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Politische Schriften und andere Nachträge zu seinen Werken - 5

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  indem sie unmöglich, wenn es zum Handgemenge kömmt, sich auf die Frage
  einlassen können, wer von denen, die auf sie anrücken, schuldig ist oder
  nicht: so verhält es sich doch, mein gnädigster Onkel, mit einem Mädchen
  anders; mit einem armen schwachen Mädchen, auf dessen leicht bethörte
  Sinne, in der Ruhe eines monatlangen Umgangs, alle Liebenswürdigkeiten
  der Geburt und der Erziehung einzuwirken Zeit finden, und das, wie man
  leider weiß, auf die Vernunft nicht mehr hört, wenn das Herz sich
  bereits für einen Gegenstand entschieden hat.
  Hier lege ich Ihnen ein Zeugniß bei, das Hr. ^v. Lefat^ sich auf die
  Forderung meiner Mutter von seinem Regimentschef zu verschaffen gewußt
  hat. Sie werden daraus ersehen, daß das, was uns ein Feldwebel von
  seinem Regiment von ihm sagte, nämlich daß er schon verheiratet sei,
  eine schändliche und niederträchtige Verläumdung war. Hr. ^v. Lefat^ ist
  selbst vor einigen Tagen in B.-- gewesen, um das Attest, das die
  Declaration vom Gegentheil enthält, formaliter von seinem Obristen
  ausfertigen zu lassen. Ueberhaupt muß ich Ihnen sagen, daß die niedrige
  Meinung, die man hier in der ganzen Gegend von diesem jungen Manne hegt,
  mein Herz auf das Empfindlichste kränkt. Der Leidenschaft, die er für
  mich fühlt, und die ich als wahrhaft zu erkennen, die entscheidendsten
  Gründe habe, wagt man die schändlichsten Absichten unterzulegen. Ja,
  mein voreiliger Bruder geht soweit mich zu versichern, daß der Obrist,
  sein Regimentschef, gar nicht mehr in B.-- sei --, und ich bitte Sie,
  der Sie sich in B.-- aufhalten, dem Ersteren darüber nach angestellter
  Untersuchung die Zurechtweisung zu geben. Ich leugne nicht, daß der
  Vorfall, der sich vor einiger Zeit zwischen ihm und der Kammerjungfer
  meiner Mutter zutrug, einige Unruhe über seine sittliche Denkungsart zu
  erwecken geschickt war. Abwesend, wie ich an diesem Tage von P.-- war,
  bin ich gänzlich außer Stand über die Berichte dieses albernen und
  eingebildeten Geschöpfs zu urtheilen. Aber die Beweise, die er mir, als
  ich zurückkam und in Thränen auf mein Bette sank, von seiner
  ungetheilten Liebe gab, waren so eindringlich, daß ich die ganze
  Erzählung als eine elende Vision verwarf, und von der innigsten Reue
  bewegt, das Band der Ehe, von dem bis dahin noch nicht die Rede gewesen
  war, jetzt allererst knüpfen zu müssen glaubte. -- Wären sie es weniger
  gewesen, und Ihre Laura noch frei und ruhig wie zuvor!
  Kurz, mein theuerster und beßter Onkel, retten Sie mich!
  In 8 Tagen soll, wenn es nach meinen Wünschen geht, die Vermählung sein.
  Inzwischen wünscht Hr. ^v. Lefat^, daß die Anstalten dazu, auf die meine
  gute Mutter bereits in zärtlichen Augenblicken denkt, nicht eher auf
  entscheidende Weise gemacht werden, als bis Sie die Güte gehabt haben
  ihm das ^Legat^ zu überantworten, das mir aus der Erbschaft meines
  Großvaters bei dem Tode desselben zufiel, und Sie, als mein Vormund bis
  heute gefälligst verwalteten. Da ich großjährig bin, so wird diesem
  Wunsch nichts im Wege stehn, und indem ich es mit meiner zärtlichsten
  Bitte unterstütze, und auf die schleunige Erfüllung desselben antrage,
  indem sonst die unangenehmste Verzögerung davon die Folge sein würde,
  nenne ich mich mit der innigsten Hochachtung und Liebe u. s. w.
  
