König Heinrich der vierte. Der Zweyte Theil, der seinen Tod, und die Crönung von - 5

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Ich bitte euch, Herr, helfet doch dem William Visor von Woncot
gegen Clement Perkes vom Bühel.
Schallow.
Es gehen grosse Klagen, Davy, über diesen Visor; dieser Visor ist
ein Erz-Schelm, so viel ich weiß.
Davy.
Ich gesteh es Eu. Herrlichkeit ein, daß er ein Schelm ist; aber
behüt uns G**, Sir, daß ein Schelm keine Gunst sollte finden können,
wenn ein guter Freund für ihn bittet. Ein ehrlicher Mann, Sir,
ist im Stand für sich selbst zu reden, das ist ein Schelm nicht.
Ich hab' Euer Herrlichkeit treulich gedient, diese acht Jahr' her;
und wenn ich nicht auch ein oder zweymal in einem Quartal einem
Schelmen gegen einen Bidermann hinaushelfen kan, so ist wahrlich
mein Credit bey Eu. Herrlichkeit nicht groß. Der Schelm ist mein
guter Freund, Sir, und ich bitte Euer Herrlichkeit also, laßt ihn
durchwischen.
Schallow.
Geh, geh, sag' ich, es soll ihm nichts gethan werden: Sieh' zu den
Sachen, Davy.--Wo seyd ihr, Sir John? Kommt, herab mit euern
Stiefeln! Gebt mir eure Hand, Herr Bardolph.
Bardolph.
Es freut mich, Eu. Herrlichkeit wohl zu sehen.
Schallow.
Ich danke dir von Herzen, mein wakrer Herr Bardolph;
(zum kleinen Lakayen)
ha, willkommen, mein hübscher Bursche--Kommt, Sir John.
(Sie gehen ab.)

Zweyte Scene.
(Verwandelt sich in den Hof zu London.)
(Der Graf von Warwik, und der Lord Ober-Richter treten auf.)

Warwik.
Wie steht es, Milord Ober-Richter, wohin?
Ober-Richter.
Wie befindt sich der König?
Warwik.
Vollkommen wohl; seine Sorgen sind nun alle geendigt.
Ober-Richter.
Ich hoffe, er ist nicht todt?
Warwik.
Er ist den Weg der Natur gegangen, und für uns lebt er nicht mehr.
Ober-Richter.
Ich wünschte, Se. Majestät hätte mich mit sich genommen. Die
getreuen Dienste, die ich ihm in seinem Leben geleistet, haben mich
allen Kränkungen ausgesezt gelassen.
Warwik.
In der That, ich denke der junge König ist nicht euer Freund.
Ober-Richter.
Ich weiß, daß er's nicht ist; und ich rüste mich auf alles was
begegnen kan; es kan nicht schlimmer seyn, als ich's erwarte.
(Lord John von Lancaster, Glocester und Clarence zu den Vorigen.)
Warwik.
Hier kommen die betrübten Söhne des todten Heinrichs. O hätte der
lebende nur die Gemüthsart des schlechtesten unter diesen drey
Prinzen, wie viele Männer von Stand und Verdienst würden dann ihre
Pläze behalten, die izt vor Leuten von der verächtlichsten Classe
die Segel streichen müssen.
Ober-Richter.
Ich besorge, leider! es werde alles zu unterst zu oberst gekehrt
werden.
Lancaster.
Guten Morgen, Vetter Warwik.
Glocester. Clarence.
Guten Morgen, Vetter.
Lancaster.
Wir kommen zusammen, wie Leute die das Reden vergessen haben.
Warwik.
Wir erinnern uns noch wol, aber der Inhalt unsrer Gedanken ist zu
schwer, als daß ihn Worte sollten tragen können.
Lancaster.
Nun, Friede sey mit dem, der uns diese Schwermuth verursacht hat.
Ober-Richter.
Friede sey mit uns, oder wir werden noch schwermüthiger werden.
Glocester.
O, mein lieber Lord, ihr habt in der That einen Freund verlohren,
und ich darf schwören, ihr borgtet dieses kummervolle Gesicht nicht;
es ist ganz gewiß euer eignes.
Lancaster.
Obgleich niemand gewiß weiß, wie es ihm ergehen wird, so habt ihr
doch am wenigsten gutes zu erwarten; diß vermehrt meinen Kummer,
ich wollt' es wär' anders.
Clarence.
Gut, ihr müßt izt Sir John Falstaffen gute Worte geben; seine Gunst
vermag izt mehr als eure Verdienste.
Ober-Richter.
Liebste Prinzen, was ich that, that ich als ein rechtschafner Mann,
nach der Vorschrift meines Gewissens und meiner Pflicht; und
niemals sollt ihr mich eine niederträchtige Verzeihung erbetteln
sehen. Wenn Wahrheit und aufrichtige Unschuld meinen Fall
verursachen, so will ich zu dem König meinem abgelebten Herrn, und
ihm sagen, wer mich ihm nachgeschikt hat.
Warwik.
Hier kommt der Prinz.

