Macbeth - 2

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Er hat beynahe abgespeist; warum habt ihr das Zimmer verlassen?
Macbeth.
Fragte er nach mir?
Lady.
Ich dachte, man hätt' es euch gesagt.
Macbeth.
Wir wollen nicht weiter in dieser Sache gehen. Er hat mich
kürzlich mit Ehren-Zeichen überhäuft; und ich habe goldne Meynungen
von allen Arten von Leuten gekauft, die nun in ihrem neuesten Glanz
getragen, und nicht so früh bey Seite geworfen seyn wollen.
Lady.
War die Hoffnung trunken, die euch vor kurzem so entschlossen
machte? Hat sie seitdem geschlaffen, und erwachte sie nun, um so
bleich und grün beym Anblik dessen, was sie vorher liebte
auszusehen? Wie? fürchtest du derjenige in der That zu seyn, der
du zu seyn wünschest? Strebest du nach dem, was du für die Zierde
des Lebens ansiehst, und willst in deinen eignen Augen als eine
Memme leben?--Ich habe das Herz nicht, (armseliger Gedanke!) ob ich
gleich gerne wollte; gleich der armen Kaze im Sprüchwort, (die
gerne Fische fienge, wenn sie nur die Füsse nicht naß machen müßte.)
Macbeth.
Ich bitte dich, halt ein. Ich habe zu allem Muth, was einem Mann
anständig ist; wer mehr hat, ist keiner.
Lady.
Was für ein Thier war denn das, das euch antrieb, mir die erste
Eröffnung von diesem Vorhaben zu thun? Als ihr den Muth hattet es
auszuführen, da war't ihr ein Mann; und wenn ihr mehr wäret was ihr
waret, so würdet ihr um so viel mehr Mann seyn. Damals bot sich
euch weder Zeit noch Ort an, und ihr wolltet beyde machen; sie
haben sich selbst gemacht, und ihre Bereitwilligkeit schrekt euch
ab--Ich habe Kinder gesäugt, und weiß wie zärtlich die Liebe zu dem
Säugling ist, der an meiner Brust trinkt; aber ich wollte--ja
Macbeth! indem er mich liebkosend angelächelt hätte, wollt' ich
meine Warze aus seinem beinlosen Kiefer gezogen, und ihm das Hirn
ausgeschlagen haben, wenn ich es so geschworen hätte, wie ihr das
geschworen habt.
Macbeth.
Wenn es uns mißlünge--
Lady.
Mißlingen? Führt es nur mit Standhaftigkeit aus, so kan es nicht
mißlingen. Wenn Duncan schläft, (und die starke Tagreise wird
seinen Schlaf befördern;) so will ich seine beyden Kammer-Herren
mit Wein und Gesundheiten so zurichten, daß ihr Gedächtniß, der
Wächter des Gehirns, ein Dunst seyn soll, und ihre Vernunft ein
blosser Distillier-Kolbe; wenn in schweinischem Schlaf ihre
ertränkten Kräfte wie im Tode ligen, was können nicht ihr und ich
mit dem unbewachten Duncan anfangen? Was können wir nicht seinen
vollen Bedienten thun, welche die Schuld unsrer That tragen sollen?
Macbeth.
Welch ein Weib! bringe mir keine Töchter! aus deinem Metall
müssen nur Männer gebildet werden!--Glaubst du nicht, sie werden
für die Thäter angesehen werden, wenn wir sie, indem sie schlafen,
mit Blute beschmieren, und ihre eigne Dolche zu der That gebrauchen?
Lady.
Wer wird, bey dem Geschrey und Wehklagen, das wir erheben wollen,
sich unterstehen anders zu denken?
Macbeth.
Ich bin entschlossen, Weib, und alle meine Sehnen strengen zu
dieser furchtbaren That sich an. Komm, und laß uns unser Vorhaben
unter die schönste Larve verbergen!
(Sie gehen ab.)


Zweyter Aufzug.

Erste Scene.
(Ein Saal in Macbeths Schlosse.)
(Banquo und Fleance, der ihm eine Fakel vorträgt.)