   3. Schreiben eines Burgemeisters in einer Festung an einen
   Unterbeamten.
  Sr. Excellenz der Hr. Generallieutenant von F., ^Commendant^ der
  hiesigen Garnison, haben sich auf die Nachricht, daß der Feind nur noch
  drey Meilen von der Festung stehe, auf das Rathhaus verfügt, und
  daselbst, in Begleitung eines starken Detaschements von Dragonern, 3000
  Pechkränze verlangt, um die Vorstädte, die das Glacis embarrassiren,
  danieder zu brennen.
  Der Rath der Stadt, der unter solchen Umständen das Ruhmvolle dieses
  Entschlusses einsah, hat, nach Abführung einiger renitirenden
  Mitglieder, die Sache ^in pleno^ erwogen, und mit einer Majorität von 3
  gegen 2 Stimmen, wobei meine wie gewöhnlich für 2 galt, und Sr.
  Excellenz die 3 supplirten, die verlangten Pechkränze ohne Bedenken
  bewilligt. Inzwischen ist nun die Frage, und wir geben Euch auf Euch
  gutachtlich darüber auszulassen,
   1. Wie viel an Pech und Schwefel, als den dazu gehörigen
   Materialien, zur Fabrication von 3000 Pechkränzen erforderlich
   sind; und
   2. ob die genannten Combustibeln in der berechneten Menge zur
   gehörigen Zeit herbeizuschaffen sind?
  Unseres Wissens liegt ein großer Vorrath von Pech und Schwefel bei dem
  Kaufmann M. in der N..schen Vorstadt, P..sche Gasse Num. 139.
  Inzwischen ist dies ein auf Bestellung der Dänischen Regierung
  aufgehäufter Vorrath, und wir besitzen bereits, in Relation wie wir mit
  derselben stehen, den Auftrag dem Kaufmann M. den Marktpreis davon mit
  3000 fl. zuzufertigen. Indem wir Euch nun, diesem Auftrage gemäß, die
  besagte Summe für den Kaufmann M. in guten Landespapieren, demselben
  auch sechs Wägen oder mehr und Pässe, und was immer zur ungesäumten
  Abführung der Ingredienzen an den Hafen-Platz erforderlich sein mag,[42]
  bewilligen, beschließen wir zwar von diesem Eigenthum der Dänischen
  Regierung Behufs einer Niederbrennung der Vorstädte keine Notiz zu
  nehmen; indessen habt Ihr das gesammte Personale der untern
  Polizeibeamten zusammenzunehmen, und alle Gewölbe und Läden der Kauf-
  und Gewerksleute, die mit diesen Combustibeln handeln oder sie
  verarbeiten, aufs Strengste und Eigensinnigste zu durchsuchen, damit,
  dem Entschluß Sr. Excellenz gemäß, unverzüglich die Pechkränze
  verfertigt und mit Debarrassirung des Glacis verfahren werden möge.
  Nichts ist nothwendiger, als in diesem Augenblick der herannahenden
  Gefahr Alles aufzubieten, und kein Opfer zu scheuen, das im Stande ist
  dem Staat diesen für den Erfolg des Kriegs höchst wichtigen Platz zu
  behaupten. Sr. Excellenz haben erklärt, daß wenn ihr auf dem Markt
  befindlicher Pallast vor dem Glacis läge, sie denselben zuerst
  niederbrennen und unter den Thoren der Vestung übernachten würden. Da
  nun unser, sowohl des Burgemeisters, als auch Euer, des Unterbeamten,
  Haus, in dem angegebenen Fall sind, indem sie von der Q...schen Vorstadt
  her mit ihren Gärten und Nebengebäuden das Glacis beträchtlich
  embarrassiren, so wird es bloß von Euren Recherchen und von dem Bericht
  abhangen, den Ihr darüber abstatten werdet, ob wir den Andern ein
  Beispiel zu geben, und den Pechkranz zuerst auf die Giebel derselben zu
  werfen haben.
  Sind in Gewogenheit u. s. w.
  
