Buddenbrooks: Verfall einer Familie - 09
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gab ihm die Hand. Der junge Schwarzkopf verbeugte sich nochmals, legte
sein Buch aus der Hand und nahm, aufs neue errötend, am Tische Platz.
Er war von mittlerer Größe, ziemlich schmal und so blond wie möglich.
Sein beginnender Schnurrbart, so farblos wie das kurzgeschnittene Haar,
das seinen länglichen Kopf bedeckte, war kaum zu sehen; und dem
entsprach ein außerordentlich heller Teint, eine Haut wie poröses
Porzellan, die bei der geringsten Gelegenheit hellrot anlaufen konnte.
Seine Augen waren von etwas dunklerem Blau als die seines Vaters, und
hatten denselben, nicht sehr lebhaften, gutmütig prüfenden Ausdruck;
seine Gesichtszüge waren ebenmäßig und ziemlich angenehm. Als er anfing
zu essen, zeigte er ungewöhnlich gutgeformte, engstehende Zähne, die
spiegelnd blank waren, wie poliertes Elfenbein. Übrigens trug er eine
graue, geschlossene Joppe mit Klappen an den Taschen und einem Gummizug
im Rücken.
»Ja, ich bitte um Entschuldigung, ich komme zu spät«, sagte er. Seine
Sprache war ein wenig schwerfällig und knarrend. »Ich habe ein bißchen
am Strande gelesen und nicht früh genug nach der Uhr gesehen.« Hierauf
kaute er schweigsam und musterte Tom und Tony nur dann und wann prüfend
von unten herauf.
Später, als Tony wieder einmal von der Hausfrau genötigt wurde,
zuzulangen, sagte er:
»Dem Scheibenhonig können Sie vertrauen, Fräulein Buddenbrook ... Das
ist reines Naturprodukt ... Da weiß man doch, was man verschluckt ...
Sie müssen ordentlich essen, wissen Sie! Diese Luft hier, die zehrt ...
die beschleunigt den Stoffwechsel. Wenn Sie nicht genug zu sich nehmen,
so fallen Sie ab ...« Er hatte eine naive und sympathische Art, sich
beim Sprechen vorzubeugen und manchmal eine andere Person dabei
anzublicken als die, an die er sich wandte.
Seine Mutter hörte ihm zärtlich zu und forschte dann in Tonys Gesicht
nach dem Eindruck, den seine Worte hervorbrächten. Der alte Schwarzkopf
aber sagte:
»Nu speel di man nich up, Herr Dokter, mit deinem Stoffwechsel ... Da
wollen wir gar nichts von wissen«, worauf der junge Mensch lachte und
wieder errötend auf Tonys Teller blickte.
Ein paarmal nannte der Lotsenkommandeur den Vornamen seines Sohnes, aber
Tony konnte ihn durchaus nicht verstehen. Es war etwas wie »Moor« oder
»Mord« ... unmöglich, es in der breiten und platten Aussprache des Alten
zu erkennen.
Als die Mahlzeit beendet war, als Diederich Schwarzkopf, der, mit weit
von der weißen Weste zurückgeschlagenem Rock, behaglich in die Sonne
blinzelte, und sein Sohn ihre kurzen Holzpfeifen zu rauchen begannen und
Tom sich wieder seinen Zigaretten widmete, waren die jungen Leute in ein
lebhaftes Gespräch über alte Schulgeschichten geraten, an dem Tony sich
munter beteiligte. Herr Stengel wurde zitiert ... »Du sollst 'ne Line
machen, und was machst du? Du machst 'n Strich!« Schade, daß Christian
nicht da war; er konnte das noch viel besser ...
Einmal sagte Tom zu seiner Schwester, indem er auf die vor ihr stehenden
Blumen wies:
»Herr Grünlich würde sagen: Das putzt ganz ungemein!«
Worauf Tony ihn, rot vor Zorn, in die Seite stieß und einen scheuen
Blick zu dem jungen Schwarzkopf hinübergleiten ließ.
Man hatte mit dem Kaffeetrinken heute ungewöhnlich lange gewartet, und
man saß lange beieinander. Es war schon halb sieben Uhr, und über den
»Priwal« drüben begann sich die Dämmerung zu senken, als der Kommandeur
sich erhob.
»Na, die Herrschaften entschuldigen«, sagte er. »Ich habe nun noch
drüben im Lotsenhause zu tun ... Wir essen um achte, wenn's gefällig ist
... Oder heut' mal ein bißchen später, Meta, wie?... Und du --« hier
nannte er wieder den Vornamen, -- »nun sitz hier nur nicht herum ... Nun
geh nur hinaus und gib dich wieder mit deinen Knochen ab ... Mamsell
Buddenbrook wird wohl auspacken ... Oder wenn die Herrschaften an den
Strand gehen wollen ... Störe nur nicht!«
»Diederich, mein Gott, warum soll er nicht noch sitzen bleiben«, sagte
Frau Schwarzkopf sanft und vorwurfsvoll. »Und wenn die Herrschaften an
den Strand gehen wollen, warum soll er nicht mitgehen? Er hat doch
Ferien, Diederich!... Und soll er denn gar nichts von unserem Besuche
haben?«
Sechstes Kapitel
In ihrem kleinen, reinlichen Zimmer, dessen Möbel mit hellgeblümtem
Kattun überzogen waren, erwachte Tony am nächsten Morgen mit dem
angeregten und freudigen Gefühl, mit dem man in einer neuen Lebenslage
die Augen öffnet.
Sie setzte sich empor, und indem sie die Arme um ihre Knie schlang und
den zerzausten Kopf zurücklegte, blinzelte sie in den schmalen und
blendenden Streifen vom Tageslicht, der zwischen den geschlossenen Läden
hindurch ins Zimmer fiel, und kramte mit Muße die gestrigen Erlebnisse
wieder hervor.
Kaum ein Gedanke streifte Herrn Grünlichs Person. Die Stadt und der
gräßliche Auftritt im Landschaftszimmer und die Ermahnungen der Familie
und Pastor Köllings lagen weit zurück. Hier würde sie nun jeden Morgen
ganz sorglos erwachen ... Diese Schwarzkopfs waren prächtige Leute.
Gestern abend hatte es wahrhaftig eine Apfelsinenbowle gegeben, und man
hatte auf ein glückliches Zusammenleben angestoßen. Man war sehr
vergnügt gewesen. Der alte Schwarzkopf hatte Seegeschichten zum besten
gegeben und der junge von Göttingen berichtet, wo er studierte ... Aber
es war doch sonderbar, daß sie noch immer seinen Vornamen nicht wußte!
Sie hatte mit Spannung darauf geachtet, aber er war beim Abendessen
nicht mehr genannt worden, und es hätte sich wohl nicht geschickt,
danach zu fragen. Sie dachte angestrengt nach ... Mein Gott, wie hieß
der junge Mensch! Moor ... Mord ...? Übrigens hatte er ihr gut gefallen,
dieser Moor oder Mord. Er hatte ein so gutmütig verschmitztes Lachen,
wenn er um Wasser bat und statt dessen ein paar Buchstaben mit Zahlen
dahinter nannte, so daß der Alte ganz böse wurde. Ja, das sei aber die
wissenschaftliche Formel für Wasser ... allerdings nicht für =dieses=
Wasser, denn die Formel für =diese= Travemünder Flüssigkeit sei wohl
viel komplizierter. Jeden Augenblick könne man eine Qualle darin finden
... Die hohe Obrigkeit habe ihre eignen Begriffe von Süßwasser ...
Worauf ihm wieder ein väterlicher Verweis zuteil geworden war, weil er
in wegwerfendem Tone von der Obrigkeit gesprochen hatte. Frau
Schwarzkopf hatte immer in Tonys Gesicht nach Bewunderung gesucht, und
wahrhaftig, er sprach sehr amüsant, zugleich lustig und gelehrt ... Er
hatte sich ziemlich viel um sie gekümmert, der junge Herr. Sie hatte
geklagt, daß sie beim Essen einen heißen Kopf bekäme, sie glaube zu viel
Blut zu haben ... Was hatte er geantwortet? Er hatte sie gemustert und
gesagt: Ja, die Arterien an den Schläfen seien gefüllt, aber das
schließe nicht aus, daß nicht genug Blut oder genug rote Blutkörperchen
im Kopfe seien ... Sie sei vielleicht ein =bißchen= bleichsüchtig ...
