König Heinrich der vierte. Der Zweyte Theil, der seinen Tod, und die Crönung von - 3

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Gebraucht?
Schallow.
Still, Bursche, still; auf die Seite! wißt ihr, wo ihr seyd? Zu
den andern, Sir John--Laßt mich sehen; Simon Schatten.
Falstaff.
Sapperment, den muß ich haben, der ist gut zum Untersizen; er wird
ein ziemlich kühler Kriegsheld seyn.
Schallow.
Wo ist Schatten?
Schatten.
Hier, Sir.
Falstaff.
Schatten, wessen Sohn bist du?
Schatten.
Meiner Mutter Sohn, Sir.
Falstaff.
Deiner Mutter Sohn! Das ist sehr wahrscheinlich; und deines Vaters
Schatten, aber nicht von deines Vaters Körper; das begegnet oft
genug, in der That.
Schallow.
Gefällt er euch, Sir John?
Falstaff.
Schatten wird im Sommer gute Dienste thun; schreibt ihn auf; wir
haben schon eine Menge solcher Schatten im Muster-Buch; sie sind
immer gut, die Lüken auszufüllen.
Schallow.
Thomas Warze!
Falstaff.
Wo ist er?
Warwik.
Hier, Sir.
Falstaff.
Heißt du Warze?
Warwik.
Ja, Sir.
Falstaff.
Du siehst so ziemlich zerlumpt aus, Warze.
Schallow.
Soll ich ihn aufschreiben?*
{ed. * Das Sinnreiche der Antwort, welche Falstaff hierauf giebt, ligt
in dem Doppelsinn des Worts prick, welches eigentlich stechen
bedeutet; und wie das französische Wort (piquer) auch so viel heißt,
als jemands Namen zu einem gewissen Dienst, wozu man einen
gebrauchen will, auszeichnen.}
Falstaff.
Das wäre sehr überflüßig; alle seine Habschaft ist auf seinen Rüken
gebaut, und das ganze Werk steht auf Stek-Nadeln; stecht ihn nicht
noch mehr.
Schallow.
Ha, ha, ha, was ihr für gute Einfälle habt, Sir! ha ha! das muß
man euch lassen, darinn seyd ihr ein Meister, das muß man euch
lassen.--Franz Schwächlich--
**--------------
{ed. ** So sehr Hr. Schallow die wizigen
Einfälle bewundert, welche Falstaff aus Gelegenheit der Namen und
Profeßionen dieser Recruten hat, so ekelhaft fangen sie an, dem
Uebersezer, und vermuthlich auch dem Leser zu werden. Wir
überschlagen also den Aufruf des Franz Schwächlich, Frauenzimmer-
Schneiders, und Peter Bulkalbs, nebst anderm frostigem und zum
Theil völlig unübersezlichem Zeug, so in dieser Scene vorkommt.}
Falstaff.
Sind das nun alle?
Schallow.
Man hat noch zween mehr ruffen lassen, aber ihr braucht nur viere
von hier; kommt also mit mir herein, Sir, und nehmt bey mir auf den
Mittag vorlieb.
Falstaff.
Kommt, ich will eins mit euch trinken, aber bis über Mittag kan ich
mich nicht aufhalten. Es freut mich euch zu sehen; aufrichtig, es
freut mich, Herr Schallow.
Schallow.
O Sir John erinnert ihr euch noch daran, wie wir die ganze Nacht in
der Windmühl in Sanct Georgen-Feld lagen?
Falstaff.
Nichts mehr davon, Herr Schallow, nichts mehr davon.
Schallow.
Ha! es war eine lustige Nacht. Und lebt Hannchen Nacht-Werk auch
noch?
Falstaff.
Sie lebt noch, Herr Schallow.
Schallow.
Sie konnte nie von mir wegkommen.
Falstaff.
Nie, nie; sie sagte immer: Man kan doch nicht ohne Hrn. Schallow
seyn!
Schallow.
Sapperment, ich konnte ihr recht im Herzen weh machen; Sie war
damals eine (Bona-roba.) Stehen ihre Sachen noch gut?
Falstaff.
Sie ist eben alt, Herr Schallow, alt.
Schallow.
Sie muß alt seyn, das ist wahr; sie kan nicht anders als alt seyn;
ganz gewiß, alt ist sie, sie hatte schon Robin Nachtwerk von dem
alten Nachtwerk, eh ich noch in Clements-Inn kam.
