wie ich bis dahin ohne Mitleid bin.
Rosalinde (tritt vor).
Warum? ich bitt Euch--Wer war Eure Mutter,
Daß Ihr den Unglückselgen kränkt und höhnt
Und was nicht alles? Hättet Ihr auch Schönheit
(Wie ich doch wahrlich mehr an Euch nicht sehe,
Als ohne Licht--im Finstern geht zu Bett),
Müßt Ihr deswegen stolz und fühllos sein?
Was heißt das? Warum blickt Ihr mich so an?
Ich seh nicht mehr an Euch, als die Natur
Auf Kauf zu machen pflegt. So war ich lebe!
Sie will auch (meine) Augen wohl betören?
Nein, wirklich, stolze Dame! hofft das nicht.
Nicht Euer Rabenhaar, kohlschwarze Brauen,
Glaskugelaugen, noch die Milchrahmwange
Bezwingen meinen Sinn, Euch zu verehren.--
O blöder Schäfer, warum folgt Ihr ihr
Wie feuchter Süd, von Wind und Regen schwellend?
Ihr seid ja tausendfach ein hübschrer Mann
Als sie ein Weib. Dergleichen Toren füllen
Die ganze Welt mit garstgen Kindern an.
Der Spiegel nicht: Ihr seid es, der ihr schmeichelt;
Sie sieht in Euch sich hübscher abgespiegelt,
Als ihre Züge sie erscheinen lassen.--
Doch, Fräulein, kennt Euch selbst, fallt auf die Knie,
Dankt Gott mit Fasten für 'nen guten Mann;
Denn als ein Freund muß ich ins Ohr Euch sagen:
Verkauft Euch bald, Ihr seid nicht jedes Kauf.
Liebt diesen Mann! fleht ihm als Eurem Retter:
Am häßlichsten ist Häßlichkeit am Spötter!--
So nimm sie zu dir, Schäfer. Lebt denn wohl!
Phöbe.
O holder Jüngling, schilt ein Jahr lang so!
Dich hör ich lieber schelten als ihn werben.
Rosalinde.
Er hat sich in ihre Häßlichkeit verliebt, und sie wird sich in
meinen Zorn verlieben. Wenn das so ist, so will ich sie mit
bittern Worten pfeffern, so schnell sie dir mit Stirnrunzeln
antwortet.--Warum seht Ihr mich so an?
Phöbe.
Aus üblem Willen nicht.
Rosalinde.
Ich bitt Euch sehr, verliebt Euch nicht in mich,
Denn ich bin falscher als Gelübd' im Trunk;
Zudem, ich mag Euch nicht. Sucht Ihr etwa mein Haus:
's ist hinter den Oliven, dicht bei an.
Wollt Ihr gehn, Schwester?--Schäfer, setz ihr zu.--
Komm, Schwester!--Seid ihm günstger, Schäferin,
Und seid nicht stolz; konnt alle Welt auch sehn,
So blind wird keiner mehr von hinnen gehn.
Zu unsrer Herde, kommt!
(Rosalinde und Celia ab.)
Phöbe.
O Schäfer! nun kommt mir dein Spruch zurück:
"Wer liebte je und nicht beim ersten Blick?"
Silvius.
Geliebte Phöbe--
Phöbe.
Ha, was sagst du, Silvius?
Silvius.
Beklagt mich, liebe Phöbe.
Phöbe.
Ich bin um dich bekümmert, guter Silvius.
Silvius.
Wo die Bekümmernis, wird Hilfe sein.
Seid Ihr um meinen Liebesgram bekümmert,
Gebt Liebe mir; mein Gram und Euer Kummer
Sind beide dann vertilgt.
Phöbe.
Du hast ja meine Lieb, ist das nicht nachbarlich?
Silvius.
Dich möcht ich haben.
Phöbe.
Ei, das wäre Habsucht.
Die Zeit war, Silvius, da ich dich gehaßt:
Es ist auch jetzt nicht so, daß ich dich liebte;
Doch weil du kannst so gut von Liebe sprechen,
So duld ich deinen Umgang, der mir sonst
Verdrießlich war, und bitt um Dienste dich.
Allein, erwarte keinen andern Lohn
Als deine eigne Freude, mir zu dienen.
Silvius.
So heilig und so groß ist meine Liebe,
Und ich in solcher Dürftigkeit an Gunst,
Daß ich es für ein reiches Teil muß halten,
Die Ähren nur dem Manne nachzulesen,
Dem volle Ernte wird. Verliert nur dann und wann
Ein flüchtig Lächeln: davon will ich leben.
Phöbe.
Kennst du den jungen Mann, der mit mir sprach?