Banquo.
Wie weit ists schon in der Nacht? Junge?
Fleance.
Der Mond ist unter: ich habe die Gloke nicht gehört.
Banquo.
Sie geht auf Zwölfe.
Fleance.
Ich denk' es ist später, Gnädiger Herr.
Banquo.
Hier, nimm mein Schwert. Man ist häuslich im Himmel; ihre Lichter
sind alle aus--Nimm das auch dazu. Eine schwere Schläfrigkeit ligt
wie Bley auf mir, und doch möcht ich nicht gerne schlafen. Ihr
wohlthätigen Mächte! entfernt die bösen Gedanken von mir, denen
die schlummernde Natur wehrlos ausgesezt ist--
(Macbeth und ein Bedienter mit einer Fakel.) Gieb mir mein Schwert--
Wer ist hier?
Macbeth.
Ein Freund.
Banquo.
Wie, Sir, noch nicht zu Bette? Der König ruht schon. Er ist diese
Nacht ausserordentlich frölich gewesen, und hat euern Haus-
Officianten grosse Geschenke gemacht; diesen Diamant sandte er
eurer Gemalin, die er seine angenehmste Wirthin grüssen ließ, und
zog sich über die massen vergnügt in sein Schlafgemach zurük.
Macbeth.
Da wir keine Zeit hatten, Zubereitungen zu machen, so sind wir kaum
vermögend gewesen, unsern guten Willen zu zeigen--

Banquo.
Es war alles wohl. Vergangne Nacht träumte mir von den drey Zauber-
Schwestern: Euch haben sie doch etwas Wahres gesagt.
Macbeth.
Ich denke nicht an sie; und doch, wenn wir eine gelegne Stunde
finden könnten, so möchte ich ein paar Worte von dieser Sache mit
euch reden. Nennet nur die Zeit.
Banquo.
Nach eurer Gelegenheit.
Macbeth.
Wenn ihr meine Maaßnehmungen, nachdem ich sie bey mir selbst
festgesezt haben werde, unterstüzen wollt, so sollt ihr Ehre dabey
gewinnen.
Banquo.
In so fern ich sie nicht verliere, indem ich sie zu vermehren suche,
und mein Herz und meine Pflicht dabey frey behalte, so bin ich zu
euern Diensten.
Macbeth.
Gute Nacht indessen.
Banquo.
Ich danke euch, Sir; ebenmäßig--
(Banquo und Fleance gehen ab.)
Macbeth (zum Bedienten.)
Geh, sage deiner Gebieterin, wenn mein Trank fertig sey, solle sie
die Gloke ziehen lassen, und geh zu Bette--Ist diß ein Dolch was
ich vor mir seh, der Griff gegen meine Hand gekehrt? Komm, laß
mich dich fassen. Ich habe dich nicht, und sehe dich doch immer.
Bist du, fatales Gesichte, nicht eben so fühlbar wie du sichtbar
bist? Oder bist du nur ein Dolch meiner Seele, ein täuschendes
Geschöpfe des fiebrisch-erhizten Gehirns? Immer seh ich dich, in
eben so körperlicher Gestalt als dieser den ich hier ziehe. Du
zeigst mir den Weg den ich gehen wollte, und ein solches Werkzeug
wie du bist, wollt' ich gebrauchen. Entweder sind meine Augen die
Narren meiner übrigen Sinne, oder die andern alle werth--Ich seh
dich immer, und auf deiner Klinge Bluts-Tropfen, die zuvor noch
nicht waren--Es ist nichts würkliches--es ist das blutige Werk
meiner Seele, das sich so in meinen Augen mahlt--Izt scheint auf
der Hälfte der Welt die Natur todt, und schlimme Träume mißbrauchen
den eingehüllten Schlaf; izt begeht die Zauberey den furchtbaren
Dienst der blassen Hecate, und der gräßliche Mord, (von seinem
heulenden Wächter, dem Wolf, aufgewekt,) geht mit Tarquins
räuberischem Schritte, wie ein Gespenste, seinem Werk entgegen. Du
feste, unbewegliche Erde, höre meine Tritte nicht, wohin sie gehen,
damit nicht deine Steine selbst dieses schrekliche Stillschweigen
unterbrechen, das sich so wol zu meinem Vorhaben schikt, und
verrathen, warum Macbeth wacht--Ich drohe hier, und er lebt
indessen--
(Die Gloke schlägt an.)
Ich gehe, und es ist gethan; die Gloke ruft mir. Höre sie nicht,
Duncan, denn es ist die Gloke, die dich gen Himmel oder zur Hölle
citiert.
(Er geht ab.)

