Martin Luthers Geistliche Lieder - 3

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Ein wahrer Gott von Ewigkeit,
Die Sonn mit dem Tag von uns weicht:
Laß leuchten uns dein göttlich Licht.
Des Morgens, Gott, dich loben wir,
Des Abends auch beten für dir,
Unser armes Lied ruhmet dich
Itzund immer und ewiglich.
Gott Vater, dem sei ewig Ehr,
Gott Sohn, der ist der einig Herr,
Und dem Tröster heiligen Geist
Von nun an bis in Ewigkeit. Amen.


Ein ander Christlied.

Von Himmel kam der Engel Schar,
Erschien den Hirten offenbar,
Sie sagten ihn'n: Ein Kindlein zart,
Das liegt dort in der Krippen hart
Zu Bethlehem in Davids Stadt,
Wie Micha das verkündet hat.
Es ist der Herre Jesus Christ,
Der euer aller Heiland ist.
Des sollt ihr billig fröhlich sein,
Daß Gott mit euch ist worden ein,
Er ist geborn eu'r Fleisch und Blut,
Eu'r Bruder ist das ewig Gut.
Was kann euch tun die Sünd und Tod,
Ihr habt mit euch den wahren Gott.
Laßt zürnen Teufel und die Hell,
Gotts Sohn ist worden eu'r Gesell.
Er will und kann euch lassen nicht,
Setzt ihr auf ihn eu'r Zuversicht;
Es mögen euch viel fechten an,
Dem sei Trotz, ders nicht lassen kann.
Zuletzt müßt ihr doch haben Recht,
Ihr seid nu worden Gotts Geschlecht,
Des danket Gott in Ewigkeit,
Geduldig, fröhlich allezeit. Amen.


Ein Kinderlied,
zu singen wider die zween Erzfeinde Christi und seiner heiligen
Kirchen, den Papst und Türken.

Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort
Und steur' des Papsts und Türken Mord,
Die Jesum Christum, deinen Sohn,
Wollten stürzen von deinem Thron.
Beweis dein Macht, Herr Jesu Christ,
Der du Herr aller Herren bist,
Beschirm dein arme Christenheit,
Daß sie dich lob in Ewigkeit.
Gott heilger Geist, du Tröster wert,
Gib deim Volk ein'rlei Sinn auf Erd,
Steh bei uns in der letzten Not,
G'leit uns ins Leben aus dem Tod.