Silvius.
Nicht sehr genau, doch traf ich oft ihn an.
Er hat die Weid und Schäferei gekauft,
Die sonst dem alten Carlot zugehört.
Phöbe.
Denk nicht, ich lieb ihn, weil ich nach ihm frage.
's ist nur ein dummer Bursch--doch spricht er gut;
Frag ich nach Worten?--Doch tun Worte gut,
Wenn, der sie spricht, dem, der sie hört, gefällt.
Es ist ein hübscher Junge--nicht gar hübsch;
Doch wahrlich, er ist stolz--zwar steht sein Stolz ihm:
Er wird einmal ein feiner Mann. Das Beste
Ist sein Gesicht, und schneller als die Zunge
Verwundete, heilt' es sein Auge wieder.
Er ist nicht eben groß, doch für sein Alter groß;
Sein Bein ist nur so so, doch macht sich's gut;
Es war ein lieblich Rot auf seinen Lippen,
Ein etwas reiferes und stärkres Rot
Als auf den Wangen: just der Unterschied
Wie zwischen dunkeln und gesprengten Rosen.
Es gibt der Weiber, Silvius: hätten sie
Ihn Stück für Stück betrachtet so wie ich,
Sie hätten sich verliebt; ich für mein Teil,
Ich lieb ihn nicht, noch hass' ich ihn, und doch
Hätt ich mehr Grund zu hassen als zu lieben.
Denn was hatt er für Recht, mich auszuschelten?
Er sprach, mein Haar sei schwarz, mein Auge schwarz,
Und, wie ich mich entsinne, höhnte mich.
Mich wundert's, daß ich ihm nicht Antwort gab.
Schon gut! Verschoben ist nicht aufgehoben;
Ich will ihm einen Brief voll Spottes schreiben,
Du sollst ihn zu ihm tragen: willst du, Silvius?
Silvius.
Phöbe, von Herzen gern.
Phöbe.
Ich schreib ihn gleich;
Der Inhalt liegt im Kopf mir und im Herzen,
Ich will ganz kurz und bitter zu ihm sein.
Komm mit mir, Silvius!
(Ab.)


Vierter Aufzug

Erste Szene
Der Wald
(Rosalinde, Celia und Jacques treten auf)

Jacques.
Ich bitte dich, artiger, junger Mensch, laß uns besser miteinander
bekannt werden.
Rosalinde.
Sie sagen, Ihr wärt ein melancholischer Gesell.
Jacques.
Das bin ich; ich mag es lieber sein als lachen.
Rosalinde.
Die eins von beiden aufs äußerste treiben, sind abscheuliche
Burschen und geben sich jedem Tadel preis, ärger als Trunkenbolde.
Jacques.
Ei, es ist doch hübsch, traurig zu sein und nichts zu sagen.
Rosalinde.
Ei, so ist es auch hübsch, ein Türpfosten zu sein.
Jacques.
Ich habe weder des Gelehrten Melancholie, die Nacheifrung ist, noch
des Musikers, die phantastisch ist, noch des Hofmanns, die
hoffärtig ist, noch des Soldaten, die ehrgeizig ist, noch des
Juristen, die politisch ist, noch der Frauen, die zimperlich ist;
noch des Liebhabers, die das alles zusammen ist, sondern es ist
eine Melancholie nach meiner Weise, aus mancherlei Ingredienzien
bereitet, von mancherlei Gegenständen abgezogen, und wirklich die
gesamte Betrachtung meiner Reisen, deren öftere Überlegung mich in
eine höchst launische Betrübnis einhüllt.
Rosalinde.
Ein Reisender? Meiner Treu, Ihr habt große Ursache, betrübt zu
sein; ich fürchte, Ihr habt Eure eignen Länder verkauft, um andrer
Leute ihre zu sehn. Viel gesehn haben und nichts besitzen, das
kommt auf reiche Augen und arme Hände hinaus.
Jacques.
Nun, ich habe Erfahrung gewonnen.
(Orlando tritt auf.)
Rosalinde.
Und Eure Erfahrung macht Euch traurig. Ich möchte lieber einen
Narren halten, der mich lustig machte, als Erfahrung, die mich
traurig machte. Und noch obendrein darum zu reisen?
Orlando.
Habt Gruß und Heil, geliebte Rosalinde.
Jacques.
Nein, dann Gott befohlen, wenn Ihr gar in Versen sprecht.
(Ab.)
Rosalinde.