Dritte* Scene.
(Lady Macbeth tritt auf.)
{ed.-* Der Übersetzer hat die erste mit der zweiten Scene
zusammengefaßt.}

Lady.
Das, was sie trunken machte, hat mich kühn gemacht; was ihr Feuer
auslöschte, fachte das meinige an. Horch! Stille! es war eine
Eule, die schrie, der fatale Nachtwächter, der uns die gräßlichste
gute Nacht giebt--Er hat es vollbracht--die Thüren sind offen, und
die überfüllten Kämmerer spotten ihres Amts mit Schnarchen. Ich
habe ihnen einen so kräftigen Schlaftrunk zubereitet, daß Tod und
Natur sich um sie zanken, ob sie leben oder gestorben seyen.
(Macbeth tritt auf.)
Macbeth.
Wer ist hier?--he!
Lady.
O weh! ich fürchte, sie sind aufgewacht, und es ist nicht gethan;
der Vorsaz, nicht die That wird uns zu Grunde richten--horch! ich
legte ihre Dolche neben sie, er mußte sie finden--Hätte er nicht,
wie ich ihn schlaffen sah, meinem Vater gleich gesehen, ich hätt'
es selbst gethan--Mein Gemahl!
Macbeth.
Sie ist gethan, die That!--Hörtest du kein Getöse?
Lady.
Ich hörte die Eule heulen, und die Feldgrillen schreyen--Sagtet ihr
nicht was?
Macbeth.
Wenn?
Lady.
Eben izt.
Macbeth.
Wie ich herab kam?
Lady.
Ja.
Macbeth.
Horcht! wer ligt im andern Zimmer?
Lady.
Donalbain.
Macbeth (sieht seine Hände an.)
Das ist ein trauriger Anblik!
Lady.
Ein närrischer Gedanke, es einen traurigen Anblik zu heissen.
Macbeth.
Der eine lachte in seinem Schlaf, und einer schrie: Mörder! Sie
wekten einander auf; und ich stuhnd und hörte ihnen zu; aber sie
sagten ihr Nacht-Gebett her, und schlieffen wieder ein.
Lady.
Es sind zween, die beysammen ligen.
Macbeth.
Der eine schrie: Gott helf uns! und Amen; der andre, wie sie mich
mit diesen Henkers-Händen sahen: Ich hörte zu, aber ich konnte
nicht Amen! sagen, wie sie sagten: Gott helf uns!
Lady.
Denkt ihm nicht so tief nach.
Macbeth.
Aber warum konnt' ich nicht Amen! sagen? Es war als ob es mir im
Hals steken bliebe--
Lady.
Man muß solchen Thaten nicht auf eine solche Art nachdenken; das
würde uns unsinnig machen.
Macbeth.
Es war mir auch nicht anders, als hörte ich eine Stimme, die dem
Schlafenden zurief. Schlafe nicht länger! Macbeth ermordet den
Schlaf, den unschuldigen Schlaf; den Schlaf, der die Stirne des
Kummers entrunzelt, die Geburt von jedes folgenden Tages Leben, den
Balsam verwundeter Gemüther, die heilsamste Erquikung der Natur,
und die nahrhafteste Speise im Gastmahl des Lebens--
Lady.
Was wollt ihr mit allem dem?
Macbeth.
Es war immer als ob es im ganzen Hause schreye: Wacht auf, schlaft
nicht mehr; Glamis hat den Schlaf ermordet, und dafür soll Cawdor
nicht mehr schlafen; Macbeth soll nicht mehr schlaffen!
Lady.
Wer rief denn so? Wie, mein edler Than, was für fieberhafte, euers
Helden-Muths unwürdige Einbildungen sind das? Geht, nehmt ein
wenig Wasser, und waschet diese garstige Zeugschaft von euern
Händen. Warum brachtet ihr diese Dolche mit euch; sie müssen dort
ligen bleiben. Geht, tragt sie wieder hin, und beschmiert die
schlaffenden Kämmerer mit Blut.
Macbeth.
Ich gehe nicht; ich erschreke vor dem Gedanken was ich gethan habe;
seht ihr dazu, ich habe das Herz nicht.
Lady.
Schwache Seele! Gebt mir die Dolche; Schlaffende und Todte sind
nur Gemählde; nur Kinder fürchten sich vor einem gemahlten Teufel.
Wenn er blutet, so will ich die Gesichter der Kämmerlinge damit
übergülden; denn sie müssen für die Thäter angesehen werden.
(Sie geht ab.)
(Man hört ein Klopfen hinter der Scene.)
Macbeth (auffahrend.)
Woher dieses Klopfen!--Was wird aus mir werden, wenn jeder Laut mir
zu ruffen scheint: Was für Hände sind das? Ha! Sie reissen mir
meine Augen aus! Kan des grossen Neptuns ganzer Ocean dieses Blut
von meiner Hand waschen? Nein, eh würde diese meine Hand deine
unermeßliche See zu Purpur machen--
(Lady Macbeth kommt zurük.)
Lady.
Meine Hände haben die Farbe der eurigen, aber ich schäme mich, ein
so weisses Herz zu tragen--
(Ein Klopfen.)
Ich hör' ein Klopfen, von der südlichen Pforte her. Wir wollen
uns in unser Gemach zurük ziehn; ein wenig Wasser wird uns von
dieser That reinigen. Wie leicht ist sie also? Eure
Standhaftigkeit hat euch ganz verlassen--Horcht, es klopft schon
wieder! Geht und hüllt euch in euern Schlafrok ein, sonst möcht'
uns die Gelegenheit ruffen, und zeigen daß wir gewacht haben;
verliehrt euch nicht so armselig in euern Gedanken.
Macbeth.
Wollte der Himmel, ich könnte das Bewußtseyn dieser That oder
meiner selbst verliehren! Erwache, Duncan, von diesem Klopfen: Wie
wollt' ich, du könntest!
(Sie gehen ab.)