Nachwort

Der vorliegende Neudruck der geistlichen Lieder Luthers beruht
vornehmlich auf dem dritten Band von Wackernagels großer
Sammlung. Doch sind alle späteren kritischen Ausgaben der
Luthergesänge (Goedeke, Zelle, Leitzmann, Klippgen) zum Vergleich
herangezogen worden. Die Reihenfolge der Lieder, die annähernd
chronologisch sein möchte, entspricht gleichfalls im ganzen der
von Wackernagel aufgestellten Ordnung. Einige Verschiebungen
waren dadurch bedingt, daß inhaltlich zusammengehörige Lieder
aus den Jahren 1523 bzw. 1524 (Psalmen, Weihnachtsgesänge,
Pfingstlieder u. a.) zu je einer Gruppe vereinigt worden sind.
Aus dem Hinweis auf den Zusammenhang zwischen der chronologischen
Ordnung und der Wackernagelschen Reihenfolge ergibt sich schon,
daß der Herausgeber -- was hier nur kurz und ohne Begründung
angedeutet sei -- sich nicht dazu entschließen konnte, der von
Friedrich Spitta vertretenen Hypothese über die Entstehungszeit
der Lutherschen Lieder (»Ein feste Burg ist unser Gott«,
Göttingen 1905) zu folgen. So bewunderungswürdig im einzelnen
Spittas Scharfsinn sich bewährt, so führt er doch im ganzen
zweifellos in die Irre. Der Herausgeber hält nach wie vor an der
altüberlieferten Anschauung fest, daß der Reformator, einerseits
durch das praktische Bedürfnis des neugestalteten Gottesdienstes
gedrängt und andernteils durch die ersten blutigen Zeugen des
Evangeliums innerlich aufs tiefste bewegt, erst in seinen
Mannesjahren zum Dichter (im engeren Sinne) geworden ist, wenn
dieser Schritt natürlich auch durch die mannigfaltigsten
Lebenserfahrungen und ihren bleibenden Eindruck auf das Gemüt
Luthers und im besonderen durch die Arbeit an dem Psalmenkolleg
und der Psalmenverdeutschung, der sich der Wittenberger Professor
immer wieder mit immer neuer Liebe unterzogen hatte, längst
vorbereitet war.
Das erste Gedicht des Reformators, das von den zween Märtyrern,
ist im leicht erzählenden Balladenton des Landsknechtslieds,
offenbar unter Zugrundlegung einer sangbaren Volksmelodie,
geschaffen worden. Dagegen trägt das zweite Lied »Nu freut euch,
lieben Christen gmein« rein lyrischen Charakter und bildet ein
höchst persönliches freudiges Bekenntnis zu dem Satz von der
Gerechtigkeit des Christen allein durch den Glauben. Dann aber
lenkt der Dichter, dem der Gemeindegesang als erstrebenswertes
Ziel vor Augen steht, in den Ton des echten evangelischen
Kirchenlieds ein, das ja -- trotz Spittas gegenteiliger
Behauptung -- nicht die Gefühle des einzelnen zum Ausdruck
bringen will, sondern das, was die Gemeinde als solche erfüllt
und bewegt. »Seine persönlichen Sorgen und Anfechtungen, seine
privaten Leiden und Freuden behält Luther seinem Kämmerlein vor.
Wenn er Kirchenlieder dichtet, fühlt er sich unter den weiten
Bogen und Hallen der Kirche und auf einer Bank mit der Gemeinde.
Er singt nur das, was alle seine Brüder mit ihm bewegt und was
der Geringste wie der Größte mit ihm singen können. Die
Persönlichkeit des Dichters verschwindet hinter der großen Schar,
deren Gesamtüberzeugung er bekennt.« (Hausrath II, 156.) Für
Dichtungen solchen Charakters aber bieten die von Luther über
alles geliebten Psalmen die gegebenen Grundlagen, und so entsteht
vom Herbst 1523 ab eine ganze Anzahl von mehr oder weniger
selbständig ausgestalteten Psalmparaphrasen, angefangen von der
warmherzigen Klage und Bitte: »Ach Gott vom Himmel sieh darein«
bis hin zum eisengepanzerten, siegesgewissen Schutz- und
Trutzlied von der festen Burg, der gewaltigsten Dichtergabe des
Reformators. Des weiteren aber sucht Luther jene Zeugnisse alter
kindlicher Gläubigkeit und Bekennerfreude, wie sie in so mancher
lateinischen Hymne überliefert waren, für den evangelischen
Gottesdienst umzumünzen, und so bearbeitet er bald in freierer
Weise, bald im engen, fast ängstlichen Anschluß an das Original
die alten Weihnachts-, Pfingst- und Osterlieder und andere
Gesänge, die ihm für seine Zwecke geeignet erschienen (vgl. S.
21, 22, 26, 27, 31, 36, 37: Gott der Vater wohn' uns bei; 39, 42:
Verleih uns Frieden; 46, 49, 50, 52), oder er gestaltet ein
lateinisches Abendmahlslied, das dem Johannes Hus zugeschrieben
wird, um (vgl. S. 29), wobei es ihm -- was überdies von allen
seinen dichterischen Paraphrasen gilt -- wohl auf Bewahrung des
Sinnes ankommt, während er in bezug auf die sprachliche Form sich
jede Freiheit nimmt, nur darauf achtend, daß ungewohnte Ausdrücke