   4. Brief eines politischen Pescherü über einen Nürnberger
   Zeitungsartikel.
  Erlaube mir, Vetter Pescherü, daß ich Dir in der verwirrten Sprache, die
  kürzlich ein Deutscher mich gelehrt hat, einen Artikel mittheile, der in
  einer Zeitung dieses Landes, wenn ich nicht irre, im Nürnberger
  Correspondenten gestanden hat, und den ein Grönländer, der in Island auf
  einem Kaffeehause war, hierher gebracht hat. Der Zeitungsartikel ist
  folgenden sonderbaren Inhalts:[43]
  »Es sind nicht sowohl die Franzosen, welche die Freiheitsschlacht, die
  bei Regensburg gefochten ward, entschieden haben, als vielmehr die
  Deutschen selbst. Der tapfere Kronprinz von Bayern hat zuerst an der
  Spitze der rheinbündischen Truppen die Linien der Oesterreicher
  durchbrochen. Der Kaiser Napoleon hat ihn am Abend der Schlacht auf dem
  Wahlplatz umarmt, und ihn den Helden der Deutschen genannt.«[44]
  Ich versichere Dich, Vetter Pescherü, ich bin hinausgegangen auf den
  Sandhügel, wo die Sonne brennt, und habe meine Nase angesehen
  stundenlang, und wieder stundenlang, ohne im Stande gewesen zu sein den
  Sinn dieses Zeitungsartikels zu erforschen. Er verwischt Alles, was ich
  über die Vergangenheit zu wissen meine, dergestalt, daß mein Gedächtniß
  wie ein weißes Blatt aussieht, und die ganze Geschichte derselben von
  Neuem darin angefrischt werden muß.
  Sage mir also, ich bitte Dich:
  1. Ist es der Kaiser von Oesterreich, der das deutsche Reich im Jahre
  1805 zertrümmert hat?[45]
  2. Ist er es, der den Buchhändler Palm erschießen ließ, weil er ein
  dreistes Wort über diese Gewaltthat in Umlauf brachte?[46]
  3. Ist er es, der durch List und Ränke die deutschen Fürsten entzweite,
  um über die Entzweiten nach der Regel des Cäsar zu herrschen?
  4. Ist er es, der den Kurfürsten von Hessen ohne Kriegserklärung aus
  seinem Lande vertrieb, und einen Handlungscommis -- wie heißt er schon?
  -- der ihm verwandt war, auf den Thron desselben setzte?[47]
  5. Ist er es, der den König von Preußen, den ersten Gründer seines
  Ruhms, in dem undankbarsten und ungerechtesten Kriege zu Boden
  geschlagen hat, und auch selbst nach dem Frieden noch mit seinem
  grimmigen Fuß auf dem Nacken desselben verweilte?[48]
  6. Ist es dagegen der Kaiser Napoleon, der durch unglückliche Feldzüge
  erschöpft, die deutsche Krone auf das Machtwort seines Gegners
  niederzulegen genöthigt war?[49]
  7. Ist er es, der mit zerrissenem Herzen Preußen, den letzten Pfeiler
  Deutschlands, sinken sah, und, so zerstreut seine Heere auch waren,
  herbei geeilt sein würde ihn zu retten, wenn der Friede von Tilsit nicht
  abgeschlossen worden wäre?[50]
  8. Ist er es, der dem betrogenen Kurfürsten von Hessen auf der Flucht
  aus seinen Staaten einen Zufluchtsort in den seinigen vergönnt hat?[51]
  9. Ist er es endlich, der sich des Elends, unter welchem die Deutschen
  seufzen, erbarmt hat, und der nun, an der Spitze der ganzen Jugend, wie
  Anteus, der Sohn der Erde, von seinem Fall erstanden ist, um das
  Vaterland zu retten?
  Vetter Pescherü, vergieb mir diese Fragen; ein Europäer wird ohne
  Zweifel, wenn er den Artikel liest, wissen was er davon zu halten hat.
  Einem Pescherü aber müssen, wie Du selbst einsiehst, alle die Zweifel
  kommen, die ich Dir vorgetragen habe.
  Bekanntlich drücken wir mit dem Wort Pescherü Alles aus, was wir
  empfinden oder denken, drücken es mit einer Deutlichkeit aus, die den
  andern Sprachen der Welt fremd ist. Wenn wir z. B. sagen wollen: es ist
  Tag, so sagen wir: Pescherü; wollen wir hingegen sagen: es ist Nacht, so
  sagen wir: Pescherü. Wollen wir ausdrücken: dieser Mann ist redlich, so
  sagen wir: Pescherü; wollen wir hingegen versichern: er ist ein Schelm,
  so sagen wir: Pescherü. Kurz, Pescherü drückt den Inbegriff aller
  Erscheinungen aus, und eben darum, weil es Alles ausdrückt, auch jedes
  Einzelne.
  Hätte doch der Nürnberger Zeitungsschreiber in der Sprache der Pescherüs
  geschrieben! Denn setze einmal der Artikel lautete also Pescherü, so
  würde Dein Vetter[52] nicht einen, nicht einen Augenblick bei seinem
  Inhalt angestoßen sein. Er würde alsdann mit völliger Bestimmtheit und
  Klarheit also gelesen haben:
  »Es sind nicht sowohl die Franzosen, welche die Schlacht, die das
  deutsche Reich dem Napoleon überliefern sollte, gewonnen haben, als
  vielmehr die bemitleidenswürdigen Deutschen selbst. Der entartete
  Kronprintz von Bayern hat zuerst an der Spitze der rheinbündischen
  Truppen die Linien der braven Oesterreicher, ihrer Befreier,
  durchbrochen. »Sie sind der Held der Deutschen!« rief ihm der
  Verschlagenste der Unterdrücker zu; aber sein Hertz sprach heimlich:
  »ein Verräther bist Du, und wenn ich Dich werde gebraucht haben, wirst
  Du abtreten!«
  