Vierte Scene.
(Ein Thürhüter tritt auf.)
(Man hört klopfen.)

Thürhüter.
Das heißt Klopfen, in der That: wenn einer Pförtner am Thor der
Hölle wäre, man könnt' ihm's nicht ärger machen--
(Man hört klopfen.)
Knak! Knak! Knak! Wer ist da, in Beelzebubs Namen?--ein Pachter,
der sich vor Verdruß daß er nicht reicher werden konnte aufhieng--
Nur herein, aber es wird gut seyn, wenn ihr euch mit Handtüchern
versehen habt, denn hier werdet ihr dafür schwizen.
(Abermaliges Klopfen.)
Knak! Knak! Wer ist hier, ins T.. Namen? Mein Treu! ein
J*s**t, der vermittelst einer Distinction oder einer doppelten
Meynung Ja und Nein beschwören kan, der Verräthereyen genug um
Gottes willen begangen hat, und mit allen seinen Subtilitäten sich
doch nicht hat in den Himmel hineinlügen können.
(Ein Klopfen.)
Knak! Knak! Knak! Wer ist da?--Sapperment, hier ist ein
Englischer Schneider, der hieher geschikt worden ist, weil er aus
einer Französischen Hose gestohlen hat: Nur herein Schneider, ihr
könnt hier eure Gänse braten--
(Ein Klopfen.)
Knak! Knak! wird das immer so fortmachen? Aber für eine Hölle
ist es hier zu kalt; ich will nicht länger den Teufels-Pförtner
machen: ich dachte, ich wollte nach und nach alle Profeßionen
hereingelassen haben, die den breiten Rosen-Weg zum ewigen Freuden-
Feuer wandeln.
(Ein Klopfen.)
Noch einmal; noch einmal; ich bitte euch, vergeßt den Pförtner
nicht.
(Er macht auf.)
(Macduff und Lenox treten auf.)
Macduff.
Seyd ihr so spät zu Bette gegangen, daß ihr so lange liegt?
Pförtner.
In der That, Sir, wir zechten bis zum zweyten Hahnen-Ruf; und
Trinken, Sir, ist ein grosser Beförderer von drey Dingen.
Macduff.
Was für drey Dinge, zum Exempel, befördert das Trinken?
Pförtner.
Sapperment, Sir, rothe Nasen, Schlaf und Urin. Was die Unzucht
betrift, Sir, diese befördert es und befördert es auch nicht; es
reizt die Begierde, aber es verhindert die Vollbringung. Deßwegen
kan man sagen, daß ein Rausch in diesem Stük den Doppel-Sinner
mache; er spornt an, und schrekt ab; er überredet, und nimmt den
Muth; er wigelt auf, und schlägt nieder; bis sich das Spiel zulezt
damit endet, daß er einen zu Boden legt, für todt ligen läßt, und
davon geht.
(Hier muß man etliche Zeiten überhüpfen, die in Wortspielen
bestehen.)
Macduff.