vermieden werden; denn das Volk wolle, wie er selbst einmal an
Spalatin schreibt, einfache und gebräuchliche Worte singen, die
seinem Fassungsvermögen gemäß seien. Daß Luther sich zu seinen
poetischen Schöpfungen auch durch ältere deutsche Lieder hat
anregen lassen, die ihrerseits wiederum wenigstens zum Teil auf
noch ältere lateinische Vorlagen zurückgehen mochten, ist nicht
verwunderlich (vgl. S. 20, 24: Christ lag in Todesbanden; 28, 30,
42), und gerade diese oft nur durch eine einzige altüberlieferte
Strophe, gewöhnlich die Anfangsstrophe, angeregten Lieder gehören
zu den köstlichsten Erzeugnissen des Lutherschen Genius, mag
er nun den heiligen Geist um den rechten Glauben bitten, oder
mag er Gott loben und benedeien, weil er seinen Leib und sein
Blut im Abendmahl uns gegeben, mag er sein Halleluja über den
Auferstandenen hinausjubeln oder den menschgewordenen Heiland
kindlich verehren, oder mag er endlich im innigsten und liebsten
aller seiner Lieder die Geburt des Herrn durch den Engel
verkünden lassen. -- Schließlich bot Luther auch die oder jene
biblische Erzählung oder irgendeine andere Stelle der Heiligen
Schrift Veranlassung zu dichterischer Neugestaltung (vgl. S. 24,
37, 38, 53; 44). Ausgesprochen dem Bedürfnis der heranwachsenden
evangelischen Jugend aber dienen die Umschreibungen der Gebote
(S. 33, 35) und des Vaterunsers (S. 47); das Trutzlied wider den
Papst und den Türken aber mag rein aus dem Bedürfnis der Zeit
ohne besondere Vorlage entstanden sein.
Die ersten Lieder des Reformators waren als lose Blätter
hinausgeflattert in die Länder deutscher Zunge und hatten auch bei
den deutschen Stämmen, die in anderen Dialekten zu schreiben, zu
reden und zu singen gewöhnt waren als der mitteldeutsche Dichter
und die sich seine Ausdrucksweise oft erst in ihre Sprache
umsetzen mußten, den tiefsten Eindruck gemacht, so daß bald
allerorten die frischen und frohen Jubeltöne der Wittenbergisch
Nachtigall siegreich erschollen. Kein Wunder, daß sich die
buchhändlerische Spekulation bald um die Sammlung der zerstreuten
Einzeldrucke bemühte, die denn auch im sogenannten Achtliederbuch
bald (Anfang 1524) zustande kam, das neben drei Gesängen von Paul
Speratus und einem Gedicht eines unbekannten Poeten vier
Luthersche Lieder enthielt. Luther selbst war an der Herausgabe
des Wittenberger Chorgesangbuchs von 1524 beteiligt, das man
gemeiniglich nach dem Namen des kurfürstlichen Kapellmeisters
Johann Walther benennt und das manche Forscher an den Anfang der
ganzen Reihe stellen möchten. Es enthält unter 32 Nummern 24
Gesänge Luthers. Die beiden Erfurter Enchiridien des gleichen
Jahres 1524 scheinen ohne Luthers Mitwirkung entstanden zu sein,
auch die des Justus Jonas, der des öfteren als Redaktor genannt
wird, könnte nach neueren Funden in Zweifel gezogen werden. -- In
den Jahren 1526, 1529, 1536 und öfter kamen dann bei wechselnden
Verlegern weitere Ausgaben des evangelischen Gesangbuchs heraus,
die uns leider zum Teil nicht erhalten sind. Das letzte Liederbuch
für die evangelische Kirche, an dem Luther selbst noch mitwirkte,
erschien 1545 und ist in Leipzig durch Valentin Babst gedruckt
worden.
Man hat wiederholt die Meinung geäußert, daß die dichterische
Tätigkeit im Leben unseres Reformators nur eine zwar mit vollster
Energie einsetzende, aber ebenso schnell vorübergehende Episode
bedeute. Das ist im ganzen sicher richtig, denn Luther, der vorher
der Dichtkunst nur als wohlwollender Freund, als genießender
Liebhaber gegenübergestanden und kaum jemals daran gedacht hatte,
sie selbst auszuüben, konnte 1523/24 im Zeitraum etwa eines Jahres
eine überraschend reiche Ernte religiöser Lyrik einheimsen,
während er in den ihm dann noch beschiedenen 22 Lebensjahren nur
noch selten einmal in die Saiten der Leier gegriffen hat, wobei
vielleicht die direkte Aufforderung der Verleger oder Herausgeber
bei Gelegenheit von Neuauflagen der Gesangbücher wenigstens den
äußeren Anstoß gegeben haben mochte. Diese Tatsache der auffallend
reichen und raschen Produktion im »Liederjahr« erklären wir uns
aus dem schon eingangs angedeuteten Umstand, daß die überaus
starke, den ganzen Mann erschütternde Erregung über den Tod der
beiden jungen Augustinermönche in den Niederlanden einen anderen
sprachlichen Ausdruck suchte, als er von Luther bisher angewendet
worden war. Um wieviel wirksamer mußte ein Lied, das vom