Dritte Scene.
(Der Prinz Heinrich, nunmehr König Heinrich der fünfte, zu den
Vorigen.)

Ober-Richter.
Gott erhalte Eu. Majestät.
König Heinrich.
Dieses ungewohnte und strozende Kleid, Majestät, sizt mir lange
nicht so leicht als ihr euch einbildet. Brüder, eure Traurigkeit
ist, wie mich däucht, mit Furcht vermischt; diß ist der Englische,
nicht der Türkische Hof; kein Amurath folgt auf einen Amurath,
sondern Heinrich auf Heinrich. Und doch seyd immerhin traurig,
meine Brüder; aber, da die Ursache dazu uns allen gemein ist, so
betrachtet sie auch nicht anders als wie eine Last, die uns
gemeinschaftlich zu tragen auferlegt ist. Von mir seyd versichert,
daß ich euer Vater sowol als euer Bruder seyn will: Schenket mir
nur eure Liebe, und überlaßt mir eure Sorgen. Weint, daß Heinrich
todt ist, ich thue es auch; aber ein Heinrich lebt, der alle diese
Thränen, soviel ihrer sind, in eben so viele glükselige Stunden
verwandeln wird.
Lancaster. Glocester. Clarence.
Wir hoffen nichts anders von Eu. Majestät.
König Heinrich.
Ihr seht mich alle mit seltsamen Gesichtern an, sonderlich ihr.
(Zum Lord Ober-Richter.)
Ich denke, ihr seyd versichert, daß ich euch nicht liebe.
Ober-Richter.
Ich bin versichert, daß, wenn ich nach Biligkeit beurtheilt werde,
Eu. Majestät keine Ursache hat mich zu hassen.
König Heinrich.
Keine? Soll ein Prinz von meinen Hoffnungen so grosse
Beleidigungen vergessen können, als mir von euch wiederfahren sind?
Wie? den Cron-Erben von England auszuschalten, öffentlich zu
beschimpfen und ins Gefängniß zu schiken? War das eine
Kleinigkeit? Kan das in Lethe gewaschen, und vergessen werden?
Ober-Richter.
Ich stellte damals die Person euers Vaters vor, nicht die meinige.
Ich war mit der Handhabung seines Gesezes, und der öffentlichen
Gerechtigkeit beschäftiget, als es Euer Hoheit beliebte, mein Amt,
die Majestät und Gewalt des Gesezes, und des Königs, den ich
vorstellte, zu vergessen, und in meinem Richter-Stuhl gewaltsame
Hand an mich zu legen. Als einen Verbrecher gegen die Person euers
Vaters, ließ ich euch, kraft der Autorität die mir anvertraut war,
in Verhaft nehmen; und wenn ich daran unrecht that, so laßt es euch
immerhin gefallen, einen Sohn zu bekommen, der eurer Verordnungen
spotte, der die Gerechtigkeit von euern ehrwürdigen Bänken
herabreisse, den Lauf der Geseze hemme, und das Schwerdt stumpf
mache, das eure eigne Person und die allgemeine Sicherheit beschüzt;
ja der euer königliches Ebenbild schmählich antaste, und eure
Handlungen in der Person euers Repräsentanten verspotte. Fraget
eure königlichen Gedanken, macht den Fall zum eurigen, seyd nun der
Vater, und stellt euch einen Sohn vor, von dem euer Ansehn so sehr
angegriffen werde; und dann bildet euch ein, daß ich eure Parthey