Ist dein Herr schon auf? Unser Klopfen hat ihn aufgewekt, hier
kommt er. (Macbeth zu den Vorigen.)
Lenox.
Guten Morgen, edler Sir.
Macbeth.
Ich wünsche beyden einen guten Morgen.
Macduff.
Ist der König schon erwacht, edler Than?
Macbeth.
Noch nicht.
Macduff.
Er befahl mir, ich sollt' ihn frühzeitig weken lassen, und es ist
würklich fast um eine Stunde später.
Macbeth.
Ich will euch zu ihm führen.
Macduff.
Ich weiß, daß es euch eine angenehme Mühe wäre, aber es ist doch
eine Mühe.
Macbeth.
Eine Arbeit, die uns angenehm ist, heilt ihre Mühe; hier ist die
Thüre.
Macduff.
Ich will so frey seyn, und ruffen; denn das erlaubt mir mein Amt.
(Macduff geht ab.)
Lenox.
Reist der König heute wieder ab?
Macbeth.
So bestellte er's.
Lenox.
Diese Nacht war eine unruhige Nacht; in dem Gemach, wo wir lagen,
wurde das Camin herunter geweht; und, wie sie sagen, so hörte man
ein klägliches Geschrey in der Luft, und gräßliche Todes-Stimmen.
Fürchterliche Propheten (im Ohr des Aberglaubens) von Verwirrung,
Staats-Veränderungen, Fall, und Untergang. Die Eule schrie die
ganze Nacht durch, und einige sagen, die Erde selbst habe in
fieberhaftem Schauer gezittert.
Macbeth.
Es war eine ungestüme Nacht.
Lenox.
Ich bin nicht alt genug, mich einer ähnlichen erinnern zu können.
(Macduff zu den Vorigen.)
Macduff.
O! Entsezlich, Entsezlich! Entsezlich! Keine Zunge, kein Herz
kan es fassen noch aussprechen.
Macbeth und Lenox.
Was ist's dann?
Macduff.
Der Frevel hat sein Meisterstük gemacht; eine gottesvergessne
Mörder-Hand hat den geweyhten Tempel des Herrn aufgebrochen, und
das geheiligte Leben daraus gestohlen.
Macbeth.
Was wollt ihr damit sagen? das Leben?
Lenox.
Meynt ihr seine Majestät?
Macduff.
Geht hinein, und erstarret vor einer neuen Gorgone--Verlangt nicht,
daß ich es aussprechen soll; seht, und dann redet selbst:
(Macbeth und Lenox gehen ab)
Erwacht! Erwacht! Schlagt die Sturmgloke!--Mord und Hochverrath!
Banquo! Donalbain! Malcolm! Erwacht! Schüttelt diesen
pflaumichten Schlaf ab, des Todes Ebenbild, und seht den Tod selbst--
Auf, auf, und seht das Vorspiel des grossen Gerichts!--Malcolm!
Banquo! Steht wie aus euern Gräbern auf, und schreitet wie Geister
daher, die entsezliche Scene anzuschauen--

Fünfte Scene.
(Man läutet die Gloke.)
(Lady Macbeth tritt auf.)