Märtyrertod der glaubensstarken Jünglinge erzählte und das
allerorten gesungen werden konnte, die gute Sache der Reformation
in den breiten Schichten des Volkes unterstützen, als es die
temperamentvollste prosaische Flugschrift je vermocht hätte. Dabei
ist zu betonen, daß dieses Vorgehen keineswegs das Ergebnis einer
bewußten Überlegung zu sein braucht, sondern daß es sehr wohl aus
reiner Intuition hervorgegangen sein kann. Nachdem nun erst einmal
die psychischen Hemmungen, die sich im Bewußtsein des Doktor
Martinus dem Gebrauch der poetischen Formen entgegengestellt haben
mochten, überwunden waren, brach aus dem Innern des zum Sänger
werdenden Reformators mit elementarer Gewalt der überreiche Schatz
von Gedanken und Gefühlen hervor, der dort seit Jahren blühte und
nun erst im Liede den Ausdruck fand, der seiner eigensten
Art gemäß war. -- Auch auf das oben erwähnte Bedürfnis des
Gottesdienstes sei in diesem Zusammenhang als auf ein erklärendes
Moment noch einmal hingewiesen und ebenso auf die Tatsache, daß
die Freunde, an die Luther sich dieserhalb wendete, ihn entweder
ganz im Stiche ließen, wie Spalatin oder der Hofmarschall Dolzig,
oder doch seinen Erwartungen nur in sehr ungenügender Weise
entsprachen, wie etwa Justus Jonas. Da sprang, resolut wie er war
und vom stärksten Willen bewegt, der große Mann selbst in die
Bresche und bewies seinem Volk, wie zart und innig das religiöse
Empfinden, wie felsenfest und unerschütterlich das fröhliche
Gottvertrauen des Mannes war, den es bisher nur als Theologen und
Prediger, als Gelehrten und Publizisten kennen gelernt hatte. --
Die Stilungleichheit, die von manchen Forschern an den Gedichten
hervorgehoben wird, welche wir in das »Liederjahr« verlegen, und
die man als Beweis gegen die Richtigkeit dieser Datierung
verwendet, erklärt sich zur Genüge aus dem wechselnden Verhältnis
der Lieder Luthers zu ihren Vorlagen und aus dem Charakter dieser
Vorlagen selbst, der ja oft genug noch durch die Gestalt
hindurchschimmert, die Luther ihnen gegeben hat.
Die schon oben mit berührte Tatsache aber, daß die Dichterperiode
Luthers ebenso rasch vorübergegangen ist, als sie gekommen, wird
nur dem verwunderlich erscheinen, der über der Beschäftigung mit
dem Poeten Luther den Blick auf das Ganze seiner Persönlichkeit
und seines Werkes verliert. Der Reformator war eben kein Dichter
von Berufs wegen, wenn man so sagen darf, wie Goethe oder wie
die aus äußeren Gründen des öfteren mit Luther in Parallele
gesetzten Conrad Ferdinand Meyer und Fritz Reuter, die bei aller
Vielseitigkeit ihrer Interessen zuletzt doch in der Gestaltung
von dichterischen Kunstwerken ihre eigentliche Lebensaufgabe
erblickten. Luther war -- im direkten Gegensatz zu solchen
Männern -- keineswegs das unabweisbare Bedürfnis eingeboren, das
in Rhythmus und Reim oder sonstige künstlerische Ausdruckform
einzukleiden, was ihn persönlich bewegte; der innere unbedingte
Zwang zum dichterischen Gestalten des individuellen Erlebens
fehlte ihm und damit das, was den Dichter als solchen macht. --
Wie er dem Drama nur um deswillen das Wort redete, weil es für
die Jugend nützlich und gut sei, so erkannte er auch der
lyrischen Poesie keinen Selbstzweck zu, wie hätte er sonst gegen
das deutsche Volkslied, gegen »die Buhllieder und fleischlichen
Gesänge« eifern können. Sein Wirken stand nicht im Dienst Apolls
und der Musen, sondern in der Pflicht eines Höheren. Ihm und der
heiligen Kirche zu Ehren, die sein Reich auf Erden herbeiführen
helfen möchte, griff Luther zur Leier, und als er seinen Zweck
erfüllt und das begonnene Werk durch würdige Nachfolger gesichert
sah, legte er sie wieder beiseite. Daß mit solcher Feststellung
dem gewaltigen Mann das starke, tiefinnerliche künstlerische
Empfinden und die Kraft der künstlerischen Gestaltung nicht
abgesprochen wird, muß wohl nicht erst betont werden. Die
gehen natürlich nicht vorüber als eine Episode, sie sind ein
köstliches, unverlierbares Gut, das den beglücken muß, der es
besitzt. Und auch die daraus sich ergebenden Folgen sind klar:
beide, das künstlerische Gefühl und die Fähigkeit, ihm im
geeigneten Moment Ausdruck zu geben, werden im ferneren Verlaufe
des Lebens je und je wieder einmal entbunden werden müssen, sei
es nun in Briefen, die aus dem Gebiet der sachlichen Erörterung
wissenschaftlicher oder sonstiger Fragen herausfallen, wie die
goldige Epistel an Hänsichen oder das Sendschreiben an die