Silence.
Das war schon vor fünf und fünfzig Jahren.
Schallow.
Ha, Vetter Silence, du solltest gesehen haben, was dieser Ritter
und ich gesehen haben!--Ha, Sir John, hab' ich nicht recht?
Falstaff.
Wir haben des Nachts manchmal die Gloken auf allen Thürmen schlagen
gehört.
Schallow.
Das haben wir, das haben wir, meiner Treu, Sir John, das haben wir;
unsere Wach-Parole war, hem, Jungens!--Kommt, wir wollen zum Mittag-
Essen; o was wir für Zeiten gesehen haben! Kommt, kommt!
Bulkalb.
Lieber Herr Corporal Bardolph, seyd mein guter Freund, hier habt
ihr vier Harry-Zehnschilling-Stüke in französischen Cronen. In
gutem Ernst, seht ihr, ich wollte eben so gern gehangen seyn, Sir,
als gehen; und doch für meinen Theil, Sir, fragt' ich nichts
darnach, es ist eben bloß daß ich keine Lust dazu habe, seht ihr,
und für meinen Theil blieb ich halter eben lieber bey meinen
Freunden; sonst, Herr, fragt ich eben für meinen Theil nicht viel
darnach.
Bardolph.
Schon gut; steh nur auf die Seite.
Schimmlich.
Und lieber Herr Corporal-Hauptmann, meiner alten Großmutter zu lieb,
seyd mein guter Freund; wenn ich fort bin, hat sie keinen Menschen,
der ihr ihre Sachen thut, und sie ist alt und kan selbst nicht
mehr fortkommen; es soll mir auf vierzig Schilling nicht ankommen.
Bardolph.
Gut, gut, steh' auf die Seite.
Schwächlich.
Ich bekümmre mich nichts drum, ein Mensch kan nur einmal sterben;
und gestorben muß es seyn, ich will mich herzhaft darein ergeben;
ist es mein Schiksal, wohl und gut; wo nicht, so ist's nichts desto
schlimmer. Niemand ist zu gut dazu, seinem Fürsten zu dienen; und
es mag gehen wie es will, wer in diesem Jahr stirbt, ist quitt für
das nächste.
Bardolph.
Das heißt wie ein braver Kerl gesprochen.
Falstaff.
Kommt, Sir, welche von diesen Leuten soll ich haben?
Schallow.
Die viere, die euch am besten gefallen.
Bardolph (zu Falstaff leise.)
Sir, ein Wort mit euch--Schimmlicht und Bulkalb bieten drey Pfund
an, wenn ihr sie freylassen wollt.
Falstaff.
Gut, gut.
Schallow.
Nun, Sir John, welche viere wollt ihr haben?
Falstaff.
Wählt ihr für mich.
Schallow.
Nun so sey es dann, Schimmlich, Bulkalb, Schwächlich und Schatten.
Falstaff.
Schimmlich und Bulkalb--Was euch betrift, Schimmlich, bleibt ihr da,
bis ihr aufgebraucht seyd, und ihr, Bulkalb, wachßt bis man euch
brauchen kan; ich will keinen von euch.
Schallow.
Sir John, Sir John, ihr thut euch ja selbst Unrecht, sie sind ja
gerade die zween ansehnlichsten, und ich wollte euch gerne mit den
besten bedient wissen.
Falstaff.
Herr Schallow, wollt ihr mich lehren, wie ich meine Leute auswählen
soll? Bekümmre ich mich was darum, wie groß, wie dik oder wie
stark die Leute sind, was für breite Schultern sie haben, oder wie
dik ihre Beine sind? Ich sehe auf Herz, Herr Schallow. Seht mir
diesen Warze hier, ich steh euch davor, so zerlumpt er aussieht, so
soll er mir drauf zuschlagen, wie ein Zinngiessers-Hammer; der Kerl
ist flink, das kan ich euch sagen. Und dieser schindeldürre
Geselle, Schatten, hier, das ist ein Mann für mich; das ist ein
Mann, dem der Feind nicht beikommen kan; der Feind könnte eben so
leicht nach der Schärfe eines Federmessers zielen als nach ihm; und
wenn es um eine Retirade zu thun ist, wie behend wird dieser
Schwächlich, der Frauenzimmer-Schneider, davon lauffen? O, gebt
mir die unansehnlichen Leute, und behaltet diese grossen Kerle für
euch. Gebt mir Warzen eine Flinte in die Hand Bardolph---
-------------Diese Bursche werden ihre Sachen nicht übel machen.