Fahrt wohl, mein Herr Reisender! Seht zu, daß Ihr lispelt und
ausländische Kleidung tragt, macht alles Ersprießliche in Eurem
eignen Lande herunter, entzweit Euch mit Eurer Geburt und scheltet
schier den lieben Gott, daß er Euch kein andres Gesicht gab: sonst
glaub ich es kaum, daß Ihr je in einer Gondel gefahren seid.--Nun,
Orlando, wo seid Ihr die ganze Zeit her gewesen? Ihr, ein
Liebhaber?--Spielt Ihr mir noch einmal so einen Streich, so kommt
mir nicht wieder vors Gesicht.
Orlando.
Meine schöne Rosalinde, es ist noch keine Stunde später, als ich
versprach.
Rosalinde.
Ein Versprechen in der Liebe um eine Stunde brechen?--Wer tausend
Teile aus einer Minute macht und nur ein Teilchen von dem
tausendsten Teil einer Minute in Liebessachen versäumt, von dem mag
man wohl sagen, Cupido hat ihm auf die Schulter geklopft; aber ich
stehe dafür, sein Herz ist unversehrt.
Orlando.
Verzeiht mir, liebe Rosalinde.
Rosalinde.
Nein, wenn Ihr so saumselig seid, so kommt mir nicht mehr vors
Gesicht; ich hätte es ebenso gern, daß eine Schnecke um mich freite.
Orlando.
Eine Schnecke?
Rosalinde.
Ja, eine Schnecke! Denn kommt solch ein Liebhaber gleich langsam,
so trägt er doch sein Haus auf dem Kopfe; ein besseres Leibgedinge,
denk ich, als Ihr einer Frau geben könnt. Außerdem bringt er sein
Schicksal mit sich.
Orlando.
Was ist das?
Rosalinde.
Ei, Hörner! die solche, wie Ihr, sich gern von ihren Weibern
aufsetzen lassen. Aber er kommt mit seinem Lose ausgerüstet und
verhütet den üblen Ruf seiner Frau.
Orlando.
Tugend dreht keine Hörner, und meine Rosalinde ist tugendhaft.
Rosalinde.
Und ich bin Eure Rosalinde.
Celia.
Es beliebt ihm, Euch so zu nennen; aber er hat eine Rosalinde von
zarterer Farbe als Ihr.
Rosalinde.
Kommt, freit um mich, freit um mich, denn ich bin jetzt in einer
Festtagslaune und könnte wohl einwilligen.--Was würdet Ihr zu mir
sagen, wenn ich Eure rechte, rechte Rosalinde wäre?
Orlando.
Ich würde küssen, ehe ich spräche.
Rosalinde.
Nein, Ihr tätet besser, erst zu sprechen, und wenn Ihr dann
stocktet, weil Ihr nichts mehr wüßtet, nähmt Ihr Gelegenheit zu
küssen. Gute Redner räuspern sich, wenn sie aus dem Text kommen,
und wenn Liebhabern (was Gott verhüte!) der Stoff ausgeht, so ist
der schicklichste Behelf, zu küssen.
Orlando.
Wenn nun der Kuß verweigert wird?
Rosalinde.
So nötigt sie Euch zum Bitten, und das gibt neuen Stoff.
Orlando.
Wer könnte wohl stocken, wenn er vor seiner Liebsten steht?
Rosalinde.
Wahrlich, das solltet Ihr, wenn ich Eure Liebste wäre, sonst müßte
ich meine Tugend für stärker halten als meinen Witz. Bin ich nicht
Eure Rosalinde?
Orlando.
Es macht mir Freude, Euch so zu nennen, weil ich gern von ihr
sprechen mag.
Rosalinde.
Gut, und in ihrer Person sage ich: ich will Euch nicht.
Orlando.
So sterbe ich in meiner eignen Person.
Rosalinde.
Mitnichten: verrichtet es durch einen Anwalt. Die arme Welt ist
fast sechstausend Jahre alt, und die ganze Zeit über ist noch kein
Mensch in eigner Person gestorben: nämlich in Liebessachen. Dem
Troilus wurde das Gehirn von einer griechischen Keule zerschmettert;
doch tat er, was er konnte, um vorher noch zu sterben, und er ist
eins von den Mustern der Liebe. Leander, der hätte noch manches
schöne Jahr gelebt, wär Hero gleich Nonne geworden, wenn eine heiße
Sommernacht es nicht getan hätte; denn der arme Junge, er ging nur
hin, um sich im Hellespont zu baden, bekam den Krampf und ertrank,
und die albernen Chronikenschreiber seiner Zeit befanden, es sei
Hero von Sestos. Doch das sind lauter Lügen; die Menschen sind von
Zeit zu Zeit gestorben, und die Würmer haben sie verzehrt, aber
nicht aus Liebe.
