Die Piccolomini - 2

Total number of words is 3703
Total number of unique words is 1450
39.4 of words are in the 2000 most common words
53.3 of words are in the 5000 most common words
58.2 of words are in the 8000 most common words
Each bar represents the percentage of words per 1000 most common words.
Die sind es nicht, die das Beglückende,
Das ruhig, mächtig Dauernde erzeugen.
In Hast und Eile bauet der Soldat
Von Leinwand seine leichte Stadt, da wird
Ein augenblicklich Brausen und Bewegen,
Der Markt belebt sich, Straßen, Flüsse sind
Bedeckt mit Fracht, es rührt sich das Gewerbe.
Doch eines Morgens plötzlich siehet man
Die Zelte fallen, weiter rückt die Horde,
Und ausgestorben, wie ein Kirchhof, bleibt
Der Acker, das zerstampfte Saatfeld liegen,
Und um des Jahres Ernte ist's getan.
Max.
Oh! laß den Kaiser Friede machen, Vater!
Den blut'gen Lorbeer geb ich hin mit Freuden
Fürs erste Veilchen, das der März uns bringt,
Das duftige Pfand der neuverjüngten Erde.
Octavio.
Wie wird dir? Was bewegt dich so auf einmal?
Max.
Ich hab den Frieden nie gesehn?--Ich hab ihn
Gesehen, alter Vater , eben komm ich--
Jetzt eben davon her--er führte mich
Der Weg durch Länder, wo der Krieg nicht
hingekommen--oh! das Leben, Vater,
Hat Reize, die wir nie gekannt.--Wir haben
Des schönen Lebens öde Küste nur
Wie ein umirrend Räubervolk befahren,
Das, in sein dumpfig-enges Schiff gepreßt,
Im wüsten Meer mit wüsten Sitten haust,
Vom großen Land nichts als die Buchten kennt,
Wo es die Diebeslandung wagen darf.
Was in den innern Tälern Köstliches
Das Land verbirgt, oh! davon--davon ist
Auf unsrer wilden Fahrt uns nichts erschienen.
Ocatvio. (wird aufmerksam)
Und hätt' es diese Reise dir gezeigt?
Max.
Es war die erste Muße meines Lebens.
Sag mir, was ist der Arbeit Ziel und Preis,
Der peinlichen, die mir die Jugend stahl,
Das Herz mir öde ließ und unerquickt
Den Geist, den keine Bildung noch geschmücket?
Denn dieses Lagers lärmendes Gewühl,
Der Pferde Wiehern, der Trompete Schmettern,
Des Dienstes immer gleichgestellte Uhr,
Die Waffenübung, das Kommandowort--
Dem Herzen gibt es nichts, dem lechzenden.
Die Seele fehlt dem nichtigen Geschäft--
Es gibt ein andres Glück und andre Freuden.
Octavio.
Viel lerntest du auf diesem kurzen Weg, mein Sohn!
Max.
O schöner Tag! wenn endlich der Soldat
Ins Leben heimkehrt, in die Menschlichkeit,
Zum frohen Zug die Fahnen sich entfalten,
Und heimwärts schlägt der sanfte Friedensmarsch.
Wenn alle Hüte sich und Helme schmücken
Mit grünen Maien, dem letzten Raub der Felder!
Der Städte Tore gehen auf, von selbst,
Nicht die Petarde braucht sie mehr zu sprengen;
Von Menschen sind die Wälle rings erfüllt,
Von friedlichen, die in die Lüfte grüßen--
Hell klingt von allen Türmen das Geläut,
Des blut'gen Tages frohe Vesper schlagend.
Aus Dörfern und aus Städten wimmelnd strömt
Ein jauchzend Volk, mit liebend emsiger
Zudringlichkeit des Heeres Fortzug hindernd--
Da schüttelt, froh des noch erlebten Tags,
Dem heimgekehrten Sohn der Greis die Hände.
Ein Fremdling tritt er in sein Eigentum,
Das längstverlaßne, ein; mit breiten Ästen
Deckt ihn der Baum bei seiner Wiederkehr,
Der sich zur Gerte bog, als er gegangen,
Und schamhaft tritt als Jungfrau ihm entgegen,
Die er einst an der Amme Brust verließ.
Oh! glücklich, wem dann auch sich eine Tür,
Sich zarte Arme sanft umschlingend öffnen--
Questenberg. (gerührt)
Oh! daß Sie von so ferner, ferner Zeit,
Und nicht von morgen, nicht von heute sprechen!
Max. (mit Heftigkeit sich zu ihm wendend)
Wer sonst ist schuld daran als ihr in Wien?--
Ich will's nur frei gestehen, Questenberg!
Als ich vorhin Sie stehen sah, es preßte
Der Unmut mir das Innerste zusammen--
Ihr seid es, die den Frieden hinder, ihr!
Der Krieger ist's, der ihn erzwingen muß.
Dem Fürsten macht ihr's Leben sauer, macht
Ihm alle Schritte schwer, ihr schwärzt ihn an--
Warum? Weil an Europas großem Besten
Ihm mehr liegt als an ein paar Hufen Landes,
Die Östreich mehr hat oder weniger--
Ihr macht ihn zum Empörer und, Gott weiß!
Zu was noch mehr, weil er die Sachsen schont,
Beim Feind Vertrauen zu erwecken sucht,
Das doch der einz'ge Weg zum Frieden ist;
Denn hört der Krieg im Kriege nicht schon auf,
Woher soll Friede kommen?--Geht nur, geht!
Wie ich das Gute liebe, haß ich euch--
Und hier gelob ich's an, verspritzen will ich
Für ihn, für diesen Wallenstein, mein Blut,
Das letzte meines Herzens, tropfenweis, eh' daß
Ihr über seinen Fall frohlocken sollt!
(Er geht ab.)