Lady.
Was ist die Ursache, daß eine so fürchterliche Trompete die
Schläfer des Hauses auffordert? Redet!
Macduff.
Schöne Lady, es taugt nicht für euch zu hören, was ich sagen kan.
Ein weibliches Ohr damit zu schreken, würde ein zweyter Mord seyn--
O Banquo! Banquo! (Banquo zu den Vorigen.) Unser König und Herr
ist ermordet.
Lady.
Hilf Himmel! Was, in unserm Hause?
Banquo.
Entsezlich genug, wo es seyn möchte. Macduff, ich bitte dich,
widersprich dir selbst, und sag, es sey nicht so. (Macbeth, Rosse
und Lenox zu den Vorigen.)
Macbeth.
O! wär ich nur eine Stunde vor diesem Unfall gestorben, so hätt
ich glüklich gelebt! Denn, von diesem Augenblik an, ist nichts
schäzbares mehr in der Sterblichkeit; alles ist nur Puppen-Werk;
Ehre und Gnade sind todt; der Wein des Lebens ist abgezogen, und
die blosse Hefen ist in dieser Cloak der Welt zurükgeblieben--
(Malcolm und Donalbain treten auf.)
Donalbain.
Was für ein Unglük ist dann begegnet?
Macbeth.
Ihr seyd verlohren, und wißt es nicht; die Quelle euers Bluts ist
verstopft--
Macduff.
Euer Königlicher Vater ist ermordet.
Malcolm.
Oh! von wem?
Lenox.
Seine Kämmerlinge, wie es scheint, sind die Thäter; ihre Hände und
Gesichter waren überall mit Blute beschmiert; so waren auch ihre
Dolche, die wir unabgewischt, auf ihren Küssen fanden, sie sahen
wild aus, und waren nicht bey sich selber, es getraute sich niemand
ihnen nahe zu kommen.
Macbeth.
O, izt reut es mich, daß ich sie in meiner ersten Wuth umgebracht
habe--
Macduff.
Warum thatet ihr das?
Macbeth.
Wer kan in dem nehmlichen Augenblike weise und verwirrt, ruhig und
rasend, getreu und gleichgültig seyn? Niemand. Die Würkung meiner
heftigen Liebe überrannte die zaudernde Vernunft. Hier lag Duncan;
seine Silber-Haut mit seinem goldnen Blut verbrämt, und seine
weitofnen Wunden wie Lüken in der Natur, wodurch das Verderben
einbricht; hier, die Mörder, in die Farbe ihres Handwerks gekleidet,
ihre Messer unmännlich mit geronnenem Blute bemahlt--Welcher, der
ein Herz für seinen König hatte, und in diesem Herzen Muth, diese
Liebe zu beweisen, hätte sich da zurükhalten können?
Lady Macbeth.
Helft mir von hier, oh!--
(Sie thut als ob sie ohnmächtig werde.)
Macduff.
Habt auf die Lady acht--
Malcolm.
Warum schweigen wir, wir, die dieses Trauerspiel am nächsten angeht?
Donalbain.
Was läßt sich hier sagen, wo unser Verderben, in einem Bohrer-Loch
verborgen, alle Augenblike hervorstürmen und uns fassen kan.
Hinweg von hier, es ist izt keine Zeit zu Thränen.
Banquo.
Sorget für die Lady--
(Sie wird hinweggeführt.)
Und wenn wir erst unsre nakte Gebrechlichkeit verborgen haben,
dann laßt uns wieder zusammenkommen, und dieser gräßlichen
Blutschuld genauer nachfragen. Furcht und Zweifel erschüttern uns.
Hier in Gottes grosser Hand steh ich, und erkläre mich von da den
unversöhnlichen Gegner des verhüllten Thäters dieser ungeheuern
That.
Macbeth.
Das thue ich auch.
Alle.
Das thun wir alle.
Macbeth.
Sobald wir angekleidet und bewafnet sind, wollen wir in der Halle
zusammenkommen.
Alle.
Wir sind's zufrieden.
(Sie gehen ab.)
Malcolm.
Was habt ihr im Sinn? Ich halt' es nicht vor rathsam, uns ihnen
anzuvertrauen. Einen Schmerz zu zeigen, den man nicht fühlt, ist
eine Pflicht, die dem Unredlichen nicht schwer ankommt. Ich will
nach England.
Donalbain.
Ich, nach Irland. Getrennt werden wir beyde sichrer seyn; wo wir
sind, seh ich lauter Dolche, unter freundlichem Lächeln verstekt,
in jedem Antliz; je näher am Blut, je gefährlicher.
Malcolm.
Dieser mördrische Wurfpfeil, der unsern Vater traf, wird noch immer
geschwungen; und das sicherste ist, ihm auszuweichen. Also, zu
Pferde; laß uns keine Zeit mit Abschiednehmen verliehren; es ist
erlaubt sich selbst wegzustehlen, wo der kleinste Verzug den Tod
bringen kan.
(Sie gehen ab.)

Sechste Scene.
(Ein Plaz vor Macbeths Schlosse.)
(Rosse, mit einem alten Mann, tritt auf.)