Der Kuckuck sprang aus der geschnitzten Wanduhr und gluckste viele Male
hell und hohl. »Sieben, acht, neun«, zählte Tony, »aufgestanden!« Und
damit sprang sie aus dem Bette und stieß die Fensterläden auf. Der
Himmel war ein wenig bedeckt, aber die Sonne schien. Man sah über das
Leuchtenfeld mit dem Turm weit über die krause See hinaus, die rechts im
Bogen von der mecklenburgischen Küste begrenzt war und sich in
grünlichen und blauen Streifen erstreckte, bis sie mit dem dunstigen
Horizont zusammenfloß. Nachher will ich baden, dachte Tony, aber vorher
ordentlich frühstücken, damit der Stoffwechsel nicht an mir zehrt ...
Und damit machte sie sich lächelnd und mit raschen, vergnügten
Bewegungen ans Waschen und Ankleiden.
Es war kurz nach halb 10 Uhr, als sie die Stube verließ. Die Tür des
Zimmers, wo Tom geschlafen hatte, stand offen; er war in aller Frühe
wieder zur Stadt gefahren. Schon hier oben in dem ziemlich hoch
gelegenen Stockwerk, in dem nur Schlafzimmer lagen, roch es nach Kaffee.
Das schien der charakteristische Geruch des kleinen Hauses zu sein, und
er nahm zu, als Tony die mit einem schlichten, undurchbrochenen
Holzgeländer versehene Treppe hinunterstieg und drunten über den
Korridor ging, an dem Wohn- und Eßzimmer und das Büro des
Lotsenkommandeurs lagen. Frisch und in bester Laune betrat sie in ihrem
weißen Pikeekleide die Veranda.
Frau Schwarzkopf saß mit ihrem Sohne allein am Kaffeetische, der schon
teilweise abgeräumt war. Sie trug eine blaukarierte Küchenschürze über
ihrem braunen Kleid. Ein Schlüsselkorb stand vor ihr.
»Tausendmal um Vergebung«, sagte sie, indem sie aufstand, »daß wir nicht
gewartet haben, Mamsell Buddenbrook! Wir sind früh auf, wir einfachen
Leute. Da gibt es hunderterlei zu tun ... Schwarzkopf ist in seinem Büro
... Nicht wahr, Mamsell ist nicht böse?«
Tony ihrerseits entschuldigte sich. »Sie müssen nicht glauben, daß ich
immer so lange schlafe. Ich habe ein sehr böses Gewissen. Aber die Bowle
von gestern abend ...«
Hier fing der junge Sohn des Hauses an zu lachen. Er stand, seine kurze
Holzpfeife in der Hand, hinter dem Tische. Die Zeitung lag vor ihm.
»Ja, Sie sind schuld«, sagte Tony; »guten Morgen!... Sie haben beständig
mit mir angestoßen ... Jetzt verdiene ich nur noch kalten Kaffee. Ich
müßte schon gefrühstückt und gebadet haben ...«
»Nein, das wäre zu früh für eine junge Dame! Um sieben war das Wasser
noch ziemlich kalt, wissen Sie; 11 Grad ... das schneidet ein bißchen
nach der Bettwärme ...«
»Woher wissen Sie denn, daß ich lauwarm baden will, _monsieur_?« Und
Tony nahm am Tische Platz. »Sie haben mir den Kaffee warm gehalten, Frau
Schwarzkopf!... Aber einschenken tue ich mir selbst ... vielen Dank!«
Die Hausfrau sah zu, wie ihr Gast die ersten Bissen aß.
»Und Mamsell hat gut geschlafen die erste Nacht? Ja, mein Gott, die
Matratze ist mit Seegras gefüllt ... wir sind einfache Leute ... Aber
nun wünsche ich guten Appetit und einen vergnügten Vormittag. Mamsell
wird sicher mancherlei Bekannte am Strande treffen ... Wenn es angenehm
ist, begleitet mein Sohn Sie hin. Um Verzeihung, daß ich nicht länger
Gesellschaft leiste, aber ich =muß= nach dem Essen sehen. Ich habe eine
Bratwurst ... Wir geben es so gut, wie wir können.«
»Ich halte mich an den Scheibenhonig«, sagte Tony, als die beiden allein
waren. »Sehen Sie, da weiß man doch, was man verschluckt!«
Der junge Schwarzkopf stand auf und legte seine Pfeife auf die Brüstung
der Veranda.
»Aber rauchen Sie doch! Nein, das stört mich ganz und gar nicht. Wenn
ich zu Hause zum Frühstück komme, ist immer schon Papas Zigarrenrauch in
der Stube ... Sagen Sie mal«, fragte sie plötzlich, »ist es wahr, daß
ein Ei soviel wert ist wie ein Viertelpfund Fleisch?«
Er wurde über und über rot. »Wollen Sie mich eigentlich zum besten
haben, Fräulein Buddenbrook?« fragte er zwischen Lachen und Ärger. »Ich
habe gestern abend noch einen Rüffel von Vater bekommen wegen meiner
Fachsimpelei und Wichtigtuerei, wie er sagte ...«
»Aber ich habe ganz harmlos gefragt?!« Tony hörte vor Bestürzung einen
Augenblick auf zu essen. »Wichtigtuerei! Wie kann man dergleichen
sagen!... Ich möchte gern etwas erfahren ... Mein Gott, ich bin eine
Gans, sehen Sie! Bei Sesemi Weichbrodt war ich immer unter den
Faulsten. Und Sie wissen, glaube ich, so viel ...« Innerlich dachte sie:
Wichtigtuerei? Man befindet sich in fremder Gesellschaft, zeigt sich von
seiner besten Seite, setzt seine Worte und sucht zu gefallen -- das ist
doch klar ...
»Nun ja, es deckt sich in gewisser Weise«, sagte er geschmeichelt. »Was
gewisse Nährstoffe betrifft ...«
Hierauf, während Tony frühstückte und der junge Schwarzkopf fortfuhr,
seine Pfeife zu rauchen, fing man an, von Sesemi Weichbrodt zu
schwatzen, von Tonys Pensionszeit, von ihren Freundinnen, Gerda
Arnoldsen, die nun wieder in Amsterdam war, und Armgard von Schilling,
deren weißes Haus man vom Strande aus sehen konnte, wenigstens bei
klarem Wetter ...
Später, als sie schon mit essen fertig war und sich den Mund wischte,
fragte Tony, indem sie auf die Zeitung deutete:
»Steht etwas Neues darin?«
Der junge Schwarzkopf lachte und schüttelte mit spöttischem Mitleid den
Kopf.
»Ach nein ... Was soll wohl darin stehen?... Wissen Sie, diese
Städtischen Anzeigen sind ein klägliches Blättchen!«
»Oh?... Aber Papa und Mama haben sie immer gehalten?«
»Ja, nun!« sagte er und wurde rot ... »Ich lese sie ja auch, wie Sie
sehen, weil eben nichts anderes zur Hand ist. Aber daß der Großhändler
Konsul So und So seine silberne Hochzeit zu feiern gedenkt, ist nicht
allzu erschütternd ... Ja -- ja! Sie lachen ... Aber Sie sollten mal
andere Blätter lesen, die Königsberger Hartungsche Zeitung ... oder die
Rheinische Zeitung ... da würden Sie etwas anderes finden! Was der König
von Preußen auch sagen mag ...«
»Was sagt er denn?«
»Ja ... nein, das kann ich leider vor einer Dame nicht zitieren ...« Und
er wurde abermals rot. »Er hat sich ziemlich ungnädig über diese Presse
geäußert«, fuhr er mit einem etwas gewaltsam ironischen Lächeln fort,
das Tony einen Augenblick peinlich berührte. »Sie geht nicht sehr
glimpflich mit der Regierung um, wissen Sie, mit den Adligen, mit
Pfaffen und Junkern ... sie weiß allzu geschickt die Zensur an der Nase
zu führen ...«
»Nun und Sie, gehen Sie auch nicht glimpflich mit den Adligen um?«
»Ich?« fragte er und geriet in Verlegenheit ... Tony stand auf.
»Na, darüber müssen wir ein anderes Mal reden. Wie wäre es, wenn ich nun
zum Strande ginge? Sehen Sie, es ist beinahe ganz blau geworden. Heute
wird es nicht mehr regnen. Ich habe die größte Lust, wieder einmal in
die See zu springen. Wollen Sie mich hinunter begleiten?...«
Siebentes Kapitel
Sie hatte ihren großen Strohhut aufgesetzt und ihren Sonnenschirm
aufgespannt, denn es herrschte, obgleich ein kleiner Seewind ging,
heftige Hitze. Der junge Schwarzkopf schritt, in seinem grauen Filzhut,
sein Buch in der Hand, neben ihr her und betrachtete sie manchmal von
der Seite. Sie gingen die »Vorderreihe« entlang und spazierten durch den
Kurgarten, der stumm und schattenlos mit seinen Kieswegen und
Rosenanlagen dalag. Der Musiktempel, zwischen Nadelbäumen versteckt,
stand schweigend dem Kurhaus, der Konditorei und den beiden, durch ein
langes Zwischengebäude miteinander verbundenen Schweizerhäusern
gegenüber. Es war gegen halb 12 Uhr; die Badegäste mußten sich noch am
Strande befinden.