Fünfter Auftritt
Questenberg. Octavio Piccolomini.

Questenberg.
O weh uns! Steht es so?
(Dringend und ungeduldig.)
Freund, und wir lassen ihn in diesem Wahn
Dahingehn, rufen ihn nicht gleich
Zurück, daß wir die Augen auf der Stelle
Ihm öffnen?
Octavio. (aus einem tiefen Nachdenken zu sich kommend)
Mir hat er sie jetzt geöffnet,
Und mehr erblick ich, als mich freut.
Questenberg.
Was ist es, Freund?
Octavio.
Fluch über diese Reise!
Questenberg.
Wieso! Was ist es?
Octavio.
Kommen Sie! Ich muß
Sogleich die unglückselige Spur verfolgen,
Mit meinen Augen sehen--Kommen Sie--
(Will ihn fortführen.)
Questenberg.
Was denn? Wohin?
Octavio. (pressiert)
Zu ihr!
Questenberg.
Zu--
Octavio. (korrigiert sich)
Zum Herzog! Gehn wir. Oh! ich fürchte alles.
Ich seh' das Netz geworfen über ihn,
Er kommt mir nicht zurück, wie er gegangen.
Questenberg.
Erklären Sie mir nur--
Octavio.
Und konnt' ich's nicht
Vorhersehn? Nicht die Reise hintertreiben?
Warum verschwieg ich's ihm?--Sie hatten recht,
Ich mußt' ihn warnen--Jetzo ist's zu spät.
Questenberg.
Was ist zu spät? Besinnen Sie sich, Freund,
Daß Sie in lauter Rätseln zu mir reden.
Octavio. (gefaßter).
Wir gehn zum Herzog. Kommen Sie. Die Stunde
Rückt auch heran, die er zur Audienz
Bestimmt hat. Kommen Sie!--
Verwünscht! dreimal verwünscht sei diese Reise!
(Er führt ihn weg. Der Vorhang fällt.)


Zweiter Aufzug
Saal beim Herzog von Friedland

Erster Auftritt
Bediente setzen Stühle und breiten Fußteppiche aus. Gleich
darauf Seni, der Astrolog, wie ein italienischer Doktor
schwarz und etwas phantastisch gekleidet. Er tritt in die
Mitte des Saals, ein weißes Stäbchen in der Hand, womit er
die Himmelsgegenden bezeichnet.