Tischgenossen, beide aus den bedrängten Tagen stammend, die
Luther auf der Veste Coburg verlebte, sei es in religiösen
Liedern. Und gerade die Gedichte aus späterer Zeit gehören zu
Luthers tiefsten und schönsten Erzeugnissen. Es ist, als ob im
Gesang von der festen Burg, im Kinderlied auf die Weihnacht Jesu
Christi und in anderen jeweilig eine Summe angesammelter
künstlerischer Energie entladen würde, die diesen Liedern die
köstliche Frische und Unmittelbarkeit, die warme Innigkeit und
Gemütstiefe verleiht, die alle Welt heut an ihnen rühmt.
Wenn so die schaffende Tätigkeit des Poeten im Leben des
Reformators tatsächlich nur eine Episode gebildet hat und
späterhin nur noch selten in Erscheinung getreten ist, so
bedeutet das schmale Bändchen, das die poetischen Werke Luthers
umschließt, doch für alle Deutschen einen kostbaren Schatz, über
dessen Wert kein Wort zu verlieren ist. Und schon deshalb wird es
willkommen sein, wenn die Inselbücherei, zu deren vornehmsten
Zielen die Wiedererweckung älterer deutscher Werte gehört,
Luthers Lieder ihren Reihen einverleibt.
In bezug auf die Textgestaltung der vorliegenden Ausgabe sei noch
kurz hervorgehoben, daß der Herausgeber sich für berechtigt hielt,
aus den Lesarten der verschiedenen Originaldrucke, wie sie z. B.
Wackernagel und Klippgen verzeichnen, diejenigen auszuwählen und
dem Wortlaut einzufügen, die ihm für den hier verfolgten Zweck
möglichst leichter Verständlichkeit am angemessensten erschienen.
Für die Orthographie galt das in den Neudrucken des Inselverlags
durchgängig angewandte akustische Prinzip, doch mußte in
Zweifelfällen bequemes Verständnis wichtiger als das korrekte
Klangbild erscheinen. Folgende Änderungen sind u. a. vorgenommen:
S. 8, 3: leugnen < leuken. S. 10, 19: lügen < liegen, 10, 25:
herfur < erfur. S. 13, 9: Gsatz < Satz. S. 21, 5 v. u.: blüht' <
bluet, 21, 3 v. u.: blieb < bleib, 21, 2 v. u.: hervur < ervur. S.
22, 10: Führ' < Fuhr', 22, 17: g'ton < ton. S. 34, 14: lügen <
liegen. S. 37, 3 v. u.: g'macht < macht. S. 38, 3: ganze < ganzen.
S. 53, 3: Erschien < Erschein. Der Apostroph am Anfang des Wortes
deutet auf ein ausgefallenes Praefix hin (be, ge, ver u. a.).
Folgende Erläuterungen sind vielleicht dem Laien willkommen: S. 7:
die beiden Augustinermönche Johannes Esche und Heinrich Voes waren
Anhänger der neuen Lehre und sind am 1. Juli 1523 als erste
Märtyrer der Reformation verbrannt worden. S. 8, 4: täuben = taub
machen (Weigand II. 1029), S. 8, 6: mit ihrer verlorenen d. h.
unnützen Kunst und Gelehrsamkeit, S. 9, 6: Man legte ihnen vor
..., S. 9, 8: zeichten = zeichneten, S. 9, 9 v. u.: Schimpf =
Scherz, S. 9, 8 v. u.: schon = schön und so noch häufig, S. 9, 7
v. u.: turn, von türren = sich getrauen, wagen (Weigand II. 1090),
S. 9, 6 v. u.: fast = sehr, S. 10, 11: schmucken = beschönigen. S.
11, 10 v. u.: treib = trieb. S. 11, 1 v. u.: Er ließ es sich sein
... S. 13, 4 v. u.: schon = schön. S. 13, 3 v. u.: Lahr = Lehre?
Spitta schlägt für »Lahr« die einleuchtende Konjektur »gar« vor.
S. 14, 4 v. u.: daß es sich nicht mit uns verflechte oder
vermenge. S. 14, 1 v. u.: erhaben = erhöht, #part. praet.# von mhd.
erheben (Weigand I. 461). S. 15, 3: meinen = im liebenden
Gedächtnis tragen. S. 15, 6: zwar = in Wahrheit. S. 15, 11: Sie zu
schauen, entäußerte er sich seiner selbst. S. 15, 13: gerichtet d.
h. aufs gute. S. 15, 17: ausschritten = vom rechten Weg abgeirrt.
S. 15, 19: verlorene Sitten = schlechte Sitten. S. 15, 11 v. u.:
Mut = pharisäisches Selbstbewußtsein. S. 15, 10 v. u.: müßt' =
müsse. S. 16, 3: schmecht = schmäht. S. 16: das Lied ist hier in
der älteren fünfstrophigen Fassung abgedruckt. S. 18, 2: uber alle
= überall. S. 19, 8: angenehm = wohlgefällig. S. 19, 8 v. u.: an
uns setzen = uns angreifen. S. 21, 5 v. u.: Und blühte als eine
Frucht aus des Weibes Fleisch. S. 22, 12: enthalt = vor der Sünde
bewahre. S. 22, 16: Schein = Glanz. S. 26, 12: Daß sie früher
deine Geschöpfe sind. S. 35, 5 v. u.: nicht = nichts. S. 35, 4 v.
u.: gegen niemand etwas Falsches zeugen. S. 36, 8 v. u: Blöden =
Furchtsamen, Verzagten. S. 37, 10: lassen = überlassen. S. 44, 15:
Susaninne, wahrscheinlich der Refrain eines alten Wiegenlieds. S.
44, 4 v. u.: besessen = in Besitz genommen. S. 45, 12 v. u.: tut =
verursacht. S. 47, 7 v. u.: für ihm = gegen ihn. S. 50, 13 v. u.:
schlecht = einfaches. S. 51, 9: ergeben = entschlossen.
C. H.