Die beiden gingen über den Kinderspielplatz mit den Bänken und der
großen Schaukel; sie gingen nahe am Warmbadehause vorbei und wanderten
langsam über das Leuchtenfeld. Die Sonne brütete auf dem Grase und ließ
diesen heißen, würzigen Geruch von Klee und Kraut daraus aufsteigen, in
dem blaue Fliegen surrend standen und umherschossen. Ein monotones,
gedämpftes Rauschen kam vom Meere her, in dessen Ferne dann und wann
kleine Schaumköpfe aufblitzten.
»Was lesen Sie da eigentlich?« fragte Tony.
Der junge Mann nahm das Buch in beide Hände und blätterte es schnell von
hinten nach vorne durch.
»Ach, das ist nichts für Sie, Fräulein Buddenbrook! Lauter Blut und
Gedärme und Elend ... Sehen Sie, hier ist gerade von Lungenödem die
Rede, auf deutsch: Stickfluß. Dabei sind nämlich die Lungenbläschen mit
einer so wässerigen Flüssigkeit angefüllt ... das ist hochgradig
gefährlich und kommt bei Lungenentzündung vor. Wenn es schlimm ist, kann
man nicht mehr atmen und stirbt ganz einfach. Und das alles ist ganz
kühl von oben herab behandelt ...«
»Ja, pfui!... Aber wenn man Doktor werden will ... Ich werde dafür
sorgen, daß Sie bei uns Hausarzt werden, wenn Grabow sich später einmal
zur Ruhe setzt, passen Sie auf!«
»Ha!... Und was lesen Sie denn, wenn ich fragen darf, Fräulein
Buddenbrook?«
»Kennen Sie Hoffmann?« fragte Tony.
»Den mit dem Kapellmeister und dem goldenen Topf? Ja, das ist sehr
hübsch ... Aber, wissen Sie, es ist doch wohl mehr für Damen. Männer
müssen heute etwas anderes lesen.«
»Jetzt muß ich Sie =eines= fragen«, sagte Tony nach ein paar Schritten
und faßte einen Entschluß. »Nämlich, =wie= heißen Sie eigentlich mit
Vornamen! Ich habe ihn noch kein einziges Mal verstanden ... das macht
mich förmlich nervös! Ich habe geradezu darüber gegrübelt ...«
»Sie haben darüber gegrübelt?«
»Ach ja -- nun erschweren Sie mir die Sache nicht! Es schickt sich wohl
nicht, daß ich frage; aber ich bin natürlich neugierig ... Übrigens
brauche ich es ja, solange ich lebe, nicht zu erfahren.«
»Na, ich heiße Morten«, sagte er und wurde so rot wie noch niemals.
»Morten? Das ist hübsch!«
»Nun! hübsch ...«
»Ja, mein Gott ... es ist doch hübscher, als wenn Sie Hinz oder Kunz
hießen. Es ist etwas Besonderes, etwas Ausländisches ...«
»Sie sind eine Romantikerin, Mademoiselle Buddenbrook; Sie haben zuviel
Hoffmann gelesen ... Ja, die Sache ist ganz einfach die: Mein Großvater
war ein halber Norweger und hieß Morten. Nach ihm bin ich getauft
worden. Das ist alles ...«
Tony stieg behutsam durch das hohe, scharfe Schilfgras, das am Rande des
nackten Strandes stand. Die Reihe der hölzernen Strandpavillons mit
ihren kegelförmigen Dächern lag vor ihnen und ließ den Durchblick auf
die Strandkörbe frei, die näher am Wasser standen, und um die Familien
im warmen Sande lagerten: Damen mit blauen Schutzpincenez und
Leihbibliotheksbänden, Herren in hellen Anzügen, die müßig mit ihren
Spazierstöcken Figuren in den Sand zeichneten, gebräunte Kinder mit
großen Strohhüten auf den Köpfen, die schaufelten, sich wälzten, nach
Wasser gruben, mit Holzformen Kuchen buken, Tunnels bohrten, mit bloßen
Beinen in die niedrigen Wellen hineinwateten und Schiffe schwimmen
ließen ... Rechts ragte das Holzgebäude der Badeanstalt in die See
hinaus.
»Nun marschieren wir geradeswegs auf den Möllendorpfschen Pavillon zu«,
sagte Tony. »Lassen Sie uns doch etwas abbiegen!«
»Gern ... aber Sie werden sich nun ja wohl den Herrschaften anschließen
... Ich setze mich da hinten auf die Steine.«
»Anschließen ... ja, ja, ich werde wohl guten Tag sagen müssen. Aber es
ist mir recht zuwider, müssen Sie wissen. Ich bin hierher gekommen, um
meinen Frieden zu haben ...«
»Frieden? Vor wem?«
»Nun! Vor wem ...«
»Hören Sie, Fräulein Buddenbrook, ich muß Sie auch noch =eines= fragen
... aber bei Gelegenheit, später, wenn Zeit dazu ist. Nun erlauben Sie,
daß ich Ihnen Adieu sage. Ich setze mich dahinten auf die Steine ...«
»Soll ich Sie nicht vorstellen, Herr Schwarzkopf?« fragte Tony mit
Wichtigkeit.
»Nein, ach nein« ... sagte Morten eilig, »ich danke sehr. Ich gehöre
doch wohl kaum dazu, wissen Sie. Ich setze mich dahinten auf die
Steine ...«
Es war eine größere Gesellschaft, auf die Tony zuschritt, während Morten
Schwarzkopf sich rechter Hand zu den großen Steinblöcken begab, die
neben der Badeanstalt vom Wasser bespült wurden, -- eine Gruppe, die vor
dem Möllendorpfschen Pavillon lagerte und von den Familien Möllendorpf,
Hagenström, Kistenmaker und Fritsche gebildet ward. Abgesehen von Konsul
Fritsche aus Hamburg, dem Besitzer des Ganzen, und Peter Döhlmann, dem
Suitier, bestand sie ausschließlich aus Damen und Kindern, denn es war
Alltag, und die meisten Herren befanden sich in der Stadt bei ihren
Geschäften. Konsul Fritsche, ein älterer Herr mit glattrasiertem,
distinguiertem Gesicht, beschäftigte sich droben im offenen Pavillon mit
einem Fernrohr, das er auf einen in der Ferne sichtbaren Segler
richtete. Peter Döhlmann, mit einem breitkrempigen Strohhut und
rundgeschnittenem Schifferbart, stand plaudernd bei den Damen, die auf
Plaids im Sande lagen oder auf kleinen Sesseln aus Segeltuch saßen: Frau
Senatorin Möllendorpf, geborene Langhals, die mit einer langgestielten
Lorgnette hantierte, und deren Haupt von grauem Haar unordentlich
umstanden war; Frau Hagenström nebst Julchen, die ziemlich klein
geblieben war, aber, wie ihre Mutter, bereits Brillanten in den Ohren
trug; Frau Konsul Kistenmaker nebst Töchtern und die Konsulin Fritsche,
eine runzelige kleine Dame, die eine Haube trug und im Bade
Wirtspflichten versah. Rot und ermattet sann sie auf nichts als
Reunions, Kinderbälle, Verlosungen und Segelpartien ... Ihre Vorleserin
saß in einiger Entfernung. Die Kinder spielten am Wasser.
Kistenmaker & Sohn war die aufblühende Weinhandlung, die in den letzten
Jahren C. F. Köppen aus der Mode zu bringen begann. Die beiden Söhne,
Eduard und Stephan, arbeiteten bereits in dem väterlichen Geschäft. --
Dem Konsul Döhlmann fehlten gänzlich die ausgesuchten Manieren, über die
etwa Justus Kröger verfügte; er war ein biederer Suitier, ein Suitier,
dessen Spezialität die gutmütige Grobheit war und der sich in der
Gesellschaft außerordentlich viel herausnehmen durfte, weil er wußte,
daß er besonders bei den Damen mit seinem behäbigen, dreisten und lauten
Gebaren als ein Original beliebt war. Als auf einem Diner bei
Buddenbrooks sich das Erscheinen eines Gerichtes lange Zeit verzögerte,
die Hausfrau in Verlegenheit und die beschäftigungslose Gesellschaft in
Mißstimmung geriet, stellte er die gute Laune wieder her, indem er mit
seiner breiten und lärmenden Stimme über die ganze Tafel brüllte: »Ick
bün so wied, Fru Konsulin!«
Mit eben dieser schallenden und groben Stimme erzählte er augenblicklich
fragwürdige Anekdoten, die er mit plattdeutschen Wendungen würzte ...