Bedienter. (mit einem Rauchfaß herumgehend)
Greift an! Macht, daß ein Ende wird! Die Wache
Ruft ins Gewehr. Sie werden gleich erscheinen.
Zweiter Bedienter.
Warum denn aber ward die Erkerstube,
Die rote, abbestellt, die doch so leuchtet?
Erster Bedienter.
Da frag den Mathematikus. Der sagt,
Es sei ein Unglückszimmer.
Zweiter Bedienter.
Narrenspossen!
Das heißt die Leute scheren. Saal ist Saal.
Was kann der Ort viel zu bedeuten haben?
Seni. (mit Gravität)
Mein Sohn! Nichts in der Welt ist unbedeutend.
Das Erste aber und Hauptsächlichste
Bei allem ird'schen Ding ist Ort und Stunde.
Dritter Bedienter.
Laß dich mit dem nicht ein, Nathanael.
Muß ihm der Herr doch selbst den Willen tun.
Seni. (zählt die Stühle)
Eilf! Eine böse Zahl. Zwölf Stühle setzt,
Zwölf Zeichen hat der Tierkreis; Fünf und Sieben,
Die heil'gen Zahlen, liegen in der Zwölfe.
Zweiter Bedienter.
Was habt Ihr gegen Eilf? Das laßt mich wissen.
Seni.
Eilf ist die Sünde. Eilfe überschreitet
Die zehn Gebote.
Zweiter Bedienter.
So? Und warum nennt Ihr
Die Fünfe eine heil'ge Zahl?
Seni.
Fünf ist
Des Menschen Seele. Wie der Mensch aus Gutem
Und Bösem ist gemischt, so ist die Fünfe
Die erste Zahl aus Grad' und Ungerade.
Erster Bedienter.
Der Narr!
Dritter Bedienter.
Ei, laß ihn doch! Ich hör ihm gerne zu,
Denn mancherlei doch denkt sich bei den Worten.
Zweiter Bedienter.
Hinweg! Sie kommen! Da! zur Seitentür hinaus.
(Sie eilen fort. Seni folgt langsam.)

Zweiter Auftritt
Wallenstein. Die Herzogin.