Alphabetisches Verzeichnis der Liederanfänge

Ach Gott von Himmel, siehe darein 13
All Ehr und Lob soll Gottes sein 46
Aus tiefer Not schrei ich zu dir 16
Christ lag in Todesbanden 24
Christ, unser Herr, zum Jordan kam 50
Christum wir sollen loben schon 22
Der du bist drei in Einigkeit 52
Dies sind die heilgen zehn Gebot 33
Ein feste Burg ist unser Gott 40
Ein neues Lied wir heben an 7
Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort 54
Es spricht der Unweisen Mund wohl 15
Es wollt uns Gott genädig sein 17
Für allen Freuden auf Erden 5
Gelobet seist du, Jesu Christ 20
Gott der Vater wohn' uns bei 37
Gott sei gelobet und gebenedeiet 30
Herr Gott, dich loben wir 39
Jesaia dem Propheten das geschach 38
Jesus Christ, unser Heiland, der den Tod uberwand 24
Jesus Christus, unser Heiland, der von uns 29
Komm, Gott Schepfer, heiliger Geist 26
Komm, heiliger Geist, Herre Gott 27
Mensch, willtu leben seliglich 35
Mit Fried und Freud ich fahr dohin 37
Mitten wir im Leben sind 31
Nu bitten wir den heiligen Geist 28
Nu freut euch, lieben Christen gmein 11
Nu komm, der Heiden Heiland 21
Sie ist mir lieb, die werte Magd 44
Vater unser im Himmelreich 47
Verleih uns Frieden gnädiglich 42
Vom Himmel hoch da komm ich her 42
Von Himmel kam der Engel Schar 53
Wär Gott nicht mit uns diese Zeit 19
Was furchst du, Feind Herodes, sehr 49
Wir gläuben all an einen Gott 36
Wohl dem, der in Gottes Furcht steht 18

_Gedruckt bei Breitkopf und Härtel in Leipzig_
* * * * *


Die folgende Tabelle enthält die vorgenommenen Änderungen.

Inhaltsverzeichnis:
wohn -> wohn' (wohn' uns bei)
Nachwort:
S. 57: wohn -> wohn' (wohn' uns bei)
S. 58: Valenlin -> Valentin
S. 62: Fuhr' -> Fuhr', (Fuhr', 22, 17)
S. 62: 3 -> 3: (S. 38, 3: ganze)
S. 63: 8 -> 8: (S. 9, 8: zeichten)
S. 63: 16; -> 16: (S. 22, 16: Schein)
Alphabetisches Verzeichnis der Liederanfänge:
S. 65: wohn -> wohn' (wohn' uns bei)
S. 65: Christus -> Christus, (Jesus Christus, unser Heiland)
S. 65: 10 -> 11 (Nu freut euch, lieben Christen gmein 11)
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