Herr Schallow, Gott behüte euch; lebt wohl, Herr Silence. Ich
mache wie ihr seht, nicht viel Complimente; lebt wohl, meine Herren,
beiderseits. Ich danke euch; ich muß noch ein duzend Meilen
machen, eh es Nacht ist. Bardolph, gieb den Soldaten Uniformen.
Schallow.
Sir John, der Himmel geleite euch, und benedeye eure Waffen, und
geb' uns bald Frieden. Besucht mein Haus, wenn ihr zurükkommt; wir
wollen die alte Bekanntschaft wieder erneuern; vielleicht geh ich
dann mit euch nach Hofe.
Falstaff.
Es sollte mir angenehm seyn, Herr Schallow.
Schallow.
Gut, gut, es bleibt dabey, ein Mann ein Wort. Lebt wohl.
(Sie gehen ab.)


Vierter Aufzug.

Erste Scene.
(Ein Wald in Yorkschire.)
(Der Erzbischoff von York, Mowbray, Hastings und Coleville treten
auf.)

York.
Wie nennt man diesen Wald?
Hastings.
Es ist Gaultree-Wald, Milord.
York.
Hier wollen wir Halte machen, Milords, und Kundschafter ausschiken,
um die Stärke des Feinds zu erkundigen.
Hastings.
Es ist schon geschehen.
York.
Ihr habt wol gethan. Nun, meine Freunde und Brüder in dieser
grossen Angelegenheit, muß ich euch entdeken, daß ich kürzlich
Briefe von Northumberland erhalten habe, deren kalter Inhalt dieser
ist: Er wünschte in Person, und mit einer Macht, die seinem Stande
proportioniert wäre, bey uns zu seyn; da es ihm aber unmöglich sey,
eine solche aufzubringen, so habe er sich nach Schottland
zurükgezogen, bis Zeit und Vermögen ihm erlauben würden, mehr zu
thun. Den Beschluß macht er mit herzlichen Wünschen, daß unsre
Unternehmung die Gefahr eines so mächtigen Widerstands überleben
möge.
Mowbray.
So stürzt also das ganze Gebäude von Hoffnungen ein, das wir auf
ihn gegründet hatten. (Ein Bote zu den Vorigen.)
Hastings.
Nun, was bringt ihr Neues?
Bote.
Von der Westseite dieses Waldes, und kaum noch eine Meile entfernt,
rükt der Feind in stolzer Schlachtordnung an; und soviel aus dem
Grund den sie deken, abzunehmen ist, schäze ich ihre Anzahl
höchstens auf dreyßig tausend Mann.
Mowbray.
Das ist gerade soviel als wir vermutheten. Laßt uns aufbrechen, um
ihnen ins Gefild entgegen zu rüken.

Zweyte Scene.
(Westmorland zu den Vorigen.)

York.
Was für ein stattlicher Kriegs-Oberster kommt hier auf uns zu?
Mowbray.
Ich denke, es ist Milord von Westmorland.
Westmorland.
Heil und geneigten Gruß von unserm Feld-Herrn, dem Prinzen John von
Lancaster.
York.
Saget an, Milord von Westmorland, was ist der Beweggrund eurer
Anherkunft?
Westmorland.
An euch, Milord, soll dann vornehmlich der Inhalt meiner Rede
gerichtet seyn. Käme die Empörung in ihrer eignen Gestalt, in
verächtlichen, pöbelhaften Rotten, von blutigen Jünglingen
angeführt, von wilder Raubsucht gespornt, und von Lotterbuben und
Bettlern unterstüzt; wenn der Aufruhr, sage ich, in dieser seiner
wahren, natürlichen und eigenthümlichen Gestalt erschiene, so
würdet ihr, ehrwürdiger Vater, und diese edeln Lords nicht hier
seyn, seine verabscheute Häßlichkeit mit euerm ehrenvollen Ansehn
aufzuschmüken. Ihr, Milord Erzbischoff, dessen Siz durch
einheimischen Frieden beschüzt wird, dessen Bart die Silber-Hand
des Friedens berührt, dessen Gelahrtheit und Wissenschaft der
Friede begünstiget hat, und dessen weisser Priester-Schmuk die
Unschuld, die Sanftmuth und jede gesegnete Eigenschaft des Friedens
abbildet; warum übersezt ihr euch selbst aus der Sprache des
Friedens, die so viel Anmuth hat, in die harte und rauhtönende
Sprache des Kriegs? Warum, warum verwandelt ihr eure Bücher in
Hellebarden, eure Dinte in Blut, eure Federn in Lanzen, und eure
göttliche Zunge in eine kriegrische Trompete?