   5. Die Bedingung des Gärtners.
   Eine Fabel.
  Ein Gärtner sagte zu seinem Herrn: »Deinem Dienst habe ich mich nur
  innerhalb dieser Hecken und Zäune gewidmet. Wenn der Bach kommt und
  deine Frucht-Beete überschwemmt, so will ich mit Hacken und Spaten
  aufbrechen, um ihm zu wehren; aber außerhalb dieses Bezirkes zu gehen,
  und, ehe der Strom noch einbricht, mit seinen Wogen zu kämpfen, das
  kannst du nicht von deinem Diener verlangen.«
  Der Herr schwieg.
  Und drei Frühlinge kamen und verheerten mit ihren Gewässern das Land.
  Der Gärtner triefte von Schweiß, um dem Geriesel[53], das von allen
  Seiten eindrang, zu steuern; umsonst; der Seegen des Jahrs, wenn ihm die
  Arbeit auch gelang, war verderbt und vernichtet.
  Als der vierte kam, nahm er Hacken und Spaten und gieng auf's Feld.
  »Wohin?« fragte ihn sein Herr.
  »Auf das Feld, antwortete er, wo das Uebel entspringt. Hier thürm' ich
  Wälle von Erde umsonst, um dem Strom, der brausend hereinbricht, zu
  wehren: an der Quelle kann ich ihn mit einem Fußtritt verstopfen.«
  Landwehren von Oesterreich! Warum wollt ihr bloß innerhalb eures Landes
  fechten?[54]
  
   6. Lehrbuch der französischen Journalistik.
  
   Einleitung.
  
   § 1.
  Die Journalistik überhaupt ist die treuherzige und unverfängliche Kunst
  das Volk von dem zu unterrichten, was in der Welt vorfällt. Sie ist eine
  gänzliche Privatsache, und alle Zwecke der Regierung, sie mögen heißen
  wie man wolle, sind ihr fremd. Wenn man die französischen Journale mit
  Aufmerksamkeit liest, so sieht man, daß sie nach ganz eignen Grundsätzen
  abgefaßt worden, deren System man die _französische Journalistik_ nennen
  kann. Wir wollen uns bemühen den Entwurf dieses Systems, so wie es etwa
  im geheimen Archiv zu Paris liegen mag, hier zu entfalten.
  
   Erklärung.
  
   § 2.
  Die _französische Journalistik_ ist die Kunst das Volk glauben zu
  machen, was die Regierung für gut findet.
  