Die Senatorin Möllendorpf rief, erschöpft und außer sich vor Lachen,
einmal über das andere: »Mein Gott, Herr Konsul, hören Sie einen
Augenblick auf!«
-- Tony Buddenbrook ward von den Hagenströms kalt, von der übrigen
Gesellschaft mit großer Herzlichkeit empfangen. Selbst Konsul Fritsche
kam eilfertig die Stufen des Pavillons herunter, denn er hoffte, daß
wenigstens im nächsten Jahre wieder die Buddenbrooks helfen würden, das
Bad zu bevölkern.
»Der Ihrige, Mamsell!« sagte Konsul Döhlmann, mit möglichst feiner
Aussprache, denn er wußte, daß Fräulein Buddenbrook seine Manieren nicht
besonders bevorzugte.
»Mademoiselle Buddenbrook!«
»Sie hier?«
»Wie reizend!«
»Und seit wann?«
»Und welch inzückende Toilette!« -- Man sagte »inzückend«. --
»Und Sie wohnen?«
»Bei Schwarzkopfs?«
»Beim Lotsenkommandeur?«
»Wie originell!«
»Wie =finde= ich das =forchtbar= originell!« -- Man sagte
»forchtbar«. --
»Sie wohnen in der Stadt?« wiederholte Konsul Fritsche, der Besitzer des
Kurhauses, ohne ahnen zu lassen, daß ihn dies peinlich berührte ...
»Werden Sie uns nicht das Vergnügen machen bei der nächsten Reunion?«
fragte seine Gattin ...
»Oh, nur für kurze Zeit in Travemünde?« antwortete eine andere Dame ...
»Finden Sie nicht, Liebe, daß die Buddenbrooks ein bißchen allzu
exklusiv sind?« wandte sich Frau Hagenström ganz leise an die Senatorin
Möllendorpf ...
»Und Sie haben noch nicht gebadet?« fragte jemand. »Wer von den jungen
Damen hat sonst heute noch nicht gebadet? Mariechen, Julchen, Luischen?
Selbstredend begleiten Ihre Freundinnen Sie, Fräulein Antonie ...«
Einige junge Mädchen trennten sich von der Gesellschaft, um mit Tony zu
baden, und Peter Döhlmann ließ es sich nicht nehmen, die Damen den
Strand entlang zu geleiten.
»Gott! erinnerst du dich noch unserer Schulgänge von damals?« fragte
Tony Julchen Hagenström.
»J--ja! Sie spielten immer die Boshafte«, sagte Julchen mit mitleidigem
Lächeln.
Man ging oberhalb des Strandes auf dem Steg von paarweise gelegten
Brettern der Badeanstalt zu; und als man an den Steinen vorüberkam, wo
Morten Schwarzkopf mit seinem Buche saß, nickte Tony ihm aus der Ferne
mehrmals mit rascher Kopfbewegung zu. Jemand erkundigte sich: »Wen
grüßtest du, Tony?«
»Oh, das war der junge Schwarzkopf«, sagte Tony; »er hat mich
herunterbegleitet ...«
»Der Sohn des Lotsenkommandeurs?« fragte Julchen Hagenström und blickte
mit ihren blanken schwarzen Augen scharf zu Morten hinüber, der
seinerseits mit einer gewissen Melancholie die elegante Gesellschaft
musterte. Tony aber sagte mit lauter Stimme: »Eines bedaure ich:
nämlich, daß zum Beispiel August Möllendorpf nicht hier ist ... Es muß
doch alltags recht langweilig am Strande sein!«
Achtes Kapitel
Hiermit begannen schöne Sommerwochen für Tony Buddenbrook, kurzweiligere
und angenehmere, als sie jemals in Travemünde erlebt hatte. Sie blühte
auf, nichts lastete mehr auf ihr; in ihre Worte und Bewegungen kehrten
Keckheit und Sorglosigkeit zurück. Der Konsul betrachtete sie mit
Wohlgefallen, wenn er Sonntags mit Tom und Christian nach Travemünde
kam. Dann speiste man an der Table d'hote, trank bei der Kurmusik den
Kaffee unter dem Zeltdach der Konditorei und sah drinnen im Saale der
Roulette zu, um die lustige Leute, wie Justus Kröger und Peter Döhlmann,
sich drängten: Der Konsul spielte niemals. --
Tony sonnte sich, sie badete, aß Bratwurst mit Pfeffernußsauce und
machte weite Spaziergänge mit Morten: den Chausseeweg zum Nachbarort,
den Strand entlang zu dem hoch gelegenen »Seetempel«, der eine weite
Aussicht über See und Land beherrschte, oder in das Wäldchen hinauf, das
hinterm Kurhause lag und auf dessen Höhe die große Table d'hote-Glocke
hing ... Oder sie ruderten über die Trave zum »Priwal«, wo es Bernstein
zu finden gab ...
Morten war ein unterhaltender Begleiter, wiewohl seine Meinungen ein
wenig hitzig und absprechend waren. Er führte über alle Dinge ein
strenges und gerechtes Urteil mit sich, das er mit Entschiedenheit
hervorbrachte, obgleich er rot dabei wurde. Tony ward betrübt und sie
schalt ihn, wenn er mit etwas ungeschickter aber zorniger Geste alle
Adeligen für Idioten und Elende erklärte; aber sie war sehr stolz
darauf, daß er ihr gegenüber offen und zutraulich seine Anschauungen
aussprach, die er den Eltern verschwieg ... Einmal sagte er: »Dies muß
ich Ihnen noch erzählen: Auf meiner Bude in Göttingen habe ich ein
vollkommenes Gerippe ... wissen Sie, so ein Knochengerippe, notdürftig
mit etwas Draht zusammengehalten. Na, diesem Gerippe habe ich eine alte
Polizistenuniform angezogen ... ha! Finden Sie das nicht ausgezeichnet?
Aber sagen Sie es um Gottes willen nicht meinem Vater!« --
Es konnte nicht fehlen, daß Tony oftmals mit ihrer städtischen
Bekanntschaft am Strande oder im Kurgarten verkehrte, daß sie zu dieser
oder jener Reunion und Segelpartie hinzugezogen wurde. Dann saß Morten
»auf den Steinen«. Diese Steine waren seit dem ersten Tage zwischen den
beiden zur stehenden Redewendung geworden. »Auf den Steinen sitzen«, das
bedeutete: »Vereinsamt sein und sich langweilen«. Kam ein Regentag, der
die See weit und breit in einen grauen Schleier hüllte, daß sie völlig
mit dem tiefen Himmel zusammenfloß, der den Strand durchweichte und die
Wege überschwemmte, dann sagte Tony: »Heute müssen wir beide auf den
Steinen sitzen ... das heißt in der Veranda oder im Wohnzimmer. Es
bleibt nichts übrig, als daß Sie mir Ihre Studentenlieder vorspielen,
Morten, obgleich es mich greulich langweilt.«
»Ja«, sagte Morten, »setzen wir uns ... Aber wissen Sie, wenn Sie dabei
sind, so sind es keine Steine mehr!« ... Übrigens sagte er dergleichen
nicht, wenn sein Vater zugegen war; seine Mutter durfte es hören.
»Was nun?« fragte der Lotsenkommandeur, wenn nach dem Mittagessen Tony
und Morten gleichzeitig aufstanden und sich anschickten, auf und davon
zu gehen ... »Wohin mit den jungen Herrschaften!«
»Ja, ich darf Fräulein Antonie ein bißchen zum Seetempel begleiten.«
»So, darfst du das? -- Sage mal, mein Sohn Filius, wäre es nicht am Ende
angebrachter, du setztest dich auf deine Stube und repetiertest deine
Nervenstränge? Du hast alles vergessen, bis du wieder nach Göttingen
kommst ...«
Frau Schwarzkopf aber sprach sanft: »Diederich, mein Gott! warum soll er
nicht mitgehen? Laß ihn doch mitgehen! Er hat doch Ferien! Und soll er
denn gar nichts von unserem Besuche haben?« -- So gingen sie.
Sie gingen den Strand entlang, ganz unten am Wasser, dort wo der Sand
von der Flut benetzt, geglättet und gehärtet ist, so daß man mühelos
gehen kann; wo kleine, gewöhnliche, weiße Muscheln verstreut liegen und
andere, längliche, große, opalisierende; dazwischen gelbgrünes, nasses
Seegras mit runden, hohlen Früchten, welche knallen, wenn man sie
sein Buch aus der Hand und nahm, aufs neue errötend, am Tische Platz.