York.
Warum thue ich diß? Das ist die Frage; und darauf antworte ich
kürzlich: Wir sind alle krank, und haben uns selbst durch
Ueppigkeit und Schwelgerey ein brennendes Fieber zugezogen, um
dessen willen wir izt bluten müssen; es ist die nemliche Krankheit,
an der unser voriger König Richard starb. Doch, mein sehr edler
Lord von Westmorland, meine Absicht ist hier nicht den Arzt zu
spielen; auch ist es weit von mir entfernt, als ein Feind des
Friedens, mich unter die Hauffen kriegrischer Männer einzumengen;
diese mir sonst fremde Gestalt ist nur auf eine Weile angenommen,
um ausschweiffende üppige Gemüther, die das Uebermaaß ihres Glüks
krank gemacht hat, wieder in Ordnung zu bringen, und die
Verstopfungen zu reinigen, die den natürlichen Lauf unsers Lebens-
Blutes selbst zu hemmen angefangen haben. Ich will mich deutlicher
erklären: Ich habe das Uebel so unsre Waffen thun können, und
dasjenige so wir leiden, genau gegen einander abgewogen, und finde
unsre Beschwerden schwerer als unsre Verschuldungen. Wir sehen,
welchen Weg der Strom der Zeit läuft, und werden von der gewaltsam
daherstürmenden Gelegenheit aus unsrer friedsamen Sphäre
weggerissen. Wir werden den Inhalt aller unsrer Klagen, sobald es
die Zeit erheischen wird, Punct für Punct bekannt machen; Klagen,
die wir dem König schon vor langer Zeit vorgelegt haben, ohne daß
wir durch unser inständiges Bitten erhalten konnten, nur angehört
zu werden. Wenn wir beleidiget werden, und unsre Beschwerungen
entfalten wollen, so wird uns der Zutritt zu seiner Person von eben
denjenigen abgeschlagen, die uns am meisten beleidiget haben. Die
Gefahr jener neulichen Tage, deren Andenken mit noch sichtbarem
Blut auf die Erde geschrieben ist; und die gegenwärtigen Beyspiele
die uns jede Minute darstellt, haben uns in diese übelanständige
Waffen-Rüstung gezwungen; nicht den Frieden oder irgend einen Zweig
desselben zu brechen, sondern vielmehr einen wahren und dauerhaften
Frieden, einen Frieden der den Namen mit der That führe, zu
erzielen.
Westmorland.
Wenn ist euch jemals eine rechtliche Klage abgeschlagen worden?
Worinn seyd ihr von dem Könige zum Unmuth gereizt worden? Welcher
Peer ist heimlich aufgestiftet worden, euch anzutasten; daß ihr
dieses gesezwidrige blutige Patent der meuterischen Empörung mit
einem göttlichen Sigel gültig zu machen, und das Schwerdt des
Bürger-Kriegs einzusegnen berechtiget seyn solltet?
York.
Mein Bruder General, das gemeine Wesen, ist durch eine ungerechte
Partheylichkeit gegen einige von seinen Kindern zum Nachtheil der
andern, in eine häusliche Tyrannie ausgeartet, welche der besondere
Gegenstand meiner Klagen ist.
Westmorland.
Es ist in diesem Stük noch nirgends keine Noth einer Staats-
Verbesserung vorhanden; und wann es wäre, so kommt sie euch nicht
zu.
Mowbray.
Warum nicht ihm, für seinen Theil, und uns allen, die noch die
Schmerzen der Wunden der vorigen Zeiten, und die ungerechte und
drükende Hand der gegenwärtigen fühlen?
Westmorland.
