Wallensteins Tod - 9

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Bewegen sich im Menschen die Gedanken.
Nur eine Stunde! Euer Herz kann sich,
Das seinige sich wenden--Eine Nachricht
Kann kommen--ein beglückendes Ereignis
Entscheidend, rettend, schnell vom Himmel fallen--
O was vermag nicht eine Stunde!
Buttler.
Ihr erinnert mich,
Wie kostbar die Minuten sind.
(Er stampft auf den Boden.)

Siebenter Auftritt
Macdonald, Deveroux mit Hellebardierern treten hervor.
Dann Kammerdiener. Vorige.

Gordon. (sich zwischen ihn und jene werfend).
Nein, Unmensch!
Erst über meinen Leichnam sollst du hingehn,
Denn nicht will ich das Gräßliche erleben.
Buttler. (ihn wegdrängend).
Schwachsinn'ger Alter!
(Man hört Trompeten in der Ferne.)
Macdonald
und Deveroux.
Schwedische Trompeten!
Die Schweden stehn vor Eger! Laßt uns eilen!
Gordon.
Gott! Gott!
Buttler.
An Euren Posten, Kommendant!
(Gordon stürzt hinaus.)
Kammerdiener. (eilt herein.)
Wer darf hier lärmen? Still, der Herzog schläft!
Deveroux. (mit lauter, fürchterlicher Stimme.)
Freund! Jetzt ist's Zeit, zu lärmen!
Kammerdiener. (Geschrei erhebend)
Hilfe! Mörder!
Buttler.
Nieder mit ihm!
Kammerdiener. (von Deveroux durchbohrt, stürzt am Eingang der Galerie)
Jesus Maria!
Buttler.
Sprengt die Türen!
(Sie schreiten über den Leichnam weg den Gang hin. Man hört in
der Ferne zwei Türen nach einander stürzen--Dumpfe Stimmen--
Waffengetöse--dann plötzlich tiefe Stille.)

Achter Auftritt

Gräfin Terzky. (mit einem Lichte)
Ihr Schlafgemach ist leer, und sie ist nirgends
Zu finden, auch die Neubrunn wird vermißt,
Die bei ihr wachte--Wäre sie entflohn?
Wo kann sie hingeflohen sein! Man muß
Nacheilen, alles in Bewegung setzen!
Wie wird der Herzog diese Schreckenspost
Aufnehmen!--Wäre nur mein Mann zurück
Vom Gastmahl! Ob der Herzog wohl noch wach ist?
Mir war's, als hört' ich Stimmen hier und Tritte.
Ich will doch hingehn, an der Türe lauschen.
Horch! wer ist das? Es eilt die Trepp' herauf.

Neunter Auftritt
Gräfin. Gordon. Dann Buttler.

Gordon. (eilfertig, atemlos hereinstürzend):
Es ist ein Irrtum--es sind nicht die Schweden.
Ihr sollt nicht weitergehen--Buttler--Gott!
Wo ist er?
(Indem er die Gräfin bemerkt.)
Gräfin, sagen Sie--
Gräfin.
Sie kommen von der Burg? Wo ist mein Mann?
Gordon. (entsetzt)
Ihr Mann!--O fragen Sie nicht! Gehen Sie
Hinein--
(Will fort)
Gräfin. (hält ihn)
Nicht eher, bis Sie mir entdecken--
Gordon. (heftig dringend)
An diesem Augenblicke hängt die Welt!
Um Gotteswillen, gehen Sie--Indem
Wir sprechen--Gott im Himmel!
(Laut schreiend.)
Buttler! Buttler!
Gräfin.
Der ist ja auf dem Schloß mit meinem Mann.
(Buttler kommt aus der Galerie.)
Gordon. (der ihn erblickt).
Es war ein Irrtum--Es sind nicht die Schweden--
Die Kaiserlichen sind's, die eingedrungen--
Der Generalleutnant schickt mich her, er wird
Gleich selbst hier sein--Ihr sollt nicht weiter gehn--
Buttler.
Er kommt zu spät.
Gordon. (stürzt an die Mauer)
Gott der Barmherzigkeit!
Gräfin. (ahnungsvoll)
Was ist zu spät? Wer wird gleich selbst hier sein?
Octavio in Eger eingedrungen?
Verräterei! Verräterei!
Wo ist Der Herzog?
(Eilt dem Gange zu.)