Wallenstein.
Nun, Herzogin? Sie haben Wien berührt,
Sich vorgestellt der Königin von Ungarn?
Herzogin.
Der Kaiserin auch. Bei beiden Majestäten
Sind wir zum Handkuß zugelassen worden.
Wallenstein.
Wie nahm man's auf, daß ich Gemahlin, Tochter
Zu dieser Winterszeit ins Feld beschieden?
Herzogin.
Ich tat nach Ihrer Vorschrift, führte an,
Sie hätten über unser Kind bestimmt
Und möchten gern dem künftigen Gemahl
Noch vor dem Feldzug die Verlobte zeigen.
Wallenstein.
Mutmaßte man die Wahl, die ich getroffen?
Herzogin.
Man wünschte wohl, sie möch' auf keinen fremden
Noch lutherischen Herrn gefallen sein.
Wallenstein.
Was wünschen Sie , Elisabeth?
Herzogin.
Ihr Wille, wissen Sie, war stets der meine.
Wallenstein. (nach einer Pause)
Nun--Und wie war die Aufnahm' sonst am Hofe?
(Herzogin schlägt die Augen nieder und schweigt.)
Verbergen Sie mir nichts--Wie war's damit?
Herzogin.
Oh! mein Gemahl--Es ist nicht alles mehr
Wie sonst--Es ist ein Wandel vorgegangen.
Wallenstein.
Wie? Ließ man's an der alten Achtung fehlen?
Herzogin.
Nicht an der Achtung. Würdig und voll Anstand
War das Benehmen--aber an die Stelle
Huldreich vertraulicher Herablassung
War feierliche Förmlichkeit getreten.
Ach! und die zarte Schonung, die man zeigte,
Sie hatte mehr vom Mitleid als der Gunst.
Nein! Herzog Albrechts fürstliche Gemahlin,
Graf Harrachs edle Tochter, hätte so--
Nicht eben so empfangen werden sollen!
Wallenstein.
Man schalt gewiß mein neuestes Betragen?
Herzogin.
O hätte man's getan!--Ich bin's von lang her
Gewohnt, Sie zu entschuldigen, zufrieden
Zu sprechen die entrüsteten Gemüter--
Nein, niemand schalt Sie--Man verhüllte sich
In ein so lastend feierliches Schweigen.
Ach! hier ist kein gewöhnlich Mißverständnis, keine
Vorübergehende Empfindlichkeit--
Etwas unglücklich, unersetzliches ist
Geschehn--Sonst pflegte mich die Königin
Von Ungarn immer ihre liebe Muhme
Zu nennen, mich beim Abschied zu umarmen.
Wallenstein.
Jetzt unterließ sie's?
Herzogin. (ihre Tränen trocknend, nach einer Pause)
Sie umarmte mich,
Doch erst, als ich den Urlaub schon genommen, schon
Der Türe zuging, kam sie auf mich zu,
Schnell, als besänne sie sich erst, und drückte
Mich an den Busen, mehr mit schmerzlicher
Als zärtlicher Bewegung.
Wallenstein. (ergreift ihre Hand)
Fassen Sie sich!--
Wie war's mit Eggenberg, mit Lichtenstein
Und mit den andern Freunden?
Herzogin. (den Kopf schüttelnd)
Keinen sah ich.
Wallenstein.
Und der hispanische Conte Ambassador,
Der sonst so warm für mich zu sprechen pflegte?
Herzogin.
Er hatte keine Zunge mehr für Sie.
Wallenstein.
Die Sonnen also scheinen uns nicht mehr,
Fortan muß eignes Feuer uns erleuchten.
Herzogin.
Und wär' es? Teurer Herzog, wär's an dem,
Was man am Hofe leise flüstert, sich
Im Lande laut erzählt--was Pater Lamormain
Durch einige Winke--
Wallenstein. (schnell)
Lamormain! Was sagt der?
Herzogin.
Man zeihe Sie verwegner Überschreitung
Der anvertrauten Vollmacht, freventlicher
Verhöhnung höchster, kaiserlicher Befehle.
Die Spanier, der Bayern stolzer Herzog
Stehen auf als Kläger wider Sie--
Ein Ungewitter zieh' sich über Ihnen
Zusammen, noch weit drohender als jenes,
Das Sie vordem zu Regenspurg gestürzt.
Man spreche, sagt er--ach! ich kann's nicht sagen--
Wallenstein. (gespannt). Nun?
Herzogin.
Von einer zweiten--
(Sie stockt.)
Wallenstein.
Zweiten--
Herzogin.
Schimpflichern
--Absetzung.
Wallenstein.
Spricht man?
(Heftig bewegt durch das Zimmer gehend.)
Oh! sie zwingen mich, sie stoßen
Gewaltsam, wider meinen Willen, mich hinein.
Herzogin. (sich bittend an ihn schmiegend)
Oh! wenn's noch Zeit ist, mein Gemahl--Wenn es
Mit Unterwerfung, mit Nachgiebigkeit
Kann abgewendet werden--Geben Sie nach--
Gewinnen Sie's dem stolzen Herzen ab,
Es ist Ihr Herr und Kaiser, dem Sie weichen.
Oh! lassen Sie es länger nicht geschehn,
Daß hämische Bosheit Ihre gute Absicht
Durch giftige, verhaßte Deutung schwärze.
Mit Siegeskraft der Wahrheit stehen Sie auf,
Die Lügner, die Verleumder zu beschämen.
Wir haben so der guten Freunde wenig.
Sie wissen's! Unser schnelles Glück hat uns
Dem Haß der Menschen bloßgestellt--Was sind wir,
Wann kaiserliche Huld sich von uns wendet!

Dritter Auftritt
Gräfin Terzky, welche die Prinzessin Thekla an der
Hand führt, zu den Vorigen.