Der alte Mann.
Von Siebenzig Jahren her kan ich mich noch wohl besinnen, und in
dieser langen Zeit hab ich fürchterliche Stunden gesehen, und
seltsame Dinge: aber diese schrekliche Nacht hat alles was ich
vormals gekannt habe, zu Kleinigkeiten gemacht.
Rosse.
Ach, guter Vater, du siehst, die Himmel hangen dräuend über diesen
blutigen Schauplaz herab; der Gloke nach ist's Tag, und doch dämpft
finstre Nacht die wandernde Lampe; Macht es die Übermacht der
Nacht, oder die Schaam des Tages, daß dieses nächtliche Dunkel das
Antliz der Erde begräbt, wann lebendes Licht es küssen sollte?
Alter Mann.
Es ist unnatürlich, wie die That, die gethan ist. Lezten Dienstag
ward ein Falke, der im Stolz seines Geschlechts thurmhoch
daherschwebte, von einer mausenden Eule angefallen und getödtet.
Rosse.
Und Duncans Pferde, (die Sache ist so gewiß als sie wunderbar ist!)
diese schönen Thiere, die Zierde ihrer Gattung, wurden plözlich
wild, brachen aus ihren Ställen, schossen wütend umher, und
kämpften unbändig dem Gehorsam entgegen, als ob sie einen Krieg mit
dem Menschen fuhren wollten.
Alter Mann.
Man sagt, sie hätten einander ausgefressen.
Rosse.
Das thaten sie; kaum traute ich meinen eignen Augen, aber ich sah
es selbst. (Macduff zu den Vorigen.) Hier kommt der wakere Macduff.
Wie geht die Welt, Sir?
Macduff.
Wie, seht ihr's nicht?
Rosse.
Weiß man, wer die That gethan hat?
Macduff.
Sie, die Macbeth erschlug.
Rosse.
Götter! was für einen Vortheil konnten sie davon erwarten?
Macduff.
Sie waren bestochen; Malcolm und Donalbain, des Königs Söhne, sind
heimlich entflohen, und haben sich dadurch der That verdächtig
gemacht.
Rosse.
Immer wider die Natur--Unselige Herschsucht, daß du gegen den
Ursprung deines eignen Lebens dich empören kanst!--also wird
vermuthlich die Crone auf Macbeth fallen.
Macduff.
Er ist würklich ausgerufen, und zur Crönung nach Scone abgegangen.
Rosse.
Wo ist Duncans Leiche?
Macduff.
Nach Colmes-Hill gebracht, der geheiligten Gruft, wo die Gebeine
seiner Väter ruhen.
Rosse.
Geht ihr nach Scone?
Macduff.
Nein, Vetter, ich will nach Fife.
Rosse.
Gut, so will ich dahin.
Macduff.
Wohl, ich wünsche, daß ihr die Sachen dort nach Wunsch antreffet;
lebet wohl! Leicht können uns unsre alten Röke bequemer gesessen
haben, als die neuen!
Rosse.
Lebet wohl, Vater.
Alter Mann.
Gottes Segen geh mit euch, und mit allen, die gern aus Bösem Gutes,
und aus Feinden Freunde machten!
(Sie gehen ab.)


Dritter Aufzug.

Erste Scene.
(Ein Zimmer im Palast.)
(Banquo tritt auf.)