nehme, und in euerm Namen und durch eure Macht euern Sohn so zur
Gebühr weise. Nach dieser kalten Ueberlegung sprecht mein Urtheil,
und saget nun, da ihr ein König seyd, was ich gethan habe, das
meinem Amt, meiner Person, und der Majestät meines Königs nicht
gemäß war?
König Heinrich.
Ihr habt vollkommnes Recht, Milord, und wäget diese Sache richtig
ab; fahret also fort, die Wage und das Schwerdt zu tragen; und
möchtet ihr, mit immersteigenden verdienten Ehren, so lange leben,
biß ihr einen Sohn von mir sehet, der, wenn er euch so beleidigt
hätte, euch so gehorche wie ich that: So würd ich's erleben, wie
damals mein Vater sagen zu können: Glüklich bin ich, daß ich einen
Mann habe, der Muth genug hat, die Justiz gegen meinen eignen Sohn
auszuüben; und nicht weniger glüklich, daß ich einen Sohn habe, der
seine Grösse so willig in die Hände der Gerechtigkeit überliefert--
Zum Beweiß also, daß ich eure Tugend ehre, übertrag' ich euch
ferner das unbeflekte Schwerdt, das ihr bißher getragen habt, mit
der Erinnerung, daß ihr eben diesen gerechten, kühnen und
unpartheyischen Geist, den ihr damals gegen mich gezeigt habet,
über alle eure Handlungen herrschen lasset. Hier habt ihr meine
Hand, daß ihr bey meiner Jugend die Stelle eines Vaters vertreten
sollt; meine Stimme soll tönen, was ihr meinem Ohr eingebet, und
Eure Weisheit und wohlgeübte Erfahrenheit soll in allen meinen
Entschliessungen mich leiten. Und, ihr Prinzen alle, glaubet mir,
ich bitte euch, mein Vater hat den besten Theil meines Herzens mit
sich ins Grab genommen; und ich lebe nur mit seinem Geist, die
Erwartungen der Welt zu beschämen, voreilige Weissagungen zu
vereiteln, und die schlimme Meynung auszulöschen, die man nach
meinem äusserlichen Schein von mir gefaßt hat. Die Fluth meines
Bluts, die bisher von vielen Ausschweiffungen aufgeschwollen
daherströmte, soll nun zum Meer zurük ebben, und daselbst mit dem
allgemeinen Staat der Wasser vermengt, hinfort in festlicher
Majestät einherfliessen. Wir sind nun im Begriff unser Parlament
zusammen zu beruffen, und wir werden vor allen Dingen darauf
bedacht seyn, unsern edeln Staatsrath, in welchem ihr, mein Vater,
(zum Lord Ober-Richter,)
den Vorsiz haben sollt, mit würdigen Gliedern zu verstärken; damit
der grosse Körper unsers Staats mit den bestregierten Nationen in
gleicher Linie stehe, und Krieg oder Frieden oder beydes zugleich,
uns bekannte und vertraute Sachen seyn mögen. Sobald unsre Crönung
vorbey seyn wird, werden wir, wie ich schon erinnert, unsern ganzen
Staat zusammen beruffen, und, wenn der Himmel meine guten Absichten
bekräftiget, so soll kein Prinz noch Pair eine gerechte Ursache
finden zu wünschen, daß der Himmel Heinrichs glükliches Leben um
einen einzigen Tag verkürzen möge.
(Sie gehen ab.)