Orlando.
Ich möchte meine rechte Rosalinde nicht so gesinnt wissen; denn ich
beteure, ihr Stirnrunzeln könnte mich töten.
Rosalinde.
Bei dieser Hand! es tötet keine Fliege. Aber kommt! nun will ich
Eure Rosalinde in einer gutwilligeren Stimmung sein, und bittet von
mir, was Ihr wollt, ich will es zugestehn.
Orlando.
So liebe mich, Rosalinde.
Rosalinde.
Ja, das will ich, Freitags, Sonnabends und so weiter.
Orlando.
Und willst du mich haben?
Rosalinde.
Ja, und zwanzig solcher.
Orlando.
Was sagst du?
Rosalinde.
Seid Ihr nicht gut?
Orlando.
Ich hoff es.
Rosalinde.
Nun denn, kann man des Guten zuviel haben?--Kommt, Schwester, Ihr
sollt der Priester sein, um uns zu trauen.--Gebt mir Eure Hand,
Orlando.--Was sagt Ihr, Schwester?
Orlando.
Bitte, trau uns.
Celia.
Ich weiß die Worte nicht.
Rosalinde.
Ihr müßt anfangen: "Wollt Ihr, Orlando--"
Celia.
Schon gut.--Wollt Ihr, Orlando, gegenwärtige Rosalinde zum Weibe
haben?
Orlando.
Ja!
Rosalinde.
Gut, aber wann?
Orlando.
Nun, gleich: so schnell sie uns trauen kann.
Rosalinde.
So müßt Ihr sagen: "Ich nehme dich, Rosalinde, zum Weibe."
Orlando.
Ich nehme dich, Rosalinde, zum Weibe.
Rosalinde.
Ich könnte nach Eurem Erlaubnisschein fragen, doch--ich nehme dich,
Orlando, zu meinem Manne. Da kommt ein Mädchen dem Priester zuvor,
und wirklich, Weibergedanken eilen immer ihren Handlungen voraus.
Orlando.
Das tun alle Gedanken, sie sind beflügelt.
Rosalinde.
Nun sagt mir: wie lange wollt Ihr sie haben, nachdem Ihr ihren
Besitz erlangt?
Orlando.
Immerdar und einen Tag.
Rosalinde.
Sagt, einen Tag, und laßt immerdar weg. Nein, nein, Orlando!
Männer sind Mai, wenn sie freien, und Dezember in der Ehe. Mädchen
sind Frühling, solange sie Mädchen sind, aber der Himmel verändert
sich, wenn sie Frauen werden. Ich will eifersüchtiger auf dich
sein als ein Turteltauber auf sein Weibchen, schreiichter als ein
Papagei, wenn es regnen will, putzsüchtiger als ein Affe und
launischer in Gelüsten als eine Meerkatze. Ich will um nichts
weinen, wie Diana am Springbrunnen, und das will ich tun, wenn du
zur Lustigkeit gestimmt bist; ich will lachen wie eine Hyäne, und
zwar wenn du zu schlafen wünschest.
Orlando.
Aber wird meine Rosalinde das tun?
Rosalinde.
Bei meinem Leben, sie wird es machen wie ich.
Orlando.
Oh, sie ist aber klug.
Rosalinde.
Sonst hätte sie nicht den Witz dazu. Je klüger, desto verkehrter.
Versperrt dem Witz eines Weibes die Türen, so muß er zum Fenster
hinaus; macht das zu, so fährt er aus dem Schlüsselloch; verstopft
das, so fliegt er mit dem Rauch aus dem Schornstein.
Orlando.
Ein Mann, der eine Frau mit soviel Witz hätte, könnte fragen: "Witz,
wo willst du mit der Frau hin?"
Rosalinde.
Nein, das könntet Ihr versparen, bis Ihr den Witz Eurer Frau auf
dem Wege zu Eures Nachbars Bett anträft.
Orlando.
Welcher Witz hätte Witz genug, das zu entschuldigen?
Rosalinde.
Nun, etwa:--sie ginge hin, Euch dort zu suchen. Ihr werdet sie nie
ohne Antwort ertappen. Ihr müßtet sie denn ohne Zunge antreffen.
Oh, die Frau, die die Schuld an ihren Fehlern nicht auf ihren Mann
zu schieben versteht, die laßt nie ihr Kind säugen; sie würde es
albern großziehn.
Orlando.
Auf die nächsten zwei Stunden, Rosalinde, verlasse ich dich.
Rosalinde.
Ach, geliebter Freund, ich kann dich nicht zwei Stunden entbehren.
Orlando.