Banquo.
So hast du's also? Glamis, Cawdor, König, alles was dir die
Zauberinnen versprochen haben; ich fürchte sehr, du bist auf keine
gute Art dazu gekommen; und doch wurde gesagt, es sollte nicht bey
deinen Nachkommen bleiben, sondern ich selbst sollte die Wurzel und
der Stammvater vieler Könige seyn. Wenn Wahrheit von ihnen kommen
kan, (wie ihre Anrede an dich, Macbeth, zu beweisen scheint) warum
können sie nicht eben so wohl meine Orakel seyn, und mich zu
Hoffnung anfrischen?--Doch stille! nichts mehr hievon. (Trompeten.
Macbeth als König, Lady Macbeth, Lenox, Rosse, Lords und
Hofdiener.)
Macbeth.
Hier ist unser vornehmster Gast.
Lady.
Wenn er vergessen worden wäre, so hätte es wie eine gähnende Lüke
in unserm Fest ausgesehen, und alles andre entstellt.
Macbeth.
Wir haben auf die Nacht ein festliches Gastmal, Sir, und ersuchen
euch um eure Gegenwart.
Banquo.
Nach eurer Hoheit Befehl; an deren jeden meine Pflicht durch ein
unauflößliches Band auf ewig geknüpft ist.
Macbeth.
Ihr verreiset diesen Nachmittag?
Banquo.
Ja, mein gnädigster Herr.
Macbeth.
Wir wollten uns sonst euren guten Rath (der allezeit weise und
glüklich war) in der heutigen Raths-Versammlung ausgebetten haben,
doch es ist morgen früh genug dazu. Geht die Reise weit?
Banquo.
So weit, daß ich die ganze Zeit zwischen izt und dem Nachtessen
dazu gebrauchen werde. Wenn mein Pferd nicht das beste thut, so
werd' ich noch eine oder zwoo dunkle Stunden von der Nacht
entlehnen müssen.
Macbeth.
Bleibet ja nicht von unserm Gastmal aus.
Banquo.
Mein gebietender Herr, ich will nicht fehlen.
Macbeth.
Wir hören, unsre blutigen Vettern haben sich nach England und
Irland gemacht, läugnen ihren grausamen Vater-Mord, erfüllen ihre
Hörer mit seltsamen Erfindungen--Doch, hievon morgen, mit andern
Angelegenheiten, die den Staat betreffen, und unsre vereinigte
Aufmerksamkeit fodern. Geht ihr zu Pferde! Adieu, bis auf die
Nacht. Geht Fleance mit euch?
Banquo.
Ja, gnädigster Herr, wir können nicht länger verweilen--
Macbeth.
Ich wünsche euern Pferden schnelle und sichre Füsse, und hiemit
empfehl' ich euch ihrem Rüken. Lebet wohl.
(Banquo geht ab.)
Laßt bis Abends um sieben Uhr, jedermann Meister von seiner Zeit
seyn; das Vergnügen der Gesellschaft desto besser zu schmeken,
wollen wir selbst bis zum Abendessen allein seyn; bis dahin, sey
Gott mit euch!
(Lady Macbeth und Lords gehen ab.)

Zweyte Scene.
(Macbeth und ein Bedienter bleiben.)

Macbeth.
Camerad, ein Wort mit dir; sind diese Männer bey der Hand, die wir
foderten?
Bedienter.
Gnädigster Herr, sie warten bey der Schloß-Pforte.
Macbeth.
Führe sie vor uns--
(Der Bediente geht ab.)
Das zu seyn, ist noch nichts; aber es mit Sicherheit zu seyn--Wir
haben grosse Ursachen, diesen Banquo zu fürchten; es herrscht ein
Etwas in seiner Königlichen Seele, das gefürchtet werden will.
Sein Muth reicht weit, und zu dieser unerschroknen Stählung seines
Gemüths, besizt er eine Klugheit, die seinen Muth regiert, und
seinen Unternehmungen Sicherheit giebt. Er ist der einzige, dessen
Daseyn ich fürchte. In seiner Gegenwart allein wird mein Genius
gedämpft, wie man erzählt, daß Antons seiner es vor Cäsars war. Er
redte die Schwestern trozig an, da sie zum erstenmal den Königs-
Titel auf mich legten, und befahl ihnen, zu ihm zu reden; und dann
grüßten sie ihn, prophetisch, den Vater einer Reyhe von Königen.
Auf mein Haubt sezten sie eine unfruchtbare Crone, und gaben mir
einen dürren Scepter in meine Hand, damit er von einer fremden Hand
mir einst entwunden werde. Ist es so, so hab ich für Banquos
Nachkömmlinge meine Seele beflekt, für sie den huldreichen Duncan
ermordet; für sie auf ewig den Frieden meines Herzens verlohren,
und mein unvergängliches Kleinod dem allgemeinen Feind der Menschen
verkauft, um sie zu Königen zu machen--die Nachkommen des Banquo zu
Königen: Eh diß seyn soll, eh komme der Tod in die Schranken, und
fordre mich zum Kampf aufs Leben heraus!--Wer ist hier? (Der
Bediente kommt mit zween Mördern zurük.) Geh vor die Thüre, und
warte dort, bis wir ruffen. War es nicht gestern, als wir mit
einander sprachen?
Mörder.
Es war so, Gnädigster Herr.
Macbeth.
Wohlan dann, habt ihr meinen Reden nachgedacht? Ihr wißt nun, daß
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