Er war von mittlerer Größe, ziemlich schmal und so blond wie möglich.
Sein beginnender Schnurrbart, so farblos wie das kurzgeschnittene Haar,
das seinen länglichen Kopf bedeckte, war kaum zu sehen; und dem
entsprach ein außerordentlich heller Teint, eine Haut wie poröses
Porzellan, die bei der geringsten Gelegenheit hellrot anlaufen konnte.
Seine Augen waren von etwas dunklerem Blau als die seines Vaters, und
hatten denselben, nicht sehr lebhaften, gutmütig prüfenden Ausdruck;
seine Gesichtszüge waren ebenmäßig und ziemlich angenehm. Als er anfing
zu essen, zeigte er ungewöhnlich gutgeformte, engstehende Zähne, die
spiegelnd blank waren, wie poliertes Elfenbein. Übrigens trug er eine
graue, geschlossene Joppe mit Klappen an den Taschen und einem Gummizug
im Rücken.
»Ja, ich bitte um Entschuldigung, ich komme zu spät«, sagte er. Seine
Sprache war ein wenig schwerfällig und knarrend. »Ich habe ein bißchen
am Strande gelesen und nicht früh genug nach der Uhr gesehen.« Hierauf
kaute er schweigsam und musterte Tom und Tony nur dann und wann prüfend
von unten herauf.
Später, als Tony wieder einmal von der Hausfrau genötigt wurde,
zuzulangen, sagte er:
»Dem Scheibenhonig können Sie vertrauen, Fräulein Buddenbrook ... Das
ist reines Naturprodukt ... Da weiß man doch, was man verschluckt ...
Sie müssen ordentlich essen, wissen Sie! Diese Luft hier, die zehrt ...
die beschleunigt den Stoffwechsel. Wenn Sie nicht genug zu sich nehmen,
so fallen Sie ab ...« Er hatte eine naive und sympathische Art, sich
beim Sprechen vorzubeugen und manchmal eine andere Person dabei
anzublicken als die, an die er sich wandte.
Seine Mutter hörte ihm zärtlich zu und forschte dann in Tonys Gesicht
nach dem Eindruck, den seine Worte hervorbrächten. Der alte Schwarzkopf
aber sagte:
»Nu speel di man nich up, Herr Dokter, mit deinem Stoffwechsel ... Da
wollen wir gar nichts von wissen«, worauf der junge Mensch lachte und
wieder errötend auf Tonys Teller blickte.
Ein paarmal nannte der Lotsenkommandeur den Vornamen seines Sohnes, aber
Tony konnte ihn durchaus nicht verstehen. Es war etwas wie »Moor« oder
»Mord« ... unmöglich, es in der breiten und platten Aussprache des Alten
zu erkennen.
Als die Mahlzeit beendet war, als Diederich Schwarzkopf, der, mit weit
von der weißen Weste zurückgeschlagenem Rock, behaglich in die Sonne
blinzelte, und sein Sohn ihre kurzen Holzpfeifen zu rauchen begannen und
Tom sich wieder seinen Zigaretten widmete, waren die jungen Leute in ein
lebhaftes Gespräch über alte Schulgeschichten geraten, an dem Tony sich
munter beteiligte. Herr Stengel wurde zitiert ... »Du sollst 'ne Line
machen, und was machst du? Du machst 'n Strich!« Schade, daß Christian
nicht da war; er konnte das noch viel besser ...
Einmal sagte Tom zu seiner Schwester, indem er auf die vor ihr stehenden
Blumen wies:
»Herr Grünlich würde sagen: Das putzt ganz ungemein!«
Worauf Tony ihn, rot vor Zorn, in die Seite stieß und einen scheuen
Blick zu dem jungen Schwarzkopf hinübergleiten ließ.
Man hatte mit dem Kaffeetrinken heute ungewöhnlich lange gewartet, und
man saß lange beieinander. Es war schon halb sieben Uhr, und über den
»Priwal« drüben begann sich die Dämmerung zu senken, als der Kommandeur
sich erhob.
»Na, die Herrschaften entschuldigen«, sagte er. »Ich habe nun noch
drüben im Lotsenhause zu tun ... Wir essen um achte, wenn's gefällig ist
... Oder heut' mal ein bißchen später, Meta, wie?... Und du --« hier
nannte er wieder den Vornamen, -- »nun sitz hier nur nicht herum ... Nun
geh nur hinaus und gib dich wieder mit deinen Knochen ab ... Mamsell
Buddenbrook wird wohl auspacken ... Oder wenn die Herrschaften an den
Strand gehen wollen ... Störe nur nicht!«
»Diederich, mein Gott, warum soll er nicht noch sitzen bleiben«, sagte
Frau Schwarzkopf sanft und vorwurfsvoll. »Und wenn die Herrschaften an
den Strand gehen wollen, warum soll er nicht mitgehen? Er hat doch
Ferien, Diederich!... Und soll er denn gar nichts von unserem Besuche
haben?«
Sechstes Kapitel
In ihrem kleinen, reinlichen Zimmer, dessen Möbel mit hellgeblümtem
Kattun überzogen waren, erwachte Tony am nächsten Morgen mit dem
angeregten und freudigen Gefühl, mit dem man in einer neuen Lebenslage
die Augen öffnet.
Sie setzte sich empor, und indem sie die Arme um ihre Knie schlang und
den zerzausten Kopf zurücklegte, blinzelte sie in den schmalen und
blendenden Streifen vom Tageslicht, der zwischen den geschlossenen Läden
hindurch ins Zimmer fiel, und kramte mit Muße die gestrigen Erlebnisse
wieder hervor.
Kaum ein Gedanke streifte Herrn Grünlichs Person. Die Stadt und der
gräßliche Auftritt im Landschaftszimmer und die Ermahnungen der Familie
und Pastor Köllings lagen weit zurück. Hier würde sie nun jeden Morgen
ganz sorglos erwachen ... Diese Schwarzkopfs waren prächtige Leute.
Gestern abend hatte es wahrhaftig eine Apfelsinenbowle gegeben, und man
hatte auf ein glückliches Zusammenleben angestoßen. Man war sehr
vergnügt gewesen. Der alte Schwarzkopf hatte Seegeschichten zum besten
gegeben und der junge von Göttingen berichtet, wo er studierte ... Aber
es war doch sonderbar, daß sie noch immer seinen Vornamen nicht wußte!
Sie hatte mit Spannung darauf geachtet, aber er war beim Abendessen
nicht mehr genannt worden, und es hätte sich wohl nicht geschickt,
danach zu fragen. Sie dachte angestrengt nach ... Mein Gott, wie hieß
der junge Mensch! Moor ... Mord ...? Übrigens hatte er ihr gut gefallen,
dieser Moor oder Mord. Er hatte ein so gutmütig verschmitztes Lachen,
wenn er um Wasser bat und statt dessen ein paar Buchstaben mit Zahlen
dahinter nannte, so daß der Alte ganz böse wurde. Ja, das sei aber die
wissenschaftliche Formel für Wasser ... allerdings nicht für =dieses=
Wasser, denn die Formel für =diese= Travemünder Flüssigkeit sei wohl
viel komplizierter. Jeden Augenblick könne man eine Qualle darin finden
... Die hohe Obrigkeit habe ihre eignen Begriffe von Süßwasser ...
Worauf ihm wieder ein väterlicher Verweis zuteil geworden war, weil er
in wegwerfendem Tone von der Obrigkeit gesprochen hatte. Frau
Schwarzkopf hatte immer in Tonys Gesicht nach Bewunderung gesucht, und
wahrhaftig, er sprach sehr amüsant, zugleich lustig und gelehrt ... Er
hatte sich ziemlich viel um sie gekümmert, der junge Herr. Sie hatte
geklagt, daß sie beim Essen einen heißen Kopf bekäme, sie glaube zu viel
Blut zu haben ... Was hatte er geantwortet? Er hatte sie gemustert und
gesagt: Ja, die Arterien an den Schläfen seien gefüllt, aber das
schließe nicht aus, daß nicht genug Blut oder genug rote Blutkörperchen
im Kopfe seien ... Sie sei vielleicht ein =bißchen= bleichsüchtig ...