Gräfin.
Wie, Schwester? Von Geschäften schon die Rede
Und, wie ich seh, nicht von erfreulichen,
Eh' er noch seines Kindes froh geworden?
Der Freude gehört der erste Augenblick.
Hier, Vater Friedland! das ist deine Tochter!
(Thekla nähert sich ihm schüchtern und will sich auf seine
Hand beugen; er empfängt sie in seinen Armen und bleibt
einige Zeit in ihrem Anschauen verloren stehen.)
Wallenstein.
Ja! Schön ist mir die Hoffnung aufgegangen.
Ich nehme sie zum Pfande größern Glücks.
Herzogin.
Ein zartes Kind noch war sie, als Sie gingen,
Das große Heer dem Kaiser aufzurichten.
Hernach, als Sie vom Feldzug heimgekehrt
Aus Pommern, war die Tochter schon im Stifte,
Wo sie geblieben ist bis jetzt.
Wallenstein.
Indes
Wir hier im Feld gesorgt, sie groß zu machen,
Das höchste Irdische ihr zu erfechten,
Hat Mutter Natur in stillen Klostermauern
Das Ihrige getan, dem lieben Kind
Aus freier Gunst das Göttliche gegeben
Und führt sie ihrem glänzenden Geschick
Und meiner Hoffnung schön geschmückt entgegen.
Herzogin. (zur Prinzessin)
Du hättest deinen Vater wohl nicht wieder
Erkannt, mein Kind? Kaum zähltest du acht Jahre,
Als du sein Angesicht zuletzt gesehn.
Thekla.
Doch, Mutter, auf den ersten Blick--mein Vater
Hat nicht gealtert--Wie sein Bild in mir gelebt,
So steht er blühend jetzt vor meinen Augen.
Wallenstein. (zur Herzogin)
Das holde Kind! Wie fein bemerkt und wie
Verständig! Sieh, ich zürnte mit dem Schicksal,
Daß mir's den Sohn versagt, der meines Namens
Und meines Glückes Erbe könnte sein,
In einer stolzen Linie von Fürsten
Mein schnell verlöschtes Dasein weiter leiten.
Ich tat dem Schicksal Unrecht. Hier auf dieses
Jungfräulich blühende Haupt will ich den Kranz
Des kriegerischen Lebens niederlegen;
Nicht für verloren acht ich's, wenn ich's einst,
In einen königlichen Schmuck verwandelt,
Um diese schöne Stirne flechten kann.
(Er hält sie in seinen Armen, wie Piccolomini hereintritt.)

Vierter Auftritt
Max Piccolomini und bald darauf Graf Terzky zu den Vorigen.

Gräfin.
Da kommt der Paladin, der uns beschützte.
Wallenstein.
Sei mir willkommen, Max. Stets warst du mir
Der Bringer irgendeiner schönen Freude,
Und, wie das glückliche Gestirn des Morgens,
Führst du die Lebenssonne mir herauf.
Max.
Mein General--
Wallenstein.
Bis jetzt war es der Kaiser,
Der dich durch meine Hand belohnt. Heut hast du
Den Vater dir, den glücklichen, verpflichtet,
Und diese Schuld muß Friedland selbst bezahlen.
Max.
Mein Fürst! Du eiltest sehr, sie abzutragen.
Ich komme mit Beschämung, ja mit Schmerz;
Denn kaum bin ich hier angelangt, hab Mutter
Und Tochter deinen Armen überliefert,
So wird aus deinem Marstall, reich geschirrt,
Ein prächt'ger Jagdzug mir von dir gebracht,
Für die gehabte Müh' mich abzulohnen.
Ja, ja, mich abzulohnen. Eine Müh',
Ein Amt bloß war's! Nicht eine Gunst, für die
Ich's vorschnell nahm und dir schon volles Herzens
Zu danken kam--Nein, so war's nicht gemeint,
Daß mein Geschäft mein schönstes Glück sein sollte!
(Terzky tritt herein und übergibt dem Herzog Briefe, welche
dieser schnell erbricht.)
Gräfin. (zu Max)
Belohnt er Ihre Mühe? Seine Freude
Vergilt er Ihnen. Ihnen steht es an,
So zart zu denken; meinem Schwager ziemt's,
Sich immer groß und fürstlich zu beweisen.
Thekla.
So müßt' auch ich an seiner Liebe zweifeln,
Denn seine gütigen Hände schmückten mich,
Noch eh' das Herz des Vaters mir gesprochen.
Max.
Ja, er muß immer geben und beglücken!
(er ergreift der Herzogin Hand, mit steigender Wärme.)
Was dank ich ihm nicht alles--oh! was sprech ich
Nicht alles aus in diesem teuren Namen Friedland!
Zeitlebens soll ich ein Gefangner sein
Von diesem Namen--darin blühen soll
Mir jedes Glück und jede schöne Hoffnung--
Fest, wie in einem Zauberringe, hält
Das Schicksal mich gebannt in diesem Namen.
Gräfin. (welche unterdessen den Herzog sorgfältig beobachtet,
bemerkt, daß er bei den Briefen nachdenkend geworden).
Der Bruder will allein sein. Laßt uns gehen.
Wallenstein. (wendet sich schnell um, faßt sich und spricht
heiter zur Herzogin.)
Noch einmal, Fürstin, heiß ich Sie im Feld willkommen.
Sie sind die Wirtin dieses Hofs--Du, Max,
Wirst diesmal noch dein altes Amt verwalten,
Indes wir hier des Herrn Geschäfte treiben.
(Max Piccolomini bietet der Herzogin den Arm, Gräfin führt die
Prinzessin ab.)
Terzky. (ihm nachrufend)
Versäumt nicht, der Versammlung beizuwohnen.