O Milord Mowbray, betrachtet die Zeiten in der natürlichen
Verknüpfung mit ihren Ursachen und Umständen, und ihr werdet
bekennen müssen, daß es in der That die Zeit und nicht der König
ist, worüber ihr euch zu beklagen habt. Und dennoch kan ich, was
eure eigne Person betrift, nicht absehen, wie ihr, weder vorn König,
noch der dermaligen Zeit, nur einen Zoll breit Grund hernehmen
könnt, Beschwerden darauf zu bauen. Wurdet ihr nicht in alle
Herrschaften und Güther des Herzogs von Norfolk, eures edeln und
ruhmwürdigen Vaters, wieder eingesezt?
Mowbray.
Womit hatte mein Vater verdient ihrer entsezt zu werden, wenn ich
diese Wieder-Einsezung für etwas mehr halten soll, als was man mir
schuldig war? Wider seinen Willen und sein Herz, wurde der König,
der ihn liebte, durch die damalige Verfassung des Staats gezwungen,
ihn zu verbannen. Und o! damals, da Harry Bolingbroke und er sich
in ihre Sättel geschwungen hatten, da ihre schnaubenden Rosse
ungeduldig dem Sporn zum Angriff entgegenwieherten, da sie ihre
Lanzen eingelegt, ihre Visiere herabgezogen hatten, da ihre
feurigen Augen aus stählernen Oeffnungen hervor funkelten, und die
laute Trompete sie zum Kampf zusammenblies; damals, damals, (da
nichts anders meinen Vater von Bolingbroks Brust hätte zurükhalten
können) als der König seinen Stab hinwarf, warf er sein eigen Leben
hin, warf er sich selbst hin, und das Leben aller derjenigen, die
durch Anklage oder durch die Wuth des Schwerdts unter Bolingbroke
gefallen sind.
Westmorland.
Ihr redet hier, Lord Mowbray, und wißt nicht was ihr redet. Der
Graf von Hereford wurde damals für den tapfersten Ritter von ganz
England gehalten. Wer weiß, auf wen das Glük gelächelt hätte? Und
hätt' auch euer Vater den Sieg erhalten, so würde er ihn gewiß
nimmermehr aus Coventry hinausgetragen haben. Das ganze Land haßte
ihn, und schrie ihm mit einer allgemeinen Stimme Flüche zu; alle
ihre Liebe, alle ihre Wünsche, waren für Hereford, den Gegenstand
ihrer brünstigen Zuneigung, dem sie, in der That, mehr Segnungen
zurieffen, mehr Beyfall zujauchzten, als dem König selbst--Doch diß
führt mich nur von meinem Vorhaben ab: Ich komme hier von dem
Prinzen unserm Feldherrn, euern Beschwerden nachzufragen, und euch
in seiner Durchlaucht Namen zu sagen, daß er euch Gehör geben will,
und daß euch alle billige Forderungen, die ihr machen könnt,
zugestanden werden sollen, ohne daß auch nur der blosse Gedanke,
daß ihr Feinde gewesen seyd, dagegen in Betracht kommen solle.
Mowbray.
Er hat uns gezwungen, ihm dieses Anerbieten abzudringen, welches
aus blosser Politik, nicht aus guter Meynung gemacht wird.
Westmorland.
Mowbray, ihr treibet die Einbildung zu weit, wenn ihr es so
aufnehmt. Dieses Anerbieten kommt aus Gnade, nicht aus Furcht.
Denn seht, dort, nah genug, um von euern Bliken erreicht zu werden,
ligt unser Heer, und, bey meiner Ehre! keine Seele in ihm, die
nicht den blossen Gedanken der Furcht verschmähe. Unsre Schlacht-
Ordnung hat mehr Männer von Namen als die eurige, unsre Leute sind
geübter in den Waffen, unsre Munition ist zum wenigsten eben so
stark, und unsre Sache die bessere. Wie könnte, bey solchen
Umständen, unser Herz schlechter seyn? Sagt also nicht, unser
Anerbieten sey abgedrungen.
Mowbray.
Gut, mit meinem Willen wird man sich in keine Unterhandlungen
einlassen.
Westmorland.
Das beweist nur die Schändlichkeit euers Vergehens; ein böser
Schade leidet kein Anrühren.
Hastings.