Vierte Scene.
(Diese Scene stellt das Gastmahl vor, das der Junker Schallow dem
Sir John Falstaff giebt; es ist ein vortreffliches Gemählde in
seiner Art, aber man muß nach London reisen um es zu sehen; denn
nichts als die würkliche theatralische Vorstellung kan ihm das
Leben und den Grad von Abgeschmaktheit geben, worinn der ganze
Werth davon besteht. Das was bey der Vorstellung den besten Effect
machen muß, ist der gute ehrliche Junker Silence, der aus dem mehr
als Pythagoräischen Stillschweigen, das er nüchtern zu halten
pflegt, in das andre Extremum fällt, und in trunknem Muth ein
dummes Liedlein nach dem andern singt.)

Fünfte Scene.
(Während daß Herr Silence und Sir John im Streit begriffen sind,
wer den andern zu Boden trinken könne, kommt Pistol von London an,
und unterbricht das Landjunkerische Bacchanal durch frohe Zeitungen
vom Hofe, die er ankündiget, ohne gleich zu sagen, worinn sie
bestehen. Dieses giebt unserm Autor Anlas zu einer kleinen
spöttischen Parodie eines abgeschmakten Schauspiels vom König
Cophetua, so vermuthlich damals noch von Marionetten-Spielern oder
andern Comödianten von dieser Art gespielt wurde; endlich macht die
Weisheit des Hrn. Schallow dem Mißverständniß auf folgende Art ein
Ende:)

Schallow.
Um Vergebung, Sir: Wenn ihr mit neuen Zeitungen vom Hofe kommt, Sir,
so sind, wie ich's begreiffe, nur zwey Wege; entweder ihr müßt sie
sagen, oder ihr müßt verschweigen. Ich bin unter dem König in
einiger Autorität, Herr.
Pistol.
Unter welchem König? Nichtswürdiger, sprich oder stirb!*
{ed. * Dieser Vers scheint wieder eine Parodie zu seyn.}
Schallow.
Unterm König Heinrich!
Pistol.
Heinrich dem vierten oder dem fünften?
Schallow.
Heinrich dem vierten.
Pistol.
So geb' ich dir einen T** für dein Amt. Sir John, dein zartes
Lämmchen ist nun König. Heinrich der fünfte ist der Mann. Was ich
sag' muß wahr seyn. Wenn Pistol lügt, so thut das, und prellt mich
wie den prahlenden Spanier.
Falstaff.
Was, ist der alte König todt?
Pistol.
Wie ein Nagel in der Thür; das muß wahr seyn.
Falstaff.
Auf, Bardolph, sattle mir mein Pferd. Herr Robert Schallow, such'
dir ein Amt im Königreich aus, was für eins du willt, es ist dein;
Pistol, ich will dich doppelt mit Ehrenstellen beladen.
Bardolph.
O freundenvoller Tag! Ich wollte kein Ritter-Gut um mein Glük
nehmen.
Pistol.
Gelt! Ich bringe gute Zeitungen?
Falstaff.
Tragt Herrn Silence zu Bette: Herr Schallow, Milord Schallow, sag
nur was du seyn willst, ich bin Fortuna's Haushofmeister--Zieh
deine Stiefel an, wir wollen die ganze Nacht durch reiten. O!
süsser Pistol, sag mir noch mehr, und vergiß mit allem dem nicht,
dich zu besinnen, was du gern hättest. Stiefel, Stiefel an, Herr
Schallow. Ich weiß, der junge König schmachtet nach mir. Wir
wollen Pferde nehmen, wo wir sie finden, die Geseze von England
stehen izt zu meinem Befehl. Glüklich sind die, die sich meine
Freunde nennen können; und weh dem Milord Ober-Richter!

Sechste Scene.
(Verwandelt sich in eine Strasse von London.)
(Die Wirthin und Dortchen Tear-Scheet, von Zween Bütteln geführt,
treten auf.) (Eine kleine Scene, von der pöbelhaftesten und
unanständigsten Art, die sich nicht übersezen läßt.)