Fünfter Auftritt
Wallenstein. Terzky.

Wallenstein. (in tiefem Nachdenken zu sich selbst)
Sie hat ganz recht gesehn--So ist's und stimmt
Vollkommen zu den übrigen Berichten--
Sie haben ihren letzten Schluß gefaßt
In Wien, mir den Nachfolger schon gegeben.
Der Ungarn König ist's, der Ferdinand,
Des Kaisers Söhnlein, der ist jetzt ihr Heiland,
Das neu aufgehende Gestirn! Mit uns
Gedenkt man fertig schon zu sein, und wie
Ein Abgeschiedner sind wir schon beerbet.
Drum keine Zeit verloren!
(Indem er sich umwendet, bermerkt er den Terzky und gibt ihm
einen Brief.)
Graf Altringer läßt sich entschuldigen,
Auch Gallas--Das gefällt mir nicht.
Terzky.
Und wenn du
Noch länger säumst, bricht einer nach dem andern.
Wallenstein.
Der Altringer hat die Tiroler Pässe,
Ich muß ihm einen schicken, daß er mir
Die Spanier aus Mailand nicht hereinläßt.
--Nun! der Sesin, der alte Unterhändler,
Hat sich ja kürzlich wieder blicken lassen.
Was bringt er uns vom Grafen Thurn?
Terzky.
Der Graf entbietet dir,
Er hab' den schwed'schen Kanzler aufgesucht
Zu Halberstadt, wo jetzo der Konvent ist:
Der aber sagt' , er sei es müd und wolle
Nichts weiter mehr mit dir zu schaffen haben.
Wallenstein.
Wieso?
Terzky.
Es sei dir nimmer Ernst mit deinen Reden,
Du wollst die Schweden nur zum Narren haben,
Dich mit den Sachsen gegen sie verbinden,
Am Ende sie mit einem elenden Stück Geldes
Abfertigen.
Wallenstein.
So! Meint er wohl, ich soll ihm
Ein schönes deutsches Land zum Raube geben,
Daß wir zuletzt auf eignem Grund und Boden
Selbst nicht mehr Herren sind? Sie müssen fort,
Fort, fort! Wir brauchen keine solche Nachbarn.
Terzky.
Gönn ihnen doch das Fleckchen Land, geht's ja
Nicht von dem deinen! Was bekümmert's dich,
Wenn du das Spiel gewinnest, wer es zahlt.
Wallenstein.
Fort, fort mit ihnen--das verstehst du nicht.
Es soll nicht von mir heißen, daß ich Deutschland
Zerstücket hab', verraten an den Fremdling,
Um meine Portion mir zu erschleichen.
Mich soll das Reich als seinen Schirmer ehren,
Reichsfürstlich mich erweisend, will ich würdig
Mich bei des Reiches Fürsten niedersetzen.
Es soll im Reiche keine fremde Macht
Mir Wurzel fassen, und am wenigsten
Die Goten sollen's, diese Hungerleider,
Die nach dem Segen unsers deutschen Landes
Mit Neidesblicken raubbegierig schauen.
Beistehen sollen sie mir in meinen Planen
Und dennoch nichts dabei zu fischen haben.
Terzky.
Doch mit den Sachsen willst du ehrlicher
Verfahren? Sie verlieren die Geduld,
Weil du so krumme Wege machst--
Was sollen alle diese Masken? sprich!
Die Freunde zweifeln, werden irr an dir--
Der Oxenstirn, der Arnheim, keiner weiß,
Was er von deinem Zögern halten soll.
Am End' bin ich der Lügner, alles geht
Durch mich. Ich hab nicht einmal deine Handschrift.
Wallenstein.
Ich geb nichts Schriftliches von mir, du weißt's.
Terzky.
Woran erkennt man aber deinen Ernst,
Wenn auf das Wort die Tat nicht folgt? Sag selbst,
Was du bisher verhandelt mit dem Feind,
Hätt' alles auch recht gut geschehn sein können,
Wenn du nichts mehr damit gewollt, als ihn
Zum besten haben.
Wallenstein. (nach einer Pause, indem er ihn scharf ansieht)
Und woher weißt du, daß ich ihn nicht wirklich
Zum besten habe? Daß ich nicht euch alle
Zum besten habe? Kennst du mich so gut?
Ich wüßte nicht, daß ich mein Innerstes
Dir aufgetan--Der Kaiser, es ist wahr,
Hat übel mich behandelt!--Wenn ich wollte,
Ich könnt' ihm recht viel Böses dafür tun.
Es macht mir Freude, meine Macht zu kennen;
Ob ich sie wirklich brauchen werde, davon, denk ich,
Weißt du nicht mehr zu sagen als ein andrer.
Terzky.
So hast du stets dein Spiel mit uns getrieben!