Der Kuckuck sprang aus der geschnitzten Wanduhr und gluckste viele Male
hell und hohl. »Sieben, acht, neun«, zählte Tony, »aufgestanden!« Und
damit sprang sie aus dem Bette und stieß die Fensterläden auf. Der
Himmel war ein wenig bedeckt, aber die Sonne schien. Man sah über das
Leuchtenfeld mit dem Turm weit über die krause See hinaus, die rechts im
Bogen von der mecklenburgischen Küste begrenzt war und sich in
grünlichen und blauen Streifen erstreckte, bis sie mit dem dunstigen
Horizont zusammenfloß. Nachher will ich baden, dachte Tony, aber vorher
ordentlich frühstücken, damit der Stoffwechsel nicht an mir zehrt ...
Und damit machte sie sich lächelnd und mit raschen, vergnügten
Bewegungen ans Waschen und Ankleiden.
Es war kurz nach halb 10 Uhr, als sie die Stube verließ. Die Tür des
Zimmers, wo Tom geschlafen hatte, stand offen; er war in aller Frühe
wieder zur Stadt gefahren. Schon hier oben in dem ziemlich hoch
gelegenen Stockwerk, in dem nur Schlafzimmer lagen, roch es nach Kaffee.
Das schien der charakteristische Geruch des kleinen Hauses zu sein, und
er nahm zu, als Tony die mit einem schlichten, undurchbrochenen
Holzgeländer versehene Treppe hinunterstieg und drunten über den
Korridor ging, an dem Wohn- und Eßzimmer und das Büro des
Lotsenkommandeurs lagen. Frisch und in bester Laune betrat sie in ihrem
weißen Pikeekleide die Veranda.
Frau Schwarzkopf saß mit ihrem Sohne allein am Kaffeetische, der schon
teilweise abgeräumt war. Sie trug eine blaukarierte Küchenschürze über
ihrem braunen Kleid. Ein Schlüsselkorb stand vor ihr.
»Tausendmal um Vergebung«, sagte sie, indem sie aufstand, »daß wir nicht
gewartet haben, Mamsell Buddenbrook! Wir sind früh auf, wir einfachen
Leute. Da gibt es hunderterlei zu tun ... Schwarzkopf ist in seinem Büro
... Nicht wahr, Mamsell ist nicht böse?«
Tony ihrerseits entschuldigte sich. »Sie müssen nicht glauben, daß ich
immer so lange schlafe. Ich habe ein sehr böses Gewissen. Aber die Bowle
von gestern abend ...«
Hier fing der junge Sohn des Hauses an zu lachen. Er stand, seine kurze
Holzpfeife in der Hand, hinter dem Tische. Die Zeitung lag vor ihm.
»Ja, Sie sind schuld«, sagte Tony; »guten Morgen!... Sie haben beständig
mit mir angestoßen ... Jetzt verdiene ich nur noch kalten Kaffee. Ich
müßte schon gefrühstückt und gebadet haben ...«
»Nein, das wäre zu früh für eine junge Dame! Um sieben war das Wasser
noch ziemlich kalt, wissen Sie; 11 Grad ... das schneidet ein bißchen
nach der Bettwärme ...«
»Woher wissen Sie denn, daß ich lauwarm baden will, _monsieur_?« Und
Tony nahm am Tische Platz. »Sie haben mir den Kaffee warm gehalten, Frau
Schwarzkopf!... Aber einschenken tue ich mir selbst ... vielen Dank!«
Die Hausfrau sah zu, wie ihr Gast die ersten Bissen aß.
»Und Mamsell hat gut geschlafen die erste Nacht? Ja, mein Gott, die
Matratze ist mit Seegras gefüllt ... wir sind einfache Leute ... Aber
nun wünsche ich guten Appetit und einen vergnügten Vormittag. Mamsell
wird sicher mancherlei Bekannte am Strande treffen ... Wenn es angenehm
ist, begleitet mein Sohn Sie hin. Um Verzeihung, daß ich nicht länger
Gesellschaft leiste, aber ich =muß= nach dem Essen sehen. Ich habe eine
Bratwurst ... Wir geben es so gut, wie wir können.«
»Ich halte mich an den Scheibenhonig«, sagte Tony, als die beiden allein
waren. »Sehen Sie, da weiß man doch, was man verschluckt!«
Der junge Schwarzkopf stand auf und legte seine Pfeife auf die Brüstung
der Veranda.
»Aber rauchen Sie doch! Nein, das stört mich ganz und gar nicht. Wenn
ich zu Hause zum Frühstück komme, ist immer schon Papas Zigarrenrauch in
der Stube ... Sagen Sie mal«, fragte sie plötzlich, »ist es wahr, daß
ein Ei soviel wert ist wie ein Viertelpfund Fleisch?«
Er wurde über und über rot. »Wollen Sie mich eigentlich zum besten
haben, Fräulein Buddenbrook?« fragte er zwischen Lachen und Ärger. »Ich
habe gestern abend noch einen Rüffel von Vater bekommen wegen meiner
Fachsimpelei und Wichtigtuerei, wie er sagte ...«
»Aber ich habe ganz harmlos gefragt?!« Tony hörte vor Bestürzung einen
Augenblick auf zu essen. »Wichtigtuerei! Wie kann man dergleichen
sagen!... Ich möchte gern etwas erfahren ... Mein Gott, ich bin eine
Gans, sehen Sie! Bei Sesemi Weichbrodt war ich immer unter den
Faulsten. Und Sie wissen, glaube ich, so viel ...« Innerlich dachte sie:
Wichtigtuerei? Man befindet sich in fremder Gesellschaft, zeigt sich von
seiner besten Seite, setzt seine Worte und sucht zu gefallen -- das ist
doch klar ...
»Nun ja, es deckt sich in gewisser Weise«, sagte er geschmeichelt. »Was
gewisse Nährstoffe betrifft ...«
Hierauf, während Tony frühstückte und der junge Schwarzkopf fortfuhr,
seine Pfeife zu rauchen, fing man an, von Sesemi Weichbrodt zu
schwatzen, von Tonys Pensionszeit, von ihren Freundinnen, Gerda
Arnoldsen, die nun wieder in Amsterdam war, und Armgard von Schilling,
deren weißes Haus man vom Strande aus sehen konnte, wenigstens bei
klarem Wetter ...
Später, als sie schon mit essen fertig war und sich den Mund wischte,
fragte Tony, indem sie auf die Zeitung deutete:
»Steht etwas Neues darin?«
Der junge Schwarzkopf lachte und schüttelte mit spöttischem Mitleid den
Kopf.
»Ach nein ... Was soll wohl darin stehen?... Wissen Sie, diese
Städtischen Anzeigen sind ein klägliches Blättchen!«
»Oh?... Aber Papa und Mama haben sie immer gehalten?«
»Ja, nun!« sagte er und wurde rot ... »Ich lese sie ja auch, wie Sie
sehen, weil eben nichts anderes zur Hand ist. Aber daß der Großhändler
Konsul So und So seine silberne Hochzeit zu feiern gedenkt, ist nicht
allzu erschütternd ... Ja -- ja! Sie lachen ... Aber Sie sollten mal
andere Blätter lesen, die Königsberger Hartungsche Zeitung ... oder die
Rheinische Zeitung ... da würden Sie etwas anderes finden! Was der König
von Preußen auch sagen mag ...«
»Was sagt er denn?«
»Ja ... nein, das kann ich leider vor einer Dame nicht zitieren ...« Und
er wurde abermals rot. »Er hat sich ziemlich ungnädig über diese Presse
geäußert«, fuhr er mit einem etwas gewaltsam ironischen Lächeln fort,
das Tony einen Augenblick peinlich berührte. »Sie geht nicht sehr
glimpflich mit der Regierung um, wissen Sie, mit den Adligen, mit
Pfaffen und Junkern ... sie weiß allzu geschickt die Zensur an der Nase
zu führen ...«
»Nun und Sie, gehen Sie auch nicht glimpflich mit den Adligen um?«
»Ich?« fragte er und geriet in Verlegenheit ... Tony stand auf.
»Na, darüber müssen wir ein anderes Mal reden. Wie wäre es, wenn ich nun
zum Strande ginge? Sehen Sie, es ist beinahe ganz blau geworden. Heute
wird es nicht mehr regnen. Ich habe die größte Lust, wieder einmal in
die See zu springen. Wollen Sie mich hinunter begleiten?...«
Siebentes Kapitel
Sie hatte ihren großen Strohhut aufgesetzt und ihren Sonnenschirm
aufgespannt, denn es herrschte, obgleich ein kleiner Seewind ging,
heftige Hitze. Der junge Schwarzkopf schritt, in seinem grauen Filzhut,
sein Buch in der Hand, neben ihr her und betrachtete sie manchmal von
der Seite. Sie gingen die »Vorderreihe« entlang und spazierten durch den
Kurgarten, der stumm und schattenlos mit seinen Kieswegen und
Rosenanlagen dalag. Der Musiktempel, zwischen Nadelbäumen versteckt,
stand schweigend dem Kurhaus, der Konditorei und den beiden, durch ein
langes Zwischengebäude miteinander verbundenen Schweizerhäusern
gegenüber. Es war gegen halb 12 Uhr; die Badegäste mußten sich noch am
Strande befinden.