Hat der Prinz John Vollmacht von seinem Vater, sich auf alle
Bedingungen, worauf wir schlechterdings bestehen mögen, einzulassen,
und den Vergleich einzurichten, wie es ihm und uns gefallen mag?
Westmorland.
Das ligt in dem Namen unsers Generals; mich wundert, wie ihr eine
so überflüßige Frage thun möget.
York.
Wenn dieses ist, Milord von Westmorland, so nehmt dieses Papier; es
enthält alle unsre Beschwerungen: Wird allen hierinn erwähnten
Puncten abgeholfen, uns und allen unsern Anhängern, gegenwärtigen
und abwesenden, der Pardon in gehöriger Form ertheilt, und eine
vollständige Sicherheit unsrer Freyheit und unsers Eigenthums für's
Künftige gewähret werden; so sind wir bereit die Waffen
niederzulegen, und in unsre gesezmäßige Ordnung wieder einzutreten.
Westmorland.
Ich will es dem Feldherrn überbringen. Gefällt es euch, Milords,
so wollen wir im Gesicht unsrer beydseitigen Armeen wieder zusammen
kommen, um entweder die Sache gütlich zu enden, (welches der Himmel
geben wolle!) oder die Schwerdter sogleich herbeyzuruffen, die den
Ausschlag geben müssen.
York.
Wir sind es zufrieden, Milord.
(Westmorland geht ab.)

Dritte Scene.

Mowbray.
Es ist etwas in meinem Busen, das mir sagt, unser Friede werde
unter keinerley Bedingungen Bestand haben.
Hastings.
Besorget das nicht; wenn wir unsern Frieden unter so ausgedehnten
und vortheilhaften Bedingungen erhalten, als diejenige, worauf wir
schlechterdings bestehen wollen; so wird er so feste stehen, als
ein felsichtes Gebürge.
Mowbray.
Gut; aber alle diese Bedingungen werden uns doch nie das Zutrauen
des Königs geben; wir werden immer mit einem Auge beobachtet werden,
das voraus geneigt ist, uns schuldig zu finden; und die
schlechteste Ursache, der eitelste Schatten eines Verdachts wird
das Andenken dieser That wieder aufweken. Unsre künftige Treue mag
den flammenden Eifer der Märtyrer haben, sie wird doch immer zu
kalt befunden werden; und das argwöhnische Auge des Vorurtheils
wird in unsern Verdiensten selbst Entwürfe neuer Verbrechen sehen.
York.
Nein, nein Milord; glaubt mir, der König ist dieser allzugrossen
Schärfe und dieser nagenden Besorgnisse selbst überdrüßig; er hat
gefunden daß jeder Argwohn, dem er durch den Tod ein Ende macht,
zween Grössere in den Ueberlebenden erwekt. Er wird also seine
Schreibtafel rein auswischen, und, um seiner gegenwärtigen Ruhe
willen, die Erinnrung vergangner Unruhen von sich entfernt halten.
Denn er weiß allzuwol, daß er dieses Land nicht so genau ausjäten
kan, als seine argwöhnische Gemüthsart es wünschte. Seine Feinde
sind so sehr mit seinen Freunden zusammengewurzelt, daß er keinen
Feind ausreuten kan, ohne zugleich einen Freund zu entkräften. So
daß dieses Land, wie ein böses Weib, das seinen Mann so sehr
aufgebracht hat, ihr Schläge anzubieten, indem er schlagen will,
ihm sein Kind entgegen strekt, und dadurch die beschloßne
Züchtigung in seinem aufgehobnen Arm zurük hält.
Hastings.
Ueberdem hat der König an den neulichen Verbrechern alle seine
Ruthen abgenuzt, so daß es ihm izt sogar an Werkzeugen zur
Züchtigung fehlt; und seine Macht, wie ein Löwe dem die Klauen
benommen sind, zwar drohen, aber nicht fassen kan.
York.
Es ist in der That so; seyd also versichert, mein lieber Lord
Marschall, daß wenn wir mit dem König nur erst recht ausgesöhnt
sind, unser Frieden, wie ein gebrochnes Glied das wieder
eingerichtet worden, nur desto stärker werden soll.
Mowbray.
Ich wünsch' es. Hier kommt Milord von Westmorland zurük.
(Westmorland zu den Vorigen.)
Westmorland.