Sechster Auftritt
Illo zu den Vorigen.

Wallenstein.
Wie steht es draußen? Sind sie vorbereitet?
Illo.
Du findest sie in der Stimmung, wie du wünschest.
Sie wissen um des Kaisers Forderungen
Und toben.
Wallenstein.
Wie erklärt sich Isolan?
Illo.
Der ist mit Leib und Seele dein, seitdem du
Die Pharobank ihm wieder aufgerichtet.
Wallenstein.
Wie nimmt sich der Colalto? Hast du dich
Des Deodat und Tiefenbach versichert?
Illo.
Was Piccolomini tut, das tun sie auch.
Wallenstein.
So,meinst du, kann ich was mit ihnen wagen?
Illo.
--Wenn du der Piccolomini gewiß bist.
Wallenstein.
Wie meiner selbst. Die lassen nie von mir.
Terzky.
Doch wollt' ich, daß du dem Octavio,
Dem Fuchs, nicht so viel trautest.
Wallenstein.
Lehre du
Mich meine Leute kennen. Sechzehnmal
Bin ich zu Feld gezogen mit dem Alten,
--Zudem--ich hab sein Horoskop gestellt,
Wir sind geboren unter gleichen Sternen--
Und kurz--
(geheimnisvoll)
Es hat damit sein eigenes Bewenden.
Wenn du mir also gutsagst für die andern--
Illo.
Es ist nur eine Stimme unter allen:
Du dürf'st das Regiment nicht niederlegen.
Sie werden an dich deputieren, hör ich.
Wallenstein.
Wenn ich mich gegen sie verpflichten soll,
So müssen sie's auch gegen mich.
Illo.
Versteht sich.
Wallenstein.
Parole müssen sie mir geben, eidlich, schriftlich,
Sich meinem Dienst zu weihen,unbedingt.
Illo.
Warum nicht?
Terzky.
Unbedingt? Des Kaisers Dienst,
Die Pflichten gegen Östreich werden sie
Sich immer vorbehalten.
Wallenstein. (den Kopf schüttelnd)
Unbedingt
Muß ich sie haben. Nichts von Vorbehalt!
Illo.
Ich habe einen Einfall--Gibt uns nicht
Graf Terzky ein Bankett heut abend?
Terzky. Ja,
Und alle Generale sind geladen.
Illo. (zum Wallenstein)
Sag! Willst du völlig freie Hand mir lassen?
Ich schaffe dir das Wort der Generale,
So wie du's wünschest.
Wallenstein.
Schaff mir ihre Handschrift.
Wie du dazu gelangen magst, ist deine Sache.
Illo.
Und wenn ich dir's nun bringe, schwarz auf weiß,
Daß alle Chefs, die hier zugegen sind,
Dir blind sich überliefern--Willst du dann
Ernst machen endlich, mit beherzter Tat
Das Glück versuchen?
Wallenstein.
Schaff' mir die Verschreibung!
Illo.
Bedenke, was du tust! Du kannst den Kaisers
Begehren nicht erfüllen--kannst das Heer
Nicht schwächen lassen--nicht die Regimenter
Zum Spanier stoßen lassen, willst du nicht
Die Macht auf ewig aus den Händen geben.
Bedenk das andre auch! Du kannst des Kaisers
Befehl und ernste Ordre nicht verhöhnen,
Nicht länger Ausflucht suchen, temporisieren,
Willst du nicht förmlich brechen mit dem Hof.
Entschließ dich! Willst du mit entschloßner Tat
Zuvor ihm kommen? Willst du, ferner zögernd,
Das Äußerste erwarten?
Wallenstein.
Das geziemt sich,
Eh' man das Äußerste beschließt!
Illo.
Oh! nimm der Stunde wahr, eh' sie entschlüpft.
So selten kommt der Augenblick im Leben,
Der wahrhaft wichtig ist und groß. Wo eine
Entscheidung soll geschehen, da muß vieles
Sich glücklich treffen und zusammenfinden--
Und einzeln nur, zerstreuet zeigen sich
Des Glückes Fäden, die Gelegenheiten,
Die, nur in einen Lebenspunkt zusammen
Gedrängt, den schweren Früchteknoten bilden.
Sieh! Wie entscheidend, wie verhängnisvoll