   § 3.
  Sie ist bloß Sache der Regierung, und alle Einmischung der Privatleute,
  bis selbst auf die Stellung vertraulicher Briefe, die die
  Tages-Geschichte betreffen, verboten.
  
   § 4.
  Ihr Zweck ist die Regierung über allen Wechsel der Begebenheiten hinaus
  sicher zu stellen, und die Gemüther, allen Lockungen des Augenblicks zum
  Trotz, in schweigender Unterwürfigkeit unter das Joch derselben
  niederzuhalten.
  
   Die zwei obersten Grundsätze.
  
   § 5.
  _Was das Volk nicht weiß, macht das Volk nicht heiß._
  
   § 6.
  _Was man dem Volke dreimal sagt, hält das Volk für wahr._
  
   Anmerkung.
  
   § 7.
  Diese Grundsätze könnte man auch Grundsätze des Talleyrand nennen. Denn
  ob sie gleich nicht von ihm erfunden sind, so wenig wie die
  mathematischen von dem Euklid: so ist er doch der Erste, der sie für ein
  bestimmtes und schlußgerechtes System in Anwendung gebracht hat.
  
   Aufgabe.
  
   § 8.
  Eine Verbindung von Journalen zu redigiren, welche 1. Alles, was in der
  Welt vorfällt, entstellen, und gleichwohl 2. ziemliches Vertrauen haben?
  
   Lehrsatz zum Behuf der Auflösung.
  Die Wahrheit sagen heißt allererst die Wahrheit _ganz_ und _nichts als_
  die Wahrheit sagen.
  
   Auflösung.
  Also redigire man zwei Blätter, deren Eines niemals lügt, das Andere
  aber die Wahrheit sagt: so wird die Aufgabe gelößt sein.
  
   Beweis.
  Denn weil das Eine niemals lügt, das Andere aber die Wahrheit sagt, so
  wird die _zweite_ Forderung erfüllt sein. Weil aber jenes verschweigt
  was wahr ist, und dieses hinzusetzet was erlogen ist, so wird es auch,
  wie jedermann zugestehen wird, die _erste_ sein. ^q. e. d.^
  
   Erklärung.
  
   § 9.
  Dasjenige Blatt, welches niemals lügt, aber hin und wieder verschweigt
  was wahr ist, heißt der _Moniteur_, und erscheine in officieller Form;
  das Andere, welches die Wahrheit sagt, aber zuweilen hinzuthut was
  erstuncken und erlogen ist, heiße ^Journal de l'Empire^, oder
  auch ^Journal de Paris^, und erscheine in Form einer bloßen
  Privat-Unternehmung.
  
   Eintheilung der Journalistik.
  
   § 10.
  Die französische Journalistik zerfällt in die Lehre von der Verbreitung
  1. _wahrhaftiger_, 2. _falscher_ Nachrichten. Jede Art der Nachricht
  erfordert einen eigenen _Modus der Verbreitung_, von welchem hier
  gehandelt werden soll.
  
   ^Cap. I.^
   Von den wahrhaftigen Nachrichten.
  
   ^Art. 1.^
   Von den guten.
  
   Lehrsatz.
  
   § 11.
  _Das Werk lobt seinen Meister._
  
   Beweis.
  Der Beweis für diesen Satz ist klar an sich. Er liegt in der Sonne,
  besonders wenn sie aufgeht; in den ägyptischen Pyramiden; in der
  Peterskirche; in der Madonna des Raphael, und in vielen andern
  herrlichen Werken der Götter und Menschen.
  
   Anmerkung.
  
   § 12.
  Wirklich und in der That: man mögte meinen, daß dieser Satz sich in der
  französischen Journalistik [nicht] findet. Wer die Zeitungen aber mit
  Aufmerksamkeit gelesen hat, der wird gestehen, er findet sich darin;
  daher wir ihn auch dem System zu Gefallen hier haben aufführen müssen.
  
   Corollarium.
  