Der Prinz ist nicht weit von hier; gefällt es euch, Milords, mit
seiner Durchlaucht, in gleicher Entfernung von beyden Armeen
zusammen zu kommen?
Mowbray.
Milord von York, so gehet dann in Gottes Namen voran.
York.
Gehet ihr voran, und grüsset seine Durchlaucht: Milord, wir kommen.

Vierte Scene.
(Prinz John von Lancaster tritt auf.)

Lancaster.
Mir ist angenehm, mein Vetter Mowbray, euch hier anzutreffen; guten
Tag, mein lieber Lord Erzbischoff, und so euch, Lord Hastings, und
allen. Milord von York, ihr hattet ein weit bessers Ansehen, wenn
euch eure Heerde, von der Gloke versammelt, umzirkelte, voller
Ehrfurcht eure Erklärung des heiligen Texts anzuhören, als izt in
dieser Gestalt eines eisernen Mannes, in der ihr eine Rotte von
Aufrührern mit der Trummel aufreizet, um das Wort in Schwerdt, und
Leben in Tod zu verwandeln. Der Mann, der das Herz eines Monarchen
hat, und im Sonnenschein seiner Gewogenheit reift, wie viel Böses,
wenn er die Macht des Königs mißbrauchen wollte, wie viel Unheil
könnte er im Schatten eines solchen Ansehens anrichten? So ist es
mit euch bewandt, Lord Bischoff. Wer hat nicht davon gehört, wie
tief eure Einsicht in die Bücher des Himmels ist? In unsern Augen
seyd ihr der Sprecher in seinem Parlament; wir glauben die Stimme
des Himmels selbst zu hören, wenn wir euch hören; wir sehen euch
als den Canal an, durch den die Gnaden des Himmels zu uns fliessen,
und durch den wir ihm unsre Bitten vortragen. O! wer muß nicht
glauben, daß ihr das ehrwürdige Ansehen euers Amts mißbraucht, und
gleich einem treulosen Günstling, den Namen euers Fürsten zu
Ausübung böser Thaten gelten macht? Ihr habt unter einem
verstellten Eifer für die Sache Gottes, die Unterthanen seines
Statthalters, meines Vaters, aufgewigelt, und sie, beydes gegen den
Himmel und gegen ihn, in diesen Schwarm hier zusammen getrieben.
York.
Gnädigster Herr, ich bin nicht gegen euern Vater hier; sondern, wie
ich bereits dem Lord von Westmorland sagte, die Verwirrung dieser
Zeiten treibt uns zusammen, und gruppiert uns in diese ungeheure
Form, um unsre Sicherheit zu erhalten. Ich sandte Eu. Durchlaucht
die besondern Puncte, worinn wir uns beschwert befinden, und womit
wir bey Hofe mit Verachtung abgewiesen worden sind. Daher dieser
Aufstand, der durch Gewährung unsrer gerechten Forderungen
augenbliklich wieder gestillet werden kan, um zahm und unterwürfig
sich zu den Füssen der Majestät hinzulegen.
Mowbray.
Wo nicht, so sind wir bereit, unser Glük bis auf den lezten Mann zu
versuchen.
Westmorland.
Gefällt es Euer Durchlaucht, ihnen darauf zu antworten, in wie fern
ihr ihre Artikel genehmiget?
Lancaster.
Ich genehmige sie alle, und gestehe sie alle zu; und hier schwör
ich, bey dem ehrenvollen Blut von dem ich stamme, meines Vaters
Absichten sind mißgedeutet worden, und es sind einige um ihn, die
seinen Willen und seine Autorität mit einer übertriebnen Schärfe
gelten gemacht haben. Milord, diese Beschwerden sollen schleunig
gehoben werden, bey meinem Leben! sie sollen. Wenn ihr hiemit
zufrieden seyd, so entlaßt eure Truppen, wie wir mit den unsrigen
thun werden; und laßt uns hier zwischen beyden Heeren uns umarmen,
und auf unsre wiederhergestellte Freundschaft trinken, damit ihrer
allen Augen diese Pfänder unsrer Aussöhnung mit nach Hause tragen
mögen.
York.
Ich nehme euer Fürstliches Wort für die Abstellung dieser
Beschwerden.
Lancaster.
Ich geb' es euch, und will es behaupten; und hiemit trink ich Eu.