Die beiden gingen über den Kinderspielplatz mit den Bänken und der
großen Schaukel; sie gingen nahe am Warmbadehause vorbei und wanderten
langsam über das Leuchtenfeld. Die Sonne brütete auf dem Grase und ließ
diesen heißen, würzigen Geruch von Klee und Kraut daraus aufsteigen, in
dem blaue Fliegen surrend standen und umherschossen. Ein monotones,
gedämpftes Rauschen kam vom Meere her, in dessen Ferne dann und wann
kleine Schaumköpfe aufblitzten.
»Was lesen Sie da eigentlich?« fragte Tony.
Der junge Mann nahm das Buch in beide Hände und blätterte es schnell von
hinten nach vorne durch.
»Ach, das ist nichts für Sie, Fräulein Buddenbrook! Lauter Blut und
Gedärme und Elend ... Sehen Sie, hier ist gerade von Lungenödem die
Rede, auf deutsch: Stickfluß. Dabei sind nämlich die Lungenbläschen mit
einer so wässerigen Flüssigkeit angefüllt ... das ist hochgradig
gefährlich und kommt bei Lungenentzündung vor. Wenn es schlimm ist, kann
man nicht mehr atmen und stirbt ganz einfach. Und das alles ist ganz
kühl von oben herab behandelt ...«
»Ja, pfui!... Aber wenn man Doktor werden will ... Ich werde dafür
sorgen, daß Sie bei uns Hausarzt werden, wenn Grabow sich später einmal
zur Ruhe setzt, passen Sie auf!«
»Ha!... Und was lesen Sie denn, wenn ich fragen darf, Fräulein
Buddenbrook?«
»Kennen Sie Hoffmann?« fragte Tony.
»Den mit dem Kapellmeister und dem goldenen Topf? Ja, das ist sehr
hübsch ... Aber, wissen Sie, es ist doch wohl mehr für Damen. Männer
müssen heute etwas anderes lesen.«
»Jetzt muß ich Sie =eines= fragen«, sagte Tony nach ein paar Schritten
und faßte einen Entschluß. »Nämlich, =wie= heißen Sie eigentlich mit
Vornamen! Ich habe ihn noch kein einziges Mal verstanden ... das macht
mich förmlich nervös! Ich habe geradezu darüber gegrübelt ...«
»Sie haben darüber gegrübelt?«
»Ach ja -- nun erschweren Sie mir die Sache nicht! Es schickt sich wohl
nicht, daß ich frage; aber ich bin natürlich neugierig ... Übrigens
brauche ich es ja, solange ich lebe, nicht zu erfahren.«
»Na, ich heiße Morten«, sagte er und wurde so rot wie noch niemals.
»Morten? Das ist hübsch!«
»Nun! hübsch ...«
»Ja, mein Gott ... es ist doch hübscher, als wenn Sie Hinz oder Kunz
hießen. Es ist etwas Besonderes, etwas Ausländisches ...«
»Sie sind eine Romantikerin, Mademoiselle Buddenbrook; Sie haben zuviel
Hoffmann gelesen ... Ja, die Sache ist ganz einfach die: Mein Großvater
war ein halber Norweger und hieß Morten. Nach ihm bin ich getauft
worden. Das ist alles ...«
Tony stieg behutsam durch das hohe, scharfe Schilfgras, das am Rande des
nackten Strandes stand. Die Reihe der hölzernen Strandpavillons mit
ihren kegelförmigen Dächern lag vor ihnen und ließ den Durchblick auf
die Strandkörbe frei, die näher am Wasser standen, und um die Familien
im warmen Sande lagerten: Damen mit blauen Schutzpincenez und
Leihbibliotheksbänden, Herren in hellen Anzügen, die müßig mit ihren
Spazierstöcken Figuren in den Sand zeichneten, gebräunte Kinder mit
großen Strohhüten auf den Köpfen, die schaufelten, sich wälzten, nach
Wasser gruben, mit Holzformen Kuchen buken, Tunnels bohrten, mit bloßen
Beinen in die niedrigen Wellen hineinwateten und Schiffe schwimmen
ließen ... Rechts ragte das Holzgebäude der Badeanstalt in die See
hinaus.
»Nun marschieren wir geradeswegs auf den Möllendorpfschen Pavillon zu«,
sagte Tony. »Lassen Sie uns doch etwas abbiegen!«
»Gern ... aber Sie werden sich nun ja wohl den Herrschaften anschließen
... Ich setze mich da hinten auf die Steine.«
»Anschließen ... ja, ja, ich werde wohl guten Tag sagen müssen. Aber es
ist mir recht zuwider, müssen Sie wissen. Ich bin hierher gekommen, um
meinen Frieden zu haben ...«
»Frieden? Vor wem?«
»Nun! Vor wem ...«
»Hören Sie, Fräulein Buddenbrook, ich muß Sie auch noch =eines= fragen
... aber bei Gelegenheit, später, wenn Zeit dazu ist. Nun erlauben Sie,
daß ich Ihnen Adieu sage. Ich setze mich dahinten auf die Steine ...«
»Soll ich Sie nicht vorstellen, Herr Schwarzkopf?« fragte Tony mit
Wichtigkeit.
»Nein, ach nein« ... sagte Morten eilig, »ich danke sehr. Ich gehöre
doch wohl kaum dazu, wissen Sie. Ich setze mich dahinten auf die
Steine ...«
Es war eine größere Gesellschaft, auf die Tony zuschritt, während Morten
Schwarzkopf sich rechter Hand zu den großen Steinblöcken begab, die
neben der Badeanstalt vom Wasser bespült wurden, -- eine Gruppe, die vor
dem Möllendorpfschen Pavillon lagerte und von den Familien Möllendorpf,
Hagenström, Kistenmaker und Fritsche gebildet ward. Abgesehen von Konsul
Fritsche aus Hamburg, dem Besitzer des Ganzen, und Peter Döhlmann, dem
Suitier, bestand sie ausschließlich aus Damen und Kindern, denn es war
Alltag, und die meisten Herren befanden sich in der Stadt bei ihren
Geschäften. Konsul Fritsche, ein älterer Herr mit glattrasiertem,
distinguiertem Gesicht, beschäftigte sich droben im offenen Pavillon mit
einem Fernrohr, das er auf einen in der Ferne sichtbaren Segler
richtete. Peter Döhlmann, mit einem breitkrempigen Strohhut und
rundgeschnittenem Schifferbart, stand plaudernd bei den Damen, die auf
Plaids im Sande lagen oder auf kleinen Sesseln aus Segeltuch saßen: Frau
Senatorin Möllendorpf, geborene Langhals, die mit einer langgestielten
Lorgnette hantierte, und deren Haupt von grauem Haar unordentlich
umstanden war; Frau Hagenström nebst Julchen, die ziemlich klein
geblieben war, aber, wie ihre Mutter, bereits Brillanten in den Ohren
trug; Frau Konsul Kistenmaker nebst Töchtern und die Konsulin Fritsche,
eine runzelige kleine Dame, die eine Haube trug und im Bade
Wirtspflichten versah. Rot und ermattet sann sie auf nichts als
Reunions, Kinderbälle, Verlosungen und Segelpartien ... Ihre Vorleserin
saß in einiger Entfernung. Die Kinder spielten am Wasser.
Kistenmaker & Sohn war die aufblühende Weinhandlung, die in den letzten
Jahren C. F. Köppen aus der Mode zu bringen begann. Die beiden Söhne,
Eduard und Stephan, arbeiteten bereits in dem väterlichen Geschäft. --
Dem Konsul Döhlmann fehlten gänzlich die ausgesuchten Manieren, über die
etwa Justus Kröger verfügte; er war ein biederer Suitier, ein Suitier,
dessen Spezialität die gutmütige Grobheit war und der sich in der
Gesellschaft außerordentlich viel herausnehmen durfte, weil er wußte,
daß er besonders bei den Damen mit seinem behäbigen, dreisten und lauten
Gebaren als ein Original beliebt war. Als auf einem Diner bei
Buddenbrooks sich das Erscheinen eines Gerichtes lange Zeit verzögerte,
die Hausfrau in Verlegenheit und die beschäftigungslose Gesellschaft in
Mißstimmung geriet, stellte er die gute Laune wieder her, indem er mit
seiner breiten und lärmenden Stimme über die ganze Tafel brüllte: »Ick
bün so wied, Fru Konsulin!«
Mit eben dieser schallenden und groben Stimme erzählte er augenblicklich
fragwürdige Anekdoten, die er mit plattdeutschen Wendungen würzte ...