Ich muß dem Herzoge beim Mittagstisch aufwarten. Um zwei Uhr bin
ich wieder bei dir.
Rosalinde.
Ja, geht nur, geht nur! Das sah ich wohl von Euch voraus; meine
Freunde sagten mir's, und ich dacht es ebenfalls--Eure
Schmeichelzunge gewann mich--es ist nur eine Verstoßne mehr--und
also: komm, Tod!--Zwei Uhr ist Eure Stunde?
Orlando.
Ja, süße Rosalinde.
Rosalinde.
Bei Treu und Glauben, und in vollem Ernst, und so mich der Himmel
schirme, und bei allen artigen Schwüren, die keine Gefahr haben,
brecht Ihr ein Pünktchen Eures Versprechens, oder kommt nur eine
Minute nach der Zeit, so will ich Euch für den feierlichsten
Wortbrecher halten und für den falschesten Liebhaber und den
Allerunwürdigsten derer, die Ihr Rosalinde nennt, welcher nur aus
dem ganzen Haufen der Ungetreuen ausgesucht werden konnte. Darum
hütet Euch vor meinem Urteil und haltet Euer Versprechen.
Orlando.
So heilig, als wenn du wirklich meine Rosalinde wärst. Leb denn
wohl!
Rosalinde.
Gut, die Zeit ist der alte Richter, der solche Verbrecher ans Licht
zieht, und die Zeit muß es ausweisen. Lebt wohl!
(Orlando ab.)
Celia.
Du hast unserm Geschlecht in deinem Liebesgeschwätz geradezu übel
mitgespielt. Wir müssen dir Hosen und Wams über den Kopf ziehn,
damit die Welt sieht, was der Vogel gegen sein eignes Nest getan
hat.
Rosalinde.
O Mühmchen! Mühmchen! Mühmchen! mein artiges kleines Mühmchen!
wüßtest du, wieviel Klafter tief ich in Liebe versenkt bin! Aber
es kann nicht ergründet werden; meine Zuneigung ist grundlos wie
die Bucht von Portugal.
Celia.
Sag lieber, bodenlos: soviel Liebe du hineintust, sie läuft alle
wieder heraus.
Rosalinde.
Nein, der boshafte Bastard der Venus, der vom Gedanken erzeugt, von
der Grille empfangen und von der Tollheit geboren wurde, der blinde
schelmische Bube, der jedermanns Augen betört, weil er selbst keine
mehr hat: der mag richten, wie tief ich in der Liebe stecke.--Ich
sage dir, Aliena, ich kann nicht ohne Orlandos Anblick sein; ich
will Schatten suchen und seufzen, bis er kommt.
Celia.
Und ich will schlafen.
(Beide ab.)

Zweite Szene
Ein anderer Teil des Waldes
(Jacques und Edelleute des Herzogs in Jägerkleidung treten auf)

Jacques.
Wer ist's, der den Hirsch erlegt'?
Erster Edelmann.
Ich tat es, Herr.
Jacques.
Laßt uns ihn dem Herzog vorstellen, wie einen römischen Eroberer,
und es schickte sich wohl, ihm das Hirschgeweih wie einen
Siegeskranz aufzusetzen. Habt ihr kein Lied, Jäger, auf diese
Gelegenheit?
Zweiter Edelmann.
O ja, Herr.
Jacques.
Singt es; es ist gleichviel, ob Ihr Ton haltet, wenn es nur Lärm
genug macht.
Lied. (Erste Stimme.) Was kriegt er, der den Hirsch erlegt?
(Zweite Stimme.) Sein ledern Kleid und Horn er trägt. (Erste
Stimme.) Drum singt ihn heim:
Ohn allen Zorn trag du das Horn;
Ein Helmschmuck war's, eh du geborn.
(Dieser Zuruf wird im Chor von den übrigen wiederholt.)
(Erste Stimme.) Deins Vaters Vater führt' es.
(Zweite Stimme.) Und deinen Vater ziert' es.
(Alle.)
Das Horn, das Horn, das wackre Horn
Ist nicht ein Ding zu Spott und Zorn.
(Ab.)

Dritte Szene
(Rosalinde und Celia treten auf)

Rosalinde.
Was sagt Ihr nun? Ist nicht zwei Uhr vorbei? Und kein Orlando zu
sehen!
Celia.
Ich stehe dir dafür, mit reiner Liebe und verwirrtem Gehirn hat er
seinen Bogen und Pfeile genommen und ist ausgegangen--zu schlafen.
Seht, wer kommt da?
(Silvius tritt auf.)
Silvius.
An Euch geht meine Botschaft, schöner Jüngling.
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