Gnaden zu.
Hastings (zu Coleville.)
Geh, Hauptmann, und kündige der Armee diese Friedens-Zeitung an;
laß sie ihren Sold haben und gehen; ich weiß, es wird ihnen
angenehm seyn. Beschleunige dich, Hauptmann.
(Coleville geht ab.)
York.
Auf euer Wohlseyn, Milord von Westmorland.
Westmorland.
Ich werde Eu. Gnaden Bescheid thun, und wenn ihr wißtet, wie viele
Mühe ich angewandt habe, diesen Frieden zu Stande zu bringen, ihr
würdet desto muntrer trinken; aber ich werde künftig Anlas haben,
euch meine Freundschaft deutlicher zu zeigen.
York.
Ich seze keine Zweifel in sie.
Westmorland.
Es erfreut mich. Auf eure Gesundheit, Milord und Vetter Mowbray.
Mowbray.
Die Gesundheit die ihr mir wünscht, käme sehr gelegen, denn es wird
mir plözlich etwas übel.
York.
Vor schlimmen Zufällen sind die Menschen gemeiniglich munter, und
Bangigkeit ist oft der Vorbote einer glüklichen Begebenheit.
Westmorland.
Seyd also munter, Vetter, weil diese plözlichen Anstösse von
Bangigkeit von so glüklicher Bedeutung sind.
York.
Glaubt mir, es ist mir ungemein leicht ums Herz.
Mowbray.
Desto schlimmer, wenn eure eigne Regel wahr ist.
(Man hört ein Freuden-Geschrey.)
Lancaster.
Der Friede ist angekündigt; horcht! wie sie froloken.
Mowbray.
Nach einem Sieg würde das angenehm getönt haben.
York.
Ein Frieden ist die glüklichste Art von Erobrung; beyde Theile sind
dann überwunden, und keiner verliehrt.
Lancaster (zu Westmorland.)
Geht, Milord, und entlaßt auch unsre Armee.
(Westmorland geht ab.)
Und wenn es euch gefällt, mein lieber Lord, so wollen wir die
Truppen bey uns vorbeyziehen lassen, damit wir sehen, mit was für
Leuten wir uns hätten messen sollen.
York.
Geht, Lord Hastings, und laßt sie hier vorbey ziehen, eh sie
auseinander gehen.
(Hastings geht ab.)
Lancaster.
Ich hoffe, Milords, wir werden diese Nacht beysammen ligen.

Fünfte Scene.
(Westmorland kommt zurük.)

Lancaster.
Nun, Vetter, warum bleibt unsre Armee stehen?
Westmorland.
Die Officiers, welche den Befehl, Stand zu halten, aus Eu.
Durchlaucht Mund haben, wollen nicht gehen, bis sie den Befehl dazu
von Euch selbst bekommen würden.
Lancaster.
Sie kennen ihre Schuldigkeit. (Hastings kommt zurük.)
Hastings.
Milord, unsre Armee ist bereits zerstreut: Gleich jungen noch
unbejochten Stieren rennten sie gegen Ost, West, Süd und Nord davon;
oder wie, wenn die Schule aus ist, die Schul-Jungens in wimmelndem
Gedräng hervor stürmen, und jeder seinem Haus oder seinem Spielplaz
zuspringt.
Westmorland.
Eine gute Zeitung, Milord Hastings, für welche ich dich, Verräther,
und euch, Lord Erzbischoff, und euch, Lord Mowbray, sämtlich als
des Hochverraths schuldig in Verhaft nehme.
Mowbray.
Ist das ein erlaubtes und rechtschaffnes Verfahren?
Westmorland.
War es euer Aufstand?
York.
Brecht ihr eure Treue so?
Lancaster.
Ich versprach euch keine; ich versprach euch, daß diesen
Beschwerden abgeholfen werden sollte, worüber ihr klagtet, und bey
meiner Ehre, ich will es mit der christlichen Sorgfalt halten. Ihr
aber, Empörer, empfangt den Lohn eurer Thaten. Der Ausgang eurer
thörichten Unternehmung entspricht der Unbesonnenheit ihres Anfangs--
Laßt unsre Trummeln rühren, verfolgt die zerstreuten Flüchtlinge,
der Himmel, nicht wir, hat an diesem Tag einen unblutigen Sieg für
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