Zehnter Auftritt
Vorige. Seni. Dann Bürgermeister. Page. Kammerfrau. Bediente rennen
schreckensvoll über die Szene.

Seni. (der mit allen Zeichen des Schreckens aus der Galerie kommt)
O blutige, entsetzensvolle Tat!
Gräfin.
Was ist
Geschehen, Seni?
Page. (herauskommend)
O erbarmungswürd'ger Anblick!
(Bediente mit Fackeln.)
Gräfin.
Was ist's? Um Gotteswillen!
Seni.
Fragt Ihr noch?
Drinn' liegt der Fürst ermordet, Euer Mann ist
Erstochen auf der Burg.
(Gräfin bleibt erstarrt stehen.)
Kammerfrau. (eilt herein).
Hilf'! Hilf' der Herzogin!
Bürgermeister. (kommt schreckenvoll)
Was für ein Ruf
Des Jammers weckt die Schläfer dieses Hauses?
Gordon.
Verflucht ist Euer Haus auf ew'ge Tage!
In Eurem Hause liegt der Fürst ermordet.
Bürgermeister.
Das wolle Gott nicht!
(Stürzt hinaus.)
Erster Bedienter.
Flieht! Flieht! Sie ermorden
Uns alle!
Zweiter Bedienter
(Silbergeräte tragend)
Da hinaus. Die untern Gänge sind besetzt.
(Hinter der Szene wird gerufen:)
Platz! Platz dem Generalleutnant!
(Bei diesen Worten richtet sich die Gräfin aus ihrer Erstarrung auf,
faßt sich und geht schnell ab.)
(Hinter der Szene:)
Besetzt das Tor! Das Volk zurückgehalten!

Elfter Auftritt
Vorige ohne die Gräfin. Octavio Piccolomini tritt herein mit Gefolge.
Deveroux und Macdonald kommen zugleich aus dem Hintergrunde mit
Hellebardierern. Wallensteins Leichnam wird in einem roten Teppich
hinten über die Szene getragen.

Octavio. (rasch eintretend)
Es darf nicht sein! Es ist nicht möglich! Buttler!
Gordon! Ich will's nicht glauben. Saget nein.
Gordon. (ohne zu antworten, weist mit der Hand nach hinten.
Octavio sieht hin und steht von Entsetzen ergriffen).
Deveroux. (zu Buttler).
Hier ist das goldne Vlies, des Fürsten Degen!
Macdonald.
Befehlt Ihr, daß man die Kanzlei--
Buttler. (auf Octavio zeigend)
Hier steht er,
Der jetzt allein Befehle hat zu geben.
(Deveroux und Macdonald treten ehrerbietig zurück; alles verliert
sich still, daß nur allein Buttler, Octavio und Gordon auf der
Szene bleiben.)
Octavio. (zu Buttlern gewendet).
War das die Meinung, Buttler, als wir schieden?
Gott der Gerechtigkeit! Ich hebe meine Hand auf.
Ich bin an dieser ungeheuren Tat
Nicht schuldig.
Buttler.
Eure Hand ist rein. Ihr habt
Die meinige dazu gebraucht.
Octavio.
Ruchloser!
So mußtest du des Herrn Befehl mißbrauchen
Und blutig grauenvollen Meuchelmord
Auf deines Kaisers heil'gen Namen wälzen?
Buttler. (gelassen)
Ich hab des Kaisers Urtel nur vollstreckt.
Octavio.
O Fluch der Könige, der ihren Worten
Das fürchterliche Leben gibt, dem schnell
Vergänglichen Gedanken gleich die Tat,
Die fest unwiderrufliche, ankettet!
Mußt' es so rasch gehorcht sein? Konntest du
Dem Gnädigen nicht Zeit zur Gnade gönnen?
Des Menschen Engel ist die Zeit--die rasche
Vollstreckung an das Urteil anzuheften,
Ziemt nur dem unveränderlichen Gott!
Buttler.
Was scheltet Ihr mich? Was ist mein Verbrechen?
Ich habe eine gute Tat getan,
Ich hab das Reich von einem furchtbarn Feinde
Befreit und mache Anspruch auf Belohnung.
Der einz'ge Unterschied ist zwischen Eurem
Und meinem Tun: Ihr habt den Pfeil geschärft,
Ich hab ihn abgedrückt. Ihr sätet Blut
Und steht bestürzt, daß Blut ist aufgegangen.
Ich wußt immer, was ich tat, und so
Erschreckt und überrascht mich kein Erfolg.
Habt Ihr sonst einen Auftrag mir zu geben?
Denn stehnden Fußes reis ich ab nach Wien,
Mein blutend Schwert vor meines Kaisers Thron
Zu legen und den Beifall mir zu holen,
Den der geschwinde, pünktliche Gehorsam
Von dem gerechten Richter fordern darf.
(Geht ab.)