   § 13.
  Inzwischen gilt dieser Satz doch nur in völliger Strenge für den
  _Moniteur_, und auch für diesen nur bei guten Nachrichten von
  außerordentlichem und entscheidendem Werth. Bei guten Nachrichten von
  untergeordnetem Werth kann der Moniteur schon das Werk ein wenig loben,
  das ^Journal de l'Empire^ aber und das ^Journal de Paris^ mit vollen
  Backen in die Posaune stoßen.
  
   Aufgabe.
  
   § 14.
  _Dem Volk eine gute Nachricht vorzutragen?_
  
   Auflösung.
  Ist es z. B. eine gänzliche Niederlage des Feindes, wobei derselbe
  Kanonen, Bagage und Munition verloren hat und in die Moräste gesprengt
  worden ist, so sage man dies, und setze das Punctum dahinter. (§ 11) Ist
  es ein bloßes Gefecht, wobei nicht viel herausgekommen ist, so setze man
  im Moniteur eine, im ^Journal de l'Empire^ drei Nullen an jede Zahl, und
  schicke die Blätter mit ^Courieren^ in alle Welt. (§ 13)
  
   Anmerkung.
  
   § 15.
  Hierbei braucht man nicht nothwendig zu lügen. Man braucht nur z. B. die
  Blessirten, die man auf dem Schlachtfelde gefunden, auch unter den
  Gefangenen aufzuführen. Dadurch bekömmt man zwei Rubriken, und das
  Gewissen ist gerettet.
  
   ^Art. 2.^
   _Von den schlechten Nachrichten._
  
   Lehrsatz.
  
   § 16.
  Zeit gewonnen, Alles gewonnen.
  
   Anmerkung.
  
   § 17.
  Dieser Satz ist so klar, daß er, wie die Grundsätze, keines Beweises
  bedarf, daher ihn der Kaiser der Franzosen auch unter die Grundsätze
  aufgenommen hat. Er führt in natürlicher Ordnung auf die Kunst dem Volk
  [eine] Nachricht zu verbergen, von welcher[55] sogleich gehandelt werden
  soll.
  
   Corollarium.
  
   § 18.
  Inzwischen gilt auch dieser Satz nur in völliger Strenge für das
  ^Journal de l'Empire^ und für das ^Journal de Paris^, und auch für diese
  nur bei schlechten Nachrichten von der gefährlichen und verzweifelten
  Art. Schlechte Nachrichten von erträglicher Art kann der Moniteur gleich
  offenherzig gestehen, das ^Journal de l'Empire^ aber und das ^Journal de
  Paris^ thun als ob nicht viel daran wäre.
  
   Aufgabe.
  
   § 19.
  _Dem Volk eine schlechte Nachricht zu verbergen?_
  
   Auflösung.
  Die Auflösung ist leicht. Es gilt für das Innere des Landes in allen
  Journalen Stillschweigen, einem Fisch gleich. Unterschlagung der Briefe,
  die davon handeln, Aufhaltung der Reisenden, Verbote in Tabagien und
  Gasthäusern davon zu reden, und für das Ausland Confiscation der
  ^Journale^, welche gleichwohl davon zu handeln wagen; Arretirung,
  Deportirung, und Füselierung der Redactoren; Ansetzung neuer ^Subjecte^
  bei diesem Geschäfft: Alles mittelbar entweder durch Requisition, oder
  unmittelbar durch Detaschements.
  
   Anmerkung.
  
   § 20.
  Diese Auflösung ist, wie man sieht, nur eine bedingte, und früh oder
  spät kommt die Wahrheit ans Licht. Will man die Glaubwürdigkeit der
  Zeitungen nicht aussetzen, so muß es nothwendig eine Kunst geben dem
  Volk schlechte Nachrichten vorzutragen. Worauf wird diese Kunst sich
  stützen?
  
   Lehrsatz.
  
   § 21.
  Der Teufel läßt keinen Schelmen im Stich.
  
   Anmerkung.
  
   § 22.
  Auch dieser Satz ist so klar, daß er nur erst verworren[56] werden
  würde, wenn man ihn beweisen wollte, daher wir uns nicht weiter darauf
  einlassen, sondern sogleich zur Anwendung schreiten wollen.
  
   Aufgabe.
  