Sich's jetzt um dich zusammenzieht!--Die Häupter
Des Heers, die besten, trefflichsten, um dich,
Den königlichen Führer, her versammelt,
Nur deinen Wink erwarten sie--Oh! laß
Sie so nicht wieder auseinandergehen!
So einig führst du sie im ganzen Lauf
Des Krieges nicht zum zweitenmal zusammen.
Die hohe Flut ist's, die das schwere Schiff
Vom Strande hebt--Und jedem einzelnen
Wächst das Gemüt im großen Strom der Menge.
Jetzt hast du sie, jetzt noch! Bald sprengt der Krieg
Sie wieder auseinander, dahin, dorthin--
In eignen kleinen Sorgen und Interessen
Zerstreut sich der gemeine Geist. Wer heute,
Vom Strome fortgerissen, sich vergißt,
Wird nüchtern werden, sieht er sich allein,
Nur seine Ohnmacht fühlen und geschwind
Umlenken in die alte, breitgetretne
Fahrstraße der gemeinen Pflicht, nur wohl-
Behalten unter Dach zu kommen suchen.
Wallenstein.
Die Zeit ist noch nicht da.
Terzky.
So sagst du immer.
Wann aber wird es Zeit sein?
Wallenstein.
Wenn ich's sage.
Illo.
Oh! du wirst auf die Sternenstunde warten,
Bir dir die irdische entflieht! Glaub mir,
You have read 1 text from German literature.
Next - Die Piccolomini - 3
  • Parts
  • Die Piccolomini - 1
    Total number of words is 3729
    Total number of unique words is 1443
    38.4 of words are in the 2000 most common words
    51.0 of words are in the 5000 most common words
    56.6 of words are in the 8000 most common words
    Each bar represents the percentage of words per 1000 most common words.
  • Die Piccolomini - 2
    Total number of words is 3703
    Total number of unique words is 1450
    39.4 of words are in the 2000 most common words
    53.3 of words are in the 5000 most common words
    58.2 of words are in the 8000 most common words
    Each bar represents the percentage of words per 1000 most common words.
  • Die Piccolomini - 3
    Total number of words is 3765
    Total number of unique words is 1451
    40.2 of words are in the 2000 most common words
    53.7 of words are in the 5000 most common words
    59.1 of words are in the 8000 most common words
    Each bar represents the percentage of words per 1000 most common words.
  • Die Piccolomini - 4
    Total number of words is 3913
    Total number of unique words is 1427
    44.0 of words are in the 2000 most common words
    58.0 of words are in the 5000 most common words
    63.0 of words are in the 8000 most common words
    Each bar represents the percentage of words per 1000 most common words.
  • Die Piccolomini - 5
    Total number of words is 3729
    Total number of unique words is 1325
    40.8 of words are in the 2000 most common words
    55.1 of words are in the 5000 most common words
    60.7 of words are in the 8000 most common words
    Each bar represents the percentage of words per 1000 most common words.
  • Die Piccolomini - 6
    Total number of words is 2370
    Total number of unique words is 1009
    42.7 of words are in the 2000 most common words
    57.1 of words are in the 5000 most common words
    61.9 of words are in the 8000 most common words
    Each bar represents the percentage of words per 1000 most common words.