Geschichte des Agathon. Teil 1 - 21
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niederträchtigen, so häßlichen Tat, (wie diese in seinen Augen war) konnte
sich sein Herz nicht entschließen. Die Tugend selbst, welcher er seine
eigene Befriedigung aufzuopfern bereit war, konnte ein so undankbares und
grausames Verfahren nicht gut heißen--Wir überlassen es der Entscheidung
kalter Sitten-Lehrer: ob die Tugend das konnte, oder nicht; aber unser
Held war von dem letztern so lebhaft überzeugt, daß er, anstatt auf Gründe
zu denken, womit er die Sophistereien der Liebe hätte vernichten können,
in vollem Ernst auf Mittel bedacht war, das Interesse seines Herzens und
die Tugend, welche ihm nicht unverträglich zu sein schienen, auf immer mit
einander zu vereinigen.
Die zärtliche Danae hatte inzwischen, wie leicht zu erachten ist, die
Veränderung, welche in der Seele unsers Helden vorgegangen war, im ersten
Augenblick, da sie merklich wurde, wahrgenommen. Allein die gute Danae
war weit entfernt, seinem Herzen die Schuld davon zu geben; sie betrog
sich selbst über die wahre Ursache, und glaubte, daß die Veränderung des
Orts, und vielleicht eine kleine Entfernung, ihm in kurzem alle die
Lebhaftigkeit der Empfindung wieder geben würde, die er verloren zu haben
schien. Die Wiederkehr in die Stadt, wo sie einander nicht immer sehen
würden, wo ihre Liebe sich zu verbergen genötigt sein, und dadurch den
Reiz eines geheimen Verständnisses erhalten würde, die Zerstreuungen des
Stadt-Lebens, die Gesellschaft, die Lustbarkeiten, würden ihn (glaubte
sie) bald genug wieder so feuerig als jemals wieder in ihre Arme führen.
Sie überredete ihn also, mit ihr nach Smyrna zurückzugehen, obgleich die
schöne Jahrs-Zeit noch nicht ganz zu Ende war. Hier wußte sie, (ohne daß
es schien, daß sie Hand dabei habe,) eine Menge Gelegenheiten zu
veranstalten, wodurch sie einander seltner wurden; wenn sie sich wieder
allein befanden, flog sie ihm zwar eben so zärtlich in die Arme, als
ehemals; aber sie vermied alles, was zu jener allzuwollüstigen Berauschung
(in welche sie ihn, wenn sie wollte, durch einen einzigen Blick setzen
konnte) geführt hätte, und tat es mit einer so guten Art, daß er keinen
besondern Vorsatz dabei gewahr werden konnte: Kurz, sie wußte die
feurigste Liebe unvermerkt so geschickt in die zärtlichste Freundschaft zu
verwandeln, daß Agathon, welcher weder Kunst noch Absicht unter ihrem
Betragen argwohnte, ganz treuherzig in die Schlinge fiel, und in kurzem
wieder so zärtlich und dringend wurde, als ob er erst anfangen müßte, sich
um ihr Herz zu bewerben. Zwar war es nicht in ihrer Gewalt, ihm diese
Begeisterung mit allem ihrem zauberischen Gefolge wieder zu geben, welche,
wenn sie einmal verschwunden ist, nicht wieder zu kommen pflegt; aber die
Lebhaftigkeit, womit ihre Reizungen auf seine Sinnen, und die Empfindungen
der Dankbarkeit und Freundschaft auf sein Herz würkten, brachten doch
ungefähr die nämliche Phänomena hervor; und da man gewohnt ist, gleiche
Würkungen gleichen Ursachen zu zuschreiben, so ist es nicht unbegreiflich,
wie beide sich eine Zeitlang hierin betrügen konnten, ohne nur zu vermuten,
daß sie betrogen würden.
Es ist sehr zu vermuten, daß es bei dieser schlauen Mäßigung, wodurch die
schöne Danae die Folgen ihrer vorigen Unvorsichtigkeit wieder gut zu
machen wußte, um unsern Helden geschehen gewesen wäre; und daß seine
Tugend unter diesem zweifelhaften Streit mit seiner Leidenschaft, bei
welchem wechselsweise bald die eine, bald die andere die Oberhand behielt,
endlich gefällig genug worden wäre, sich mit ihrer schönen Feindin in
einen vielleicht nicht allzurühmlichen Vergleich einzulassen, und die
Glückseligkeit der liebenswürdigen Danae dadurch auf immer sicher zu
stellen; wenn nicht der unglücklichste Zufall, der ihr mit einem so
sonderbaren Mann, als Agathon war, nur immer begegnen konnte, sie auf
einmal mit seiner Hochachtung alles dessen beraubt hätte, was sie noch im
Besitz seines Herzens erhalten hatte. Eine einst geliebte Person behält
(auch wenn das Fieber der Liebe vorbei ist) noch immer eine große Gewalt
über unser Herz, so lange sie unsere Hochachtung nicht verloren hat.