   § 23.
  _Dem Volk eine schlechte Nachricht vorzutragen?_
  
   Auflösung.
  Man schweige davon (§ 5) bis sich die Umstände geändert haben. (§ 15).
  Inzwischen unterhalte man das Volk mit guten Nachrichten, entweder mit
  wahrhaftigen aus der Vergangenheit, oder auch mit gegenwärtigen, wenn
  sie vorhanden sind, als: Schlacht von Marengo, von der Gesandschafft des
  Persenschachs[57] und von der Ankunft des Levantischen Kaffes, oder, in
  Ermangelung aller, mit solchen die erstunken und erlogen sind; sobald
  sich die Umstände geändert haben, welches niemals ausbleibt, (§ 20) und
  irgend ein Vortheil, er sei groß oder klein, errungen worden ist, gebe
  man (§ 14) eine pomphafte Ankündigung davon, und an ihren Schwanz hänge
  man die schlechte Nachricht an. ^q. e. des.^
  
   Anmerkung.
  
   § 24.
  Hierin ist eigentlich noch der Lehrsatz enthalten: _wenn man dem Kinde
  ein Licht zeigt, so weint es nicht_; denn darauf stützt sich zum Theil
  das angegebene Verfahren. Nur der Kürze wegen, und weil er von selbst in
  die Augen springt, geschah es, daß wir denselben ^in abstracto^ nicht
  haben aufführen wollen.
  
   Corollarium.
  
   § 25.
  Ganz _still zu schweigen_, wie die Auflösung fordert, ist in vielen
  Fällen unmöglich, denn schon das Datum des Bülletins, wenn z. B. eine
  Schlacht verloren und das Hauptquartier zurückgegangen wäre, verräth
  dies Factum. In diesem Fall _antedatire_ man entweder das Bülletin, oder
  aber _fingire einen Druckfehler_ im Datum, oder endlich lasse das Datum
  _ganz weg_. Die Schuld kommt auf den Setzer oder Corrector.
  
   7. Katechismus der Deutschen, abgefaßt nach dem Spanischen, zum
   Gebrauch für Kinder und Alte.[58]
   In sechzehn Kapiteln.
  
   Erstes Kapitel.
   Von Deutschland überhaupt.
  _Frage._ Sprich, Kind, wer bist Du?
  _Antwort._ Ich bin ein Deutscher.
  _Fr._ Ein Deutscher? Du scherzest. Du bist in Meißen gebohren, und das
  Land, dem Meißen angehört, heißt Sachsen!
  _Antw._ Ich bin in Meißen gebohren, und das Land, dem Meißen angehört,
  heißt Sachsen; aber mein Vaterland, das Land dem Sachsen angehört, ist
  Deutschland, und Dein Sohn, mein Vater, ist ein Deutscher.
  _Fr._ Du träumest! Ich kenne kein Land, dem Sachsen angehört, es müßte
  denn das rheinische Bundesland sein.[59] Wo find ich es, dies
  Deutschland, von dem Du sprichst, und wo liegt es?
  _Antw._ Hier, mein Vater. -- Verwirre mich nicht.
  _Fr._ Wo?
  _Antw._ Auf der Karte.
  _Fr._ Ja, auf der Karte! -- Diese Karte ist vom Jahr 1805. -- Weißt Du
  nicht, was geschehn ist im Jahr 1805, da der Friede von Preßburg
  abgeschlossen war?
  _Antw._ Napoleon, der korsische Kaiser, hat es nach dem Frieden durch
  eine Gewaltthat zertrümmert.[60]
  _Fr._ Nun? Und gleichwohl wäre es noch vorhanden?
  _Antw._ Gewiß! -- Was fragst Du mich doch!
  _Fr._ Seit wann?
  _Antw._ Seit Franz der Zweite, der alte Kaiser der Deutschen, wieder
  aufgestanden ist, um es herzustellen, und der tapfre Feldherr, den er
  bestellte, das Volk aufgerufen hat, sich an die Heere, die er anführt,
  zur Befreiung des Landes anzuschließen.
  