Siebende Scene.
(Ein öffentlicher Plaz nicht weit von der Westmünster-Abbtey.)
(Zween Bediente von Hof die den Boden mit Binsen bestreuen.)

1. Bedienter.
Mehr Binsen, mehr Binsen!
2. Bedienter.
Die Trompeten haben schon zum zweytenmal geblasen.
1. Bedienter.
Es wird zwey Uhr seyn, eh sie von der Crönung zurük kommen.
(Sie gehen ab.)
(Falstaff, Schallow, Pistol, Bardolph und der kleine Lakey treten
auf.)
Falstaff.
Steht hier, neben mich, Herr Robert Schallow, ich will machen, daß
der König euch eine Gnade erweisen soll: Ich will ihn von der Seite
anschielen, wenn er kommt, und gebt nur acht, was er mir für ein
Gesicht machen wird--Komm hieher, Pistol, steh' hinter mich. O!
wenn ich nur Zeit gehabt hätte, neue Livreen machen zu lassen, ich
wollte die tausend Pfund dazu angewandt haben, die ich von euch
borgte. Aber es hat nichts zu bedeuten, dieser schlechte Aufzug
ist besser; er zeigt an, wie groß mein Verlangen war ihn zu sehen.
Schallow.
Das thut es.
Falstaff.
Es zeigt die Heftigkeit meiner Liebe an.
Schallow.
Das thut es.
Falstaff.
Meine Devotion.
Pistol.
Das thut es, das thut es, das thut es.
Falstaff.
Tag und Nacht zu reiten, und sich nicht einmal so viel Zeit zu
nehmen, sich nicht einmal zu besinnen noch Geduld zu haben, ein
weisses Hemd anzuziehen.
Schallow.
Das ist gewiß!
Falstaff.
Sondern so beschmuzt, wie man von der Reise kommt, dazustehen, und
vor Begierde ihn zu sehen schwizen, an nichts anders denken, alles
andre vergessen, als ob sonst nichts in der Welt zu thun wäre, als
ihn zu sehen.
Schallow.
So ist es, in der That.
Pistol.
Mein Ritter, ich muß dir was sagen, daß deine edle Leber in Flammen
sezen wird: Dein Dortchen, die Helena deiner edeln Gedanken ligt in
tiefer Noth und in anstekendem Gefängniß, von schmuzigen
mechanischen Händen weggeschleppt. Laß die Rache mit Alectos
Schlangen-Haaren aus ihrer düstern Höhle hervorstürmen, Dortchen
ist eingestekt. Was Pistol sagt, muß wahr seyn.
Falstaff.
Ich will sie in Freyheit sezen.
Pistol.
Da heulte die See; die Trompeten schallen.

Achte Scene.
(Der König tritt mit seinem ganzen Gefolge auf.)

Falstaff.
Heil dir, König Hal; Heil, mein königlicher Hal.
Pistol.
Der Himmel schüze dich, du ruhmvolles Reis von königlichem Stamm!
Falstaff.
Gott grüß dich, mein süsser Junge!
König Heinrich.
Milord Ober-Richter, sprecht zu diesem thörichten Mann.
Lord Ober-Richter.
Seyd ihr bey Sinnen? Wißt ihr auch was ihr redt?
Falstaff.
Mein König, mein Jupiter; ich rede mit dir, mein Herz.
König Heinrich.
Ich kenne dich nicht, alter Mann; bereite dich zu deinem Tode: Wie
übel stehen graue Haare einem Narren und Pikelhäring an! Ich habe
lange von einem solchen Mann geträumt, der so von Schwelgerey
aufgeschwollen, so alt und so ruchlos war; aber da ich erwacht bin,
verschmäh' ich meinen Traum. Sorge daß dein Bauch kleiner--zurük!--
und dein Werth grösser werde; laß dein Schwelgen; bedenke, daß das
Grab seinen Rachen dreymal weiter gegen dich aufsperrt, als gegen
andre Leute--Antworte mir keinen abgeschmakten Spaß auf diß; bilde
dir nicht ein, daß ich das Ding bin das ich war; der Himmel weiß,
und die Welt soll es gewahr werden, daß ich mein vormaliges Selbst
von mir geworffen habe, und so will ich's auch mit meiner
Gesellschaft machen. Wenn du hören wirst, ich sey wie ich war,
dann komm zu mir, und du sollt seyn was du warst, der Vormünder und
Pfleger meiner Auschweiffungen. Bis dahin verbann' ich dich, bey
Straffe des Todes, dich und den Rest meiner Verführer, euch niemals
unter zehn Meilen meiner Person zu nähern. Ich will euch den
nöthigen Unterhalt reichen lassen, damit euch Dürftigkeit nicht
nöthige böses zu thun; und so wie wir hören werden, daß ihr euch
bessert, wollen wir euch, euerm Stand und eurer Tüchtigkeit nach,
Befördrung geben--Sorget dafür, Milord, daß diesem unserm Willen
nachgelebt werde. Weiter fort!--
(Der König und sein Gefolge gehen ab.)