Zwölfter Auftritt
Vorige ohne Buttler. Gräfin Terzky tritt auf, bleich und entstellt.
Ihre Sprache ist schwach und langsam, ohne Leidenschaft.

Octavio. (ihr entgegen)
O Gräfin Terzky, mußt' es dahin kommen?
Das sind die Folgen unglücksel'ger Taten.
Gräfin.
Es sind die Früchte Ihres Tuns--Der Herzog
Ist tot, mein Mann ist tot, die Herzogin
Ringt mit dem Tode, meine Nichte ist verschwunden.
Dies Haus des Glanzes und der Herrlichkeit
Steht nun verödet, und durch alle Pforten
Stürzt das erschreckte Hofgesinde fort.
Ich bin die Letzte drin, ich schloß es ab
Und liefre hier die Schlüssel aus.
Octavio. (mit tiefem Schmerz)
O Gräfin,
Auch mein Haus ist verödet!
Gräfin.
Wer soll noch
Umkommen? Wer soll noch mißhandelt werden?
Der Fürst ist tot, des Kaisers Rache kann
Befriedigt sein. Verschonen Sie die alten Diener!
Daß den Getreuen ihre Lieb und Treu
Nicht auch zum Frevel angerechnet werde!
Das Schicksal überraschte meinen Bruder
Zu schnell, er konnte nicht mehr an sie denken.
Octavio
Nichts von Mißhandlung! Nichts von Rache, Gräfin!
Die schwere Schuld ist schwer gebüßt, der Kaiser
Versöhnt, nichts geht vom Vater auf die Tochter
Hinüber als sein Ruhm und sein Verdienst.
Die Kaiserin ehrt Ihr Unglück, öffnet Ihnen
Teilnehmend ihre mütterlichen Arme.
Drum keine Furcht mehr! Fassen Sie Vertrauen
Und übergeben Sie sich hoffnungsvoll
Der kaiserlichen Gnade.
Gräfin. (mit einem Blick zum Himmel)
Ich vertraue mich
Der Gnade eines größern Herrn--Wo soll
Der fürstliche Leichnam seine Ruhstatt finden?
In der Kartause, die er selbst gestiftet,
Zu Gitschin ruht die Gräfin Wallenstein;
An ihrer Seite, die sein erstes Glück
Gegründet, wünscht' er, dankbar, einst zu schlummern.
O lassen Sie ihn dort begraben sein!
Auch für die Reste meines Mannes bitt ich
Um gleiche Gunst. Der Kaiser ist Besitzer
Von unsern Schlössern, gönne man uns nur
Ein Grab noch bei den Gräbern unsrer Ahnen.
Octavio.
Sie zittern, Gräfin--Sie verbleichen--Gott!
Und welche Deutung geb ich Ihren Reden?
Gräfin. (sammelt ihre letzte Kraft und spricht mit
Lebhaftigkeit und Adel)
Sie denken würdiger von mir, als daß Sie glaubten,
Ich überlebte meines Hauses Fall.
Wir fühlten uns nicht zu gering, die Hand
Nach einer Königskrone zu erheben--
Es sollte nicht sein--Doch wir denken königlich
Und achten einen freien, mut'gen Tod
Anständiger als ein entehrtes Leben.
--Ich habe Gift--
Octavio.
O rettet! helft!
Gräfin.
Es ist zu spät.
In wenig Augenblicken ist mein Schicksal
Erfüllt.
(Sie geht ab.)
Gordon.
O Haus des Mordes und Entsetzens!
(Ein Kurier kommt und bringt einen Brief. Gordon tritt ihm entgegen.)
Was gibt's? Das ist das kaiserliche Siegel.
(Er hat die Aufschrift gelesen und übergibt den Brief dem Octavio
mit einem Blick des Vorwurfs.)
Dem Fürsten Piccolomini.
(Octavio erschrickt und blickt schmerzvoll zu Himmel.)
(Der Vorhang fällt.)
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