   Zweites Kapitel.
   Von der Liebe zum Vaterlande.
  _Fr._ Du liebst dein Vaterland, nicht wahr, mein Sohn?
  _Antw._ Ja, mein Vater, das thu ich.
  _Fr._ Warum liebst Du es?
  _Antw._ Weil es mein Vaterland ist.
  _Fr._ Du meinst, weil Gott es geseegnet hat mit vielen Früchten, weil
  viele schöne Werke der Kunst es schmücken, weil Helden, Staatsmänner und
  Weise, deren Namen anzuführen kein Ende ist, es verherrlicht haben?
  _Antw._ Nein, mein Vater; Du verführst mich.
  _Fr._ Ich verführte Dich?
  _Antw._ Denn Rom und das ägyptische Delta sind, wie Du mich gelehrt
  hast, mit Früchten und schönen Werken der Kunst und Allem, was groß und
  herrlich sein mag, weit mehr geseegnet als Deutschland. Gleichwohl, wenn
  Deines Sohnes Schicksal wollte, daß er darin leben sollte, würde er sich
  traurig fühlen, und es nimmermehr so lieb haben, wie jetzt Deutschland.
  _Fr._ Warum also liebst Du Deutschland?
  _Antw._ Mein Vater, ich habe es Dir schon gesagt!
  _Fr._ Du hättest es mir schon gesagt?
  _Antw._ Weil es mein Vaterland ist.
  
   Drittes Kapitel.
   Von der Zertrümmerung des Vaterlandes.
  _Fr._ Was ist Deinem Vaterlande jüngsthin widerfahren?
  _Antw._ Napoleon, Kaiser der Franzosen, hat es mitten im Frieden
  zertrümmert, und mehrere Völker, die es bewohnen, unterjocht.
  _Fr._ Warum hat er dies gethan?
  _Antw._ Das weiß ich nicht.
  _Fr._ Das weißt Du nicht?
  _Antw._ Weil er ein böser Geist ist.
  _Fr._ Ich will Dir sagen, mein Sohn: Napoleon behauptet, er sei von den
  Deutschen beleidigt worden.
  _Antw._ Nein, mein Vater, das ist er nicht.
  _Fr._ Warum nicht?
  _Antw._ Die Deutschen haben ihn niemals beleidigt.
  _Fr._ Kennst Du die gantze Streitfrage, die dem Kriege, der entbrannt
  ist, zum Grunde liegt?
  _Antw._ Nein, keineswegs.
  _Fr._ Warum nicht?
  _Antw._ Weil sie zu weitläuftig und umfassend ist.
  _Fr._ Woraus also schließest Du, daß die Sache, die die Deutschen
  führen, gerecht sei?
  _Antw._ Weil Kaiser Franz von Oesterreich es versichert hat.
  _Fr._ Wo hat er dies versichert?
  _Antw._ In dem von seinem Bruder, dem Erzherzog Carl, an die Nation
  erlassenen Aufruf.
  _Fr._ Also wenn zwei Angaben vorhanden sind, die Eine von Napoleon, dem
  Korsenkaiser, die Andere von Franz, Kaiser von Oesterreich, welcher
  glaubst Du?
  _Antw._ Der Angabe Franzens, Kaisers von Oesterreich.
  _Fr._ Warum?
  _Antw._ Weil er wahrhaftiger ist.
  
   Viertes Kapitel.
   Vom Ertzfeind.
  _Fr._ Wer sind Deine Feinde, mein Sohn?
  _Antw._ Napoleon und, so lange er ihr Kaiser ist, die Franzosen.
  _Fr._ Ist sonst niemand, den Du haßest?
  _Antw._ Niemand auf der ganzen Welt.
  _Fr._ Gleichwohl, als Du gestern aus der Schule kamst, hast Du Dich mit
  jemand, wenn ich nicht irre, entzweit?
  _Antw._ Ich, mein Vater? Mit wem?
  _Fr._ Mit Deinem Bruder; Du hast es mir selbst erzählt.
  _Antw._ Ja, mit meinem Bruder! Er hatte meinen Vogel nicht, wie ich ihm
  aufgetragen hatte, gefüttert.
  _Fr._ Also ist Dein Bruder, wenn er dies gethan hat, Dein Feind, nicht
  Napoleon der Korse, noch die Franzosen, die er beherrscht?
  
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