Neunte Scene.

Falstaff.
Herr Schallow, ich bin euch tausend Pfund schuldig.
Schallow.
Ja, mein Seel, Sir John, und ich bitte euch, gebt sie mir wieder
mit heim.
Falstaff.
Das kan schwerlich seyn, Herr Schallow. Macht euch keine Gedanken
hierüber; er wird in Geheim nach mir schiken; seht ihr, er mußte
vor den Leuten so dergleichen thun. Seyd ohne Sorge wegen eurer
Beförderung, ich will doch der Mann seyn, der euch groß machen soll.
Schallow.
Ich kan nicht begreiffen wie das zugehen müßte, ausser wenn ihr mir
euer Wamms gebt, und mich mit Stroh ausstopft. Ich bitte euch,
guter Sir John, gebt mir nur wenigstens fünfhundert Pfund.
Falstaff.
Sir, mein Wort ist eben so viel. Was ihr das hörtet, war nur
Verstellung, ein Kunstgriff, wie ich sage; kommt mit mir zum Mittag-
Essen; kommt, Lieutenant Pistol: kommt, Bardolph. Er wird heute
Nacht bald nach mir schiken. (Der Lord Ober-Richter und Lancaster
treten auf.)
Lord Ober-Richter (zu seinem Gefolge.)
Geht, bringt Sir John Falstaffen in den Fleet. Nehmt seine ganze
Gesellschaft mit.
Falstaff.
Milord, Milord,--

Ober-Richter.
Ich kan izt nicht reden; ich will bald mehr von euch hören. Führt
sie fort.
Pistol (singt.)
Si fortuna me tormenta, il sperare me contenta.)
(Sie gehen ab.)
(Lancaster und Lord Ober-Richter bleiben.)
Lancaster.
Dieses Verfahren des Königs gefällt mir, es ist edel. Er will, daß
seine gewohnten Gesellschafter mit allem Nöthigen versorgt seyn
sollen; aber sie sind verbannt, bis eine bessere Aufführung sie mit
der Welt ausgesöhnt haben wird.
Lord Ober-Richter.
Das sind sie.
Lancaster.
Der König hat sein Parlament zusammen beruffen Milord.
Lord Ober-Richter.
Er hat.
Lancaster.
Ich wollte wetten, daß wir, eh diß Jahr zu Ende ist, unsre
bürgerlichen Schwerdter nach Frankreich tragen werden. Ich hörte
einen Vogel so singen, dessen Musik, wie mich däuchte, dem König
wol gefiel. Kommt, wollen wir gehen?
(Sie gehen ab.)

Ende dieses Projekt Gutenberg Etextes Der Zweyte Theil von König
Heinrich dem vierten, der seinen Tod, und die Crönung von Heinrich
dem fünften enthält, von William Shakespeare.
Übersetzt von Christoph Martin Wieland.
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