Die Senatorin Möllendorpf rief, erschöpft und außer sich vor Lachen,
einmal über das andere: »Mein Gott, Herr Konsul, hören Sie einen
Augenblick auf!«
-- Tony Buddenbrook ward von den Hagenströms kalt, von der übrigen
Gesellschaft mit großer Herzlichkeit empfangen. Selbst Konsul Fritsche
kam eilfertig die Stufen des Pavillons herunter, denn er hoffte, daß
wenigstens im nächsten Jahre wieder die Buddenbrooks helfen würden, das
Bad zu bevölkern.
»Der Ihrige, Mamsell!« sagte Konsul Döhlmann, mit möglichst feiner
Aussprache, denn er wußte, daß Fräulein Buddenbrook seine Manieren nicht
besonders bevorzugte.
»Mademoiselle Buddenbrook!«
»Sie hier?«
»Wie reizend!«
»Und seit wann?«
»Und welch inzückende Toilette!« -- Man sagte »inzückend«. --
»Und Sie wohnen?«
»Bei Schwarzkopfs?«
»Beim Lotsenkommandeur?«
»Wie originell!«
»Wie =finde= ich das =forchtbar= originell!« -- Man sagte
»forchtbar«. --
»Sie wohnen in der Stadt?« wiederholte Konsul Fritsche, der Besitzer des
Kurhauses, ohne ahnen zu lassen, daß ihn dies peinlich berührte ...
»Werden Sie uns nicht das Vergnügen machen bei der nächsten Reunion?«
fragte seine Gattin ...
»Oh, nur für kurze Zeit in Travemünde?« antwortete eine andere Dame ...
»Finden Sie nicht, Liebe, daß die Buddenbrooks ein bißchen allzu
exklusiv sind?« wandte sich Frau Hagenström ganz leise an die Senatorin
Möllendorpf ...
»Und Sie haben noch nicht gebadet?« fragte jemand. »Wer von den jungen
Damen hat sonst heute noch nicht gebadet? Mariechen, Julchen, Luischen?
Selbstredend begleiten Ihre Freundinnen Sie, Fräulein Antonie ...«
Einige junge Mädchen trennten sich von der Gesellschaft, um mit Tony zu
baden, und Peter Döhlmann ließ es sich nicht nehmen, die Damen den
Strand entlang zu geleiten.
»Gott! erinnerst du dich noch unserer Schulgänge von damals?« fragte
Tony Julchen Hagenström.
»J--ja! Sie spielten immer die Boshafte«, sagte Julchen mit mitleidigem
Lächeln.
Man ging oberhalb des Strandes auf dem Steg von paarweise gelegten
Brettern der Badeanstalt zu; und als man an den Steinen vorüberkam, wo
Morten Schwarzkopf mit seinem Buche saß, nickte Tony ihm aus der Ferne
mehrmals mit rascher Kopfbewegung zu. Jemand erkundigte sich: »Wen
grüßtest du, Tony?«
»Oh, das war der junge Schwarzkopf«, sagte Tony; »er hat mich
herunterbegleitet ...«
»Der Sohn des Lotsenkommandeurs?« fragte Julchen Hagenström und blickte
mit ihren blanken schwarzen Augen scharf zu Morten hinüber, der
seinerseits mit einer gewissen Melancholie die elegante Gesellschaft
musterte. Tony aber sagte mit lauter Stimme: »Eines bedaure ich:
nämlich, daß zum Beispiel August Möllendorpf nicht hier ist ... Es muß
doch alltags recht langweilig am Strande sein!«
Achtes Kapitel
Hiermit begannen schöne Sommerwochen für Tony Buddenbrook, kurzweiligere
und angenehmere, als sie jemals in Travemünde erlebt hatte. Sie blühte
auf, nichts lastete mehr auf ihr; in ihre Worte und Bewegungen kehrten
Keckheit und Sorglosigkeit zurück. Der Konsul betrachtete sie mit
Wohlgefallen, wenn er Sonntags mit Tom und Christian nach Travemünde
kam. Dann speiste man an der Table d'hote, trank bei der Kurmusik den
Kaffee unter dem Zeltdach der Konditorei und sah drinnen im Saale der
Roulette zu, um die lustige Leute, wie Justus Kröger und Peter Döhlmann,
sich drängten: Der Konsul spielte niemals. --
Tony sonnte sich, sie badete, aß Bratwurst mit Pfeffernußsauce und
machte weite Spaziergänge mit Morten: den Chausseeweg zum Nachbarort,
den Strand entlang zu dem hoch gelegenen »Seetempel«, der eine weite
Aussicht über See und Land beherrschte, oder in das Wäldchen hinauf, das
hinterm Kurhause lag und auf dessen Höhe die große Table d'hote-Glocke
hing ... Oder sie ruderten über die Trave zum »Priwal«, wo es Bernstein
zu finden gab ...
Morten war ein unterhaltender Begleiter, wiewohl seine Meinungen ein
wenig hitzig und absprechend waren. Er führte über alle Dinge ein
strenges und gerechtes Urteil mit sich, das er mit Entschiedenheit
hervorbrachte, obgleich er rot dabei wurde. Tony ward betrübt und sie
schalt ihn, wenn er mit etwas ungeschickter aber zorniger Geste alle
Adeligen für Idioten und Elende erklärte; aber sie war sehr stolz
darauf, daß er ihr gegenüber offen und zutraulich seine Anschauungen
aussprach, die er den Eltern verschwieg ... Einmal sagte er: »Dies muß
ich Ihnen noch erzählen: Auf meiner Bude in Göttingen habe ich ein
vollkommenes Gerippe ... wissen Sie, so ein Knochengerippe, notdürftig
mit etwas Draht zusammengehalten. Na, diesem Gerippe habe ich eine alte
Polizistenuniform angezogen ... ha! Finden Sie das nicht ausgezeichnet?
Aber sagen Sie es um Gottes willen nicht meinem Vater!« --
Es konnte nicht fehlen, daß Tony oftmals mit ihrer städtischen
Bekanntschaft am Strande oder im Kurgarten verkehrte, daß sie zu dieser
oder jener Reunion und Segelpartie hinzugezogen wurde. Dann saß Morten
»auf den Steinen«. Diese Steine waren seit dem ersten Tage zwischen den
beiden zur stehenden Redewendung geworden. »Auf den Steinen sitzen«, das
bedeutete: »Vereinsamt sein und sich langweilen«. Kam ein Regentag, der
die See weit und breit in einen grauen Schleier hüllte, daß sie völlig
mit dem tiefen Himmel zusammenfloß, der den Strand durchweichte und die
Wege überschwemmte, dann sagte Tony: »Heute müssen wir beide auf den
Steinen sitzen ... das heißt in der Veranda oder im Wohnzimmer. Es
bleibt nichts übrig, als daß Sie mir Ihre Studentenlieder vorspielen,
Morten, obgleich es mich greulich langweilt.«
»Ja«, sagte Morten, »setzen wir uns ... Aber wissen Sie, wenn Sie dabei
sind, so sind es keine Steine mehr!« ... Übrigens sagte er dergleichen
nicht, wenn sein Vater zugegen war; seine Mutter durfte es hören.
»Was nun?« fragte der Lotsenkommandeur, wenn nach dem Mittagessen Tony
und Morten gleichzeitig aufstanden und sich anschickten, auf und davon
zu gehen ... »Wohin mit den jungen Herrschaften!«
»Ja, ich darf Fräulein Antonie ein bißchen zum Seetempel begleiten.«
»So, darfst du das? -- Sage mal, mein Sohn Filius, wäre es nicht am Ende
angebrachter, du setztest dich auf deine Stube und repetiertest deine
Nervenstränge? Du hast alles vergessen, bis du wieder nach Göttingen
kommst ...«
Frau Schwarzkopf aber sprach sanft: »Diederich, mein Gott! warum soll er
nicht mitgehen? Laß ihn doch mitgehen! Er hat doch Ferien! Und soll er
denn gar nichts von unserem Besuche haben?« -- So gingen sie.
Sie gingen den Strand entlang, ganz unten am Wasser, dort wo der Sand
von der Flut benetzt, geglättet und gehärtet ist, so daß man mühelos
gehen kann; wo kleine, gewöhnliche, weiße Muscheln verstreut liegen und
andere, längliche, große, opalisierende; dazwischen gelbgrünes, nasses
Seegras mit runden, hohlen Früchten, welche knallen, wenn man sie
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