Agathon war zu edelmütig, die schöne Danae für die Schwachheit, welche sie
gegen ihn gehabt hatte, (das einzige, was die Hochachtung hätte vermindern
können, welche sie durch so viele schöne Eigenschaften des Geistes und des
Herzens verdiente,) dadurch zu bestrafen, daß er ihr deswegen nur das
mindeste von der seinigen entzogen hätte. Aber so bald es dahin gekommen
war, daß er sich in seiner Meinung von ihrem Charakter und moralischen
Werte betrogen zu haben glaubte; so bald er sich gezwungen sah, sie zu
verachten; hörte sie auf, Danae für ihn zu sein; und durch eine ganz
natürliche Folge wurde er in dem nämlichen Augenblick wieder Agathon.
sich sein Herz nicht entschließen. Die Tugend selbst, welcher er seine
eigene Befriedigung aufzuopfern bereit war, konnte ein so undankbares und
grausames Verfahren nicht gut heißen--Wir überlassen es der Entscheidung
kalter Sitten-Lehrer: ob die Tugend das konnte, oder nicht; aber unser
Held war von dem letztern so lebhaft überzeugt, daß er, anstatt auf Gründe
zu denken, womit er die Sophistereien der Liebe hätte vernichten können,
in vollem Ernst auf Mittel bedacht war, das Interesse seines Herzens und
die Tugend, welche ihm nicht unverträglich zu sein schienen, auf immer mit
einander zu vereinigen.
Die zärtliche Danae hatte inzwischen, wie leicht zu erachten ist, die
Veränderung, welche in der Seele unsers Helden vorgegangen war, im ersten
Augenblick, da sie merklich wurde, wahrgenommen. Allein die gute Danae
war weit entfernt, seinem Herzen die Schuld davon zu geben; sie betrog
sich selbst über die wahre Ursache, und glaubte, daß die Veränderung des
Orts, und vielleicht eine kleine Entfernung, ihm in kurzem alle die
Lebhaftigkeit der Empfindung wieder geben würde, die er verloren zu haben
schien. Die Wiederkehr in die Stadt, wo sie einander nicht immer sehen
würden, wo ihre Liebe sich zu verbergen genötigt sein, und dadurch den
Reiz eines geheimen Verständnisses erhalten würde, die Zerstreuungen des
Stadt-Lebens, die Gesellschaft, die Lustbarkeiten, würden ihn (glaubte
sie) bald genug wieder so feuerig als jemals wieder in ihre Arme führen.
Sie überredete ihn also, mit ihr nach Smyrna zurückzugehen, obgleich die
schöne Jahrs-Zeit noch nicht ganz zu Ende war. Hier wußte sie, (ohne daß
es schien, daß sie Hand dabei habe,) eine Menge Gelegenheiten zu
veranstalten, wodurch sie einander seltner wurden; wenn sie sich wieder
allein befanden, flog sie ihm zwar eben so zärtlich in die Arme, als
ehemals; aber sie vermied alles, was zu jener allzuwollüstigen Berauschung
(in welche sie ihn, wenn sie wollte, durch einen einzigen Blick setzen
konnte) geführt hätte, und tat es mit einer so guten Art, daß er keinen
besondern Vorsatz dabei gewahr werden konnte: Kurz, sie wußte die
feurigste Liebe unvermerkt so geschickt in die zärtlichste Freundschaft zu
verwandeln, daß Agathon, welcher weder Kunst noch Absicht unter ihrem
Betragen argwohnte, ganz treuherzig in die Schlinge fiel, und in kurzem
wieder so zärtlich und dringend wurde, als ob er erst anfangen müßte, sich
um ihr Herz zu bewerben. Zwar war es nicht in ihrer Gewalt, ihm diese
Begeisterung mit allem ihrem zauberischen Gefolge wieder zu geben, welche,
wenn sie einmal verschwunden ist, nicht wieder zu kommen pflegt; aber die
Lebhaftigkeit, womit ihre Reizungen auf seine Sinnen, und die Empfindungen
der Dankbarkeit und Freundschaft auf sein Herz würkten, brachten doch
ungefähr die nämliche Phänomena hervor; und da man gewohnt ist, gleiche
Würkungen gleichen Ursachen zu zuschreiben, so ist es nicht unbegreiflich,
wie beide sich eine Zeitlang hierin betrügen konnten, ohne nur zu vermuten,
daß sie betrogen würden.
Es ist sehr zu vermuten, daß es bei dieser schlauen Mäßigung, wodurch die
schöne Danae die Folgen ihrer vorigen Unvorsichtigkeit wieder gut zu
machen wußte, um unsern Helden geschehen gewesen wäre; und daß seine
Tugend unter diesem zweifelhaften Streit mit seiner Leidenschaft, bei
welchem wechselsweise bald die eine, bald die andere die Oberhand behielt,
endlich gefällig genug worden wäre, sich mit ihrer schönen Feindin in
einen vielleicht nicht allzurühmlichen Vergleich einzulassen, und die
Glückseligkeit der liebenswürdigen Danae dadurch auf immer sicher zu
stellen; wenn nicht der unglücklichste Zufall, der ihr mit einem so
sonderbaren Mann, als Agathon war, nur immer begegnen konnte, sie auf
einmal mit seiner Hochachtung alles dessen beraubt hätte, was sie noch im
Besitz seines Herzens erhalten hatte. Eine einst geliebte Person behält
(auch wenn das Fieber der Liebe vorbei ist) noch immer eine große Gewalt
über unser Herz, so lange sie unsere Hochachtung nicht verloren hat.
Agathon war zu edelmütig, die schöne Danae für die Schwachheit, welche sie
gegen ihn gehabt hatte, (das einzige, was die Hochachtung hätte vermindern
können, welche sie durch so viele schöne Eigenschaften des Geistes und des
Herzens verdiente,) dadurch zu bestrafen, daß er ihr deswegen nur das
mindeste von der seinigen entzogen hätte. Aber so bald es dahin gekommen
war, daß er sich in seiner Meinung von ihrem Charakter und moralischen
Werte betrogen zu haben glaubte; so bald er sich gezwungen sah, sie zu
verachten; hörte sie auf, Danae für ihn zu sein; und durch eine ganz
natürliche Folge wurde er in dem nämlichen Augenblick wieder Agathon.
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